Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1036 — »Den angeblichen Bedienten hab ich abtreten lassen,« fügte er hinzu. »Ich lobe Dich, mein Getreuer,« sagte Adrian, und folgte dem Wirthe in die abgelegne Kammer. Klütken-Hannes saß, sein aufgedunsenes Gesicht in die linke Hand gestützt, am Tische, dessen Platte noch klebrig war von dem verschütteten Getränk der vergangenen Nacht. Da er auf sein Äußeres nicht eitel war, hingen ihm Strohhalmen in dem borstigen, ungekämmten Haar, und Gesicht und Hände waren mit widerlichen Schmutzflecken bedeckt. Bei Adrian’s Eintritt, der sich durchaus als vornehmer und gebietender Herr zeigte, stand der Trödler auf und versuchte seine beste Verbeugung. »Habe ich das besondere Vergnügen, mit Herrn Johannes Klütken aus Hamburg zu sprechen?« fragte Adrian mit großer Freundlichkeit. »Sie haben dies Vergnügen, mein sehr werther Herr,« erwiederte Klütken-Hannes, seinerseits ebenfalls eine herablassende Miene annehmend, denn er sah wohl, daß er es mit einem hochgestellten mächtigen Herrn zu thun hatte. »Kommen Sie in Folge eines mit ›a. – n.‹ unterzeichneten Briefes, dem tausend Mark in Anweisungen beigefügt waren, an diesen Ort?« »Tausend Mark, ganz recht! – meine Schulden habe ich bezahlt auf Schilling und Grote – bin gereist, habe

— 1037 — mir nichts abgehen lassen, und da sitze ich nun mit noch gut gespicktem Sacke!« »Dürfte ich um jenen Brief ersuchen?« »Herr,« sagte Klütken-Hannes, sein Gesicht zu einem bedenklichen Lächeln verziehend, »ganz werde ich das Schreiben nicht mehr zusammen bringen. Es hat sich zerrieben in der Tasche.« Er suchte indeß und brachte nach einiger Zeit einen zerknitterten Fetzen von Adrian’s Briefe hervor. Der Graf warf nur einen flüchtigen Blick darauf, um sich von der Identität desselben mit seinen Schriftzügen zu überzeugen. Als er diese erkannt hatte, sagte er: »Ich danke Ihnen, mein sehr lieber Herr! Reichen Sie mir jetzt die Hand und lassen Sie uns im Vertrauen ein ernstes Wort sprechen!« Klütken-Hannes streckte tölpisch seine ekelhafte Rechte dem Grafen entgegen, welche dieser mit einiger Scheu leis drückte. Dann setzte er sich dem Trödler gegenüber auf demselben Schemel, den Abends vorher der Räuber und Mörder eingenommen hatte. »Können Sie schweigen, Herr Klütken, wenn man Sie gut dafür bezahlt?« »Wie das Grab!« »Auch wenn Sie – durch den Genuß geistiger Getränke in heitere Laune versetzt werden?« »Dann knüpfe ich mir einen Knoten in’s Gedächtniß und über den kommt kein Geheimniß und wär’s ein Vatermord!«

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mir nichts abgehen lassen, und da sitze ich nun mit<br />

noch gut gespicktem Sacke!«<br />

»Dürfte ich um jenen Brief ersuchen?«<br />

»Herr,« sagte Klütken-Hannes, sein Gesicht zu einem<br />

bedenklichen Lächeln verziehend, »ganz werde ich das<br />

Schreiben nicht mehr zusammen bringen. Es hat sich<br />

zerrieben in der Tasche.«<br />

Er suchte indeß und brachte nach einiger Zeit einen<br />

zerknitterten Fetzen von Adrian’s Briefe hervor. Der<br />

Graf warf nur einen flüchtigen Blick darauf, um sich<br />

von der Identität <strong>des</strong>selben mit seinen Schriftzügen zu<br />

überzeugen. Als er diese erkannt hatte, sagte er:<br />

»Ich danke Ihnen, mein sehr lieber Herr! Reichen Sie<br />

mir jetzt die Hand und lassen Sie uns im Vertrauen ein<br />

ernstes Wort sprechen!«<br />

Klütken-Hannes streckte tölpisch seine ekelhafte<br />

Rechte dem Grafen entgegen, welche dieser mit einiger<br />

Scheu leis drückte. Dann setzte er sich dem Trödler<br />

gegenüber auf demselben Schemel, den Abends vorher<br />

der Räuber und Mörder eingenommen hatte.<br />

»Können Sie schweigen, Herr Klütken, wenn man Sie<br />

gut dafür bezahlt?«<br />

»Wie das Grab!«<br />

»Auch wenn Sie – durch den Genuß geistiger Getränke<br />

in heitere Laune versetzt werden?«<br />

»Dann knüpfe ich mir einen Knoten in’s Gedächtniß<br />

und über den kommt kein Geheimniß und wär’s ein<br />

Vatermord!«

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