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Jetzt schnappt sich jeder eine Sonnenfinsternis von Gregor von Tours

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Jetzt schnappt sich jeder eine Sonnenfinsternis von Gregor

von Tours…

1. Beispielbild einer partiellen Sonnenfinsternis

Ich würde gerne noch einmal auf die Sonnenfinsternisse (nachfolgend SF) eingehen, um die es u.a. in

meinem letzten Videobeitrag ging.

"Kurzer Einschub in Sachen Chronologie. Meine Sache - Folge 101"

Videobeitrag (Zeitstempel): https://youtu.be/jAT2P-aoyQk?t=443

In dem Beitrag ging es hauptsächlich um die zweite von Gregor von Tours (nachfolgend GvT)

genannte SF, die von der offiziellen Chronologie mittels "wissenschaftlicher" Methoden auf den

04.10.590 datiert wurde. Nach meiner Interpretation in dem Video, wurde hier die römische Zahl

"VIII", als eine lateinische Schreibweise für den "Oktober" gedeutet [1], was zu einer Fehldeutung

führte.

Die zweite Sonnenfinsternis

Demnach wurde aus dem lateinischen Wort "octauo", was "der Achte"

bedeutet die besagte römische Zahl "VIII". Die Zahl selbst bedeutet

prinzipiell ebenfalls "Acht", sodass ein bloßes Ersetzen noch keine

Probleme bereiten sollte. Bei der Deutung wird es dann allerdings

interessant.

2. "VIII"(ber/bris) als

Schreibweise für den "Oktober“.

Quelle: Wiki

Übersetzt bedeutet es:

Der Satz, um den es geht lautet in der aktuellen Abschrift (Liber X;

23)[2]: "Sol eclypsin pertulit mense VIII. mediante, et ita lumen eius

minuit, ut vix, quantum quintae lunae cornua retinent, ad lucendum

haberet."

"Die Sonne erlitt Mitte Oktober eine Sonnenfinsternis und verringerte ihr Licht so, dass sie kaum so

viel zu scheinen hatte, wie die Hörner des fünften Mondes behalten."

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

1


Offiziell wird heute angenommen das mit "VIII" der "Oktober" gemeint ist, weshalb man nach einer

Sonnenfinsternis im Oktober suchen müsse. In der Arbeit der Professoren Werner Bergmann und

Wolfhard Schlosser von 1987 mit dem Titel "Gregor von Tours und der 'rote Sirius' " (nachfolgend

B&S) [3] wird für diese SF der 04.10.590 errechnet.

Das Problem beginnt jedoch schon mit der großzügigen Auslegung der Abschrift eines solch alten

Textes. Es ist halt Auslegungssache und offenbar auch davon geprägt welche Quelle man heranzieht,

was man in den Quellen meint lesen zu können. Gucke ich mir z.B. eine Abschrift aus dem 16.

Jahrhundert an, dann steht dort nicht „VIII“, sondern das Wort „octauo“. [4,5]

4. Lateinische Abschrift aus dem Jahr 1561; Liber X, 23 [4]

3. Lateinische Abschrift aus dem Jahr 1568; Liber X, 23 [5]

Berücksichtigt man diese kleinen Unterschiede jedoch nicht, dann sucht man u.U. an den völlig

falschen Orten, bzw. zu den falschen Zeitpunkten. In diesem Fall hier ist ganz offenbar der „achte

Monat“ gemeint und nicht „Oktober“. Der achte Monat war schon damals, also zur Zeit von GvT aber

der August und nicht mehr der Oktober.

Seit der Kalenderreform im Jahr 46 v. Chr., spätestens aber mit aufkommen der Christentums usw.

galt als Jahresanfang stets der 31. Dezember oder der 1. Januar. Früher galt der 1. März als

Jahresbeginn, weshalb auch die Monatszählungen von dort aus geführt wurden. [6] So kam auch der

„Oktober“ zu seinem Namen, da dieser einst der „achte Monat“ war. Oktober wird von dem Wort

„Octo“ (Acht) abgeleitet. Der August hieß z.B. früher „Sextilis“, da dieser (vom 1. März aus gezählt)

der „sechste Monat“ war. Mit der Verschiebung auf den 31. Dez./1.Jan. verrutschen natürlich auch

die Monate in ihrer Rangliste. Der Oktober war nun nicht mehr der „achte Monat“, sondern der

Zehnte usw. In christlicher Zeit galten zudem als offizielle Termine immer der 31. Dezember bzw. der

1. Januar als Jahresbeginn. [7] Auch in der Arbeit von B&S wird offensichtlich davon ausgegangen,

dass der 1. Januar der Jahresbeginn ist, wie man vor allem an dem zweiten errechneten Datum

erkennen kann. Dazu kommen wir aber noch. Mit dem „achten Monat“ meint GvT hier so auf jeden

Fall aber den „August“ und nicht den „Oktober“.

Nachfolgend eine Auflistung/Darstellung sämtlicher SF, die, während der Lebzeit von GvT, also

offiziell -von 583 bis 594 stattgefunden haben (weltweit). Erstellt hat diese Liste Fred Espenak, ein

ehemaliger Astrophysiker der NASA, der durch diese Berechnungen sehr bekannt wurde. [8,9]

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

2


5. SF zu Lebzeiten von GvT. Die von B&S berechnete erste SF ist hier gelb markiert (03.10.563; Liber IV; 31)

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

3


6. SF zu Lebzeiten von GvT. Die von B&S berechnete zweite SF ist hier gelb markiert (04.10.590; Liber X; 23)

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Die Aufgabe für B&S bestand nun darin, aus dieser Periode die „passenden“ SF herauszusuchen bzw.

zu „finden“. Professor Schlosser erläutert in einem „Space Night“ TV-Beitrag von 1997 [10], das GvT

ein begeisterter Astronom war und die SF so zu Papier brachte „wie er sie gehen hat“. Zudem sei auf

GvT halt generell Verlass, wie es auch in der entsprechenden Arbeit betont wird.

Dank der verwendeten Übersetzungen und Deutungen hatten B&S nun folgende „genaue

Beobachtungen“ in der Realität „wiederentdeckt“. Wie man auf den SF-Darstellungen von Fred

Espenak entnehmen kann (Abb. 5 u. 6), kommt für den entsprechenden Zeitraum nur diese eine SF in

Frage. Im Oktober gab es sonst keine passende SF in der angepeilten Zeitperiode.

Anmerkung: Auch wenn man „VIII“ als Oktober haben möchte, haben B&S jedoch ganz bewusst das

Wort „mense“ weggelassen. Dies bedeutet „Mitte“ und sagt eindeutig aus, dass „Mitte Oktober“

gemein gewesen wäre. Dies haben sie getrost ignoriert, obwohl GvT doch vermeintlich aufschrieb,

was er gesehen hat. Der 04.10.590 wäre nach damaliger Zeitrechnung der 02.10.590 gewesen. Also

deutlich zu Beginn des Monats Oktober und nicht in der Mitte.

GvT´s wichtigsten Punkte zu dieser SF und unter der Annahme, dass „VIII“ der Oktober ist:

1: Die SF fand Mitte Oktober statt.

2: Es war nur noch kaum so viel zu sehen, wie von dem Mond am fünften Tag.

GvT´s wichtigsten Punkte zu dieser SF laut B&S:

1: Sie fand im Oktober statt.

2: Es war von der Sonne nur noch ungefähr so viel zu sehen, wie von dem Mond am 5. Tag.

Mit Hilfe des Programms „Stellarium“ gucken wir uns nun an, was GvT zu dieser Zeit gesehen haben

muss, wenn man die Berechnungen von B&S ansetzt. [11]

7. Sichtbarkeit der SF an dem von B&S errechneten Datum (04.10.590) von Gallien aus gesehen.

Die Beschreibung von GvT, dass die Sonne „kaum so viel zu scheinen hatte, wie die Hörner des fünften

Mondes“ kann man mit dem gesehenen akzeptieren. Wobei bei einem direkten Vergleich der fünfte

Mond gewinnen würde. GvT schreibt aber ja: „kaum so viel“.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Wobei ich dieses ehrlicherweise als: „weniger als..“ interpretieren würde. Also die Sonne hatte

weniger als der fünfte Mond zum Scheinen.

Vergleich man jedoch dies hier sichtbare Erscheinungsbild der SF mit dem realen eines „fünften

Mondes“, so erkennt man, dass GvT hier hätte eigentlich schreiben müssen: „… etwas mehr zu

8. Vergleich der SF vom 04.10.590 mit der Mondsichel am fünften Tag.

scheinen hatte, wie die Hörner des fünften Mondes“. Das ist irgendwo natürlich „Haarspalterei“, aber

für jemanden wie GvT, der laut B&S aufschrieb, was er sah passt es halt nicht so gut.

In Verbindung mit der Missachtung der Zeitangabe innerhalb des Monats („mense“), der nicht so

wirklich passenden Optik dieser SF, sowie der oben erläuterten Fehldeutung mit dem „Oktober“, –

muss ich zu dem Schluss kommen, dass diese SF nicht in Frage kommt. So gerne dies jemand evtl.

auch hätte! Wenn, dann suchen wir eine SF „Mitte August“, die die Sonne in min. derselben Weise

verdeckte, wie es diese hier (Abb.8) tut. Eigentlich sollte die Sonne auch mehr abgedeckt sein.

Ein anderer Punkt ist der, dass ich beim Lesen, Übersetzen und Vergleichen mehrfach das Gefühl

hatte, dass hier kein Punkt zwischen den vorherigen Satz und dem folgenden SF-Zitat gehört, bzw.

dass es hier Probleme bei der Abschrift gab. Insgesamt lautet es in den aktuellen Abschriften so:

„Terrae motus factus est magnus XVIII. Kalendas mensis V., die IIII., prima mane, cum lux redire

cepisset. Sol eclypsin pertulit mense VIII. mediante, et ita lumen eius minuit, ut vix, quantum quintae

lunae cornua retinent, ad lucendum haberet.“ (Liber X; 23) [2]

Der Latein-Übersetzer spuckt mir dafür dieses aus:

„Ein großes Erdbeben ereignete sich am 18. Am 4. Tag des fünften Monats, früh am Morgen, als das

Licht zurückkehrte. Die Sonne erlitt in der Mitte des achten Monats eine Sonnenfinsternis und

schwächte ihr Licht so ab, dass es kaum mehr zu scheinen hatte, wie die Hörner des fünften Mondes.“

Was sagt uns das?

Laut GvT (bzw. der Abschrift) gab es also ein großes Erdbeben. Die Frage ist ehr wann genau? Am 18.

oder am 4. Mai (fünfter Monat) welchen Jahres auch immer? Die verwirrende Zahlenangabe legt

nahe das hier etwas bei der Abschrift „schiefgelaufen“ sein könnte. Ähnlich wie zuvor könnten auch

hier Wörter zu Zahlen gemacht worden sein, was zu Interpretationsschwierigkeiten geführt hat und

noch führt. Zudem gibt es Anhaltspunkte dafür das bei solchen Abschriften hier und da mit

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Satzzeichen „geschlampt“ wurde. So wurden Kommata oder Punkte weggelassen oder eingefügt, was

den Inhalt oder die Aussage eines Satzes völlig verfälschen kann.

Als Beispiel sie hier der beliebte Spruch angebracht: „Satzzeichen retten Leben“ und als schönes

Beispiel dafür der Satz: „Komm, wir essen Opa!“. Richtig sollte der Ausruf natürlich lauten: „Komm,

wir essen, Opa!“ Solche kleinen Unterschiede können also einen großen Einfluss auf das gelesene

haben. Aus diesen Gründen tendiere ich derzeit dazu, dass zwischen den Wörtern „cepisset“ und

„Sol“ u.U. in älteren Schriften/Manuskripten kein Punkt liegen könnte. Warum ich zu dieser

Vermutung komme, wird im weiteren Verlauf auch noch einmal deutlich.

Ich für meinen Teil nehme derzeit jedenfalls an das der Satz (Liber X, 23) folgendermaßen lauten

müsste: „Ein großes Erdbeben der Stärke 18 ereignete sich am 4. Tag des fünften Monats. Früh am

Morgen, als das Licht zurückkehrte, erlitt die Sonne in der Mitte des 8. Monat eine Sonnenfinsternis

und schwächte ihr Licht so ab, dass sie kaum so viel zu scheinen hatte, wie die Hörner des fünften

Mondes.“

Damit ändert sich nicht nur die Monatsangabe von „Oktober“ auf „August“, sondern es kommt auch

eine Tageszeitangabe hinzu. Nämlich früh am Morgen, irgendwann Mitte August.

Die erste Sonnenfinsternis

Bevor wir uns mögliche andere Kandidaten für diese SF angucken, möchte ich erst einen Blick auf das

erste Zitat von GvT werfen, in dem Er eine SF erwähnt. Es ist zu finden in dem Buch Vier (Libre IV)

unter Abschnitt 31. Dort kann man, in den überall zu findenden Abschriften/Übersetzungen

folgendes lesen [2]:

„Quadam tamen vice in Kalendis Octobribus ita sol obscuratus apparuit, ut nec quarta quidem pars in

eodem lucens remaneret, sed teter atque decolor apparens, quasi saccus videbatur.“

Dies bedeutet übersetzt:

„Bei einer bestimmten Gelegenheit jedoch, an den Kalenden des Oktobers, erschien die Sonne so

verdunkelt, dass nicht einmal ein Viertel davon schien, sondern matt und verfärbt erschien, wie ein

Sack.“

Um es gleich vorwegzunehmen, hier ist der Oktober als genannter Monat eindeutig. Allerdings gibt

es andere Probleme. In den bereits erwähnten Abschriften von 1561 und 1568 kann ich folgendes

lesen.

Der Hauptunterschied hier ist im ersten Moment das Wort „Kalendis“, denn in den älteren

Abschriften ist es zum einen klein geschrieben, und zum anderen wird es dort mit „c“ abgebildet.

9. Lateinische Abschrift aus dem Jahr 1561; Liber IV, 31 [4]

Mit „Kalendis“ sind die sog. „Kalenden des Monats“ gemeint. Dieser Ausdruck stammt noch von den

Römern und bezeichnete jeweils den 1. eines Monats. Es hatte damals was mit den Mondphasen und

den Abgaben der Bevölkerung usw. zu tun. Man könnte sich also zumindest mal fragen, ob eine

solche „welcher Tag des Monats“-Aussage in diesem christlichen Dokument überhaupt noch so

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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betitelt werden würde. Aber nehmen wir an, ja! GvT hätte also durchaus den ersten eines Monats

mit dem Wort „Kalendis“ betiteln können. Laut Latein-Übersetzer macht es aber einen großen

Unterschied, ob ich „Kalendis“ (Kalender/Kalenden), „Calendis“ (Aufwärmen) oder „calendis“

(Heizung) schreibe.

10. Lateinische Abschrift aus dem Jahr 1568; Liber IV, 31 [5]

Verändere ich nur das Wort „Kalendis“ und setzte dafür das in den Abschriften von 1561 und 1568

geschriebene Wort „calendis“, ergibt sich eine völlig andere Bedeutung des Satzes. Nun kann man

lesen:

11. Übersetzung laut La - De_Onlineüberseter

„Einmal jedoch, in der Hitze des Oktobers, erschien die Sonne so verdunkelt, dass nicht einmal ein

Viertel davon schien, sondern schwach; verfärbt erscheinend, sah es aus wie ein Sack.“

Nun springt der Inhalt des Satzes von einer Tagesangabe (erster des Monats) auf eine gefühlte

Temperaturangabe (Oktoberhitze). Laut B&S, die für diese von GvT erwähnte SF das Datum

03.10.563 errechnet haben [3], sind hier jedoch ausdrücklich von GvT die „Kalenden“ benannt

worden. Diesmal berücksichtigen B&S diese Tagesangabe bei ihrer Suche auch.

Bei dem vorherigen Zitat (Liber X, 23; siehe oben) wurde die Formulierung „Mitte“ ja ignoriert. Nun

machen B&S aber an genau einer solchen Zeitangabe ihre weitere Suche fest. Denn gab es wie sie

schreiben „in der Tat“ am 03.10.563 eine SF im Oktober. Sie bestätigen GvT als „zuverlässigen

Informanten“ mit „minimalen chronologischen Ungenauigkeiten“.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Wie können chronologische Ungenauigkeiten jedoch

„minimal“ sein, wenn doch schon das Quellmaterial

mit Deutungsproblemen zu kämpfen hat? Zumal

diese Deutungsprobleme zu nicht unerheblichen

Änderungen führen können, wie wir bereits sahen

und noch sehen werden.

12. Ausschnitt aus der Arbeit von B&S "Gregor von

Tours und der 'rote Sirius'" [3]

Die offizielle Geschichtsschreibung bleibt allerdings

weiterhin beim 03.10.563 und beruft sich dabei auf

die Arbeit von B&S. Auch hier leisten wir uns einen

Blick darauf, was der GvT wohl gesehen haben muss

und was Er genau beschreibt.

GvT´s wichtigsten Punkte zu dieser SF laut B&S und unter der Annahme, dass mit „Kalendis“

tatsächlich die „Kalenden“ des Oktobers gemeint sind:

1: Die SF fand an den Kalenden des Oktobers statt.

2: Es war weniger als ein Viertel von der Sonne zu sehen.

Der von B&S berechnete Zeitpunkt, also der 03.10.563 ist nach damaliger Zeitrechnung exakt der

01.10.563. Es würde also sehr gut zu dem „ersten Oktober“ passen. Anmerken darf man aber auch

schon hier, dass der Text aber mit „den Kalenden des Oktobers“ übersetzt wird. Es handelt sich dabei

also um die Mehrzahl. B&S bemerken deshalb auch in ihrer Arbeit, dass diese SF „um die Kalenden

des Oktobers“ stattgefunden hätte. Spannend ist jedoch auch, dass sie dies offenbar ebenfalls

automatisch für die andere SF (04.10.590; Abb. 7; Liber X, 23) annehmen.

13. Sichtbarkeit der SF an dem von B&S errechneten Datum (03.10.563) von Gallien aus gesehen.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Mit dieser „Doppeldeutung“, dass nun beide von GvT erwähnten SF zu Beginn eines Oktobers

stattgefunden hätten, legitimieren B&S ihr vorheriges ignorieren des Wortes „menes“ (Liber X, 23).

In diesem Fall (SF vom 03.10.563) würde jetzt, wie schon erwähnt die Aussage „an den Kalenden“

zumindest gut passen. Jedoch ist das Sichtbild ein anderes als das, was GvT beschreibt. Diesmal sogar

noch deutlicher als beim 04.10.590.

14. Vergleich der SF vom 03.10.563 mit einer zu ca. zwei

Dritteln verdeckten Sonnenscheibe.

In Anbetracht der ganz offensichtlich falschen

Abschrift bzw. Übersetzung des Textes (Libre IV,

31) und dem erneut nicht wirklich gut

passenden Erscheinungsbild der SF, würde ich

auch hier zu einem „nicht-Match“ tendieren.

Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn man sich

den Text in einer älteren Abschrift anschaut.

Um der Frage nämlich weiter nachzugehen, ob

nun „Kalendis“, „Calendis“ oder „calendis“

richtig ist, habe ich mir die älteste Ausgabe des

Buches „Historia francorum“ geschnappt, die ich finden konnte. [12] Sie stammt aus dem 8.

Jahrhundert und wurde vermutlich zwischen den Jahren 700 und 725 geschrieben.

15. Legende des Buches "Historia francorum" aus

dem 8. Jahrhundert.

Laut Wikipedia lebte GvT zwischen 538 und 594. Jedoch

ist ein Original dieses Buches mehr existent. „Doch ist

das umfangreiche Werk in mehr als 50 mittelalterlichen

Handschriften überliefert. Die ältesten darunter

stammen aus dem 7. Jahrhundert, sind jedoch

unvollständig und fehlerhaft. Verlässlichere

Handschriften stammen aus dem 11. Jahrhundert.“ [13]

Als erstes muss ich sagen, dass in mir die Frage aufkeimt, weshalb ausgerechnet die früheren

Abschriften „unvollständig“ und „fehlerhaft“ sein sollen?! Woher hatten denn die späteren

Abschreiber die „Vollständigkeit“ und „Fehlerfreiheit“ des Textes erhalten? Von Gottes Gnaden? An

der Stelle könnte man erwähnen, dass bekannt ist das dieses Werk in der Geschichte mehrfach

„ergänzt“ wurde. So wurden Kapitel eingefügt, andere tauschten ihre Plätze und ähnliche Dinge. Es

gibt generell viel Kritik an diesem Werk, auch wenn es nach Außen hin gerne als „tadellos“ dargestellt

wird. Immerhin gehören gerade diese Texte von GvT „zu den wichtigsten Quellen für die

Übergangszeit zwischen der Spätantike und dem Frühmittelalter“. [13]

Auf der Suche nach der Frage des großen oder kleinen „k“ bzw. „c“ habe ich mir also ein solch altes

Werk angeschaut und durchforstet. Dabei habe ich die entsprechende Stelle auch gefunden.

Da solch alte lateinischen Texte mit Absicht schwer lesbar geschrieben wurden, habe ich die

einzelnen Wörter, zu besseren Lesbarkeit mit blauen Strichen getrennt (Abb. 16). Hier wird das

gesuchte Wort sogar mit einem kleinen „k“ geschrieben, was aber der Übersetzung hinsichtlich der

„Hitze des Oktobers“ jedoch keinen Abbruch tut! GvT spricht also eindeutig von einer „Oktoberhitze“

und nicht vom „ersten Tag im Oktober“ oder gar „den ersten Tagen im Oktober“. Zudem fällt noch

etwas auf. Der vorhergegangene Satz wird in den aktuellen Abschriften falsch wiedergeben, bzw.

falsch getrennt.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

10


In den Sätzen vor der Erwähnung der SF geht es um Bauern, die „mehrere Sonnen“ am Himmel

gesehen haben (Nebensonnen) und deshalb etwas entgeistert sind. Der Text lautet in der aktuellen

Abschrift/Übersetzung wie folgt [2]:

16. Lateinische Abschrift aus dem Jahr 700 - 725; Liber IV; 31

„Nam plerumque tres et quattuor splendores magni circa solem apparuerunt, quod rustici soles

vocabant, dicentes: 'Ecce tres vel quattuor soles in caelum!' Quadam tamen vice in Kalendis

Octobribus ita sol obscuratus apparuit, ut nec quarta quidem pars in eodem lucens remaneret, sed

teter atque decolor apparens, quasi saccus videbatur.“

Übersetzt bedeutet es:

„Denn gewöhnlich erschienen drei oder vier große Gestirne um die Sonne herum, die die Bauern

Sonnen nannten, und sagten: ‚Seht drei oder vier Sonnen am Himmel!' Bei einer bestimmten

Gelegenheit jedoch, an den Kalenden des Oktobers, erschien die Sonne so verdunkelt, dass nicht

einmal ein Viertel davon schien, sondern matt und verfärbt erschien, wie ein Sack.“

In der Abschrift von 700 – 725 kann man jedoch lesen (Abb.16) [12]:

"Nam plerumque tres et quattuor splendores magni circa solem apparuerunt; quod rustici soles

vocabant, dicentes: Ecce tres vel quattuor soles in caelum quadam tamen vice in kalendis octobribus,

ita sol obscuratus apparuit, ut nec quarta quidem pars in eodem lucens remaneret, sed teter atque

decolor apparens, quasi saccus videbatur.“

Übersetzt bedeutet dies:

„Denn normalerweise erschienen drei oder vier große Gestirne um die Sonne; die die Bauern die

Sonnen nannten, indem sie sagten: Seht drei oder vier Sonnen am Himmel, aber einmal erschien die

Sonne in der Hitze des Oktobers so verdunkelt, dass nicht einmal ein Viertel davon leuchtete, sondern

matt und verfärbt erschien , als wäre es ein Sack.“ (Liber IV, 31)

Und wieder haben wir den Fall, dass kleine Änderungen die Aussage und die Deutung eines Satzes

völlig verändern. Zuerst fällt auf, dass in die aktuellen Übersetzungen quasi ein Zitat eingefügt wurde,

in dem man ein Anführungszeichen eingefügt hat. So wurde die Passage – ‚Seht drei oder vier Sonnen

am Himmel!' – mit dieser Einfügung herausgenommen und von dem nachfolgenden Satzteil

getrennt. So entstanden zwei voneinander getrennte Sätze.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Mit den von den Bauern erwähnten Nebengestirnen sind

mit hoher Wahrscheinlichkeit die sog. „Nebensonnen“

gemeint. [14] Das ist ein atmosphärisch-optischer Effekt,

der besonders bei tiefstehender Sonne zu beobachten ist.

17. Mehrere (drei) Nebensonnen.

Auch wenn diese Einfügung eines Ausrufezeichens usw.

für die eigentliche Aussage nicht sonderlich relevant

erscheint, so ist es doch bezeichnend und nährt den

Verdacht bezüglich den weiter oben erwähnten,

möglichen fehlen eines Punktes zwischen zwei Wörtern.

Die anderen Kandidaten

Wie wir also festgestellt haben, passt wenn man ehrlich ist, keine der von B&S berechneten

Datumsangaben auf die von GvT erwähnten SF. Es sind jedoch die einzig in Frage kommenden, selbst

wenn man die Fehldeutungen usw. berücksichtigt. Siehe dazu auch Abbildung 5 und 6. Jedenfalls

wenn man die offiziellen Daten zu GvT usw. als Faktum betrachtet.

Gäbe es denn theoretisch andere Kandidaten, die u.U. besser zu den Beschreibungen von GvT passen

könnten? Ja, die gibt es! Allerdings liegen sie in einer anderen Zeitperiode.

An der Chronologie unserer Geschichte gibt es ja genügend Zweifel. Nicht nur Gunnar Heinsohn und

Heribert Illig weisen, teils mit durchaus unterschiedlichen Herangehensweisen auf mögliche

Probleme hin. In dem schon erwähnten „Space Night“-Beitrag von 1997 [10] geht es um eine These

von Heribert Illig der sog. „Phantomzeit“, da Er u.a. rund 300 Jahre aus der Geschichte des frühen

Mittelalters streichen möchte. [15,16] Ich werde da jetzt nicht im Detail drauf eingehen, wollte es

aber erwähnen.

Ich halte also jetzt Ausschau nach zwei besser zu den Beschreibungen von GvT passenden SF. Zuerst

halten wir jedoch noch einmal die Kriterien, unter Berücksichtigung der oben angeführten

Korrekturen für die einzelnen SF fest.

SF_1 (Libre IV, 31):

1. Der Monat ist Oktober

2. Es war warm.

3. Es dürfte min. mittags/nachmittags gewesen sein.

4. Sichtbar weniger als ein Viertel der Sonne war noch zu erkennen.

SF_2 (Liber X, 23):

1. Der Monat ist August

2. Es war ungefähr die Monatsmitte (+/- 3 o. 4 Tage vielleicht).

3. Es war früh morgens.

4. Die Sonne war noch etwa so stark zu sehen, wie der Mond am fünften Tag.

Um nun eine ungefähre zeitliche Einordnung zu machen, sonst sucht man sich tot, könnte man zwei

Zeitspannen anvisieren.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

12


1: Die angegebene Zeitspanne der Entstehung der oben erwähnten alten Abschrift aus den Jahren

700 – 725 +/-. Hier könnte man zumindest erwähnen, dass als Autor dieses Werkes GvT angegeben

wird (Abb. 15). Dies passt jedoch nicht mit seiner offiziellen Lebenszeit (538 – 594) zusammen.

Wohlgemerkt ist die Angabe für die Entstehungszeit des Manuskriptes von 700 – 720 lediglich eine

Schätzung/Annahme.

2: Einfach die ca. 300 +/- Jahre draufschlagen, die von dem Herrn Illig vorgeschlagen werden. Dann

würden wir so um die Jahre 860 – 890 landen.

Wieder gucken wir in die Arbeiten von Fred Espenak [9]. Und direkt bekomme ich zwei sehr gut

passende Kandidaten.

SF_1 Kandidat 2 (SF_1K2)

SF_1K2 fand am 06.10.720 gegen 16:20 Uhr statt. Wir haben Oktober, es ist der frühe Abend und die

Sichtbarkeit (weniger als ein Viertel) stimmt auch.

18. Besser passender Kandidat für die erste von GvT erwähnte SF. 06.10.720. Liber IV, 31

19. Vergleich der Sichtbarkeit der "neuen SF_1" mit einer zu drei Vierteln

bedeckten Sonnenscheibe. [17]

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

13


O.K., das ist doch schon mal vielversprechend. Zu der

Erwähnung von GvT das es ein warmer/heißer Oktober gewesen

sei, sei noch erwähnt, dass wir hier bereits in der Zeit des sog.

„mittelalterlichen Klimaoptimums“ sind. Man nennt diese Zeit

auch „mittelalterliche Warmzeit“, „mittelalterliche

Wärmeperiode“ oder neuerdings abwertend auch

„mittelalterliche Klimaanomalie“.

„Diese mittelalterliche Erwärmungsperiode (…), war mit einem

ungewöhnlich hohen Temperaturanstieg zwischen etwa 750 und

1350 n. Chr. verbunden.“ [18]

Dies wäre eine gute Erklärung für den eigentlich ehr kälteren

Oktober. Wenn sich also eine ähnlich gute Übereinstimmung

auch die zweite SF finden ließe, wäre das ne ziemlich gute oder

eindeutige Sache.

20. Mittelalterliches Klimaoptimum. [20]

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

14


SF_2 Kandidat 2 (SF_2K2)

Und siehe da, auch für die zweite SF_2K2 von GvT findet sich ein passender Kandidat. Diesmal am

14.08.733.

18. Besser passender Kandidat für die zweite von GvT erwähnte SF. 14.08.733; Liber X, 23

Der 14.08.733 ist nach damaliger Zeitrechnung der 10.08.733 [21], was deutlich besser zu der

ungefähren Angabe hinsichtlich „Mitte des Monats“ passt. Ebenso befinden wir uns früh am Tag, als

„das Licht zurückkehrte“ und die Sichtbarkeit passt zu der Aussage, dass die Sonne weniger zu

scheinen hatte als die Hörner des fünften Mondes. Jedenfalls besser, als die von B&S vorgeschlagene

SF.

Damit sind hier schon einmal zwei deutlich

bessere Kandidaten gefunden, als die, welche

B&S in ihrer Arbeit veröffentlichten [3] und die

aktuell auch so noch überall zu finden sind. Mit

dieser Auswahl läge man auch quasi in der Zeit

der Entstehung des alten Manuskriptes (siehe

Abb. 15). [12]

19. Vergleich der Sichtbarkeit der von SF_2K2 mit der

Mondsichel am fünften Tag.

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

15


Weitere Kandidaten (SF_2K3)

Nun hatte ja der Herr Illig vorgeschlagen rund 300 Jahre zu streichen, so dass wir diese auf die zuvor

von B&S errechnet draufschlagen müssten. Für den „Space Night“ Beitrag hatte sich der Herr Illig,

wie Er mir mitteilte recht kurzfristig eine SF herausgesucht, die am 20.10.887 stattfand und als

Gegenpol zu der von B&S berechneten SF vom 04.10.590 herhielt. Diese nennen wir SF_2 Kandidat 3.

20. Die von H. Illig kurzfristig und hastig für den TV-Beitrag herausgesuchte SF.

Liber X, 23

Man muss hier jedoch sagen, dass diese von der Sichtbarkeit quasi gar nicht zu der von GvT

abgegebenen Beschreibung passt. Wobei die Zeitangabe völlig i.O. ist, sofern man die Fehldeutung

mit den „VIII“ und dem Oktober unberücksichtigt lässt. Demnach befinden wir uns etwa Mitte

Oktober, was auf jeden Fall passend wäre. Diesen Treffer würde ich aber tatsächlich als noch

ungenauer einstufen als den von B&S (siehe Abb. 13).

21. Vergleich der Sichtbarkeit mit der Mondsichel am fünften Tag

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

16


SF_2 Kandidat 4 (SF_2K4)

Jedoch würde auch ich hier gerne einen Kandidaten in den Raum werfen, der auch deutlich besser

passen würde. Zum einen zur Beschreibung von GvT und zum anderen zu der These des Herrn Illig.

Mein Kandidat für die SF_2K4 wäre hier der 18.8.863.

22. Kandidat Nr. 4 für die von GvT erwähnte SF_2.Liber X, 23

Diesmal befinden wir uns korrekterweise im August, sogar quasi genau in der Mitte des Monats. Der

18.8.863 ist nach damaliger Zeitrechnung der 14.08.863. [21] Bei 31 Tagen ist das ziemlich genau die

Hälfte. Auch das Erscheinungsbild passt perfekt zu dem von GvT beschriebenen, ebenso wie die

Tageszeit, früh morgens. Früh am Morgen, als die Sonne wieder erwachte war von der Sonne kaum

noch so viel zu sehen, wie von den Hörnern des Mondes am fünften Tag.

23. Vergleich der Sichtbarkeit mit der Mondsichel am fünften Tag

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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SF_1 Kandidat 3.1 (SF_1K3.1)

Es gibt ja aber noch eine SF, die eingeordnet werden müsste. Nämlich die, welche aktuell mit dem

03.10.563 angegeben wird (siehe Abb. 13). Hier kämen zwei ernsthafte Kandidaten in Betracht.

24. Kandidat 3.1 für die SF_1, welche von GvT beschreiben wird. Liber IV, 31

SF_1K3.1 fand am 19.10.868 um die Mittagzeit statt. Hier passt es wieder recht gut. Wir befinden uns

im Oktober zur Mittagszeit und auch die Sichtbarkeit kommt halbwegs hin. Jedoch spricht GvT ja

recht eindringlich von „weniger als ein Viertel“ Sonne seien noch sichtbar gewesen. Wieder würde

ich das hier nicht so richtig gelten lassen wollen, zumal man diese kleinen Unterschiede

wahrscheinlich damals gar nicht so erkannt haben dürfte.

25. Vergleich der Sichtbarkeit mit einer zu zwei Dritteln

bedeckten Sonnenscheibe

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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SF_1 Kandidat 3.2 (SF_1K3.2)

SF_1K3.2 fand am 29.10.878, ebenfalls zur Mittagszeit statt. Hier passt alles auffallend gut und besser

als bei den SF_1K2 aus den 700er Jahren. Wir befinden uns im Oktober, es ist mittags und die

Sichtbarkeit entspricht diesmal sehr genau der Beschreibung. Es ist deutlich weniger als ein Viertel

sichtbar, wobei es sich dabei um keine totale SF handelt. Diese Differenz wäre mit Sicherheit auch für

damaligen Leute wie den GvT mit bloßem Auge sichtbar und unterscheidbar, bzw. beschreibbar

gewesen.

26. Kandidat 3.2 für die SF_1, welche von GvT beschrieben wird.

27. Vergleich der Sichtbarkeit mit einer zu zwei Dritteln bedeckten

Sonnenscheibe

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Chronik der Seuchen

Einen weiteren Anhaltspunkt zur zeitlichen Einordnung, der in Anbetracht der Chronologieprobleme

aber vielleicht nicht zwingend Beachtung finden muss, liefert das Buch „Chronik der Seuchen“ von Dr.

Friedrich Schnurrer aus dem Jahr 1823. [22]

Die Jahre 560 – 565

Das erste Zitat von GvT (Liber IV, 31) ist ein längerer Abschnitt, in dem der Untergang der Burg

Tauredun oder auch Taurentum beschrieben wird. Diese soll bei Genf gelegen haben. Einige Quellen

sagen auch bei St. Moritz. Die Quellen bezüglich St. Moritz sagen, dass dort der Berg Taurus

eingestürzt sein soll. Mir ist dort ein solcher Berg allerdings nicht bekannt. Wenn jemand da etwas

weiß, gerne her mit den Infos! Ein Taurusgebirge gibt es auf jeden Fall bekanntlich. Dies liegt

allerdings in der Türkei und nicht in der Schweiz. Die Quellen bezüglich Genf betonen, dass es

hunderte solcher Felsstürzte gab und das eine genaue Verortung nicht möglich ist. Anschließend geht

es in dem Abschnitt um die bereits erwähnte Sonnenfinsternis (SF_1), die laut B&S im Jahr 563

stattgefunden haben soll. Nach der Erwähnung dieser SF geht um einen Kometen, der einen großen

Schweif hatte, der wie ein Schwert wirkte. Das ganze Firmament habe regelrecht gebrannt und es

gab viele weitere Zeichen, wie Krankheit und Tod.

Für die erste von GvT erwähnte SF (SF_1), die offiziell auf den 03.10.563 gelegt wurde kann man

lesen, dass zu der Zeit mehrfach Erdbeben gab, einen ganzen Tag lang sei es Dunkel gewesen,

Krankheiten wie die Pest haben getobt. Der von GvT in Liber IV. 31 beschriebene Komet trat

demnach im Jahr 565 auf, ebenso wie die von den Bauern beobachteten „Nebensonnen“. Die

Erwähnung von SF_1 erfolgt aber genau zwischen diesen beiden genannten Ereignissen. Also sollte

auch die SF_1 nach Dr. Friedrich Schnurrer im Jahre 565 stattgefunden haben. Es sind zwar nur 2

Jahre Differenz, aber es zeigt erneut auf, dass diese Angaben mit Vorsicht zu genießen sind. Die

Quelle dieser hier erwähnten Berichte ist zudem in weiten Teilen der gute GvT selbst.

28. Beschreibung für die Jahre 560 - 565 gemäß der "Chronik der

Seuchen" von 1823. Seite 135

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Die Jahre 588 - 605

Der zweite Abschnitt von GvT (Libri X, 21) ist kürzer und erwähnt direkt zu beginn, dass es teilweise

nachts sehr hell war, so dass man meinen könnte es sei Mittag gewesen. Dann geht es um ein

Pessach-Fest. Als nächstes kommt auch schon das weiter oben kurz erwähnte Erdbeben und

darauffolgend die Erwähnung von SF_2. Starke Regenfälle und Überschwemmungen werden

ebenfalls erwähnt.

33. Beschreibung für das Jahr 588 gemäß der "Chronik der

Seuchen" von 1823. Seite 148

32. Beschreibung für das Jahr 589 gemäß der "Chronik

der Seuchen" von 1823. Seite 149

31. Beschreibung für das Jahr 590 gemäß der "Chronik der

Seuchen" von 1523. Seite 150

29. Beschreibung für das Jahr 605 gemäß der "Chronik

der Seuchen" von 1823. Seite 153

30. Beschreibung ca. für die Jahre 591 – 600 gemäß der

„Chronik der Seuchen“ von 1523. Seite 152

Mal abgesehen davon das sich zumindest Teile der hier zitierten Beschreibungen in der „Chronik der

Seuchen“ wieder auf GvT beziehen, könnte es grob durchaus passen. Berücksichtige ich jedoch die

„Oktoberhitze“, dann scheint es den hier explizit erwähnten kalten Jahren zu wiedersprechen.

Zwischen den beiden von GvT erwähnten SF (SF_1 und SF_2) liegen laut B&S rund 27 Jahre (590 –

563 = 27), was eine durchaus realistische Annahme ist, jedoch bei zur Kenntnisnahme der zeitlichen

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Differenzen u.U. als zu lang gewertet werden könnte. Es scheinen bei GvT mehrere Jahre in wenigen

Sätzen zusammengefasst worden zu sein, was zu diesen kleinen Differenzen führt.

Zusammenfassend kann man zu den Beschreibungen von GvT sagen, dass es in dieser Zeit zu heftigen

Seuchen und Krankheiten gekommen ist, zu Erdbeben und Erdrutschen, zu sichtbaren Kometen,

Abends hell Erleuchteten Himmeln, zu einem brennenden Firmament, Überschwemmungen und

warmen Monaten. Ich würde für diese Betrachtung einen zusammengefassten Zeitraum von ca. 20

Jahre ansetzen wollen. Also ich würde nicht nur die Zeitperiode versetzten wollen, sondern auch den

beschriebenen Zeitraum verkürzen. Ich würde mir also den Zeitraum von ca. 858 – 880 angucken

wollen.

Die Jahre von ca. 858 - 880

34. Beschreibung ca. für die 858 bis 880 gemäß der "Chronik der Seuchen" von 1523

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Auch diese Beschreibungen passen sehr gut zu den von GvT gemachten Bemerkungen. Wobei man

hier eben nicht zu viel hineininterpretieren sollte. Auch hier scheint es nämlich so zu sein, dass

bestimmte Ereignisse mehrfach, zu verschiedenen Zeiten in die Liste aufgenommen wurden.

Fazit

Abschließen muss ich sagen, dass die Einordnungen der SF durch die Professoren B&S mehr als

fragwürdig sind. Sie passen schlicht und ergreifend nur bei großer Toleranz und großzügiger

Auslegung des Textes. Wobei ich den Herren B&S da keine textliche Manipulation alter Manuskripte

o.ä. vorwerfe! Dies haben, bewusst oder unbewusst schon andere getan. Bei einer Abschrift kann ja

auch so mal etwas falsch gelesen werden, oder das Quellbuch war beschädigt, unleserlich oder sonst

was. In einigen Fällen mag man aber den Verdacht zulassen, dass es sich um bewusste Absicht

handeln könnte.

Ich für meinen Teil würde, sofern ich mich denn entscheiden müsste, eindeutig für die SF der Jahre

863 und 878 entscheiden. Das einzige Problem dabei wäre, dass es die zeitliche Reihenfolge ändern

würde. Die erste von GvT erwähnte SF würde zur zweiten werden und umgekehrt natürlich.

Liber IV, 31

SF_1 B&S = 03.10.563

SF_1K2 Schlee = 06.10.720

SF_1K3.1 Schlee = 19.10.868

SF_1K3.2 Schlee = 29.10.878

Liber X, 23

SF_2 B&S = 04.10.590

SF_2K2 Schlee = 14.08.733

SF_2K3 Illig (oberflächlich) = 20.10.887

SF_2K4 = 18.08.863

Leider konnte ich die Textpassagen aus dem Liber X, 23 bis jetzt noch nicht in einem solch alten

Manuskript, wie dem oben erwähnten [12] gegenprüfen. Diese alten Werke gehen meisten nur bis

Liber VI o.ä., was in mir auch schon der Verdacht aufkeimen ließ, dass dieses Buch X, ebenso wie

einige Kapitel usw. nachträglich hinzugefügt wurden. Abbildung 30 zeigt einmal beispielhaft eine

solches Verschieben. Hier wurde der Abschnitt 22 des Liber X zu der Nummer 23, mit der wir uns u.a.

so ausführlich beschäftigt haben. Dies bedeutet, dass in der Zeit zwischen 1522 und 1561 Abschnitte

eingefügt worden sein müssen.

35. Beispiel des verschobenen Abschnitts 22/23 des Liber X (1522) [19]

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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Dies könnte auch erklären weshalb es einen Plätzetausch, der von GvT erwähnten SF gegeben haben

könnte und dies nicht zwingend ein K.O.-Kriterium sein muss. Letztlich muss man aber auch

eingestehen, dass, sollten sich diese Dinge nicht akkurat klären lassen, wir von einer Art SF-Lotterie

sprechen. Prinzipiell kann sich derzeit jeder seine passende SF heraussuchen. Denn auch in anderen

Zeitperioden, wie etwa im 1. Jahrtausend n. Chr. wird man mit halbwegs passenden SF fündig. So

bleibt es Interpretations-, und Auslegungssache welche SF man nun für am besten geeignet hält. Man

sollte sich jedoch davor hüten seine Auswahl mittels eines oder mehrerer Petitio Principii zu treffen.

Mfg.

A. Schlee

Quellenverzeichnis:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Oktober

[2] https://www.thelatinlibrary.com/gregorytours.html

[3] https://francia.digitale-sammlungen.de/Blatt_bsb00016291,00059.html

[4] https://archive.org/details/gregoriituronic00waragoog/page/n679/mode/2up

[5] https://archive.org/details/bub_gb_UeeQBSc-CysC/page/576/mode/2up

[6] https://www.mbradtke.de/re001.htm

[7] https://www.pfarrbriefservice.de/file/geschichtliches-zum-jahresbeginn-am-1-januar

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Fred_Espenak

[9] https://eclipse.gsfc.nasa.gov/5MCSE/5MCSE-Maps-07.pdf

[10] https://youtu.be/jAT2P-aoyQk

[11] https://stellarium.org/de/

[12] https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b85624088?rk=128756;0

[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Gregor_von_Tours

[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Nebensonne

[15] http://www.fantomzeit.de/

[16] https://www.dctp.tv/filme/karl-der-grosse-fehlanzeige/

[17] https://www.diepresse.com/622738/himmelsspektakel-der-mond-schiebt-sich-vor-die-sonne

[18] https://www.meteorologiaenred.com/de/periodo-calido-medieval.html

[19] https://www.europeana.eu/ga/item/362/item_GBM2FQUIIGODRXEQ7WTF6AJY5XZ5GW2O

[20] https://www.addendum.org/klimaskepsis/mittelalter/

[21] https://de.planetcalc.com/8497/

[22] https://archive.org/details/chronikderseuche01schn/page/n5/mode/2up

Erstellt von: Alexander Schlee; Hamburg den 12.01.2023

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