Wärmetransportphänomene - Lehrstuhl für Thermodynamik - TUM
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7.1. WESENTLICHE ERGEBNISSE DER STRÖMUNGSLEHRE 83<br />
Nach Ludwig Prandtl (1904) kann eine solche Unterscheidung zwischen Grenzschicht und<br />
Kernströmung auch <strong>für</strong> andere umströmte Körper – Tragflügel, Schiffsrümpfe, Turbinenschaufeln,<br />
. . . – getroffen werden. Dabei kann die Kernströmung in guter Näherung als zähigkeitsfreie<br />
Potentialströmung behandelt werden (Bernoulli !), während sich die Wirkung der Zähigkeit<br />
auf das Grenzschichtgebiet beschränkt. Mit Hilfe der sog. Grenzschichtnäherungen, die<br />
im nächsten Kapitel ausführlich diskutiert werden, kann dann der Geschwindigkeitsgradient<br />
an der Wand und somit die Schubspannung bzw der Wärmeübergangskoeffizient quantitativ<br />
bestimmt werden. Diese Strategie des ”divide et impera” nach Prandtl ist <strong>für</strong> die ganze<br />
Strömungslehre und den Wärmeaustausch von grundlegender Bedeutung.<br />
Sogar in einem durchströmten Rohr (Abb. 7.3) bildet sich in der Nähe des Einlaufes 5 eine<br />
(rotationssymmetrische) Grenzschicht aus. Allerdings wächst nach einer bestimmten Einlauflänge<br />
Le die Grenzschicht bis zur Rohrachse an, so dass dann der Einfluss der Zähigkeit<br />
in der gesamten Strömung spürbar ist.<br />
7.1.4 Der Begriff der Turbulenz nach Reynolds<br />
Von Reynolds 6 wurde 1883 erstmalig gezeigt, dass zwei grundsätzlich verschiedene Strömungsformen<br />
existieren: eine laminare und eine turbulente. Bei der Ersteren laufen die einzelnen<br />
Stromlinien geordnet nebeneinander her, während sie bei der Letzteren in unregelmäßiger<br />
Weise miteinander verflochten sind und die einzelnen Flüssigkeitsteilchen stochastische<br />
Schwankungsbewegungen um ihren mittleren Strömungsweg ausführen. Dieser vor allem quer<br />
zur Strömungsrichtung erfolgende Vermischungsvorgang erhöht den Reibungswiderstand und<br />
den Wärmeaustausch turbulent umströmter Körper bzw. turbulent durchströmter Kanäle<br />
gegenüber der laminaren Strömung ganz wesentlich (siehe Abb. 7.2).<br />
Reynolds hat als erster festgestellt, dass der Umschlag laminar/turbulent bei einem bestimmten<br />
” kritischen“ Wert des dimensionslosen Ausdrucks u∞ xk/ν erfolgt. Später wurde ihm zu<br />
Ehren dieser erste Ähnlichkeitsparameter in seiner allgemeinen Form<br />
Rex = u∞ x<br />
ν<br />
als Reynoldsche Kennzahl bezeichnet. Für die ebene Platte gilt abhängig vom Störgrad der<br />
Anströmung speziell: 10 5 ≤ Rex,k ≤ 4 10 6 ; unter technischen Bedingungen rechnet man mit<br />
Rex,k ≈ 5 10 5 .<br />
Die Reynolds-Zahl kann durch die Erweiterung<br />
Rex = u∞ x<br />
ν = ϱ u2 ∞<br />
η u∞/x<br />
als Verhältnis der Beschleunigungs- bzw. Trägheits- zu den Reibungskräften interpretiert werden.<br />
5 bei Vermeidung von Ablösung durch entsprechend gerundeten Einlauf<br />
6 Osborne Reynolds, brit. Physiker, ∗ Belfast 23.8. 1842, † Watchet (Cty. Somerset) 21.2. 1912; Prof. in Manchester<br />
(1868-1905), stellte 1883 das nach ihm benannte hydrodynam. Ähnlichkeitsgesetz bei Vorhandensein<br />
von Druck-, Reibungs- und Trägheitskräften auf. ( c○1999 Bib. Inst. & F.A. Brockhaus AG)