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Das Stützpunktsystem im paralympischen Leistungssport

Im Jahr 2009 wurde in Deutschland an damals drei Standorten ein Stützpunktsystem zur Förderung des Para Sports etabliert. Im Jahr 2019 ist das System auf 17 Stützpunkte an 14 Standorten angewachsen. Ziel der an der Universität Paderborn im Arbeitsbereich Inklusion im Sport durchgeführten Interviewstudie war es, das Stützpunktsystem unter Berücksichtigung der Sichtweisen und Erfahrungen sowohl von Kaderathletinnen und -athleten aus dem Para Sport als auch von Angehörigen des Stützpunktpersonals zu untersuchen. In die abschließenden Handlungsempfehlungen fließt die Perspektive von verantwortlichen Personen sowohl aus dem paralympischen als auch aus dem olympischen Sport ein. Damit werden wichtige Ansatzpunkte zur verbesserten Kooperation zwischen paralympischem und olympischem Sport herausgearbeitet.

Im Jahr 2009 wurde in Deutschland an damals drei Standorten ein Stützpunktsystem zur Förderung des Para Sports etabliert. Im Jahr 2019 ist das System auf 17 Stützpunkte an 14 Standorten angewachsen. Ziel der an der Universität Paderborn im Arbeitsbereich Inklusion im Sport durchgeführten Interviewstudie war es, das Stützpunktsystem unter Berücksichtigung der Sichtweisen und Erfahrungen sowohl von Kaderathletinnen und -athleten aus dem Para Sport als auch von Angehörigen des Stützpunktpersonals zu untersuchen. In die abschließenden Handlungsempfehlungen fließt die Perspektive von verantwortlichen Personen sowohl aus dem paralympischen als auch aus dem olympischen Sport ein. Damit werden wichtige Ansatzpunkte zur verbesserten Kooperation zwischen paralympischem und olympischem Sport herausgearbeitet.

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72 Darstellung und Interpretation der empirischen Ergebnisse<br />

„Ich habe ja 1981 angefangen mit<br />

Tischtennisspielen und mich dann<br />

glaube ich so 1985 dafür interessiert<br />

beziehungsweise mal so geguckt:<br />

‚Du bist ja jetzt eigentlich gar nicht<br />

so schlecht, Du bist schon besser geworden.‘<br />

Dann habe ich irgendwo<br />

mal was gelesen von Tischtennis für<br />

Behinderte halt. Und das fand ich<br />

natürlich ganz spannend, weil ich<br />

habe, glaube ich, 1984 so ein bisschen<br />

was von den Paralympics mitbekommen<br />

– ich glaube, damals hießen die<br />

noch Weltspiele für Behinderte in<br />

New York. Und dann habe ich mir<br />

gedacht: ‚Na ja, da muss es doch irphase,<br />

sage ich mal, ich dachte mir,<br />

dass es vielleicht helfen kann. Und<br />

ich dachte mir, vielleicht kann ich ja<br />

auch neue Menschen kennenlernen,<br />

vielleicht treffe ich auch mal Leute,<br />

die dasselbe haben wie ich selbst.<br />

Weil bis zu dem Zeitpunkt habe ich<br />

noch nie Menschen kennengelernt,<br />

die dasselbe haben wie ich. Ich hatte<br />

<strong>im</strong>mer so ein bisschen Schwierigkeiten<br />

mich mit anderen Menschen zu<br />

identifizieren, und dann dachte ich<br />

mir, dass der Para-Sport mir da vielleicht<br />

eine gute Möglichkeit gibt. […]<br />

<strong>Das</strong> hat mir unglaublich gut gefallen<br />

vor allen Dingen, weil ich einfach<br />

mal diesen Kontrast hatte, nur mit<br />

behinderten Menschen zu trainieren,<br />

das hat mir unglaublich gut gefallen.<br />

Einfach auch weil ich dann nicht die<br />

Einzige war, die bei gewissen Übungen<br />

aussetzen musste oder einfach<br />

dieselben Probleme hatte wie andere<br />

Menschen auch, das hat mir viele<br />

Türen geöffnet und auch ein bisschen<br />

mir selbst geholfen, dass ich nicht<br />

mit so einem Selbstmitleid rumlaufe.<br />

Dann fängt man auch auf einmal an<br />

über die Behinderung zu lachen und<br />

nicht sich darüber zu beschweren, das<br />

ist eigentlich ganz schön gewesen.“<br />

(AT13_angeborene Behinderung_<br />

Leichtathletik)<br />

Auffällig ist, dass die ältesten Befragten<br />

der Stichprobe, die in den 1960er bzw. 1980er<br />

Jahren geboren sind, und alle in ihrer Kindheit<br />

und Jugend zunächst in Regelsportvereinen<br />

aktiv waren und bis heute sowohl mit ihrem<br />

Regelsportverein als auch mit ihrem Para-<br />

Sportverein an Wettkämpfen teilnehmen, <strong>im</strong><br />

späten Jugend- bzw. Erwachsenenalter selbstinitiativ<br />

den Kontakt zum Para-Sport gesucht<br />

haben, ohne je zuvor von außen auf behindertensportspezifische<br />

Angebote aufmerksam<br />

gemacht worden zu sein – selbst wenn es diese<br />

Angebote seit jeher <strong>im</strong> He<strong>im</strong>atort gab:<br />

„Und dann hat, 2012 muss das gewesen<br />

sein, hier in [Name des Ortes]<br />

die Deutsche Meisterschaft <strong>im</strong> Boccia<br />

stattgefunden. In der Sportart,<br />

die ich heute ausübe. Und wie das so<br />

ist, wenn so ein kleiner Verein so eine<br />

Veranstaltung macht, dann wird<br />

in allen Zeitungen nachgehakt wie<br />

etwa: Wir brauchen Helfer. Wir brauchen<br />

Linienrichter. Wir brauchen<br />

Zeitnehmer. Wir brauchen schlag<br />

mich tot. Und da habe ich mich dann<br />

gemeldet und das war dann mein<br />

erster Berührungspunkt mit [Boccia]<br />

dann. Ich habe mir das dann angeguckt<br />

und dachte mir dann: Okay,<br />

das kann ich auch. Weil die populären<br />

Behindertensportarten, ich nenne<br />

jetzt mal Basketball, die konnte<br />

ich aufgrund meiner körperlichen<br />

Einschränkung nicht machen. Ja, ich<br />

habe mir dann diese Veranstaltung<br />

angeguckt und habe mich dann hier<br />

in [Name des Ortes] – das wusste ich<br />

bis dato gar nicht, dass es […] hier einen<br />

Boccia-Verein gab, obwohl ich<br />

seit 1995 in [Name des Ortes] wohne<br />

– angemeldet. Ich habe dann dort<br />

be<strong>im</strong> Trainer angerufen und habe<br />

dann gesagt, dass ich gerne einmal<br />

vorbeikommen und be<strong>im</strong> Probetraining<br />

mitmachen möchte. Ja, und damit<br />

nahm das Unglück dann seinen<br />

Lauf.“ (ATOS7_angeborene Behinderung_Bocchia)<br />

Analyse des <strong>Stützpunktsystem</strong>s zur Förderung des paralympi schen Spitzen- und Nachwuchs leistungssports in Deutschland

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