Wärmetransportphänomene - Lehrstuhl für Thermodynamik - TUM
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9.2. BESTIMMUNG VON KENNZAHLEN AUS DEN DIFFERENZIALGLEICHUNGEN111<br />
In der Tat fanden wir in Abschnitt 4, dass <strong>für</strong> den Spezialfall Bi ≪ 1 gilt:<br />
θ = exp(−(n + 1) Bi Fo).<br />
Die ” Einheitenarithmetik“ bestätigt, dass die Biot-Zahl in der Beschreibung der Sprungantwort<br />
eines Festkörpers in jedem Fall eine wichtige Rolle spielen sollte – egal ob dieser gut<br />
oder schlecht wärmeleitend ist.<br />
Wie soeben beispielhaft gezeigt, lässt sich ein vollständiger Satz von Kennzahlen folgendermaßen<br />
bestimmen: Man identifiziere zuerst die n wesentlichen physikalischen Parameter des<br />
Problems (unabhängige und abhängige Variablen sowie Einflussgrößen wie Anfangs- oder<br />
Randbedingungen, relevante Stoffwerte, etc.) und bestimme die Zahl m der vorkommenden<br />
Grundeinheiten 2 Die Lösung des Problems läßt sich dann als ein funktionaler Zusammenhang<br />
zwischen n − m Kennzahlen (linear unabhängige, dimensionslose Parametergruppen)<br />
darstellen.<br />
Die ” Einheitenarithmetik“, wie sie hier vorgestellt wurde, ist in mancher Hinsicht mehr eine<br />
Kunst als eine Wissenschaft, die bei schwierigen Problemen nur mit Hilfe von Erfahrung und<br />
Inspiration zum Ziel führt. Deshalb wurde auch eine streng logische, systematische Vorgehensweise<br />
entwickelt, siehe z.B. Stichlmair [5], die im Rahmen dieser Vorlesung jedoch nicht<br />
behandelt werden soll. Es ist auch möglich, die Kennzahlen in systematischer Art und Weise<br />
aus den Differentialgleichungen zu bestimmen. Dies ist im nächsten Abschnitt am Beispiel<br />
der ebenen Platte gezeigt, siehe aber auch das Kapitel über Freie Konvektion.<br />
Wie schon am Beispiel der Sprungantwort gezeigt, lassen die Zahlenwerte der Kennzahlen,<br />
die sich mit den vorliegenden charakteristischen Längen und Geschwindigkeiten, Stoffwerten,<br />
etc. ergeben, Schlüsse über die wichtigen physikalischen Effekte zu oder erlauben bestimmte<br />
Vereinfachungen. So ist z.B. die Mach-Zahl der Umströmung des Laminarflügels eines Segelflugzeuges<br />
sehr klein, weshalb Kompressibilitätseffekte keine Rolle spielen. Umgekehrt ist<br />
beim Space Shuttle oder bei einem Kampfflugzeug die Mach-Zahl oft groß, was eine ganze andere<br />
Strömungsphysik mit sich bringt. Andere Beispiele wurden bereits bei der Wärmeleitung<br />
angeführt: Abbruch von Reihenentwicklungen bei ausreichend großer Fourier-Zahl, Anwendbarkeit<br />
des einfachen Modells ” gerührter Behälter“ bei ausreichen kleiner Biot-Zahl. Es ist<br />
allerdings gerade bei komplizierten Phänomenen oft so, dass aus den Differentialgleichungen<br />
kein eindeutiger Satz von Kennzahlen bestimmt werden kann. In diesem Fall braucht es<br />
dann doch die Kombination von Intuition und physikalischem Verständnis um die relevanten<br />
Kennzahlen zu bestimmen.<br />
9.2 Bestimmung von Kennzahlen aus den Differenzialgleichungen<br />
In den Kapiteln zur Wärmeleitung wurde mehrmals gezeigt, wie Kennzahlen, z.B. eine dimensionslose<br />
Länge ξ oder Temperatur θ, die Biot-Zahl oder die Fourier-Zahl Fo, aus den Dif-<br />
2 mathematisch exakt: den Rang m der Dimensionsmatrix, siehe Zierep [6] oder Stichlmair [5].