196_StadtBILD_November_2019
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Vorwort<br />
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Olga<br />
Tokarczuk den Literatur-Nobelpreis erhält.<br />
Das Schlesische Museum zu Görlitz hat mit<br />
großer Freude darauf reagiert: „Damit setzt<br />
sich die lange Reihe schlesischer Nobelpreisträger<br />
fort, in der sich so illustre Namen wie<br />
Gerhart Hauptmann, Paul Ehrlich und Max<br />
Born finden – und bislang nur eine Frau, die<br />
Physikerin Maria Goeppert-Mayer.“<br />
In einer Pressemitteilung würdigt Museumsdirektor<br />
Dr. Markus Bauer das Schaffen der<br />
Schriftstellerin: „Olga Tokarczuk hat in ihren<br />
Büchern - wie keine und kein anderer seit<br />
Gerhart Hauptmann - Schlesien zu einer<br />
Landschaft der Weltliteratur gemacht.<br />
Immer wieder setzt sie sich mit der vielschichtigen<br />
Geschichte dieses Landes auseinander.<br />
Die niederschlesische Provinz ist Schauplatz<br />
ihrer Romane „Taghaus, Nachthaus“ und „Der<br />
Gesang der Fledermäuse“ (verfilmt von Agnieszka<br />
Holland unter dem Titel „Die Spur“).<br />
In ihren Gestalten und Geschichten sind die<br />
deutsche Vergangenheit, die polnische Gegenwart<br />
und ostpolnische Traditionen der<br />
heutigen Schlesier auf poetisch-magische<br />
Weise miteinander verwoben.<br />
Ausgangspunkte für ihre Erkundungen sind<br />
ihre zwei Wohnorte in Niederschlesien: die<br />
Stadt Breslau/Wrocław sowie ein kleines Dorf<br />
bei Neurode/Nowa Ruda in der Grafschaft<br />
Glatz/Kłodzko, wo sie seit einigen Jahren mit<br />
engagierten Menschen aus der Region das<br />
selbst initiierte Literaturfestival „Literaturberge“<br />
gestaltet.<br />
Tokarczuks Werk hat große Bedeutung für ein<br />
neues Bild von Schlesien, das überkommene<br />
nationale Gegensätze überwindet. Dieses<br />
Verdienst wurde schon in der Vergangenheit<br />
gewürdigt: 2003 erhielt sie den Kulturpreis<br />
Schlesien des Landes Niedersachsen, 2015<br />
wurde ihr der Brückepreis der Stadt Görlitz<br />
zugesprochen.<br />
In Görlitz hat sie viele persönliche Freunde<br />
und noch mehr begeisterte Leser. Seit 2007<br />
waren ihre Texte immer wieder beim alljährlichen<br />
Schlesischen Nachtlesen des Schlesischen<br />
Museums zu hören. 2014 eröffnete<br />
sie gemeinsam mit Christoph Hein die ersten<br />
Literaturtage an der Neiße, und auch 2018<br />
nahm sie an diesem Literaturfestival teil.“<br />
Die <strong>StadtBILD</strong>-Redaktion<br />
gratuliert zusammen<br />
mit dem Schlesischen<br />
Museum Olga Tokarczuk<br />
von Herzen zu dieser<br />
Ehrung!<br />
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Einleitung<br />
3
Der Postplatz im Herzen von Görlitz<br />
Postplatz<br />
Zum kommunalen Gedenktag am 6.<br />
Oktober <strong>2019</strong> waren alle Görlitzerinnen<br />
und Görlitzer und ihre Gäste herzlich auf<br />
den Postplatz eingeladen. Oberbürgermeister<br />
Octavian Ursu hatte den neu<br />
gestalteten Postplatz mit musikalischer<br />
Begleitung durch das Jugendblasorchester<br />
feierlich eröffnet. Aber bisher war es<br />
doch ein sehr langer und beschwerlicher<br />
Weg.<br />
Das heute wieder strahlende Wegekreuz<br />
am Toberentz-Kunstbrunnen (Muschelminna)<br />
fiel bereits im Jahr 1937 einer<br />
gärtnerischen Umgestaltung zum Opfer.<br />
Gärtnerische Umgestaltung 1937, Fotografie<br />
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4<br />
Geschichte
Die „Muschelminna“ - Auferstehung einer Brunnenfigur<br />
Der Postplatz<br />
Demontage der Brunnenfigur im Juli 1942, Fotografie<br />
Zu den schmerzlichsten Veränderungen<br />
des Postplatzes<br />
zählte aber dann im 2. Weltkrieg<br />
der Abbau der Brunnenfigur<br />
im Juli 1942.<br />
Auch der „Muschelminna“<br />
erging es wie vielen hunderten<br />
Denkmalen in ganz<br />
Deutschland und wurde für<br />
die Rüstungsindustrie eingeschmolzen.<br />
Bis in die <strong>196</strong>0er Jahre mußte<br />
man sich mit dem Anblick<br />
des leeren Brunnensockels<br />
auf dem Postplatz, der nun<br />
zum „Platz der Befreiung“<br />
wurde, begnügen. Im Juni<br />
<strong>196</strong>7 wurde dann eine stilsicher<br />
nachempfundene Marmorschale<br />
auf den Sockel<br />
gehoben, geschaffen von<br />
dem Dresdener Zwinger-<br />
Bildhauer Werner Hempel.<br />
Man empfand es als ein<br />
gelungenes Beispiel für behutsames<br />
Ausgleichen von<br />
Kriegsverlusten.<br />
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Geschichte<br />
5
Der Postplatz im Herzen von Görlitz<br />
Postplatz<br />
Aufsetzen der Marmorschale im Juni <strong>196</strong>7, Fotografie H. Vogt<br />
Sicherlich war es nicht als endgültige<br />
Lösung gedacht und es<br />
sollten weitere Jahre vergehen.<br />
Am 30. April 1988 lasen die<br />
Görlitzer auf ihrer Kreisseite<br />
der „Sächsischen Zeitung“:<br />
„Der Brunnen auf dem Platz<br />
der Befreiung wird dieser Tage<br />
gründlich gesäubert. Wie wir<br />
von der Abteilung Denkmalpflege<br />
beim Rat der Stadt,<br />
Ratsbereich Kultur, erfuhren,<br />
sind auch weitere Rekonstruktionsarbeiten<br />
geplant. So<br />
sollte nach einem Modell eines<br />
Dresdener Künstlers die „Muschelminna“<br />
in Zukunft einmal<br />
den Brunnen zieren.<br />
Mit der friedlichen Revoultion<br />
im <strong>November</strong> 1989 wurden<br />
nun aber die Weichen gestellt.<br />
Schon am 1. Mai 1990,<br />
also quasi im letzten Halbjahr<br />
der DDR, bekam der Postplatz<br />
(nach Unterbrechungen 1933-<br />
1945 und 1951-1990) zum<br />
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6<br />
Geschichte
Die „Muschelminna“ - Auferstehung einer Brunnenfigur<br />
Der Postplatz<br />
„Platz der Befreiung“ mit Kunstbrunnen, Ansichtskarte 1979<br />
dritten Male seinen gewohnten<br />
Namen zurück.<br />
Der unbestrittene Höhepunkt<br />
für den Postplatz im letzten<br />
Jahrzehnt des unruhigen 20.<br />
Jahrhunderts war die Rückkehr<br />
der „Muschelminna“ am<br />
1. Mai 1994.<br />
Die Vorarbeiten hatten ja schon<br />
vor 1989 begonnen. Im Gegensatz<br />
zum Lutherdenkmal,<br />
das 1983 nach der erhaltenen<br />
alten Form in Lauchhammer<br />
gegossen worden war, blieb<br />
diesmal im gleichen Herstellerwerk<br />
die Gußform nicht auffindbar.<br />
Nach alten Fotos mußte<br />
der Bildhauer Friedemann<br />
Kloß in Höflein bei Kamenz<br />
ein neues Tonmodell herstellen.<br />
Mühevolle Versuche zogen<br />
sich über mehrere Jahre hin.<br />
Nur nach und nach kam auch<br />
das Geld zusammen, um den<br />
Guß zu bezahlen.<br />
Am Ende standen doch über<br />
300.000 DM zur Verfügung.<br />
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Geschichte<br />
7
Der Postplatz im Herzen von Görlitz<br />
Postplatz<br />
Rückkehr der Muschelminna, Foto: Volkmar Pache, 1994<br />
Dabei gab es originelle Finanzierungsideen.<br />
In der Sparkasse<br />
konnte man silberne „Altstadttaler“<br />
erwerben. Einiges erbrachten<br />
Verkaufserlöse vom „Tag der<br />
Sachsen“ in Görlitz 1993. Firmen<br />
und einzelne Bürger spendeten<br />
nach Kräften. Auch öffentliche<br />
Mittel flossen vom Freistaat<br />
Sachsen und von der Stadt Görlitz.<br />
Eine ansehnliche Summe<br />
kam zu guter Letzt noch von<br />
der Shell AG, die bekanntlich<br />
eine Muschel als Firmensymbol<br />
führt. Zwei vom Bildhauer gefertigte<br />
Tonmodelle im Maßstab<br />
1 : 20 waren mit Spendenbüchsen<br />
im Karstadt-Kaufhaus und<br />
im Treppenbereich des Rathauses<br />
aufgestellt.<br />
Etwa 5000 Görlitzer, so Presseberichte,<br />
waren in festlicher<br />
Stimmung dabei, als ein Kran<br />
die Figur auf den Sockel setzte.<br />
Man sah Freudentränen vor<br />
allem bei Älteren, die jahrzehntelang<br />
gehofft hatten, einen<br />
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8<br />
Geschichte
Die „Muschelminna“ - Auferstehung einer Brunnenfigur<br />
Der Postplatz<br />
Postplatz nach der Neugestaltung im September <strong>2019</strong>, Foto: Andreas Ch. de Morales Roque<br />
solchen Augenblick noch miterleben zu<br />
können.<br />
Aber erst 20 Jahre später, 2014, entschied<br />
sich die Görlitzer Bevölkerung<br />
nach einer Stadtratsvorlage für die geplante<br />
Neugestaltung des Postplatzes<br />
mit der „Wegekreuz-Variante, welche<br />
bis 1937 neben dem Kunstbrunnen<br />
den Platz dominiert hatte. So stand der<br />
Kunstbrunnen wieder greifbar in der<br />
Mitte des Platzes. Die umfangreichen<br />
Bauarbeiten dauerten jedoch von 2015<br />
in mehreren Etappen bis zum Herbst<br />
<strong>2019</strong>, aber es hat sich gelohnt.<br />
Quelle: „Der Postplatz“ von Dr. Ernst Kretzschmar<br />
<strong>StadtBILD</strong>-Verlag 2004 und Dezember <strong>2019</strong><br />
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Geschichte<br />
9
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
staunt über die vielen Fragen der Besucher,<br />
die zum Teil nicht oder nur mangelhaft<br />
beantwortet werden konnten. Das<br />
veranlasst mich den Lesern des Stadtbildes<br />
einmal die Anfänge der Elektroenergieversorgung<br />
der Stadt Görlitz etwas<br />
näher zu bringen.<br />
Städtisches E-Werk Pragerstraße /Moyser Weg, Postkarte von 1901<br />
Zum Tag des Denkmals <strong>2019</strong> war auch<br />
das Gobbinwerk zu besichtigen. Ich habe<br />
mich lange dort aufgehalten und war er-<br />
Im Jahre 1895 wurde auf der Prager<br />
Straße 90 (Östlich der Neiße gegenüber<br />
der Stadthalle) mit der Errichtung eines<br />
städtischen Elektrizitätswerks als Stein-<br />
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10<br />
Geschichte
Das Elektrizitätswerk und das Gobbinwerk in Görlitz<br />
Energieversorgung<br />
Drei 200 PS Compound Dampfmaschinen im E-Werk Prager Straße, gekuppelt mit Wechselstrom<br />
Dynamomaschinen der Fa. Siemens und Halske 1896.<br />
kohlen Dampfkraftwerk begonnen. Der<br />
Probebetrieb begann am 1.7.1896 mit<br />
110 Volt Wechselstrom. Zur Stromerzeugung<br />
kamen 3 Compound - Dampfmaschinen<br />
der Görlitzer Maschinenbau-Anstalt<br />
(GMA) von je 200 PS gekuppelt mit<br />
Wechselstrom – Dynamomaschinen der<br />
Firma Siemens & Halske zum Einsatz. Die<br />
obige Abbildung zeigt diese Anlage 1896.<br />
Bis zum Jahre 1900 entsteht im Stadtkern<br />
ein Wechselstromnetz 2000/110 Volt mit<br />
insgesamt 43 Umspannanlagen mit einer<br />
Gesamtleistung von vorerst 700 KVA. Diese<br />
Transformatoren befanden sich überwiegend<br />
in Kellern oder Litfaßsäulen. Das<br />
Versorgungsgebiet war vorerst begrenzt<br />
im Norden durch die Langenstraße, im<br />
Westen durch die Leipziger Straße, im<br />
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Geschichte<br />
11
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
Transformatorenanlage 1901 in einer Litfaßsäule<br />
Transformatorenanlage in eine Hausniesche<br />
Süden durch die Eisenbahnanlagen und<br />
im Südosten/Osten durch die Promenade<br />
und Friedrich Wilhelm Straße. Dieses<br />
Netz wurde in den Folgejahren erheblich<br />
erweitert. Hierbei ist jedoch zu vermerken,<br />
dass es in Görlitz noch 48 Einzelanlagen<br />
der Stromerzeugung gab. Diese<br />
waren in allen Großbetrieben der Stadt,<br />
aber auch in Einzelunternehmen installiert<br />
die auch angrenzende Wohngebäude<br />
mit Strom versorgten. Eines der bekanntesten<br />
ist das E- Werk „Elektron“ auf<br />
der Berliner Straße 10. Dieses Werk versorgte<br />
unter anderem: Berliner Straße 5,<br />
7, 8 und 13, Hospitalstraße 39, 40, 42,<br />
44 und 86, Jakobstraße 31, 32, 32a, 35,<br />
36 und 41, Postplatz 13. Desweiteren die<br />
Fa. Straßburg, Wurstfabrik Sander, das<br />
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12<br />
Geschichte
Das Elektrizitätswerk und das Gobbinwerk in Görlitz<br />
Energieversorgung<br />
Appollo Theater, Schwetasch Versandund<br />
Tuchfabriken, Glace Handschuhfabrik<br />
von Kupsch sowie weitere Wohn- und<br />
Geschäftshäuser.<br />
Gleichstrommaschinen (2 x 100 KW/500<br />
Volt) Diese Maschinen wurden mittels<br />
Riemenantrieb mit den Dampfmaschinen<br />
1 und 2 verbunden.<br />
Städtisches E-Werk Prager Straße mit 5 Tandem-Compound-Maschinen von zusammen 1500 PS,<br />
Foto von 1902. Alle Maschinen wurden in der Görlitzer GMA gefertigt.<br />
Am 1.12.1897 wurde der elektrische<br />
Straßenbahnbetrieb aufgenommen. Da<br />
dafür nunmehr Gleichstrom benötigt<br />
wurde kam es zur Anschaffung von zwei<br />
Mit der Liniennetz Erweiterung der Straßenbahn<br />
unter anderem nach Moys<br />
reichte die bisherige Gleichstromerzeugung<br />
von 200 KW nicht mehr aus.<br />
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Geschichte<br />
13
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
Am 1.9.1900 wurden daher 2 weitere<br />
Dampfmaschinen mit einer Leistung von<br />
je 450 PS installiert. Diese wurden mit 2<br />
Gleichstromgeneratoren von je 270 KW<br />
bei 500 Volt Gleichspannung gekuppelt.<br />
Zusätzlich wurde ein Aggregat mit 45<br />
PS installiert um die Pufferbatterien für<br />
die Straßenbahn zu laden. Dieses Aggregat<br />
leistete bei 750-800 U/Min 550 Volt.<br />
Damit waren im E-Werk Prager Straße 5<br />
Dampfmaschinen mit einer Leistung von<br />
1500 PS installiert (3 Maschinen zu je<br />
200 PS für die Wechselstromerzeugung<br />
und 2 Maschinen zu je 450 PS für die<br />
Gleichstromerzeugung der Straßenbahn.<br />
Diese Maßnahmen erforderten auch eine<br />
Kesselhauserweiterung. Sie umfasste<br />
nunmehr 3 Kornwallkessel zu je 154,4<br />
m² und 2 Kornwallkessel zu je 210 m²<br />
mit Dampf Überhitzern System Hering.<br />
Damit hatte die Kesselanlage insgesamt<br />
883,2 m² Heizfläche. Das Leitungsnetz<br />
betrug zum Jahresende 1900 24.863 m<br />
Speiseleitung und 13.555 m Hochspannungsleitung.<br />
Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung<br />
vom 15.5.1903 erfolgte<br />
im Laufe des Jahres die Umwandlung<br />
des Einphasen Wechselstromsystems<br />
2000/110 Volt in das Gleichstrom Dreileitersystem<br />
2 x 220 Volt. Als Begründung<br />
diente, dass die E-Motoren im Wechselstromnetz<br />
zu viele „unliebsame Stöße“<br />
auf das Netz abgeben, die Betriebskosten<br />
bei Wechselstrom höher liegen und<br />
es nicht möglich ist eine Speicherung<br />
mit Akkumulatoren vorzunehmen. Daher<br />
wurde zuerst eine der Wechselstrommaschine<br />
demontiert und durch eine Gleichstrommaschine<br />
für 300 Ampere, 440-550<br />
Volt ersetzt.<br />
Die Akkumulatoren Batterien zur Pufferspeicherung<br />
hatten eine Kapazität von<br />
1.512 Amperestunden bei 3 stündiger<br />
Entladung. Die Pufferbatterie der Straßenbahn<br />
hatte eine Kapazität von 510<br />
Amperestunden bei Einstündiger Entladung.<br />
Am 9.12.1903 konnte der erste<br />
Gleichstrom abgegeben werden.<br />
Erzeugt wurden: 667.687 kWh Wechselstrom,<br />
560.687 kWh Gleichstrom für<br />
die Straßenbahn, 21.436 kWh für Licht<br />
und Kraft (Gesamt 1.249678 kWh).<br />
Die Umstellung von Wechselstrom auf<br />
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14<br />
Geschichte
Das Elektrizitätswerk und das Gobbinwerk in Görlitz<br />
Energieversorgung<br />
Eigenstromerzeugung in der Grube Stadt Görlitz bei Kohlfurt.<br />
Gleichstrom konnte am 12.10.1904 abgeschlossen<br />
werden. Die Erweiterung<br />
der Wechselstromanlage war mit 3.000,-<br />
Mark und die Umstellung auf Gleichstrom<br />
mit 600.000,-Mark veranschlagt. Diese<br />
Kosten wurden mit 33.091,40 Mark überschritten.<br />
Im Jahre 1906 wurde es notwendig die<br />
Versorgung mit Drehstrom abzusichern.<br />
Daher wurden die beiden Einphasen<br />
Wechselstrommaschinen auf Drehstrom<br />
umgewickelt und die dazu notwenigen<br />
Schaltanlagen installiert. Diese Maßnahme<br />
war erforderlich, da einige Einrichtungen<br />
auf Drehstrom angewiesen waren<br />
u.a. die Kafferösterei des Wareneinkaufsvereins<br />
auf der Rauschwalder Straße und<br />
der Güterbahnhof.<br />
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Geschichte<br />
15
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
Schalthaus an der Laubaner Straße, erbaut 1909 (jetzt Zgorzelec zu Wohnungen umgebaut)<br />
Im Jahre 1910 wurde die elektrische<br />
Straßenbeleuchtung eingeführt. Schon<br />
damals wurden die dafür erforderlichen<br />
Installationskosten entsprechen der<br />
Frontlänge der Grundstücke auf deren<br />
Eigentümer umgelegt.<br />
Im Jahre 1905 waren die Kessel- und<br />
Maschinenanlagen bei der Grube Stadt<br />
Görlitz bei Kohlfurt soweit fertig gestellt<br />
worden, dass mit der Anlage einer Eigenstromversorgung<br />
für die Grube begonnen<br />
werden konnte. Es wurden installiert: 3<br />
liegende Dampfmaschinen von je 570 PS<br />
Leistung gekuppelt mit Drehstromgeneratoren.<br />
Hergestellt in der GMA Görlitz.<br />
Das E-Werk auf der Prager Straße hatte<br />
seine Leistungsgrenze erreicht. Die<br />
Stromabnahme ist in diesem Zeitraum<br />
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16<br />
Geschichte
Das Elektrizitätswerk und das Gobbinwerk in Görlitz<br />
Energieversorgung<br />
Neues Schalthaus 1926 an der Laubaner Straße, jetzt Zgorzelec Ul. Łubańska. Foto 2013<br />
auf das 20 fache gestiegen, Damit war<br />
Görlitz auf Fremdbezug von Elektroenergie<br />
angewiesen. Aus diesem Grund erfolgte<br />
im Jahre 1907 die Errichtung einer<br />
3-kV-Leitung Drehstrom von der Grube<br />
nach Görlitz. Im Jahre 1912 kam es nur<br />
zur Netzeinspeisung aus der in Kohlfurt<br />
aufgestellten 1. Turbine mit Drehstrom<br />
Generator. Dieser Generator hatte eine<br />
Leistung von 3000 kVA und eine Spannung<br />
von 11.000 Volt. Damit musste die<br />
Leitung ertüchtigt werden von zunächst<br />
auf 10 kV und später auf 40 kV nach Görlitz<br />
und dem Umland.<br />
Im Rahmen des weiteren Ausbaus des<br />
Starkstromnetzes wurde es erforderlich<br />
in Leopoldshain (Łagów) Äußere Laubaner<br />
Straße ein Schalthaus für 7500,-<br />
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Geschichte<br />
17
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
Ehemalige Umspannstation Gobbinwerk im Jahre 2013<br />
Mark zu errichten. In diesem Schalthaus<br />
erfolgte der Zusammenschluss der Leitungstrassen<br />
aus der Grube Stadt Görlitz,<br />
der 40-kV-Leitung der Wasserkraftwerke<br />
Marklissa (1907)und Goldentraum<br />
(1924), sowie ab 1926 aus Hirschfelde.<br />
Von diesem Schalthaus erfolgte per Kabel<br />
die Zuleitung in das E-Werk Prager<br />
Straße und wurde von dort in die Stadt<br />
verteilt. Die Kapazität des Schalthauses<br />
war erschöpft. So wurde im Jahre 1926<br />
neben dem alten Schalthaus ein neues<br />
Schalthaus nach den neusten technischen<br />
Erkenntnissen mit einer Leistung<br />
vorerst von 1300 kVA errichtet.<br />
Mit der Verbundleitung 40-kV nach<br />
Hirschfelde war nun Görlitz unmittelbar<br />
an das 10-kV-Netz angeschlossen und<br />
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18<br />
Geschichte
Das Elektrizitätswerk und das Gobbinwerk in Görlitz<br />
Energieversorgung<br />
somit Mittelbar mit den Großkraftwerken<br />
Böhlen. Tschornewitz, Lautawwrk<br />
und Trattendorf verbunden. In der Grube<br />
Stadt Görlitz wurden weitere Turbogeneratoren<br />
installiert, so dass in der letzten<br />
Ausbaustufe 1934 etwa 15,5 MW Elektroenergie<br />
abgegeben werden konnten.<br />
Da die Umformung von Wechselstrom<br />
in Gleichstrom mit erheblichen Verlusten<br />
verbunden ist, entschloss man sich im<br />
Jahre 1926 die Außenbezirke der Stadt<br />
von 2 x 220 V Gleichstrom auf 220/380 V<br />
Drehstrom umzubauen. Das 10-kV-Drehstromnetz<br />
wurde erheblich erweitert und<br />
dazu mussten weitere Transformatorenstation<br />
errichtet werden.<br />
Die Kapazitäten der Umformung im E-<br />
Werk Prager Straße waren erschöpft, so<br />
dass an der Gobbinstraße im Jahre 1911<br />
zum Bau der Umformerstation (Gobbinwerk)<br />
kam. Weitere An- und Ausbauten<br />
erfolgten 1912/13 und 1926/27.<br />
In der letzten Ausbaustufe waren im<br />
Gobbinwerk installiert: 2 Kaskadenumformer<br />
600 kW, 3 kV und Zwei Kaskadenumformer<br />
zu je 600 kW; 3 kV/2 x<br />
220V, 2 Kaskadenumformer je 1000 kW;<br />
10 kV; 2 x 220/440 V Gleichstrom. Zur<br />
Überbrückung von Störungen und zur<br />
Aufrechterhaltung einer Mommentalreserve<br />
wurden in beiden Werken Akkumulatorenbatterien<br />
eingebaut, die ein<br />
Stunde lang 4000 A bei 2 x 220 V abgeben<br />
konnten. Die Görlitzer Straßenbahn<br />
wurde weiterhin vom Neißewerk mit 500<br />
V Gleichstrom versorgt.<br />
Hinzu kamen im Neißewerk Prager Straße:<br />
2 Kaskadenumformer je 800 kW; 3<br />
kV/2x220/440 V Gleichstrom, in der Verrätergasse<br />
2 Eisengleichrichter mit Vakuumpumpen<br />
6 anodig mit je 450 kW/1000<br />
A die bis zum 3. Januar 1971 in Betrieb<br />
war.<br />
Die Anlage im Gobbinwerk war bis zum<br />
10 Juni 1974 in Betrieb. Damit war Görlitz<br />
eine der letzten Städte in der DDR mit<br />
der Umstellung von Gleich- auf Wechselstrom<br />
im Jahre 1974. Da nun Strom aus<br />
der Grube Stadt Görlitz zur Verfügung<br />
stand, veranlasste dies den Magistrat das<br />
mit Steinkohle betriebene E-Werk an der<br />
Prager Straße allmählig stillzulegen, noch<br />
zumal es seine Leistungsgrenze erreicht<br />
hat.<br />
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Geschichte 19
123 Jahre öffentliche Energieversorgung in Görlitz<br />
Die endgültige Stillsetzung erfolgte aber<br />
erst nach 1926 mit der Verlegung der<br />
40-kV-Leitung nach Hirschfelde. Danach<br />
diente das E-Werk an der Prager Straße<br />
nur noch als Verteilerstation und als Sitz<br />
der Städtischen Betriebswerke mit den<br />
Sparten Elektrizitätswerk, Gaswerk und<br />
Braunkohlenbergwerk.<br />
Das Wasserkraftwerk an der Neiße wurde<br />
nach Abbruch der Vierradenmühle<br />
1928 errichtet und dienst nun als Phasenschieber<br />
(Kompensation von Blindstrom)<br />
Der Generator mit 425 kVA, cos<br />
Phi = 0,4 und 10 kV. Im Jahre 1947 auf<br />
3.kV umgewickelt. Der dazu gehörige<br />
Transformator 10/3 kV wurde in Freiluft<br />
an der Giebelseite der Wasserkraftanlage<br />
Hotherstraße aufgestellt. Die Außerbetriebnahme<br />
erfolgte Ende der <strong>196</strong>0<br />
Jahre. Zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt<br />
die Einspeisung der Stadt und der Kreise<br />
Görlitz über 3 Umspannwerke.<br />
1. Umspannwerk Niesky 1958 Inbetriebnahme<br />
einer 110-kV Schaltanlage mit<br />
Transformatoren<br />
2. Umspannwerk Weinhübel zunächst<br />
1959 mit einer 30-kV Anlage und eines<br />
10-MVA Transformators und einer Vierfachleitung<br />
110/30 kV vom Kraftwerk<br />
Hirschfelde (später aus Hagenwerder).<br />
Im Jahre 1984 erfolgte eine Umrüstung<br />
auf 110/10-kV (2 x 25 MVA). Damit konnte<br />
das Hilfsumspannwerk (30-kV-Anlage)<br />
von 1942 im Wasserwerk Weinhübel außer<br />
Betrieb genommen werden.<br />
3. Umspannwerk Görlitz <strong>196</strong>3 an der Berliner<br />
Eisenbahn mit einer 110-kV-Anlage<br />
Alle Anlagen wurden in den folgenden<br />
Jahren Erweitert und aufgerüstet.<br />
Die vorliegenden Ausführungen sind nur<br />
eine Kurzfassung. Wer mehr Details darüber<br />
erfahren möchte sollte das Buch „Die<br />
Grube Stadt Görlitz bei Kohlfurt – und die<br />
Energieversorgung der Stadt Görlitz und<br />
der Kreise Görlitz und Rothenburg“ der<br />
Autoren Wolfgang Stiller und Joachim<br />
Neumann lesen. Liegend in der OLB und<br />
Restbestände im Schloss Krobnitz.<br />
Verein Oberlausitzer Bergleute<br />
Wolfgang Stiller<br />
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20<br />
Geschichte
Die alte Görlitzer Stadtbefestigung (Teil IV)<br />
Johann Gottfried Schultz, Feder in Tusche, 1759, Kulturhistorisches Museum Görlitz.<br />
Wie im Teil 2 bereits beschrieben, waren<br />
zur Zeit der Markgrafen von Brandenburg<br />
(Askanier) doppelte Befestigungsanlagen<br />
um die Stadt gebaut worden.<br />
Im Jahr 1494, ließ Baumeister Pflugschaar<br />
aus Dresden - für 24 Rheinische<br />
Gulden - die auswärts kragenden Mauern<br />
am Neißetor auf zwei neugesetzten<br />
Pfeilern begründen und errichten.<br />
Die innere Mauer an der Stadtseite war<br />
hoch, stark und dick, auf derselben war<br />
ein geräumiger „Fußtritt“ und „Umgang“,<br />
so daß man darauf von einem zum anderen<br />
Tor gehen konnte. Auswärts war eine<br />
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Geschichte<br />
21
Die alte Görlitzer Stadtbefestigung (Teil IV) –<br />
steinerne Wand auf der Mauer um und<br />
um geführt und mit Schießscharten versehen.<br />
Ein wirksamer Schutz vor Pfeilen,<br />
Armbrustbolzen und „Feldschlangen“-<br />
Kugeln eventueller Angreifer. Ebenso<br />
wie die innere, hatte auch die äußere<br />
Mauer nach der Stadt zu ein hölzernes<br />
Geländer und ein Ziegeldach.<br />
Die im Graben befindlichen und die Zwinger<br />
voneinander teilenden Quer-Mauern<br />
(sozusagen nach dem Abschottungsprinzip)<br />
waren nicht so stark ausgeführt<br />
und hatten keinen „Fußtritt“ wohl aber<br />
hin und wieder Schießscharten.<br />
Der Umfang der gesamten Stadtmauer,<br />
einschließlich Türmen und Basteien betrug<br />
3680 sächsische Ellen (2084,3 Meter).<br />
Nach einer anderen Berechnung,<br />
welche die einzelnen Entfernungen der<br />
Hauptringmauer zwischen den Türmen<br />
und Basteien (also reine Mauerteile) angibt,<br />
betrug deren Länge 3360 sächsische<br />
Ellen (1903 Meter).<br />
An den kräftigen Mauern der Stadt Görlitz<br />
brach sich der Angriff der Hussiten<br />
(Hussitenkrieg 1419-1443) und Görlitz<br />
war die einzige Stadt der Oberlausitz,<br />
die sich jeder freundlichen Vereinbarung<br />
mit diesen widersetzte.<br />
Doch im 30-jährigen Krieg, sowohl<br />
während der Belagerung der in Görlitz<br />
befindlichen kurfürstlich-sächsischen<br />
Besatzung unter dem märkischen Obristwachtmeister<br />
George von Rochau im<br />
Jahre 1633 durch Wallenstein und Illo,<br />
als auch bei der Belagerung der sich in<br />
Görlitz verschanzten Schweden unter<br />
Obrist Wancke im Jahr 1641 durch die<br />
kaiserlichen und sächsischen Truppen<br />
wurden die Mauern zum Teil eingeschossen.<br />
Die kaiserliche Bresche war beim<br />
Zippel (siehe Teil 1) die sächsische am<br />
Hälterberg (Nähe Jägerkaserne). Später,<br />
nachdem sich Görlitz von den Folgen<br />
dieses verheerenden Krieges wieder<br />
erholt hatte, wurden die Mauern wieder<br />
hergestellt.<br />
Während des 7-jährigen Krieges (dem<br />
letzten der 3 schlesischen Kriege) wurde<br />
im Dezember 1756 von den in Görlitz<br />
einquartierten preußischen Truppen<br />
das Häuschen (Wich- oder Wächter-<br />
Häuschen) auf dem Gange hinter dem<br />
Chor der Peterskirche – es dürfte dies<br />
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22<br />
Geschichte
Mauern und Wehrbauten<br />
Stadtbefestigung<br />
Wehrmauern mit Kaisertrutz, erbaut 1531<br />
der von Scultetus angeblich als Sternwarte<br />
benutzte Pavillon gewesen sein<br />
– abgebrochen und eine Kanone dahin<br />
gebracht, um die Neißebrücke damit zu<br />
bestreichen.<br />
Das architektonische Gesamtbild der alten<br />
Stadtanlage wurde vom rahmenden<br />
Mauerkranz der alten Wehranlagen zusammengehalten.<br />
Noch heute stehen<br />
bedeutende Reste der einst doppelten<br />
Stadtmauern. Daß diese Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts nicht abgerissen wurden,<br />
dürfte entweder den statischen Verhältnissen<br />
der Hanglage und der damit zusammenhängenden<br />
Rutschgefahr geschuldet<br />
sein oder auch, weil sie der Erweiterung<br />
der Stadt nicht im Weg waren.<br />
Klaus-Dieter Hübel<br />
(Fortsetzung folgt;<br />
Quellenverzeichnis am<br />
Ende der Serie)<br />
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Geschichte<br />
23
Der Maler Adolph Thomas –<br />
Adolph Thomas<br />
Karl Gustav Adolph Thomas wurde am<br />
28. September 1834 in Zittau geboren.<br />
Sein Vater war der Tischlermeister Carl<br />
Gottlob Thomas.<br />
Adolph Thomas ist angeblich ein<br />
schwächliches Kind gewesen und daher<br />
wohl erst spät in die Stadtschule gekommen.<br />
Damals begann das neue Schuljahr<br />
immer im Frühjahr.<br />
Adolph Thomas hat vermutlich die Schule<br />
ab Frühjahr 1842 besucht, er wäre da<br />
7 ½ Jahre alt gewesen. Schülerlisten der<br />
Zittauer Stadtschule sind nicht erhalten.<br />
Die jährlich gedruckten „Nachrichten<br />
über die allgemeine Stadtschule in Zittau“<br />
berichten nur über die Lehrer, den<br />
Unterrichtsplan und die öffentlichen Prüfungen.<br />
Schülernamen sind leider nicht<br />
enthalten.<br />
Hätte er die Stadtschule sechs Jahre<br />
lang besucht, wäre er im Frühjahr 1848<br />
fertig gewesen.<br />
Adolph Thomas wechselte dann sofort<br />
zur Königlichen Gewerbe- und Baugewerkenschule<br />
in Zittau über. Die Gewerbeschule<br />
war 1836 gegründet worden.<br />
Im Jahr 1840 folgten die Gründung der<br />
Baugewerkeschule und der Zusammenschluss<br />
beider Bildungseinrichtungen.<br />
Zum Zeitpunkt des Besuches von Adolph<br />
Thomas in der Gewerbe- und Baugewerkenschule<br />
stand diese unter der Leitung<br />
des Direktors des Zittauer Gymnasiums<br />
Prof. Friedrich Lindemann (1792-1854).<br />
Die Gewerbe- und Baugewerkenschule<br />
veröffentlichte ebenfalls jährlich gedruckte<br />
Programme bzw. Einladungsschriften<br />
zu den Prüfungen. Darin wurde<br />
nicht nur über den Unterrichtsstoff und<br />
andere schulische Belange berichtet,<br />
sondern es erfolgte auch die Veröffentlichung<br />
von detaillierten Schülerlisten.<br />
Das Programm vom Schuljahr 1848/49<br />
(erschienen 1849) verzeichnet „Karl August<br />
Thomas aus Zittau“ (muss richtig<br />
heißen: Karl Gustav Adolph Thomas aus<br />
Zittau/ UK) in der „Unterclasse“.<br />
Gleich in seinem ersten Gewerbeschuljahr<br />
konnte Adolph Thomas einem<br />
besonderen Ereignis beiwohnen. Am<br />
13. September 1848 wurde das von<br />
Stadtbaudirektor Carl August Schramm<br />
(1807-1869) errichtete neue Gewerbe-<br />
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24<br />
Geschichte
seine Zittauer Jugendzeit<br />
Maler Adolph Thomas<br />
Königl. Gewerbe- und Baugewerken Schule in Zittau um 1860<br />
schulgebäude an der nördlichen Promenade,<br />
unweit der Kreuzkirche, feierlich<br />
eröffnet. Das neue Schulgebäude bot<br />
Lehrern und Schülern nun beste Bedingungen.<br />
In der nachfolgenden „Einladungsschrift“<br />
ist er richtig als „Karl Gustav Adolf Thomas<br />
aus Zittau“ in der „Mittelclasse“ verzeichnet.<br />
Die „Einladung“ von 1851 (Schuljahr<br />
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Geschichte<br />
25
Der Maler Adolph Thomas –<br />
Adolph Thomas<br />
1850/51) verzeichnet<br />
„Karl Gustav Adolf Thomas<br />
aus Zittau“ in der<br />
„Oberclasse“.<br />
In der „Einladung“<br />
von 1852 (Schuljahr<br />
1851/52) steht: „Zum<br />
Schlusse des vorigen<br />
Schuljahres verließen<br />
die Anstalt, nachdem sie<br />
volle 3 Jahre lang dieselbe<br />
besucht hatten:<br />
[…] Thomas aus Zittau<br />
[…]. Zum Schlusse des<br />
vorjährigen Examens<br />
wurden mit Prämien belohnt<br />
folgende Schüler<br />
[…] Die Preismedaille<br />
in Bronze empfingen:<br />
[…] Thomas aus Zittau<br />
[…].“<br />
Was Adolph Thomas<br />
nach Abschluss der Gewerbeschule<br />
getan hat<br />
ist nicht bekannt.<br />
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26<br />
Geschichte
seine Zittauer Jugendzeit<br />
Maler Adolph Thomas<br />
Am 12. März 1853 richtete sein<br />
Vater ein Gesuch an das „Königliche<br />
Hohe Ministerium des Innern<br />
zu Dresden“ mit der Bitte um die<br />
Aufnahme seines Sohnes an die<br />
Königlich Sächsische Kunstakademie<br />
in Dresden. Franz Alexander<br />
Schulze, seit Ostern 1850 Zeichenlehrer<br />
an der Gewerbeschule<br />
Zittau, unterstützte das Gesuch.<br />
Adolph Thomas muss an der<br />
Kunstakademie umgehend aufgenommen<br />
worden sein, denn<br />
schon am 15. August 1853 erhielt<br />
er ein „Zeugnis auf das Sommer-<br />
Halbjahr 1853“.<br />
Uwe Kahl,<br />
Christian-Weise-Bibliothek Zittau,<br />
Wissenschaftlicher und Heimatgeschichtlicher<br />
Altbestand<br />
Einen Vortrag über die Jugendjahre<br />
von Adolph Thomas,<br />
seine Schulzeit in Zittau, hält der<br />
Autor Uwe Kahl am Mittwoch,<br />
8. Januar 2020, 17.00 Uhr in den<br />
Städtischen Museen Zittau.<br />
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Geschichte<br />
27
Über Sieben Brücken musst du gehn…<br />
Leserbrief<br />
Bau der Altstadtbrücke 1887, Vierraden-Mühle, Brücke<br />
„Über sieben Brücken musst du gehn,<br />
sieben dunkle Jahre überstehen“ sangen<br />
einst die Rockgruppen „Karat“ 1979 und<br />
die „Roten Gitarren“, auch „polnische<br />
Beatles“ genannt. Die 7, als „Zahl der<br />
Zahlen“ gilt oft als magische Zahl, sowohl<br />
positiv, z.B. „Im siebten Himmel sein“,<br />
als auch negativ, „Sieben Jahre Pech,<br />
danach 7 Jahre Glück zu haben“. Seine<br />
sieben Sachen packen kann auch dafür<br />
stehen „abzuhauen“. Brücken können<br />
verbinden, was Wasser- und Flussläufer<br />
trenne. Sieben Brücken verbanden einst<br />
die deutsche Stadt Görlitz mit der heute<br />
polnischen Stadt Zgorzelec untrennbar<br />
als „ Europa-Stadt“. In der Nacht vom<br />
7. zum 8. Mai 1945 wurden alle sieben<br />
Neißebrücken von Görlitz gesprengt. Da-<br />
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28<br />
Leserbrief
Leserbrief<br />
Die Altstadtbrücke zwischen 1907 und 1945<br />
mit verbunden ging ein Fünftel der Stadt<br />
verloren. Ein Flüchtlingsstrom von täglich<br />
110000 Menschen aus dem Osten,<br />
mit der Hoffnung auf Rückkehr, ließ die<br />
Stadtverwaltung wegen Hungersnot und<br />
Seuchengefahr im Juni 1945 den Notstand<br />
ausrufen. Noch viele Jahre sollte<br />
es dauern, bis ein Teil der polnischen<br />
Bevölkerung im östlichen Teil der Stadt<br />
sesshaft wurde. Mit dem „Potsdamer Abkommen“<br />
wurden von den Siegermächten<br />
u.a. die Grenzen zwischen Polen und<br />
Deutschland festgelegt. Auf beiden Seiten<br />
der Neiße erfolgten auf der wiederhergestellten<br />
Stadtbrücke strenge Personenund<br />
Fahrzeugkontrollen. Als der „kleine<br />
Grenzverkehr“ eingeführt wurde und an<br />
den Wochenenden die nahegelegenen<br />
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Leserbrief<br />
29
Über Sieben Brücken musst du gehn…<br />
Leserbrief<br />
Ausflugsziele ins Riesen- und Isergebierge<br />
auf dem Programm standen, waren<br />
kilometerlange Autoschlangen mit einer<br />
Wartezeit von 3 und mehreren Stunden<br />
einzuplanen. Fußgänger mussten mit<br />
besonders strengen Kontrollen rechnen.<br />
Weshalb wir besonders streng kontrolliert<br />
wurden lag daran, das meine Frau als<br />
Fußgängerin allein die Grenze passierte,<br />
um zeit zu gewinnen und schon immer<br />
den Kaffee zu kochen, während ich mit<br />
dem Auto nachfolgte. Auf deutscher Seite<br />
wurden die Flussufer eine Zeit lang von<br />
berittenen Grenzpolizisten kontrolliert.<br />
Äußerst spannend fand ich es, als ich für<br />
einen Mann „Schmiere stehen“ sollte, der<br />
per Katapult von einem weggebrochenen<br />
Brückenpfeiler aus eine Schachtel Zigaretten<br />
ans polnische Ufer schleuderte.<br />
Nicht alle sieben Neiße-Brücken wurden<br />
wieder hergestellt. Im Jahre 1996 konnte<br />
der 340 Meter Lange Anschluss als Teil<br />
der Bundes-Autobahn von Ludwigsdorf<br />
bis Jedrzychowice erfolgt. Die seit dem<br />
13. Jahrhundert existierende „Vierrader-<br />
Mühle“ wurde im Jahre 2004 wiedereröffnet,<br />
allerdings nur für Fußgänger<br />
und Radfahrer. Die Stadtbrücke an der<br />
Stadthalle steht heute Fußgängern und<br />
Autofahrern für den Nahverkehr zur<br />
Verfügung und trägt den Namen „Papst-<br />
Johannes-Paul II.-Brücke“. Zwischen<br />
dem Görlitzer Stadtteil Hagenwerder und<br />
dem polnischen Radomierzyce wurde<br />
die Brücke 2003 wieder aufgebaut. Der<br />
Viadukt als Eisenbahnverbindung nach<br />
Zentral-Polen wurde vorrangig wiederhergestellt.<br />
Für die Wiederherstellung<br />
der Brückenverbindungen in Weinhübel<br />
und am Lindenweg dagegen sah man<br />
keine dringende Notwendigkeit. Die Europa-Stadt<br />
„Görlitz-Zgrozelec“ schrammt<br />
mit gegenwärtig nahezu 100000 Einwohnern<br />
dicht am Status einer „Großstadt“<br />
vorbei. Trotz mancher Sprach-Barrieren<br />
sind die politischen Arbeitskräfte vor allem<br />
in Bereichen wie Dienstleistungen,<br />
Gesundheitswesen, dem Pflegebereich,<br />
Haushaltshilfe nicht mehr wegzudenken.<br />
Haben die Görlitzer statt dessen nur<br />
Tanktourismus und Einkauf in Garten-<br />
Centern, Billig- und Baumärkten entgegenzusetzen?<br />
Dr. Bernhard Wolf<br />
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30<br />
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Redaktionsschluss: 20. Nov. <strong>2019</strong><br />
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