Das Stützpunktsystem im paralympischen Leistungssport

110 Darstellung und Interpretation der empirischen Ergebnisse
„Also klar, von Seiten des OSPs nicht,
aber von Trainern. Also es gibt halt
schon Trainer, die das mit dem Behindertensport
ja so ein bisschen abwertend
betiteln.“ (AT7_Leichtathletik)
7.6.2 Forderung nach Berücksichtigung
von Para Sportbezogenen
Inhalten in der
Aus- und Fortbildung von
Trainerinnen und Trainern
In diesem Zusammenhang formulieren mehrere
Befragte die Notwendigkeit, Para Sportbezogene
Inhalte in der Aus- und Fortbildung
von Trainerinnen und Trainern im Rahmen von
Pflichtmodulen stärker zu berücksichtigen: „Das
Trainerpersonal muss geschult werden“ (AT7_
Leichtathletik).
Die Schulung von Trainerinnen und Trainern
aus dem Nichtbehindertensport soll auf
der einen Seite dazu verhelfen, Akzeptanz und
Offenheit gegenüber dem Para Sport zu erhöhen
und etwaige Berührungsängste abzubauen.
Auf der anderen Seite soll die Zielgruppe befähigt
werden, möglicherweise vorhandene Behinderungen
eigener Sportlerinnen und Sportler
überhaupt erst zu erkennen und auf diese
Weise zur Talentrekrutierung für den Para Sport
beizutragen. Eine Leichtathletin berichtet, dass
infolge der Unkenntnis von Trainerinnen und
Trainern aus dem olympischen Bereich Sportlerinnen
und Sportler mit Behinderung ggf. als
leistungsschwach beurteilt werden, obwohl sie
vielleicht hohes Entwicklungspotential im Para
Sport hätten:
„Das ist ja bei vielen Trainern das
Problem, dass sie die Behinderung
gar nicht wahrnehmen, also die Behinderungen.
Da haben wir jetzt
kürzlich erst das Beispiel gehabt, dass
ein Mädel, die war ganz normal zweimal
die Woche bei der Sportgruppe
im Training, und dann haben die sie
laufen lassen und meinten: ‚Ach, die
hat doch was!‘ Und der Trainer dann
so: ‚Keine Ahnung, das ist mir noch
nie so aufgefallen, dass die was hat.‘
Und ja, die hat was. Die hat eine Behinderung!
Und das sind so Sachen
beziehungsweise, wenn da jemand
kommt mit einer Behinderung, dann
erkennen die das teilweise nicht oder
wissen nicht so recht, wie sie damit
umzugehen haben. Also das sind so
Sachen, die Trainer müssen da geschult
werden.“ (AT7_Leichtathletik)
Nicht zuletzt ist die Thematisierung des
Para Sports im Kontext von Aus- und Fortbildung
wichtig, um auf den Bedarf an Trainerinnen
und Trainern im paralympischen Spitzensport
aufmerksam zu machen. In den Interviews
wird wiederholt über die Erfahrung gesprochen,
dass sowohl Athletinnen und Athleten als auch
Trainerinnen und Trainer aus dem olympischen
Sport sich des hohen Niveaus und der Professionalität
des Para Sports offensichtlich nicht
bewusst sind:
„Das ist halt [das] Image [von] Behindertensport.
Dass Behindertensport
nicht Behindertensport ist, sondern
Para Sport, [das wissen viele nicht].
Dass das halt was Tolles ist, dass man
da auch Inspiration für andere Menschen
bietet.“ (AT3_Leichtathletik)
Daraus folgend hätten viele Trainerinnen
und Trainer, die bislang keinerlei Kontakt zum
Para Sport hatten, dieses potenzielle Berufsfeld
vor Augen. Folge ist, dass es aktuell zu wenige
Para-Trainerinnen und Trainer gibt:
„Da müsste es einfach Schulungsmöglichkeiten
oder spezifische Möglichkeiten
für Trainer geben, um
auch da Spitzenathleten ordentlich
betreuen zu können. Ich erlebe es ja
am eigenen Leib. Mittlerweile hat
mein Trainer, bei dem ich halt damals
angefangen habe, der hat aufgehört.
Also ich bin jetzt komplett
eigenständig unterwegs. Ich bin zwar
noch beim Verein gemeldet, aber im
Prinzip auch nur, dass ich zum Training
die Sporthalle nutzen darf. Und
es findet sich niemand. Das ist ja der
Analyse des Stützpunktsystems zur Förderung des paralympi schen Spitzen- und Nachwuchs leistungssports in Deutschland