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193_StadtBILD_August_2019

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

Vorwort<br />

Wie schnell doch die Zeit vergehen kann. 20<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong> und wir würden uns freuen<br />

mit Ihnen, liebe Leser und natürlich mit unseren<br />

Inserenten im Stadthallengarten vom<br />

9.-11. <strong>August</strong> <strong>2019</strong> gemeinsam zu feiern.<br />

Der Weg war lang und auch mühevoll. Nach<br />

der Wende schossen viele kleine Verlage<br />

wie Pilze aus dem Boden. Die in der DDR<br />

oft vernachlässigte Regionalgeschichte war<br />

ein besonders beliebtes Thema vieler neuer<br />

Schriftenreihen. Doch so schnell, wie viele<br />

entstanden, so schnell verschwanden sie<br />

wieder aus der Öffentlichkeit.<br />

Das StadtBild-Magazin hingegen fand von<br />

Anfang an eine interessierte Leserschaft, die<br />

dem Magazin Jahr für Jahr die Treue hielten<br />

und halten.<br />

20 Jahre lang, Monat für Monat, arbeiteten<br />

viele Autoren ehrenamtlich an der Geschichte<br />

und den Geschichten sowohl aus dem<br />

alten Görlitz, als auch an der neueren Geschichte<br />

der Neißestadt und bemühten sich<br />

immer wieder aufs Neue die Beiträge mit interessanten<br />

und oft noch unveröffentlichten<br />

Bildern zu beleben.<br />

Alle Namen der Autoren hier aufzuzählen,<br />

würde wohl den Rahmen eines kleinen Vorwortes<br />

sprengen. Stellvertretend für viele<br />

Autoren sollen nur die Namen von Siegfried<br />

Hoche (Ratsarchivar), Uwe Kahl (Christian-<br />

Weise-Bibliothek) Dr. Berndard Wolf, Dr. Jürgen<br />

Wenske, Wolfgang Stiller, Klaus-Dieter<br />

Hübel, Michael Gürlach, Isolde Gatzke, Rotraud<br />

Schöne, Karin Röhr, Andreas Riedel,<br />

Andreas Neumann-Nochten, Wolfhard Besser<br />

und Ludwig Scheller genannt werden.<br />

Der Autor, der uns die 20 Jahre immer treu<br />

begleitete, viele Artikel schrieb, noch mehr<br />

religierte, ja der 20 Jahre lang das Herz des<br />

StadtBild-Magazins war, ist unser verdienstvoller<br />

Dr. Ernst Kretzschmar. Ihm gebührt<br />

unser besonderer Dank!<br />

In der vorliegenden Jubiläumsausgabe werden<br />

Sie erstmals auf 80 Seiten über bedeutende<br />

und auch weniger bekannte Geschehnisse<br />

informiert. Wir hoffen, dass Sie uns<br />

auch die nächsten Jahre die Treue halten<br />

und unser <strong>StadtBILD</strong> eifrig weiter empfehlen.<br />

Besonders freuen wir uns auch über<br />

ihre zahlreichen Leserbriefe mit oft wertvollen<br />

Ergänzungen. So wie von Heinert Lehmann,<br />

auf dessen Anregung wir gern in den<br />

kommenden Ausgaben einen Bogen ziehen<br />

wollen über die ersten Elektro-LKW´s bis<br />

hin zu Siemens Power Generations mit dem<br />

Standort Görlitz.<br />

In diesem Sinne heben wir, verdienterweise,<br />

einmal das Glas auf die nächsten Jahre und<br />

vielleicht kosten auch Sie im Stadthallengarten<br />

unser eigens gebrautest <strong>StadtBILD</strong>-Jubiläumsbier,<br />

nach einem Familienrezept und<br />

geniessen ein sonniges <strong>August</strong>wochenende<br />

im idyllischen Stadthallengarten.<br />

Herzlichst Ihr Andreas Ch. de Morales Roque<br />

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Einleitung<br />

3


Zwanzig Jahre <strong>StadtBILD</strong> –<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong><br />

Es ist kaum zu glauben,<br />

aber trotzdem wahr: das<br />

<strong>StadtBILD</strong> wird zwanzig<br />

Jahre alt.<br />

Die Vorbereitungen für die<br />

neue Publikation begannen<br />

im Sommer 1999.<br />

Im Februar des Jahres 2000<br />

war es dann soweit: die<br />

erste Ausgabe der neuen<br />

Schriftenreihe „<strong>StadtBILD</strong> –<br />

Journal für Görlitz und Umgebung“<br />

erschien. Das Heft<br />

im handlichen A5-Format<br />

und einem Umfang von 28<br />

Seiten wurde vom Görlitzer<br />

Werbedienst gestaltet, als<br />

Herausgeber zeichnete sich<br />

Thomas Oertel verantwortlich.<br />

Im Vorwort schrieb Michael<br />

Vogel, damals oberster<br />

Denkmalschützer in der<br />

Stadt Görlitz: „Wir haben die<br />

Hoffnung, daß es dem Journal<br />

‚<strong>StadtBILD</strong>‘ gelingt, viele<br />

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4<br />

Jubiläum


eine Erfolgsgeschichte<br />

Bürger und Gäste unserer<br />

Stadt für die Denkmalpflege<br />

und den Denkmalschutz<br />

zu sensibilisieren. […] Der<br />

Wirtschaftsfaktor der Denkmalpflege<br />

und des Denkmalschutzes<br />

ist besonders<br />

in so strukturschwachen Regionen<br />

wie der Oberlausitz<br />

nicht unerheblich.“ Zu den<br />

Themen des ersten Stadt-<br />

BILD-Heftes gehörten der<br />

Kaisertrutz und sein Name,<br />

der Nikolaifriedhof, der<br />

Postplatz, das Fortbildungszentrum<br />

für Handwerk und<br />

Denkmalpflege, die Bierfehde<br />

zwischen Görlitz und Zittau,<br />

eine Gebäudesanierung<br />

am Brautwiesenplatz und<br />

manches andere mehr.<br />

Die bunte Mischung der<br />

Themen und die populäre<br />

Darstellungsweise scheinen<br />

den Lesern gefallen zu haben,<br />

denn das <strong>StadtBILD</strong><br />

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Jubiläum<br />

5


Zwanzig Jahre <strong>StadtBILD</strong> –<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong><br />

fand Fortsetzungen. Das<br />

war durchaus nicht selbstverständlich,<br />

denn gerade<br />

in den ersten Jahren nach<br />

der Wende waren auch in<br />

unserer Region viele neue<br />

Zeitschriften und Schriftenreihen<br />

heimatkundlicher<br />

Art aus dem Erdboden geschossen.<br />

Manche davon<br />

erlebten nicht einmal eine<br />

zweite Ausgabe, andere keinen<br />

zweiten Jahrgang. Nur<br />

wenige Reihen gibt es heute<br />

noch auf dem regionalen<br />

Zeitschriftenmarkt.<br />

Seinerzeit erschien das<br />

<strong>StadtBILD</strong> noch in unregelmäßiger<br />

Folge. Zu der<br />

monatlichen Erscheinungsweise<br />

wurde erst später<br />

übergegangen.<br />

In den ersten Jahren wurden<br />

die besten Artikel der<br />

Einzelhefte in Jahresbüchern<br />

zusammengefasst und neu<br />

herausgegeben. Für Görlitz<br />

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6<br />

Jubiläum


eine Erfolgsgeschichte<br />

erscheinen drei Bände für<br />

die Ausgaben 1-12 (2003),<br />

13-18 (2004) und 19-24<br />

(2005).<br />

Da das <strong>StadtBILD</strong> für Görlitz<br />

erfolgreich angelaufen war,<br />

wurde im April 2000 eine<br />

weitere Reihe ins Leben<br />

gerufen, das „<strong>StadtBILD</strong> –<br />

Journal für Zittau und Umgebung“.<br />

Das Vorwort dazu<br />

schrieb seinerzeit kein geringerer<br />

als der ehemalige Oybiner<br />

Pfarrer, spätere Zittauer<br />

Landrat und sächsische<br />

Innenminister Heinz Eggert.<br />

Er schrieb: „Es ist in der Welt<br />

wenig bekannt. Im südöstlichsten<br />

Zipfel Sachsens am<br />

Dreiländereck zu Tschechien<br />

und Polen inmitten einer abwechslungsreichen<br />

Mittelgebirgslandschaft<br />

liegt die<br />

750 Jahre alte Stadt Zittau.<br />

[…] Wer hierher kommt,<br />

wird auch begreifen warum<br />

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Jubiläum<br />

7


Zwanzig Jahre <strong>StadtBILD</strong> –<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong><br />

die wechselhafte Geschichte<br />

dieser Region und ihre<br />

Schönheit auch nach dem<br />

Strukturwandel nach der<br />

Wende, Hoffnungsvolles in<br />

sich birgt. Die Menschen,<br />

die hier leben, leben von<br />

der Geschichte, von der<br />

Schönheit dieser Landschaft<br />

und von der Hoffnung auf<br />

Veränderung. Das alles ist<br />

in der Welt wenig bekannt.<br />

Vielleicht macht dieses Heft<br />

Einiges bekannter.“ Zu den<br />

Themen des ersten Zittau-<br />

Heftes gehörten die einstige<br />

Stadtmauer, die Johanniskirche,<br />

das Weinau-Restaurant,<br />

die Burg- und Klosteranlage<br />

auf dem Oybin, das Salzhaus,<br />

das Dornspachhaus<br />

und das alte Gymnasium in<br />

Zittau.<br />

Zum „Tag der Sachsen“ in<br />

Zittau im September 2001<br />

erschien sogar eine Sonderausgabe<br />

des <strong>StadtBILD</strong><br />

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8<br />

Jubiläum


eine Erfolgsgeschichte<br />

unter dem Titel „Zittau –<br />

Historisch und lebendig im<br />

Dreiländereck“. Auf 52 Seiten<br />

wurde ein bunter Bilderbogen<br />

Zittauer Geschichte<br />

und Sehenswürdigkeiten<br />

geboten. Es dürfte die einzige<br />

Sonderausgabe des<br />

<strong>StadtBILD</strong> bis heute geblieben<br />

sein.<br />

In einem „<strong>StadtBILD</strong> Jahresbuch<br />

Zittau“ wurden schließlich<br />

die besten Beiträge aus<br />

den Heften 1-8 im April<br />

2004 zusammengestellt und<br />

erneut veröffentlicht.<br />

Und da bekanntlich aller guten<br />

Dinge immer drei sind,<br />

startete im Juni 2003 eine<br />

dritte Schriftenreihe: „Stadt-<br />

BILD – Journal für Bautzen<br />

und Umgebung“. Im Vorwort<br />

hieß es dazu: „beginnend<br />

mit dieser Ausgabe<br />

möchte die Stadtbild-Redaktion<br />

die geschichtlichen und<br />

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Jubiläum<br />

9


Zwanzig Jahre <strong>StadtBILD</strong> –<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong><br />

historischen Traditionen dieser nunmehr<br />

1000jährigen Stadt den Lesern näher<br />

bringen. […] Die Sehenswürdigkeiten,<br />

die wunderschöne Landschaft, die<br />

historischen Gebäude, die Vielzahl an<br />

Türmen, die Kirchen, das Rathaus und<br />

die gut erhaltenen und sanierten Barockhäuser<br />

werden im Mittelpunkt der<br />

<strong>StadtBILD</strong>-Beiträge stehen.“ Der Reichenturm,<br />

Dr. Gregorius Mättig, die erste<br />

Ortenburg, ein Aufstand der Zünfte,<br />

Brauurbar und Braugerechtigkeit, sowie<br />

die Wasserversorgung im alten Bautzen<br />

waren die Themen des ersten Bautzen-<br />

Heftes.<br />

Doch auch beim <strong>StadtBILD</strong> wuchsen<br />

nicht alle Bäume in den Himmel oder<br />

wie man heute sagt, der Markt bereinigt<br />

manches Angebot. Auf die Dauer<br />

waren die drei Schriftenreihen Görlitz,<br />

Zittau und Bautzen nicht zu halten. Es<br />

war sowohl schwierig geworden immer<br />

genügend interessante und informative<br />

Beiträge für die verschiedenen Hefte zu<br />

bekommen, als auch jeweils genügend<br />

zahlende Werbekunden.<br />

So wurden das <strong>StadtBILD</strong> Bautzen nach<br />

nur zwei Ausgaben und die Zittauer Reihe<br />

nach 13 Heften eingestellt bzw. mit<br />

dem Görlitzer Original zusammengelegt.<br />

Heute heißt die Schriftenreihe „Stadt-<br />

BILD – Görlitz – Oberlausitz – Niederschlesien“.<br />

Inhaltlicher Schwerpunktthema<br />

ist natürlich die Stadt Görlitz mit<br />

ihrer reichen Geschichte und ihren zahllosen<br />

Sehenswürdigkeiten, schließlich<br />

wird das <strong>StadtBILD</strong> auch dort herausgegeben.<br />

Aber die Reihe ist auch immer<br />

offen für Berichte aus allen anderen<br />

Regionen der Oberlausitz und schließt<br />

auch die Nachbargebiete Niederschlesien,<br />

Sachsen und Böhmen mit ein.<br />

Nun wird das <strong>StadtBILD</strong> also zwanzig<br />

Jahre alt und die 200. Ausgabe ist schon<br />

in Sicht. Das dürfte ziemlich einzigartig<br />

auch dem regionalen Zeitschriftenmarkt<br />

und auch darüber hinaus sein. Dahinter<br />

stecken nicht nur viele Hefte und noch<br />

vielmehr Beiträge und Bilder, sondern<br />

auch sehr viel Arbeit und Mühe.<br />

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10<br />

Jubiläum


Zwanzig Jahre <strong>StadtBILD</strong> –<br />

Jahre <strong>StadtBILD</strong><br />

Das muss anerkannt und<br />

gewürdigt werden. Sicher<br />

wird manchmal die Einfachheit<br />

der Beiträge kritisiert,<br />

sie richten sich aber auch<br />

nicht an ein Fachpublikum,<br />

sondern an den interessierten<br />

Normalbürger.<br />

Auch ist jedermann herzlich<br />

zur Mitarbeit am <strong>StadtBILD</strong><br />

eingeladen, entsprechende<br />

Beiträge sind der Redaktion<br />

immer willkommen.<br />

Schließlich soll auch noch<br />

gesagt werden, dass der<br />

gelegentlich kritisierte relativ<br />

große Werbeanteil in<br />

den <strong>StadtBILD</strong>-Heften letztlich<br />

für deren Finanzierung<br />

sorgt.<br />

Der Verkaufspreis von 1<br />

Euro ist ja wohl eher symbolisch<br />

zu nennen und ein<br />

großer Teil der Auflage wird<br />

auch kostenlos verteilt.<br />

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12<br />

Jubiläum


eine Erfolgsgeschichte<br />

Die ersten Hefte des Stadt-<br />

BILD sind längst vergriffen<br />

und zu gesuchten Sammlerstücken<br />

geworden.<br />

Es dürfte nur wenige Bibliotheken<br />

und Privatsammler<br />

geben, die eine komplette<br />

Sammlung der gesamten<br />

Hefte aller drei Reihen besitzen.<br />

So bleibt eigentlich nur noch<br />

übrig dem <strong>StadtBILD</strong>, der<br />

Redaktion und dem Verlag<br />

der Schriftenreihe nochmals<br />

herzlich zum 20. Jubiläum zu<br />

gratulieren! Weiter so und<br />

auf die nächsten 20 Jahre!<br />

Uwe Kahl,<br />

Christian-Weise-Bibliothek Zittau,<br />

Wissenschaftlicher und Heimatgeschichtlicher<br />

Altbestand<br />

Bild: Mit der Ausgabe 40 wurde<br />

das Layout und auf monatliche<br />

Erscheinung umgestellt.<br />

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Jubiläum<br />

13


Die Schlesischen Musikfestspiele –<br />

Stadthalle Görlitz<br />

Im Juli 1876 nahmen am 1. Schlesischen<br />

Musikfest in Hirschberg im Riesengebirge<br />

zehn schlesische Städte mit zwölf Vereinen,<br />

481 Sängern und 106 Musikern teil.<br />

Gegründet und finanziert wurde das Fest<br />

von Bolko von Hochberg, einem schlesischen<br />

Grafen aus dem Haus Fürstenstein<br />

und Pleß. Er schrieb Singspiele, eine<br />

Oper, widmete sich aber auch Lied- und<br />

Chorkompositionen. Das 3. Schlesische<br />

Musikfest fand 1878 erstmals in Görlitz<br />

statt. Es folgten das vierte (1880),<br />

sechste (1883) und achte (1886) in der<br />

Neißestadt. Seit dem 10. Musikfest 1889<br />

fanden alle Feste zuerst im Zweijahresspäter<br />

im Dreijahresabstand in Görlitz<br />

statt.<br />

Anfangs wurden die Feste wie zahlreiche<br />

weitere öffentliche Veranstaltungen<br />

in einer ehemaligen Ausstellungshalle<br />

des Gartenbauvereins aus dem Jahre<br />

1863 begangen. Der provisorische Holzbau<br />

wurde 1872 vom Wilhelmsplatz an<br />

das Neißeufer nahe dem Exerzierplatz in<br />

etwa dem heutigen Standort der Stadthalle<br />

umgesetzt und im Jahr 1878 für bis<br />

zu 2000 Gäste und Künstler ausgebaut.<br />

Dieses Bauwerk schien jedoch dem<br />

Schlesischen Musikfest nicht angemessen<br />

zu sein, so dass um 1900 ein repräsentativer<br />

Neubau geplant wurde, der<br />

auch der steigenden Geltung der Stadt<br />

gerecht wurde.<br />

Eine frühere Realisierung einer Konzerthalle<br />

in der Stadt war auf Grund der<br />

fehlenden finanziellen Mittel nicht möglich.<br />

Der städtische Haushalt und der<br />

des zusammengeschlossenen Komitees<br />

für Musik- und Ruhmeshalle war um die<br />

Jahrhundertwende bereits schwer durch<br />

den Bau der Oberlausitzer Gedenkhalle<br />

(Ruhmeshalle) belastet.<br />

Im Jahr 1900 berief die Stadtverordnetenversammlung<br />

eine Kommission mit<br />

Mitgliedern aus Magistrat, Stadtverordnetenversammlung<br />

und Bürgerschaft,<br />

die das Projekt Konzerthalle begleiten<br />

sollten.<br />

Im Januar des Folgejahres bestimmte die<br />

Kommission den Bauplatz in der Nähe<br />

der alten Festhalle und legte fest, dass<br />

der Haupteingang sich auf der Südseite<br />

an der Reichenberger Brücke auf Straßenniveau<br />

befinden solle.<br />

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14<br />

Geschichte


in der Stadthalle<br />

Görlitz<br />

Grundsteinlegung der Stadthalle am 20. Juni 1906<br />

Über eine Lotterie konnten 300.000 Mark<br />

der veranschlagten 810.000 Mark eingenommen<br />

werden.<br />

Einen sehr großen Anteil an den Spenden<br />

hatte der Initiator der Festspiele Graf<br />

Bolko von Hochberg. Schließlich votierte<br />

auch die Stadtverordnetenversammlung<br />

für den Neubau einer Konzerthalle. Für<br />

den Bau konnte der renommierte Theaterbaumeister<br />

Bernhard Sehring gewonnen<br />

werden.<br />

Nach den 16. Musikfestspielen fand am<br />

20. Juni 1906 die Grundsteinlegung für<br />

die Stadthalle statt.<br />

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Geschichte<br />

15


Die Schlesischen Musikfestspiele –<br />

Stadthalle Görlitz<br />

Festkonzert zur Eröffnung der Stadthalle am 27. Oktober 1910<br />

Der Neubau entstand in einem zur damaligen<br />

Zeit prosperierenden Stadtviertel.<br />

Mit direktem Blickkontakt entstanden in<br />

der Umgebung 1894 die Reichenberger<br />

Schule, 1898 die Baugewerk- und Maschinenbauschule<br />

und 1902 die Ruhmeshalle.<br />

Wenig später folgten 1913/1914<br />

die Gebäude der Rothenburger Versicherung<br />

und 1926 das Elektrizitätswerk.<br />

Die Arbeiten am Rohbau waren zu Beginn<br />

des Jahres 1908 bereits weitgehend<br />

abgeschlossen. Die geplante Eröffnung<br />

rückte jedoch mit dem Einsturz der Hallendecke<br />

am 9. Mai 1908, wahrscheinlich<br />

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16<br />

Geschichte


in der Stadthalle<br />

Görlitz<br />

Stadthalle nach dem Einsturz am 9. Mai 1908<br />

infolge fehlerhafter statischer Berechnungen<br />

der Stahldeckenkonstruktion, in<br />

weite Ferne.<br />

Sie riss große Teile der Hallenwände mit.<br />

Das Unglück kostete fünf Menschen das<br />

Leben, elf wurden verletzt. Nach dem<br />

erfolgreich abgeschlossenen Wiederaufbau<br />

konnte das Bauwerk am 27. Oktober<br />

1910 festlich durch das Philharmonische<br />

Orchester Berlin unter Leitung von Generalmusikdirektor<br />

Karl Muck eingeweiht<br />

werden. Die Gesamtkosten für den Bau<br />

beliefen sich schließlich auf 1,14 Millionen<br />

Mark.<br />

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Geschichte 17


Die Schlesischen Musikfestspiele in der Stadthalle<br />

Stadthalle Görlitz<br />

Großer Saal der Stadthalle mit Orgel<br />

Das Haus war für mindestens 2000 Besucher<br />

und ein bis zu 1000-köpfiges Ensemble<br />

auf der Bühne konzipiert.<br />

In den Jahren <strong>193</strong>6 und <strong>193</strong>7 fanden<br />

umfangreiche Renovierungen im Gebäude<br />

statt, dabei wurden auch zahlreiche<br />

Schmuckelemente in den Sälen entfernt.<br />

Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte<br />

die Stadthalle trotz Sprengung der<br />

nahegelegenen Reichenberger Brücke<br />

weitgehend unbeschadet.<br />

Bereits zwölf Tage nach<br />

dem Kriegsende luden<br />

der Oberbürgermeister<br />

Alfred Fehler und<br />

der sowjetische Stadtkommandant<br />

Oberst<br />

Pawel Iljitsch Nesterow<br />

die Kinder der Stadt zu<br />

einem Kinderfest im<br />

Stadthallengarten ein.<br />

Daran erinnert bis heute<br />

eine Gedenktafel.<br />

Als Ersatzveranstaltung<br />

für das Schlesische<br />

Musikfest wurde nach<br />

dem Krieg die Görlitzer<br />

Musikwoche etabliert. Die Musikwoche<br />

wurde jedoch bereits 1957 wieder eingestellt.<br />

Am 31. Dezember 2004 wurde der Betrieb<br />

der Stadthalle auf Grund der wirtschaftlichen<br />

Situation und bautechnischen<br />

Mängeln am Bauwerk eingestellt.<br />

Seit 2004 engagiert sich der Förderverein<br />

Stadthalle e.V. für eine Sanierung<br />

und anschließende Wiedereröffnung der<br />

Stadthalle.<br />

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18<br />

Geschichte


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Stadthallengarten Open Air <strong>2019</strong><br />

StadthaGörlitz Open Air<br />

Bereits zum 5. Mal findet auch in diesem<br />

Jahr das Stadthallengarten Görlitz Open<br />

Air im idyllischen Stadthallengarten vom<br />

9. bis 11. <strong>August</strong> statt.<br />

Nach dem sensationellen Auftritt von Never<br />

walk alone beim Festival de la Musique<br />

auf dem Marienplatz ist es eine<br />

Freude sie am 9. <strong>August</strong> zu einem kompletten<br />

Konzert in Görlitz begrüßen zu<br />

dürfen. Der einzigartige German-Irish-<br />

Folk-Rock riss im wahrsten Sinne des<br />

Wortes das Publikum<br />

richtig mit. Es wurde<br />

getanzt, abgerockt und<br />

auch mal geschunkelt<br />

zu einer völlig anderen<br />

Variante von „An der<br />

Nordseeküste...“<br />

Sie können sich auf nahezu<br />

alles gefasst machen<br />

außer schlechter<br />

Laune, denn der Spaß<br />

den die sieben „Musenküsse“<br />

auf der Bühne<br />

haben wird direkt ins<br />

Publikum katapultiert.<br />

Nach den „Toten Ärzten“<br />

im vergangenen Jahr kommen also<br />

nun die Schottenröcke!<br />

Für den Samstag verspricht Chris Harp<br />

eine legendäre Rock- und Bluesnacht.<br />

Von der derben Gangart des Bluesrock<br />

geprägt ist das Programm der „Walter<br />

Mitty“ Bluesband.Hinter dem etwas kryptisch<br />

anmutenden Namen, des noch als<br />

Geheimtipp geltenden Powertrios ,verbergen<br />

sich gestandene Musiker. Ebenso<br />

wie Peter (Pedda) Schmidt, der Be-<br />

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20<br />

Ausblick


Stadthallengarten Görlitz Open Air <strong>2019</strong><br />

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gleitband von Weltstars wie Jethro Tull,<br />

Procol Harum oder ZZ Top war. Das Duo<br />

komplettiert Chris Harp, der mit verschiedensten<br />

Blues-und Rockprojekten<br />

unterwegs ist. Bisher größter Höhepunkt<br />

seines Schaffens war es mit John Lee<br />

Hooker Jr. gemeinsam auf der Bühne zu<br />

stehen.<br />

Am Sonntag findet zum Ausklang bei<br />

freiem Eintritt ein Stadthallengartenfest<br />

unter dem Motto „Gemeinsam statt einsam“.<br />

Der ideenfluß e.V. wird mit Kaffee<br />

und selbst gebackenem Kuchen aufwarten,<br />

die Sparkasse versorgt die Gäste mit<br />

Zuckerwatte und der „Schlesische Kaufmann“<br />

wird den allseits beliebten Gutscheinkalender<br />

„Gastliches Görlitz 2020“<br />

anpreisen.<br />

Gleichzeitig feiern wir gern mit Ihnen<br />

unser Jubiläum „20 Jahre <strong>StadtBILD</strong>“ an<br />

diesem Wochenende und präsentieren<br />

Ihnen das „1. <strong>StadtBILD</strong>-Jubiläumsbier“,<br />

gebraut nach einem Familienrezept.<br />

Weitere Informationen und Karten unter:<br />

www.incaming.de<br />

Ausblick 21


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160 Jahre Kreditgenossenschaft in Görlitz –<br />

Jahre Volksbank<br />

Friedrich Wilhelm Raiffeisen | Farbkollage<br />

„Was einer allein nicht schafft, das schaffen<br />

viele“, erklärte der Sozialreformer<br />

und Politiker Friedrich Wilhelm Raiffeisen<br />

(1818-1888) Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

das genossenschaftliche Prinzip.<br />

Raiffeisen stammte selbst aus einfachen<br />

Verhältnissen und setzte sich das Ziel,<br />

über Kredit- und Darlehenskassen der<br />

Mittelschicht – Bauern, Handwerkern<br />

und Kleinunternehmern – Zugang zu<br />

Krediten zu ermöglichen. Mit der Gründung<br />

des Flammersfelder Hilfsvereins zur<br />

Unterstützung unbemittelter Landwirte<br />

(1848), des Heddesdorfer Darlehnskassenvereins<br />

(1864) und der Rheinischen<br />

Landwirtschaftlichen Genossenschafts-<br />

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22<br />

Jubiläum


Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG<br />

160 Jahre Volksbank<br />

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bank (1872) schuf der Sozialreformer<br />

Raiffeisen Modelle zur Unterstützung<br />

unbemittelter Landwirte und für landwirtschaftliche<br />

Einkaufsgenossenschaften<br />

zum günstigen Einkauf von Produktionsgütern<br />

wie beispielsweise Saatgut<br />

und Düngemittel. Sowohl der „Grüne<br />

Kredit“, der vorsah, Saatgut und Dünger<br />

mit der späteren Ernte zu bezahlen, als<br />

auch die gemeinsame Erntevermarktung<br />

und die örtlich verwalteten Spar- und<br />

Darlehenskassen wurden in vielen Dörfern<br />

Deutschlands entsprechend seinen<br />

Vorschlägen eingeführt. Mindestens<br />

sieben Bauern waren erforderlich, um<br />

dörfliche Genossenschaften zum Einkauf<br />

oder Vertrieb zu gründen. Um wirkungsvoll<br />

verhandeln zu können und dadurch<br />

preisgünstig Saatgut und Dünger einzukaufen,<br />

sah die Genossenschaftssatzung<br />

zunächst eine unbeschränkte Haftung<br />

mit dem gesamten Vermögen der Mitglieder<br />

vor. Nach der ersten Erfolgsphase<br />

wurden die Garantien auf die Vermögen<br />

der Vorstandsmitglieder und nach Ansparung<br />

von Genossenschaftsvermögen<br />

auf dieses gemeinsame Vermögen beschränkt.<br />

Der Leitspruch: „Einer für alle,<br />

alle für einen“ wurde für die landwirtschaftlichen<br />

Genossenschaften die Basis<br />

des Handels, ebenso wie der Name des<br />

Erfinders „Raiffeisen“ Namensbestandteil<br />

und Marke wurde.<br />

Die Idee trug rasch Früchte. Im 19. Jahrhundert<br />

entstanden in Deutschland zahlreiche<br />

Kreditgenossenschaften. In Görlitz<br />

wurde am 27. April 1859 der Vorschuss-<br />

Verein Görlitz gegründet. Aus dem Vorschuss-Verein<br />

wurde die Vereinsbank<br />

Görlitz bis 1919 und danach erfolgte eine<br />

weitere Umfirmierung zur Gewerbe- und<br />

Landschaftsbank Görlitz bis dann daraus<br />

ab <strong>193</strong>8 die Volksbank Görlitz wurde. Zu<br />

DDR-Zeiten wurde der Name Genossenschaftsbank<br />

für Handwerk und Gewerbe<br />

eingeführt. Die erneute Umbenennung in<br />

Volksbank Görlitz erfolgte dann am 31.<br />

Mai 1990.<br />

Am 13. <strong>August</strong> 1991 kam es zur Verschmelzung<br />

mit der Raiffeisenbank Görlitz<br />

zur Volks- und Raiffeisenbank Görlitz<br />

und letztlich mit der Verschmelzung mit<br />

der Raiffeisenbank-Volksbank Niesky-<br />

Weißwasser im Juni 2005 zur heutigen<br />

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Jubiläum<br />

23


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160 Jahre Kreditgenossenschaft in Görlitz –<br />

Jahre Volksbank<br />

Platz vor dem Victoria-Hotel noch ohne Kunstbrunnen, Fotografie um 1880<br />

VOLKSBANK RAIFFEISENBANK NIEDER-<br />

SCHLESIEN eG.<br />

Nach der politischen Wende hatte die damalige<br />

Volksbank Görlitz ihren Sitz im Gebäude<br />

Postplatz 19.<br />

Der Kaufmann Eduard Schultze, der 1844<br />

Obermarkt 5 ein Geschäft für Leinen- und<br />

Baumwollwaren eröffnet hatte und zu einem<br />

ansehnlichen Vermögen gekommen<br />

war, erwarb 1863 das gesamte Gelände<br />

des alten Frauenspitals und ließ die Baulichkeiten<br />

abreißen.<br />

Von 1864-1867 entstand dort zwischen<br />

dem Gericht und der Frauenkirche unter<br />

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24<br />

Jubiläum


Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG<br />

160 Jahre Volksbank<br />

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Straßenbahnendhaltestelle auf dem Postplatz um 1910<br />

Baumeister Pfeiffer ein prächtiger Neubau<br />

von bisher in Görlitz ungewohnter Breite<br />

und Höhe. Man habe sich, so wurde erzählt,<br />

an ein Pariser Vorbild gehalten.<br />

Die Baukosten wurden auf etwa 100.000<br />

Taler geschätzt. 1868 war das Haus bezugsfertig.<br />

In den Mittelteil zog das vornehme Victoria-Hotel<br />

ein, das dort bis nach 1900 auch<br />

prominente Gäste empfing, unter ihnen<br />

den Görlitzer Ehrenbürger Generalfeldmarschall<br />

Helmuth von Moltke, der 1885<br />

die Görlitzer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung<br />

besuchte.<br />

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Jubiläum<br />

25


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160 Jahre Kreditgenossenschaft in Görlitz –<br />

Jahre Volksbank<br />

Marienplatz mit Bankgebäude und Demiani-Denkmal, um 1900<br />

Im Erdgeschoß links siedelte sich ein gemütliches<br />

Wiener Café an. 1882 zog sich<br />

Eduard Schultze ins Privatleben zurück.<br />

Das Geschäft übergab er an seine Söhne<br />

Gustav und Alfred. Aber erst 1888 wurde<br />

das Unternehmen vom Obermarkt in das<br />

große Haus am Postplatz verlegt.<br />

Dort blieb es noch etwa 60 Jahre. 1912<br />

gab es einen Ergänzungsbau. In die Leitung<br />

der Firma teilten sich Alfred Schultze<br />

und die Prokuristen Richard Geschwinde,<br />

Max Mauermann und Karl Schwirten. Ab<br />

1919 führten die drei Prokuristen gemeinsam<br />

mit Kaufmann Gustav Bahr das<br />

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26<br />

Jubiläum


Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG<br />

160 Jahre Volksbank<br />

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Markt auf der Elisabethstraße um 1902<br />

Unternehmen; nach dem Tod von Geschwinde<br />

<strong>193</strong>0 trat <strong>193</strong>1 Max Schmidt<br />

als Mitinhaber ein. Das Textilkaufhaus<br />

Eduard Schultze blieb jahrzehntelang ein<br />

Qualitätsbegriff bei den Görlitzern, und<br />

ältere wie jüngere Leute bezeichnen gelegentlich<br />

noch heute das Haus nach dem<br />

Firmengründer.<br />

Im Jahr 1995 erfolgte dann der Umzug<br />

des inzwischen zur Volks-und Raiffeisenbank<br />

Görlitz firmierten Geldinstitutes in<br />

die Elisabethstraße 42/43, die bis heute<br />

Sitz der Volks-und Raiffeisenbank Niederschlesien<br />

eG ist.<br />

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Jubiläum<br />

27


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160 Jahre Kreditgenossenschaft in Görlitz<br />

Jahre Volksbank<br />

Blick vom Marienplatz in die Elisabethstraße , um 1905<br />

Als eine der markantesten Straßen in der<br />

Görlitzer Altstadt kann man sicher die<br />

Elisabethstraße nennen. Schon allein die<br />

mächtigen Bäume rechts und links ihres<br />

Verlaufs geben ihr ein unverwechselbares<br />

Aussehen. Im Volksmund auch gern „Elisabethplatz“<br />

genannt, bleibt sie doch eine<br />

Straße - und zwar eine mit interessanter<br />

Vergangenheit. Ihren Namen verdankt sie<br />

Elisabeth Luise (1801-1873), der Gemahlin<br />

von König Friedrich Wilhelm IV. Noch<br />

in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts<br />

befand sich hier eine doppelte<br />

Stadtmauer mit Bastionen.<br />

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28<br />

Jubiläum


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160 Jahre Kreditgenossenschaft in Görlitz –<br />

Jahre Volksbank<br />

Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG, Fotografie <strong>2019</strong><br />

Als unübersehbarer Zeuge steht noch<br />

heute der runde und massig wirkende um<br />

1250 erbaute „Frauenturm“.<br />

Im Volksmund heißt dieser Turm meistens<br />

der „Dicke Turm“ wegen seiner über<br />

5m starken Mauern. Durch den Dicken<br />

Turm begrenzt, erstreckte sich früher in<br />

Richtung Nonnenstraße das 1370 erbaute<br />

Schloss, das zu bestimmten Zeiten von<br />

Herzog Hans von Görlitz, einem Sohn Kaisers<br />

Karl IV. bewohnt wurde. 1474 riss<br />

man das herrschaftliche Gebäude ab und<br />

bebaute das Terrain mit Bürgerhäusern.<br />

Als zu Zeiten Demianis die Stadtmauern<br />

fielen, fasste man 1843 den Beschluss,<br />

das Areal zur Promenade auszubauen.<br />

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30<br />

Jubiläum


Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG<br />

160 Jahre Volksbank<br />

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Durch verschiedene Maßnahmen sollte<br />

Platz gewonnen werden, um Bäume zu<br />

pflanzen, damit ein Boulevard entstehen<br />

konnte. Die Ausführung verschob sich<br />

aber durch den verzögerten Abbruch der<br />

Stadtmauern. Zwischen 1853 und 1855<br />

nahm die Elisabethstraße dann annähernd<br />

die heutige, den Görlitzern vertraute Form<br />

an. Fort an stellt die Straße ein für die<br />

Stadt wichtiges wirtschaftliches Zentrum<br />

dar. Seit 1864 ist sie zudem zum städtischen<br />

Marktplatz für den Wochenmarkt<br />

geworden. Damals wie heute lockt er die<br />

Menschen zum Kauf und bringt so Leben<br />

in die Elisabethstraße.<br />

Einen würdigen Abschluss fand die Elisabethstraße<br />

im Osten durch den Bau der<br />

Reichsbank, dem heutigen Sitz der Volksbank<br />

Raiffeisenbank Niederschlesien eG.<br />

Jung geblieben ist die Volksbank Raiffeisenbank<br />

in all der Zeit – sonst wäre sie<br />

nicht seit mehr als eineinhalb Jahrhunderten<br />

ein Erfolgsmodell. Jeder aktive Kunde<br />

kann Miteigentümer werden. Durch ihr<br />

Mitspracherecht bestimmen die Mitglieder<br />

direkt mit über die Geschicke ihrer Genossenschaftsbank.<br />

Dieses Prinzip hat sich bewährt und stellt<br />

ein Bekenntnis zu Demokratie und Fairness<br />

dar.<br />

Seit 2016 gehört die genossenschaftliche<br />

Idee sogar zum „Immateriellen Kulturerbe<br />

der Menschheit“. In mehr als 100 Ländern<br />

gibt es Genossenschaften mit zusammen<br />

mehr als 800 Millionen Mitgliedern. In<br />

Deutschland gehören etwa 22 Millionen<br />

Menschen einer Genossenschaft an.<br />

Dafür gibt es gute Gründe: Genossenschaften<br />

stabilisieren regionale Wirtschaftskreisläufe,<br />

sorgen für lokale Beschäftigung<br />

und tragen als bedeutender<br />

Wirtschaftsfaktor auch zur Bewältigung<br />

gesellschaftlicher Aufgaben bei.<br />

Die Bank geht mit der Zeit, hinsichtlich<br />

der sich wandelnden Kundenansprüche.<br />

Niemals an Aktualität verloren haben<br />

dabei die genossenschaftlichen Werte:<br />

Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung,<br />

die auch heute noch die<br />

drei Eckpfeiler der Volksbank Raiffeisenbank<br />

Niederschlesien eG sind, ihrer Genossenschaftsbank.<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

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Jubiläum 31


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Wichernhaus <strong>2019</strong><br />

Fällt in Görlitz der Name Wichern, so<br />

denkt man unwillkürlich an das Görlitzer<br />

Wichernhaus. Das große Gebäude mit<br />

dem beeindruckenden Saal, sowie dem<br />

etwas versetzt angeordneten Pflegeheim<br />

sind Stadtbild prägende Gebäude in der<br />

Johannes Wüstenstraße.<br />

Das zurückgesetzte Gebäude wurde 1830<br />

als Evangelisches Vereinshaus errichtet.<br />

Der große Saalanbau entstand 1857<br />

und wurde 1911 nochmals umgebaut als<br />

Tanz- und Konzerthaus der Sozietätsgesellschaft.<br />

Ab 1874 wurde das Gebäude<br />

als Kirche der Apostolischen Gemeinde<br />

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32<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

eine Zeit lang genutzt. Heute<br />

befinden sich im Saalgebäude<br />

2 Säle, sowie ein großer Küchenbetrieb,<br />

der mittags eine<br />

reiche Auswahl an preiswerten<br />

Speisemenüs für die Görlitzer<br />

und abends öfters vielfältige<br />

Veranstaltungen im Großen<br />

Saal anbietet.<br />

Immer wieder wird gern die<br />

Frage gestellt, warum heißen<br />

die Gebäude Wichernhaus?<br />

Wer war eigentlich der Namensgeber?<br />

Johann Hinrich Wichern war<br />

ein bedeutender evangelischer<br />

Theologe und Reformer, der<br />

sowohl das berühmte Rauhe<br />

Haus in Hamburg, als auch die<br />

Innere Mission gegründet hat.<br />

Viele Kirchenlieder stammen<br />

aus seiner Feder und in der<br />

Weihnachtszeit leuchtete früher<br />

in jedem Haus ein Adventskranz,<br />

der auch von ihm entworfen<br />

wurde. Johann Hinrich Wichern (21.4.1808-7.4.1881)<br />

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Geschichte<br />

33


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Johann Hinrich Wichern wurde am 21.<br />

April 1808 als ältester Sohn von acht<br />

Geschwistern in einfachen bürgerlichen<br />

Verhältnissen geboren. Sein Vater, Johann<br />

Hinrich Wichern, qualifizierte sich<br />

vom einfachen Fuhrmann, durch fleißige<br />

Weiterbildung zum vereidigten Übersetzer<br />

und Notar.<br />

Johann Hinrich Wichern besuchte eine Privatschule,<br />

in der nach der Pädagogik Pestalozzis<br />

unterrichtet wurde. 1818 wechselte<br />

er auf das Johanneum, ein bereits<br />

lange bestehendes Gymnasium, das im<br />

16. Jahrhundert von Johannes Bugenhagen,<br />

dem Mitstreiter Martin Luthers und<br />

Reformator Norddeutschlands, gegründet<br />

worden war. Vom Vater erbte er die Liebe<br />

zur Musik und lernte Klavier spielen, von<br />

der Mutter erbte er das praktische Denken<br />

und die Fähigkeit zum zielgerichteten<br />

energischen Handeln. Im Alter von 15 Jahren<br />

mußte sich Johann Hinrich bereits um<br />

die Familie kümmern, da sein Vater bereits<br />

1823 verstarb. Dadurch war Johann<br />

Hinrich gezwungen zum Lebensunterhalt<br />

der großen Familie beizutragen, indem<br />

er Nachhilfeunterricht gab. Aus diesen<br />

Gründen mußte er vorzeitig die Schule<br />

verlassen und holte das Abitur später am<br />

Akademischen Gymnasium (Abendschule)<br />

nach. Diese schweren Erlebnisse bewogen<br />

ihm nach dem Tod des geliebten<br />

Vaters ein Tagebuch zu führen. Hier lernte<br />

er den Sohn des bekannten Liederdichters<br />

Matthias Claudius, Johannes Claudius,<br />

kennen, was ihn zum Dichten etlicher<br />

Kirchenlieder anregte. Johann Hinrich erhielt<br />

ein Stipendium und konnte dadurch<br />

Theologie in Göttingen und Berlin studieren.<br />

Während seines Studiums lernte er<br />

viele interessante Menschen kennen, die<br />

sein späteres Handeln und seine Theologie<br />

maßgeblich beeinflussten. Besonders<br />

zu erwähnen sind hier die Reformtheologen<br />

Schleiermacher und Neander, sowie<br />

der Arzt Nikolaus Heinrich Julius.<br />

Johann Hinrich Wichern schloß 1832 sein<br />

Studium mit einem theologischen Examen<br />

ab und bekam eine Stelle als Oberlehrer<br />

in der Sonntagsschule der Hamburger<br />

Gemeinde St. Georg. Im aufstrebenden<br />

Hamburg der damaligen Zeit war das<br />

Viertel St. Georg ein armes Viertel der Arbeiter<br />

und einfachen Leute.<br />

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34<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

Hier lernte er als Mitglied eines<br />

Besuchervereins, der die<br />

Familien der Sonntagsschüler<br />

zu Hause besuchten, das<br />

Elend und die Verwahrlosung<br />

breiter Schichten in dem Viertel<br />

kennen. Deshalb gründete<br />

er im Hamburger Vorort Horn<br />

nach einem Jahr eine Anstalt<br />

„zur Rettung verwahrloster und<br />

schwer erziehbarer Kinder“.<br />

Bei dieser Tätigkeit lernte Wichern<br />

1833 seine spätere Frau<br />

Amanda Böhme, eine Nachkommin<br />

des bekannten Görlitzer<br />

Mystikers und Theosophen<br />

Jakob Böhme, kennen, die seinem<br />

Aufruf folgte und als Lehrerin<br />

in der Sonntagsschule der<br />

St. Georgs Gemeinde Hamburg<br />

begann.<br />

Der damals 25-Jährige Johann<br />

Hinrich verliebte sich „auf den<br />

ersten Blick“ in die hübsche 22<br />

jährige Amanda. 1835 heiraten<br />

beide und Amanda zog zu ihm. Elendsviertel in Hamburg St. Georg um 1893<br />

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Geschichte<br />

35


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Amanda und Johann Hinrich Wichern<br />

Doch dort führte Johann Hinrichs Mutter<br />

mit strenger Hand den Haushalt, was<br />

sofort zu ernsthaften Differenzen führte,<br />

denn Amanda lag die Hausarbeit überhaupt<br />

nicht. Deshalb übertrug „Heini“, wie<br />

Amanda liebevoll Wichern bezeichnete,<br />

ihr die Buchführung und Geldgeschäfte<br />

in der neu gegründeten<br />

Anstalt. Dies war in der<br />

damaligen Zeit, als Frauen<br />

noch keinen Beruf<br />

hatten und eigentlich nur<br />

das „Heimchen am Herd“<br />

zu sein hatten, geradezu<br />

revolutionär.<br />

Dennoch lebte Amanda<br />

weiter voll in der Gedankenwelt<br />

ihres Vorfahren<br />

Jakob Böhme, dessen<br />

Aussage ihr Wahlspruch<br />

war: „Du lebst in Gott<br />

und Gott ist in dir. Und<br />

so du heilig lebst, so bist<br />

du selber Gott, und wo<br />

du nur hinsiehst, da ist<br />

Gott.“<br />

Die Gründungsversammlung des späteren<br />

„Rauhen Hauses“ fand im Saal der Börsenhalle<br />

am 12. September 1833 statt.<br />

Der Hamburger Syndikus Karl Sieveking,<br />

ein Verwandter Amalie Sievekings, hatte<br />

ihm eine Kate, „Ruges Haus“ mitsamt<br />

Grundstück überlassen.<br />

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36<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

Das alte “Rauhe Haus” um 1834<br />

Der Volksmund machte aus „Ruges Haus“<br />

das „Rauhe Haus“. Am 31. Oktober zog<br />

Wichern mit seiner Mutter und seiner<br />

Schwester in das „Rauhe Haus“ ein. Bis<br />

zum 12. November waren 6.500 Mark gesammelt<br />

worden. Bereits zum Jahresende<br />

1833 hatte Wichern zwölf Jungen in die<br />

Hausgemeinschaft aufgenommen. Die<br />

Zahl der Jungen wuchs, so dass neue Gebäude<br />

errichtet werden mussten. Gemeinsam<br />

mit seinem Mentor, dem Pöseldorfer<br />

Schulleiter Johann Ludwig Emanuel Pluns,<br />

gab er den „Bergedorfer Boten“, als Informationszeitschrift<br />

für die Hamburger und<br />

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Geschichte<br />

37


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Knabenarbeitssaal im “Rauhen Haus”<br />

Freunde des „Rauhen Hauses“ heraus.<br />

Ab 1835 wurden auch Mädchen aufgenommen.<br />

Begegnungen mit christlichen<br />

Erweckungsbewegungen, zumeist konservativen<br />

protestantischen Strömungen,<br />

die sich gegen einen aufklärerischen Rationalismus<br />

wendeten, prägten ihn Zeit seines<br />

Lebens. Aber auch die Unfähigkeit der<br />

Kirche und des Staates, auf die Armut und<br />

die katastrophalen Zustände in Deutschland<br />

angemessen zu reagieren, können<br />

seine Unternehmungen erklären. Er wollte<br />

eben nicht disziplinieren und korrigieren,<br />

sondern Lebensraum für Kinder schaffen,<br />

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38<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

Mädchenarbeitssaal um 1835<br />

in dem sie zu guten Bürgern und Christen<br />

heranwachsen können.<br />

Die Arbeit mit den Kindern im Rauhen<br />

Haus war es auch, die Wichern 1839 dazu<br />

brachte, etwas zu erfinden, das es heute<br />

in aller Welt gibt - den Adventskranz.<br />

Geboren wurde er aus einer „Notsituation“:<br />

Die Kinder fragten in der Adventszeit<br />

ständig nach, wann endlich Weihnachten<br />

sei. Schließlich nahm Wichern ein großes<br />

Wagenrad mit anfangs 20 kleinen roten<br />

und vier großen weißen Kerzen, das im<br />

Jahr 1839 durch Johann Friedrich Wichern<br />

erstmals aufgestellt wurde.<br />

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Geschichte<br />

39


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Das “Rauhe Haus” mit Teich | Ansichtskarte 1908<br />

An jedem Abend vom 1. Advent bis zum<br />

Heiligen Abend wird eine Kerze angezündet.<br />

Die großen Kerzen sind für die Adventssonntage,<br />

die kleinen für die Werktage.<br />

Die Zahl der kleinen Kerzen bis zum Heiligen<br />

Abend ist jedes Jahr unterschiedlich.<br />

Sie variieren zwischen 18 und 24, weil<br />

der 1. Advent jedes Jahr an einem unterschiedlichen<br />

Datum beginnt.<br />

Mit der Professionalisierung des Dienstes<br />

am Nächsten legte Wichern den Grundstein<br />

für das Diakoniewesen und eine moderne<br />

Sozialpädagogik.<br />

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40<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

Das “Rauhe Haus” in Hamburg | Ansichtskarte 1912<br />

Die im Rauhen Haus ausgebildeten Gehilfen<br />

oder „Brüder“ arbeiteten bald in ganz<br />

Deutschland und verbreiteten so auch Wicherns<br />

Ideen. Eine Fachhochschule lehrt<br />

bis heute die Grundideen Wicherns von<br />

einer soliden Ausbildung für professionelle<br />

Helfer.<br />

Doch Wicherns Ideen gingen bald über<br />

den begrenzten Bereich der Jugendhilfe<br />

hinaus. Er wollte die Kirche insgesamt reformieren.<br />

Auf dem ersten evangelischen<br />

Kirchentag in Wittenberg im Revolutionsjahr<br />

1848 hielt er eine über fünfstündige<br />

Stegreifrede, in der er die Notwendigkeit<br />

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Geschichte<br />

41


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

einer Inneren Mission für die Kirche begründete.<br />

Grund waren auch die von ihm<br />

wahrgenommenen Auswirkungen der<br />

wirtschaftlichen und sozialen Folgen gesellschaftlicher<br />

Umwandlungsprozesse,<br />

- Industrialisierung und Verstädterung,<br />

die weiten Teilen der Bevölkerung vor<br />

allem Armut und Verelendung brachten.<br />

1849 wurde auf seine Initiative hin der<br />

„Centralausschuss für die Innere Mission<br />

der deutschen Evangelischen Kirche“<br />

gegründet. Dieser „Centralausschuss“ ist<br />

der direkte Vorläufer des heutigen Diakonischen<br />

Werkes. Begünstigt wurden diese<br />

Reformen durch das damals ausgeprägte<br />

Vereinswesen, das Wichern zur Umsetzung<br />

seiner Ideen nutzte.<br />

Der „Centralausschuss“ bündelte die vielen<br />

Ideen und Initiativen, die von ihm und<br />

anderen angestoßen worden waren, und<br />

bot eine kommunikative Plattform. Die<br />

Kirche beargwöhnte anfangs teilweise<br />

diese Aktivitäten, nutzte sie aber am Ende<br />

und entwickelte sie bis heute weiter.<br />

Der preußische König wurde auf Wicherns<br />

Tätigkeiten im „Rauhen Haus“und in der<br />

„Inneren Mission“ aufmerksam und nahm<br />

1849 mit Wichern Kontakt auf, als sich<br />

Wichern in einer Denkschrift verstärkt für<br />

die kirchliche Mitwirkung im Strafvollzug<br />

einsetzte.<br />

1857 wurde Wichern Vortragender Rat<br />

für das Strafanstalts- und Armenwesen<br />

in Preußen. Der König wollte mit ihm die<br />

Gefängnisreformen durchsetzen, die ihm<br />

sein Parlament immer wieder verweigerte.<br />

Wichern sorgte dafür, dass das vom<br />

König favorisierte sogenannte Pennsylvania-System<br />

in Preußen konsequent eingeführt<br />

wurde. Dieses System wurde unter<br />

anderem im damaligen Modellgefängnis<br />

Pentonville in England praktiziert und geht<br />

auf Ideen der Quäker in Amerika zurück.<br />

Der König war bei einem Besuch von<br />

Pentonville so begeistert, dass er dieses<br />

System auch in Preußen einführen wollte.<br />

Im Berliner Zellengefängnis Lehrter<br />

Straße (später JVA Moabit) nahmen diese<br />

Reformen Gestalt an. Bei diesem neuen<br />

Gefängnistyp handelte es sich um sternförmige<br />

Bauten, die eine fast vollständige<br />

Kontrolle der Gefangenen ermöglichten.<br />

Die Gefangenen waren in Einzelzellen<br />

untergebracht und hatten keinen Kontakt<br />

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42<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

miteinander. Sie<br />

lebten isoliert in<br />

den Zellen, abgeschottet<br />

- sogar<br />

im Gottesdienst,<br />

wo sie in Betstühlen<br />

saßen, die nur<br />

den Blick nach<br />

vorn auf die Kanzel<br />

erlaubten.<br />

Wichern scheiterte<br />

im Preußischen<br />

Parlament<br />

mit seiner Reform<br />

Das “Rauhe Haus” - Grüne Tanne | Ansichtskarte 1907<br />

des Strafvollzuges<br />

am Widerstand der Liberalen. Zum einen,<br />

weil diese ihn letztlich nicht als einen der<br />

ihren akzeptierten und mit seinen Ideen,<br />

aber vor allem mit seinen Gehaltsforderungen<br />

und seinen mit dem König ausgehandelten<br />

Vertragsbedingungen nicht einverstanden<br />

waren. So hatte er sich unter<br />

anderem vertraglich zusichern lassen, die<br />

eine Hälfte des Jahres im Rauhen Haus<br />

und die andere Hälfte in Berlin verbringen<br />

zu können. Zum anderen scheiterte er,<br />

weil Teile des preußischen Landtages das<br />

System der Einzelhaft ablehnten sowie<br />

das zu „religiöse“ und unmenschliche Regime<br />

der als Wärter eingesetzten Brüder<br />

des Rauhen Hauses kritisierten.<br />

Wichern politische Einstellung war konservativ<br />

und wurde durch die revolutionären<br />

Ereignisse des Jahres 1848 auch nicht<br />

beeinflusst, die er als gottlos beschrieb. Er<br />

wandte sich gegen die neuen Bewegungen<br />

und Strömungen, wie Kommunismus<br />

und Sozialdemokratie.<br />

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Geschichte<br />

43


Johann Hinrich Wichern –<br />

Hinrich Wichern<br />

Sein Engagement für den preußischen<br />

König lag auch darin begründet, dass er<br />

dessen Ansichten von einem christlichen<br />

Staat, geprägt von einer christlichen Obrigkeit,<br />

teilte. So revolutionär Wicherns<br />

Sozialreformen innerhalb der Kirche und<br />

auch für die Gesellschaft waren, so konservativ<br />

und rückwärtsgewandt waren<br />

sein Staats- und Herrschaftsverständnis.<br />

Die Ideen der Erweckungsbewegung<br />

hatten einen wichtigen Einfluss auf sein<br />

Denken und ließen ihn zwar die Armut<br />

und Verelendung sehen, daraus aber sehr<br />

eigene Schlüsse ziehen. Für ihn waren<br />

die Einflüsse des, seiner Meinung nach,<br />

gottlosen Systems des Kommunismus<br />

und der Sozialdemokratie für diese Massenverelendung<br />

mitverantwortlich. Er sah<br />

diese Verelendungen nicht als Folge der<br />

gesellschaftlichen Umwälzungen seiner<br />

Zeit an, sondern als Mangel an Glaube,<br />

zu dem eben auch die Revolution und die<br />

Arbeiterbewegung beitrugen.<br />

Seine Arbeit in der Jugendfürsorge wirkt<br />

allerdings bis heute nach und hat das<br />

Wohlfahrtssystem über die Kirche hinaus<br />

nachhaltig reformiert.<br />

Trotz seiner Engagements in Berlin hat<br />

sich Wichern weiter um die Belange des<br />

„Rauhen Hauses“ in Hamburg gekümmert.<br />

1872 kehrte er nach Hamburg zurück und<br />

übergab krankheitsbedingt am 1. April<br />

1873 die Leitung des „Rauhen Hauses“<br />

an seinen Sohn Johannes. 1874 wurde<br />

Johann Hinrich Wichern aus dem Staatsdienst<br />

entlassen. Es folgte eine langjährige<br />

Leidenszeit mit körperlicher Schwäche,<br />

Schmerzen und Schlaflosigkeit. Nach<br />

mehreren Schlaganfällen verstarb Johann<br />

Hinrich Wichern als mürrischer Mann am<br />

7. April 1881 in Hamburg.<br />

Er wurde unter großer Anteilnahme der<br />

Hamburger auf dem Hammer Friedhof<br />

beigesetzt. Sein Sohn Johannes leitete<br />

das „Rauhe Haus“ mit tatkräftiger Unterstützung<br />

von Wicherns Witwe Amanda<br />

weiter. Am 7. Mai 1888 verstarb Amanda<br />

Wichern im Kreis ihrer sieben Kinder. Ihre<br />

letzten Worte sollen „Heinz, jetzt komme<br />

ich!“ gewesen sein.<br />

Johann Hinrich Wichern lebt weiter im<br />

Vermächtnis der Evangelischen Kirchen,<br />

denen er eine größere Anzahl christlicher<br />

Lieder vermacht hat. Es gibt heute über<br />

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44<br />

Geschichte


Anwalt der Armen | Reformer der Kirche<br />

Johann Hinrich Wichern<br />

Geburtsname von Amanda Wichern war Boehme<br />

130 Wichernhäuser in Deutchland.<br />

Aber in Görlitz hat er leibhaftig eine<br />

flammende Rede zur sozialen Reformation<br />

Schlesiens gehalten.<br />

Denken wir aber nur an „Die Liebe<br />

wohnt auf Erden“. „Dreieiniger<br />

Gott, wir rufen“ oder die Hoffnung<br />

auf die Auferstehung mit „Wenn<br />

einst erscheint des Menschen<br />

Sohn“.<br />

Wenn es auch noch etwas hin ist,<br />

bis zur schönen Weihnachtszeit,<br />

so kommt doch fast jeden, bei Erwähnung<br />

des Weihnachtsfestes ein<br />

Lied in den Sinn, welches auch von<br />

Johann Hinrich Wichern stammt<br />

und sich zu einem regelrechten internationalen<br />

Evergreen entwickelt<br />

hat, nämlich „Oh du fröhliche, oh<br />

du selige gnadenbringende Weihnachtszeit“,<br />

welches in der Urform<br />

Wicherns noch hieß „O du selige,<br />

o du fröhliche …“ Aber Johann<br />

Hinrich Wichern wird diese kleine<br />

Änderung sicher nicht übelnehmen<br />

und vielleicht darüber schmunzeln.<br />

Bertram Oertel<br />

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Geschichte<br />

45


Meyer Optik Görlitz (1896 - heute) –<br />

Optik Görlitz<br />

Produktionsgebäude Görlitz, Fichtestraße, erbaut 1923<br />

Meyer-Optik blickt auf eine bewegte Geschichte<br />

zurück. Mit Gründung im Jahre<br />

1896 konnte das Görlitzer Unternehmen<br />

bereits sehr früh mit innovativen, hochwertigen<br />

Objektiven aufwarten und dies<br />

selbst im geteilten Deutschland viele<br />

Jahre fortsetzen. In den nun mehr als<br />

120 Jahren Unternehmenshistorie konnte<br />

Meyer-Optik viele Fotografen für seine<br />

Produkte begeistern und eine weltweit<br />

große Fangemeinde für sich gewinnen.<br />

Die einzigartige Bildsprache, die die<br />

Objektive aus dem Hause Meyer-Optik<br />

bieten, ermöglicht es Fotografen sich in<br />

Zeiten von Smartphone-Fotos und Pixelschlachten<br />

großer Hersteller, von der<br />

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46<br />

Geschichte


Tradition trifft Innovation<br />

Meyer Optik Görlitz<br />

Masse abzusetzen. In der langen Historie<br />

haben diverse äußere Umstände<br />

den Weg der Objektivhersteller aus Görlitz<br />

geprägt und meist nicht erleichtert.<br />

Dennoch ist der Ansatz heute wie damals<br />

identisch – qualitativ hochwertige,<br />

innovative und dennoch erschwingliche<br />

Objektive, in Deutschland zu fertigen.<br />

Die frühen Jahre<br />

Im Jahre 1896 gründete der Optiker<br />

Hugo Meyer, zusammen mit dem Kaufmann<br />

Heinrich Schätze, die „Optisch-<br />

Mechanische Industrie-Anstalt Hugo<br />

Meyer & Co.“ in Görlitz.<br />

In den ersten 20 Jahren konnte sich<br />

Meyer-Optik sehr schnell einen Namen<br />

als Objektivhersteller machen. Erfolgreiche<br />

Entwicklungen wie der Aristostigmat,<br />

ein 6-linsiger Anastigmat, der<br />

Weitwinkel-Aristostigmat und erste Projektionsobjektive,<br />

erhöhten schnell den<br />

Bekanntheitsgrad von Meyer-Optik. So<br />

expandierte man weiter durch die Übernahme<br />

der „Optischen Anstalt Schulze<br />

und Billerbeck“ - Hersteller der seinerzeit<br />

bekannten Euryplan-Objektive.<br />

Jugendbild von Hugo Meyer (1863-1905)<br />

Zwischen 1920 und 1942 wurden wichtige<br />

Grundsteine für weiteres Wachstum<br />

gelegt. Hervorzuheben ist hier die<br />

Zusammenarbeit mit Dr. Paul Rudolph,<br />

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Geschichte<br />

47


Meyer Optik Görlitz (1896 - heute) –<br />

Optik Görlitz<br />

Belegschaftsfoto, um <strong>193</strong>8<br />

der zuvor an einigen der wichtigsten<br />

Objektiv-Entwicklungen (Protar, Planar,<br />

Tessar) von Carl Zeiss Jena beteiligt war.<br />

Zusammen mit Dr. Rudolph entwickelte<br />

man die berühmten Plasmat-Objektive<br />

und konnte mit dem Kino Plasmaten<br />

das damals lichtstärkste Objektiv der<br />

Welt realisieren. Ein weiterer wichtiger<br />

Schritt war die Lieferung der Objektive<br />

als Erstausrüster für Kamerahersteller -<br />

wie z.B. für die Exakta der Firma Ihagee.<br />

In den <strong>193</strong>0er Jahren verfügte Meyer-<br />

Optik bereits über ein breites Sortiment<br />

an hochwertigen Wechselobjektiven. Im<br />

Vergleich zum damaligen Marktbegleiter<br />

Carl Zeiss Jena, wurden die Objektive<br />

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48<br />

Geschichte


Tradition trifft Innovation<br />

Meyer Optik Görlitz<br />

meist etwas günstiger angeboten.<br />

Glas schneiden<br />

Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung<br />

Deutschlands<br />

In der Nachkriegszeit fertigte Meyer-<br />

Optik unter dem Namen „VEB Feinoptisches<br />

Werk Görlitz“ das Helioplan (als<br />

Nachfolger des Doppel-Anastigmaten).<br />

Ab dem Jahre 1952 wurde die Antireflexbeschichtung<br />

mit Magnesiumfluorid<br />

eingeführt. Zu dieser Zeit wurden hauptsächlich<br />

die bekannten Trioplan-Triplets,<br />

die lichtstarken Primoplan-Objektive<br />

und Langbrennweiten Telemegor hergestellt.<br />

Viele Objektive von Meyer-Optik<br />

wurden regelmäßig mit dem höchsten<br />

Qualitätsprädikaten für DDR-Produkte<br />

ausgezeichnet.<br />

In den folgenden Jahren wurden weitere<br />

Patente angemeldet. So unter anderem<br />

für eine Blenden-Schnelleinstellung für<br />

fotografische Objektive, ein 5-linsiges<br />

Teleobjektiv und ein korrigiertes Objektiv<br />

bestehend aus vier Kunststofflinsen.<br />

Durch die Eingliederung der Meyer-Optik<br />

in das Kombinat VEB Pentacon, war der<br />

Aufdruck Meyer-Optik auf den Objektiven<br />

nach 1971 Geschichte. Mitte der<br />

1980er Jahre übernahm das Kombinat<br />

VEB Carl Zeiss Jena das VEB Pentacon<br />

und somit ebenfalls Meyer-Optik. Durch<br />

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Geschichte<br />

49


Meyer Optik Görlitz (1896 - heute) –<br />

Optik Görlitz<br />

Carl Zeiss Jena, eingestellt. Darüber hinaus<br />

konnten viele, zur Produktion hochwertiger<br />

Zoom-Objektive notwendige,<br />

Maschinen bis 1989 weder aus anderen<br />

sozialistischen Staaten, noch aus dem<br />

westlichen Ausland, beschafft werden.<br />

Zentrieren<br />

diese Zentralisierung verlor Meyer-Optik<br />

zunehmend an technischer Kompetenz<br />

und es wurden einige Produkte, zu<br />

Gunsten konkurrierender Modelle von<br />

Die Zeit nach der Wende<br />

Nach der Wiedervereinigung wurde<br />

Meyer-Optik aus dem Kombinat Carl<br />

Zeiss Jena herausgelöst und als „Feinoptisches<br />

Werk Görlitz GmbH“ neugestartet.<br />

Man stellte nun erneut Objektive<br />

mit dem Aufdruck Meyer-Optik her.<br />

Dieses Wiederaufleben war leider nur<br />

von kurzer Dauer, da das Unternehmen<br />

kurzfristig nicht konkurrenzfähig werden<br />

konnte und so bereits 1991 von der<br />

damaligen Treuhand wieder eingestellt<br />

wurde.<br />

Unter Führung der Koblenzer net SE<br />

hatte die Marke Meyer-Optik-Görlitz im<br />

Jahre 2014 einen erneuten Markteintritt.<br />

Nach einem durchaus erfolgreichen<br />

Start und einer positiv anmutenden Entwicklung,<br />

fiel die Marke im Jahre 2018<br />

der Insolvenz der net SE, die im Grunde<br />

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50<br />

Geschichte


Tradition trifft Innovation<br />

Meyer Optik Görlitz<br />

Ausstellungsvitrine 1942<br />

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Geschichte<br />

51


Meyer Optik Görlitz (1896 - heute) –<br />

Optik Görlitz<br />

eine reine Vertriebs- & Marketinggesellschaft<br />

mit diversen Marken und Tochtergesellschaften<br />

war, zum Opfer. Bis dahin<br />

wurden die bekannten Objektivserien<br />

Trioplan, Primoplan, Lydith, sowie weitere<br />

Produktreihen veröffentlicht.<br />

Die Wiederbelebung der Marke<br />

Ende 2018 erwarb OPC Optics, mit Sitz<br />

in Bad Kreuznach, die Markenrechte an<br />

Meyer-Optik und deren Objektiv-Konstruktionen.<br />

Der Spezialist für asphärische<br />

und sphärische Glaslinsen erschloss für<br />

sich, mit der Übernahme von Meyer-Optik,<br />

den Endverbrauchermarkt.<br />

Zunächst wurden die im Zuge der Markenübernahme<br />

ebenfalls übernommenen<br />

Warenbestände abverkauft, um<br />

gleichzeitig an überarbeiteten Versionen<br />

zu arbeiten. Mit Hilfe des eigenen, technologischen,<br />

Knowhows und Synergien<br />

im Bereich der Objektivfertigung, wurden<br />

vorhandene Produkte optimiert,<br />

Produktionsabläufe professionalisiert<br />

und weitere Produkte entwickelt. Diese<br />

überarbeiteten Versionen, zum Beispiel<br />

des Trioplan oder Primoplan, sollen<br />

nach und nach ab September <strong>2019</strong><br />

erhältlich sein. Für die weltweit vielen<br />

Meyer-Optik-Fans bedeutet diese Entwicklung<br />

eine Fortsetzung der beliebten<br />

Objektivserien – wie z.B. Trioplan und<br />

Primoplan. Neben Weiterentwicklungen<br />

der bekannten Meyer-Objektive, wird<br />

ebenfalls an vollständig neuentwickelten<br />

Objektiven gearbeitet.<br />

OPC Optics sieht sich der Meyer-Optik-<br />

Tradition verpflichtet, hochqualitative<br />

Produkte anzubieten, die in Deutschland<br />

hergestellt und zu einem fairen<br />

Preis angeboten werden. Hochwertige<br />

Materialien, innovatives Produktdesign,<br />

modernste Technik, Licht- und Charakterstärke<br />

waren damals wie heute<br />

die Basis für den Erfolg der Produkte.<br />

Durch die eigene Linsenfertigung in Bad<br />

Kreuznach und Beschaffung der übrigen<br />

Komponenten von Deutschen Partnerunternehmen,<br />

wird eine bestmögliche<br />

Qualität sichergestellt und lässt Meyer-<br />

Optik in eine positive Zukunft blicken.<br />

OPC Optical Precision<br />

Components Europe GmbH<br />

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52<br />

Geschichte


Über die Anfänge der Elektromobilität –<br />

Anfang Juli erreichten die Redaktion<br />

folgende Zeilen unseres Lesers Heinert<br />

Lehmann aus Görlitz: „Mit großem Interesse<br />

las ich Ihren Bericht in der letzten<br />

<strong>StadtBILD</strong>-Ausgabe über die Geschichte<br />

der Landskronbrauerei.<br />

Auf Seite 11 staunte ich über das Bild<br />

der Bierverladung, sah ich doch dort einen<br />

Elektro-LKW der Fa. Bergmann. Ich<br />

kenne diese Fahrzeuge von der Deutschen<br />

Post, die in Görlitz bis Ende der<br />

1960er an der Bahnhofspost stationiert<br />

waren.<br />

Dass solche Fahrzeuge auch früher als<br />

LKWs bei der Brauerei fuhren, wusste<br />

ich bis dato allerdings nicht.<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

54<br />

<br />

Geschichte


Leserbrief<br />

Elektromobilität<br />

Der Fakt ist insofern interessant, dass<br />

man heute wieder über die Einführung<br />

von E-Fahrzeugen im Kurzstreckenverkehr<br />

diskutiert.“<br />

Schon 1899 testete die Reichspost Elektrowagen,<br />

und bereits ab 1920 fuhren<br />

sie nach und nach in allen deutschen<br />

Städten. In Görlitz wurden die Pferdegespanne<br />

<strong>193</strong>1 in Rente geschickt, auch<br />

hier wurden die Pakete jetzt mit den<br />

modernen elektrischen Automobilen der<br />

Berliner Firma Bergmann zugestellt.<br />

Sigmund Bergmann gründete 1891 in<br />

Berlin-Moabit die Sigmund Bergmann &<br />

Co. OHG, wo er zunächst wie zuvor in<br />

New York Artikel für elektrische Beleuchtung,<br />

Telefonanlagen u. a. herstellte.<br />

Bereits 1893 wurde das Unternehmen<br />

in eine Aktiengesellschaft umgewandelt,<br />

die Bergmann Electricitäts-Werke<br />

Aktien-Gesellschaft. Nachdem einige<br />

von Bergmanns Patenten Ende der<br />

1890er Jahre erloschen waren, erweiterte<br />

er seine Produktionspalette und<br />

stellte auch Dynamos, Elektromotoren<br />

und elektrische Steuereinrichtungen<br />

her. Als sich Sigmund Bergmann 1906<br />

entschied, ein günstiges 76.000 m² großes<br />

Gelände in der Nachbarschaft des<br />

Ortes Wilhelmsruh zu erwerben, folgte<br />

er damit einer Entwicklung, die in der<br />

Berliner Industrie seit einiger Zeit zu<br />

beobachten war. Das Stammwerk der<br />

Bergmann Elektrizitätswerke AG an der<br />

Seestraße in Berlin-Wedding war zu klein<br />

geworden und eine räumliche Erweiterung<br />

nicht mehr möglich. Also blieb nur<br />

die Randwanderung als Ausweg. So hatten<br />

es Borsig, Siemens & Halske bzw.<br />

Siemens-Schuckert und die AEG bereits<br />

gemacht. 1907 fand die erste Bebauung<br />

auf dem Gelände westlich des seit 1893<br />

neu entstandenen Ortes Wilhelmsruh<br />

statt. Der Standort bot ideale Bedingungen.<br />

Die Nähe zu den Gleisanlagen und<br />

den Bahnhöfen der Berliner Nordbahn<br />

und der Heidekrautbahn (heute: Bahnhof<br />

Berlin-Wilhelmsruh) garantierte die<br />

Abwicklung des Waren- und Personenverkehrs.<br />

Die in den 1920er Jahren entstandene<br />

Straßenbahnverbindung von<br />

Reinickendorf nach Wilhelmsruh tat ein<br />

Übriges, die Mitarbeiter schnell an ihre<br />

Arbeitsplätze zu befördern.<br />

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Geschichte<br />

55


Über die Anfänge der Elektromobilität –<br />

Bergmann-Paketzustell-Wagen mit Elektromotor, gebaut zwischen 1922 und 1927, Leistung 20 PS,<br />

Geschwindigkeit 20 km/h, Nutzlast 2,5 t, im Museum für Kommunikation in Nürnberg<br />

In den 1890er Jahren hatten sich schon<br />

im Gebiet um die Reinickendorfer Flottenstraße<br />

Unternehmen angesiedelt,<br />

was die Gegend für weitere Industrieansiedlungen<br />

interessant machte.<br />

1908 konnte die Produktion im neuen<br />

Metallwerk aufgenommen werden. Man<br />

begann mit der Herstellung von Anlagen<br />

für den Bau und die Ausrüstung elektrischer<br />

Straßen- und Überlandbahnen<br />

sowie elektrischer Lokomotiven. 1909<br />

wurde das Kabelwerk eröffnet und die<br />

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56<br />

Geschichte


Leserbrief<br />

Elektromobilität<br />

Fabrikation von Dampfturbinen nach<br />

Wilhelmsruh verlagert. Zur selben Zeit<br />

begann auch die Fabrikation von Fahrzeugen<br />

mit Benzin-Motor. 1910 gab es<br />

schon 18 Teilbetriebe auf dem Werksgelände.<br />

Ab 1911 produzierte das Unternehmen<br />

auch Elektrolastkraftwagen.<br />

1912 wurde Sigmund Bergmann von der<br />

Technischen Hochschule Darmstadt die<br />

Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E. h.) verliehen<br />

und in der Begründung als „weitblickender<br />

Techniker und erfolgreicher Organisator“<br />

gerühmt. Ab 1913 verstärkte<br />

die Bergmann AG ihr Engagement in der<br />

Automobilproduktion. Von der Tochterfirma<br />

Bergmann-Metallurgique wurden<br />

sowohl PKW als auch LKW in belgischer<br />

Lizenz gebaut.<br />

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />

wurden große Teile der Bergmann-Werke<br />

auf Rüstungsproduktion umgestellt.<br />

Danach wurden auch elektrische Automobile<br />

(Typ Protos) hergestellt. Bis Ende<br />

der 1920er Jahre war die Auftragslage<br />

positiv. 1927 starb Sigmund Bergmann<br />

76-jährig. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise<br />

von 1929 mussten die Betriebe<br />

an der Weddinger Seestraße an Osram<br />

verkauft werden und <strong>193</strong>2 wurde die<br />

Einstellung der Lokomotivproduktion<br />

beschlossen.<br />

Ab <strong>193</strong>2 konzentrierte sich die Produktion<br />

auf die Metallwerke, das Kabelwerk,<br />

die Isolierrohr-, Stahl-, Maschinen- und<br />

Autofabrik in Wilhelmsruh. <strong>193</strong>3 waren<br />

nur noch 900 Mitarbeiter bei Bergmann<br />

beschäftigt. <strong>193</strong>3/<strong>193</strong>4 wurden Teile<br />

des Werkes allmählich für die Rüstungsproduktion<br />

umgestellt. Das noch heute<br />

bestehende Verwaltungsgebäude in der<br />

Kurzen Straße wurde <strong>193</strong>7 seiner Bestimmung<br />

übergeben. Beginnend mit<br />

dem Jahr 1940 wurden ausländische<br />

Zwangsarbeiter in den Bergmann-Werken<br />

eingesetzt.<br />

In der Septemberausgabe widmen wir<br />

einen Beitrag zur Entwicklung der Firma<br />

Bergmann nach dem zweiten Weltkrieg<br />

zu Firma Bergmann-Borsig und nach der<br />

politischen Wende zu Siemens Power<br />

Generation mit dem Standort Görlitz. An<br />

dieser Stelle sei unserem Leser nochmals<br />

gedankt über diesen interessanten<br />

Hinweis.<br />

Die Redaktion<br />

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Geschichte<br />

57


Die Görlitzer Badestuben<br />

Schätze des Ratsarchivs<br />

Blick von der Neißebrücke auf die Neißebadestube und Vierradenmühle um 1860<br />

Bäder spielten für die Hygiene, Gesundheitspflege<br />

und das Wohlbefinden<br />

der Bürger in der Stadtgeschichte eine<br />

bedeutende Rolle. Wir können davon<br />

ausgehen, dass bereits bei der Stadtentstehung<br />

öffentliche Badestuben entstanden.<br />

So findet die „Neißebadestube“<br />

auf der Uferstraße 1(2), südlich der<br />

Altstadtbrücke vor den Stadtmauern<br />

gelegen, bereits im ältesten Stadtbuch<br />

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58<br />

Geschichte


Die Görlitzer Badestuben –<br />

Schätze des Ratsarchivs<br />

aus dem Jahre 1305 eine erste urkundliche<br />

Erwähnung. Die Fleischerbadestube<br />

lag an der Ecke Plattnergasse, Langenstraße.<br />

Sie musste jedoch wegen<br />

Wassermangels bereits im Jahre 1493<br />

aufgegeben werden. Als Ersatz entstand<br />

in der Fischmarktgasse 4 ab 1491<br />

die „Neue Badestube“. Ein Brunnen und<br />

die hölzerne Röhrenleitung sorgten für<br />

ausreichend Wasser. Den Juden war der<br />

Besuch der christlichen Badestuben verboten.<br />

So schufen sie sich eine eigenes<br />

Bad, welches ebenfalls in den frühesten<br />

schriftlichen Quellen um 1305 erwähnt<br />

wird. Die Judenbadestube lag im Bereich<br />

der heutigen Jüdengasse 11. Die<br />

drohenden Judenverfolgungen führte<br />

wahrscheinlich dazu, dass im Jahre<br />

1347 Schyban und Martin die Badestube<br />

dem Bürgermeister übergaben. Immerhin<br />

bis 1849 lebte in diesem Hause<br />

ein Bader oder Chirurg. Schon im frühen<br />

Mittelalter beförderte die Kirche die Einrichtung<br />

von Badehäusern besonders in<br />

den Klöstern. Schließlich galt die Taufe<br />

als Symbol seelischer Reinigung. Im<br />

Jahre 775 u.Z. ordnete Papst Hadrian<br />

an, dass die Pfarrer jeden Donnerstag<br />

in Prozessionsordnung, Psalmen singend<br />

baden gehen sollten. Die Görlitzer<br />

Ratsrechnung des Jahres 1456 (22. Februar)<br />

belegt die Stiftung von 3 Schock<br />

Groschen „vor eyn zelbadh (Seelbad)“.<br />

Dadurch wurde es armen Leuten ermöglicht<br />

ein Badehaus aufzusuchen.<br />

In den engen Häusern des mittelalterlichen<br />

Görlitz, unter wenn auch vergleichsweise<br />

guten so doch nach unseren<br />

heutigen Begriffen unzureichenden<br />

hygienischen Bedingungen, spielten die<br />

öffentlichen Badehäuser eine wichtige<br />

Rolle bei der Verhinderung von Epidemien<br />

und anderen Krankheiten.<br />

Krankheiten wie Epilepsie, Gicht, Fieber<br />

aber auch Lepra sollten durch Bäder<br />

geheilt werden. Die Handwerkergesellen<br />

erhielten wöchentlich „Badegeld“<br />

und nutzten den sogenannten „blauen<br />

Montag“ zum Besuch eines Badehauses.<br />

Nur die wenigsten Bürger verfügten<br />

über eigene Bademöglichkeiten in<br />

ihren Häusern. Die Bader, in eigenen<br />

Innungen organisiert, sorgten nicht<br />

allein für das Badevergnügen sondern<br />

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60<br />

Geschichte


Schätze des Ratsarchivs<br />

des Ratsarchivs<br />

Altstadtbrücke mit Peterskirche<br />

hatten, wie die Handwerkerordnungen<br />

der Jahre 1603 und 1612 bezeugen,<br />

wichtige Funktionen im damaligen Gesundheitswesen<br />

inne.<br />

Da die akademisch gebildeten Mediziner<br />

nur innere Kuren verschrieben, gehörte<br />

zu den Tätigkeiten der Bader auch die<br />

Wundversorgung, das Richten von Knochenbrüchen<br />

und der damals übliche<br />

Aderlass (Schröpfen).<br />

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Geschichte<br />

61


Die Görlitzer Badestuben<br />

Schätze des Ratsarchivs<br />

Natürlich ließ man sich von Ihnen auch<br />

die Haare schneiden oder einen Zahn<br />

ziehen. Zahlreiche zum Teil recht frivole<br />

mittelalterliche Darstellungen zeugen<br />

vom oft freizügigen und lustvollen Miteinander<br />

der Geschlechter in den Badehäusern.<br />

Frauen und Männer genossen<br />

bei opulenten kulinarischen Köstlichkeiten<br />

und Musik gemeinsam das Körper<br />

und Seele gleichermaßen entspannende<br />

Bad. Im Übrigen sollte es auch Fruchtbarkeit<br />

verleihen, was bei der überlieferten<br />

erotisierenden Atmosphäre nicht<br />

verwundern sollte. So heißt es in einem<br />

deftigen Spruch jener Zeit: „Für unfruchtbare<br />

Frauen ist das Bad das Beste. Was das<br />

Bad nicht tut, tun die Gäste.“<br />

Die sittlich lose Treiben in den Badehäusern<br />

gaben denn auch der Obrigkeit<br />

immer wieder Anlaß einzuschreiten. So<br />

verbot man im 15. Jahrhundert in der<br />

Stadtwillkür, im Badehaus „barschenkicht“<br />

und nur mit Badekappe bekleidet<br />

zu tanzen. Zumal mancher Bader durch<br />

mehr oder weniger verdeckte Prostitution<br />

die Einnahmen seines Hauses<br />

verbesserte. Überhaupt war der en Ruf<br />

oft dubios. Der Sorauer Bader Lorenz<br />

Rösler, der die Neißebadestube im Jahre<br />

1587 für 600 Mark erworben hatte,<br />

wurde im Folgejahr wegen des Anschlagens<br />

„mancherley schmählicher Reime,<br />

und dergleichen anderer grober Zoten“<br />

der Stadt verwiesen. Mit dem massenhaften<br />

Auftreten der Syphylis, aber<br />

auch den sehr strengen Maßstäben an<br />

Sitte und Moral, welche besonders die<br />

reformierten Kirchen anlegten ist ein<br />

gewisser Niedergang der Badehauskultur<br />

verbunden. Die Geschlechter sollten<br />

von nun an getrennt baden, Ärzte<br />

und Mönche äußerten sich ablehnend<br />

hinsichtlich der Notwendigkeit ein Badehaus<br />

zu besuchen. Die Zeitgenossen<br />

des Barock, so prächtig sie auch daherschritten,<br />

waren nur unter Einsatz zahlreicher<br />

Duftwässerchen zu ertragen.<br />

Der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. rühmte<br />

sich damit, dass er noch nie ein Bad genommen<br />

hätte. Erst am Ende des 18.<br />

Jahrhunderts änderte sich die Verhältnisse<br />

auch in Görlitz.<br />

Siegfried Hoche<br />

Ratsarchivar<br />

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62<br />

Geschichte


Die alte Görlitzer Stadtbefestigung (Teil II) –<br />

Das Nicolaitor - Seitenansicht<br />

Als Görlitz 1250 an die askanischen<br />

Markgrafen Otto III.<br />

und Johann I. von Brandenburg<br />

gelangt war und sich die<br />

Einwohnerzahl sehr vermehrt<br />

hatte, nahm der erstere eine<br />

Erweiterung der Stadtumgrenzung<br />

vor. Er ließ die alten<br />

eichenen und steinernen<br />

Befestigungen, welche beim<br />

Brüdertor die Altstadt vom<br />

Kloster trennten, und ebenso<br />

die Mauern vom Hundsloch<br />

und hinter der Büttner- und<br />

Plattnergasse abbrechen.<br />

Die neuen Stadtmauern mit<br />

Türmen ließ er unweit des<br />

Nicolaitores hin aufwärts –<br />

längs des Hälterbergs (jetzt<br />

in etwa Hugo-Keller-Straße)<br />

und des Grünen Grabens –<br />

bis an das neuangelegte Reichenbacher<br />

Tor und den Zippel<br />

ziehen. Die neuen Mauern<br />

wurden mit den früheren,<br />

sich zum Neißetor senkenden<br />

verbunden.<br />

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64<br />

Geschichte


Mauern und Wehrbauten<br />

Stadtbefestigung<br />

Das Nicolaitor - Frontansicht<br />

Otto ließ überall breite und tiefe<br />

Gräben ausheben, setzte mitten<br />

in den Graben eine Mauer<br />

und dergleichen – jedoch höhere<br />

und stärkere – näher der<br />

Stadt, an beide Mauern aber<br />

Basteien, Rondelle oder Türme.<br />

Die Stadt teilte sich jetzt in<br />

die untere oder alte und in die<br />

obere auch Neustadt genannt<br />

(daher auch die heutigen Namen<br />

„Untermarkt“ und „Obermarkt“).<br />

Letztere umfaßte den<br />

Neumarkt, später Obermarkt,<br />

das Kloster, die Klostergasse,<br />

Nonnengasse, Steingasse,<br />

Breitegasse, die Langengasse<br />

mit dem Wurst- und Verrätergässel<br />

(erst seit 1527 so<br />

benannt) das Fleischergässel,<br />

den Jüdenring und den Viehmarkt.<br />

Nunmehr hatte die<br />

Stadt vier Tore: das Neiß-,<br />

Nicolai-, Reichenbacher-, und<br />

das Schloß- oder Steintor, später<br />

dann Frauentor genannt.<br />

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Geschichte<br />

65


Die alte Görlitzer Stadtbefestigung (Teil II) –<br />

Bild<br />

Das Neißtor - Frontansicht<br />

Das Neißtor, bereits 1327 so benannt,<br />

weil es direkt an der Neiße lag, bestand<br />

aus zwei gemauerten, steinernen Toren.<br />

Das eine, gegen die Stadt zu, schloß<br />

sich an die Stadtmauer und den Turm<br />

an, das andere war hart am Fluß, darüber<br />

befand sich ein Gebäude.<br />

Im Jahr 1420 waren wegen der Hussiten<br />

vor diesem Tor sowie vor allen übrigen,<br />

große Ketten angebracht.<br />

Beim großen Stadtbrand im Jahr 1525<br />

ging die Toranlage in Flammen auf.<br />

1841 blieb ein großer Wollwagen im<br />

Tor stecken, weshalb das Dach des<br />

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66<br />

Geschichte


Mauern und Wehrbauten<br />

Stadtbefestigung<br />

Das Neißtor - Seitenansicht<br />

letzteren abgerissen wurde (Gerüchten<br />

zufolge handelte es sich wohl um eine<br />

Inszenierung des Rates). Später ist das<br />

Tor zur Verbreiterung der Straße ganz<br />

abgebrochen worden.<br />

Durch das Neißetor und die Brücke führte<br />

der Weg nach Osten zu nach Schlesien<br />

und Polen, nach Westen zu in die<br />

Lausitz und nach Böhmen.<br />

(Fortsetzung folgt<br />

Quellenverzeichnis am<br />

Ende der Serie)<br />

Klaus-Dieter Hübel<br />

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Geschichte<br />

67


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Eine Reise die Geheime Welt von Turisede<br />

Kulturinsel Einsiedel<br />

Einfach mal die Seele baumeln lassen.<br />

Sind wir nicht alle auf der Suche nach<br />

dem Glück? In der Erinnerung ist es oft<br />

die Kindheit, die uns als unbeschwert<br />

und glücklich gilt. Doch der Weg zurück<br />

dorthin ist uns verwehrt. Wirklich? Es<br />

gibt einen Ort, der wie ein Portal in jene<br />

sehnsuchtsvolle Zeit ist: Die Geheime<br />

Welt von Turisede.<br />

Die Turiseder lebten vor tausend Jahren<br />

in den Neißeauen als das glücklichste<br />

Volk unter der Sonne.<br />

Sie hatten sich ihre kindlichen Herzen<br />

bewahrt, lösten ihre Streitfälle mit Spielen<br />

und wählten sich Kinder als Könige.<br />

In der Geheimen Welt von Turisede wird<br />

ihr Erbe erforscht und bewahrt. Eine Reise<br />

dorthin ist wie ein kleines Abenteuer<br />

zwischendurch.<br />

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68<br />

Freizeit


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Eine Reise die Geheime Welt von Turisede<br />

Kulturinsel Einsiedel<br />

Das schwimmende “Neißecafé”<br />

Schon am Westportal, dem originalgetreu<br />

wiedererrichteten Eingangstor Turisedes,<br />

erhalten Besucher ihre persönliche<br />

Glückszahl, mit deren Hilfe sie in die<br />

Welt des legendären Volkes eintauchen.<br />

Den Abenteurern begegnen geheimnisvolle<br />

Wesen wie die Turehser, die hier als<br />

Vorfahren von Reh und Hase gelten. In<br />

den Bäumen wachsen skurrile Häuser, in<br />

denen es sich wunderbar übernachten<br />

lässt. Überhaupt sind alle Bauten hier so<br />

errichtet, als hätten die mythischen Vorfahren<br />

selbst die Axt geschwungen. Eine<br />

vergessene Welt wird zu neuem Leben<br />

erweckt.<br />

Viele Familien sind dabei, wenn im Frühjahr<br />

nach dem Ritual der Neißeauen an<br />

über hundert mystischen Orakelplätzen<br />

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70<br />

Freizeit


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Eine Reise die Geheime Welt von Turisede<br />

Kulturinsel Einsiedel<br />

Baumhausidylle in der Kulturinsel<br />

Blumenzwiebeln in die Erde gesetzt werden.<br />

Wie sich die Pflänzchen im Laufe<br />

des Jahres in bunten Blüten erfüllen,<br />

erfüllen sich auch die Wünsche der Familien.<br />

Im Herbst treffen sich alle wieder, um<br />

gemeinsam Sorgenkobolde zu bauen.<br />

Auch jenseits der Neiße ist manch’ Geheimnis<br />

zu entdecken.<br />

Hier steht das Sommerhaus des ersten<br />

Turisedeforschers Graf Welldone. Auf<br />

seinen Spuren können besonders Mutige<br />

versuchen, den mystischen Schatz<br />

der legendären Auenbewohner zu entdecken.<br />

Und dann müssen wir noch vom<br />

Krönum erzählen, der grandiosen Dinnershow,<br />

die fast täglich Legenden aus<br />

der Frühzeit des Neißevolkes zeigt.<br />

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72<br />

Freizeit


Kulturinsel Einsiedel<br />

Einsiedel<br />

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Theater zum Essen - Das Krönum<br />

Der Zaubertrunk wird Sie auf eine mystische<br />

Zeitreise in die spektakuläre Krönungshalle<br />

Turisedes schicken.<br />

Unversehens sitzen Sie am Tisch einer<br />

feierfreudigen turisedischen Gilde. Großes<br />

steht dieses Jahr bevor, denn die<br />

Gilden Turisedes wollen zum ersten Mal<br />

einen König krönen.<br />

Zu dumm, das niemand im Lande weiß,<br />

wie so eine Krönung eigentlich abläuft.<br />

Da trifft es sich, das unverhofft die Amazonenprinzessin<br />

Silea und ihr Flaschengeist<br />

Alexa auftauchen. Die beiden<br />

wissen nämlich ganz genau, wie man<br />

richtig krönt.<br />

Warum Babadoro am Anfang misstrauisch<br />

ist, für wen sich Bergamo entscheidet,<br />

als er eine Königin wählen soll und<br />

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Freizeit<br />

73


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Eine Reise die Geheime Welt von Turisede<br />

Kulturinsel Einsiedel<br />

Krönum Gelage<br />

warum plötzlich das Schicksal des turisedischen<br />

Volkes auf dem Spiel steht,<br />

all das erzählt die Geschichte „Der Fluch<br />

der Amazone - Thron ohne Krone“ ganz<br />

neu - nach uralten Überlieferungen des<br />

turisedischen Volkes.<br />

Was die Turiseder beim Tabularasum,<br />

dem geheimnisvollsten ihrer Feste, trieben,<br />

ist nicht bekannt.<br />

War es ein mystisches Fest? War es ein<br />

rätselhafter Ritus, an dem nur Eingeweihte<br />

teilnehmen durften? Klar, es gab<br />

köstliche Speisen im Überfluss und ganz<br />

bestimmt ging es laut und fröhlich dabei<br />

zu. Doch was genau passierte, dass<br />

weiß niemand.<br />

Noch nicht. Neugierige Forscher, feierlustige<br />

Familien und Erlebnishungrige<br />

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74<br />

Freizeit


Kulturinsel Einsiedel<br />

Einsiedel<br />

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Akrobatik in der Krönungshalle<br />

aller Art können diese Wissenslücke ab<br />

sofort im Krönum schließen und zu einer<br />

Zeitreise in die glücklichste Ära der Neißeauen<br />

aufbrechen.<br />

Aber Vorsicht: Gekitzelte Gaumen, strapazierte<br />

Zwerchfelle und erhöhter Blutdruck<br />

sind nicht völlig auszuschließen!<br />

Also vielleicht wäre das der richtige Typ<br />

für die diesjährige Weihnachtsfeier.<br />

Termine finden Sie unter<br />

www.kroenum.de.<br />

Impressum:<br />

Herausgeber (V.i.S.d.P.):<br />

incaming media GmbH<br />

Geschäftsführer:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

Carl-von-Ossietzky Str. 45<br />

02826 Görlitz<br />

Ruf: (03581) 87 87 87<br />

Fax: (03581) 40 13 41<br />

info@stadtbild-verlag.de<br />

www.stadtbild-verlag.de<br />

Geschäftszeiten:<br />

Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr<br />

Druck:<br />

Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />

Verantw. Redakteur:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

(Mitglied im Deutschen<br />

Fachjournalistenverband)<br />

Redaktion:<br />

Dr. Ernst Kretzschmar<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />

Dr. Ingrid Oertel<br />

Bertram Oertel<br />

Anzeigen verantw.:<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />

Mobil: 0174 - 31 93 525<br />

Teile der Auflage werden auch<br />

kostenlos verteilt, um eine größere<br />

Verbreitungsdichte zu gewährleisten.<br />

Für eingesandte Texte & Fotos<br />

übernimmt der Herausgeber keine<br />

Haftung. Artikel, die namentlich<br />

gekennzeichnet sind, spiegeln<br />

nicht die Auffassung des Herausgebers<br />

wider. Anzeigen und redaktionelle<br />

Texte können nur nach<br />

schriftlicher Genehmigung des Herausgebers<br />

verwendet werden.<br />

Anzeigenschluss für die September-Ausgabe:<br />

15. <strong>August</strong> <strong>2019</strong><br />

Redaktionsschluss: 20. <strong>August</strong> <strong>2019</strong><br />

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Freizeit 75


Als das Fräulein vom Amt in Görlitz seinen Job verlor –<br />

Leserbrief<br />

Im Jahre <strong>193</strong>8 standen der Bevölkerung<br />

in der damals noch ungeteilten Stadt<br />

Görlitz insgesamt 41 Fernsprechstellen,<br />

davon 13 öffentliche und 28 Münzenfernsprecher<br />

zur Verfügung. In den<br />

Nachkriegsjahren besaßen im deutschen<br />

Teil der Stadt nur wenige Görlitzer Einwohner<br />

einen eigenen Telefonanschluss.<br />

Dieser war vor allem öffentlichen Einrichtungen<br />

und Firmen vorbehalten.<br />

Die Wartezeiten für einen solchen betrugen<br />

selbst bei beruflicher Dringlichkeit<br />

mehrere Jahre. Da häufig auch zwei<br />

Anschlüsse miteinander gekoppelt wurden,<br />

war diese gemeinsame Leitung oft<br />

besetzt.<br />

Nicht immer konnte man für Notfälle<br />

bzw. dringliche Mitteilungen mit einem<br />

verständnisvollen nachbarschaftlichen<br />

Entgegenkommen eines Telefonbesitzers<br />

rechnen. Eine Durchwahl ins Ausland<br />

bedurfte grundsätzlich der amtlichen<br />

Vermittlung, was durchaus Stunden<br />

dauern konnte. Nur zu verständlich war<br />

es daher, dass man sich in die Warteschlange<br />

im Postamt einreihen und viel<br />

Zeit einplanen musste.<br />

Besonders vor Feiertagen wie Weihnachten,<br />

Ostern oder Geburtstagen von<br />

Verwandten und Freunden galt es, sich<br />

in Geduld zu üben. Bei dringlichen Angelegenheiten<br />

konnte man an einem<br />

Extraschalter Telegramme aufgeben. Im<br />

Umkehrschluss wurden dem Empfänger<br />

Telegramme unmittelbar bis vor die<br />

Wohnungstür zugestellt. Auf dem Wege<br />

erfolgte mitunter nicht nur die Übermittlung<br />

freudiger Nachrichten wie Glückwünsche,<br />

Einladungen, sondern auch<br />

von Todesnachrichten.<br />

Als es im Zuge der gesellschaftspolitischen<br />

Veränderungen zum Zusammenschluss<br />

beider deutschen Staaten kam,<br />

ergaben sich, einer technischen Revolution<br />

gleich, tiefgreifende Möglichkeiten<br />

auf dem Gebiet der Telekommunikation.<br />

Jedermann an jedem Ort, zu jeder Tages-<br />

und Nachtzeit erreichbar zu sein,<br />

hatte mitunter auch hohen Preis.<br />

Das Handy, oft als Statussymbol missbraucht,<br />

mündete alsbald in Abhängigkeit.<br />

Kleingedruckte Vertragstexte trieben<br />

in die Schuldenfalle, verbunden mit<br />

bösem Erwachen.<br />

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76<br />

Geschichte


Vom Telefon zum Smartphone<br />

Leserbrief<br />

Fernsprechvermittlungsstelle (Das Fräulein vom Amt wird zum neuen Berufsbild)<br />

Als „gefühlter Weltbürger“ kennt man<br />

sich ja schließlich aus beim „Chatten,<br />

Daddeln, Simsen, Zappen, Mailen, Beamen<br />

und Chillen“.<br />

Das Selbstwertgefühl wird besonders<br />

dann gestärkt, wenn man sich in der<br />

Öffentlichkeit durch Publikum in Straßenbahn,<br />

Eisenbahn oder im Wartezimmer<br />

des Arztes bewundert fühlt.<br />

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Geschichte<br />

77


Als das Fräulein vom Amt in Görlitz seinen Job verlor<br />

Leserbrief<br />

Wer denkt da bei Mobiltelefon,<br />

Smartphone und Computer<br />

noch an die gelbe Telefonzelle.<br />

Manchmal trifft man sie<br />

umgewidmet noch als nostalgische<br />

Bücher-Börse,<br />

Büro, Kaffee-Shop, Kleider-<br />

Börse u.a. an.<br />

Das „Fräulein vom Amt“<br />

aber gibt es nicht mehr. Seit<br />

langem genießt es seinen<br />

wohlverdienten Ruhestand.<br />

Dr. Bernhard Wolf<br />

Nachwuchs am Smartphone<br />

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78<br />

Geschichte

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