Wärmetransportphänomene - Lehrstuhl für Thermodynamik - TUM
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108 KAPITEL 9. ÄHNLICHKEITSTHEORIE UND KENNZAHLEN<br />
zu untersuchen. Grundsätzlich liefern erst die Ähnlichkeitsgesetze Übertragungsregeln,<br />
welche es erlauben, Messungen an einem Modell auf die reale Geometrie zu übertragen.<br />
• Umgekehrt folgt, dass Ähnlichkeitsgesetze bei der Auslegung eines Experiments und bei<br />
der Darstellung experimenteller Ergebnisse einzubeziehen sind.<br />
• Bei der Suche nach analytischen Lösungen spielen oft sog. ” Ähnlichkeitsvariablen“ eine<br />
wichtige Rolle, mit Hilfe der Ähnlichkeitsgesetze lassen sich spezielle Lösungen (meist<br />
dimensionslos formuliert) auf konkrete Probemstellungen übertragen<br />
• Ähnlichkeitsgesetze und Kennzahlen vermitteln oft einen Einblick in die typischen Eigenschaften<br />
eines Problems und erlauben die Identifikation der wesentlichen Effekte<br />
noch bevor explizite analytische oder numerische Lösungen oder umfassende Experimente<br />
vorliegen.<br />
In den folgenden Abschnitten werden diese unterschiedlichen Facetten der Ähnlichkeitsgesetze<br />
anhand einiger Beispiele erläutert. Zuerst aber muss geklärt werden, wie die relevanten<br />
Kennzahlen eines Problems bestimmt werden können.<br />
9.1 Bestimmung von Kennzahlen – π-Theorem<br />
Das Verständnis der wesentlichen physikalischen Zusammenhänge eines Problems in Kombination<br />
mit ” Einheitenarithmetik“ ermöglicht oftmals die Identifikation der wichtigen dimensionslosen<br />
Kennzahlen ohne weiteren Einsatz von mathematischen Hilfsmitteln. Das theoretische<br />
Fundament dieser Methode ist das sog. π-Theorem von Buckingham (siehe z.B. [6]), die<br />
praktische Anwendung wird im Folgenden anhand zweier uns bekannter Beispiele diskutiert.<br />
9.1.1 Sprungabkühlung eines Körpers<br />
Wir betrachten wie schon in Kapitel 4 die zeitliche Änderung der Temperatur eines wärmeleitenden<br />
Festkörpers, welcher einer sprunghaften Änderung der Umgebungstemperatur ausgesetzt<br />
ist. Der Einfachheit halber beschränken wir uns wieder auf effektiv 1-dimensionale<br />
Geometrien (z.B. die ”ebene Platte”). Die Temperaturverteilung T (x, t) ist somit im Allgemeinen<br />
eine Funktion der Ortes x und die Zeit t.<br />
Eine phänomenologische Analyse dieses Problems führt – ganz ohne Differentialgleichungen<br />
– zu dem Schluss, dass die folgenden Einflussgrößen <strong>für</strong> die Temperaturverteilung bei Sprungabkühlung<br />
wesentlich sein sollten:<br />
• Das Volumen V , welches die Wärmekapazität des Körpers mitbestimmt, die Oberfläche<br />
A, die <strong>für</strong> den Wärmeübergang zur Verfügung steht, und eine Länge L, über die ein<br />
Temperaturausgleich stattfinden muss. Da bei geometrisch ähnlichen Körpern – davon<br />
gehen wir aus !! – V , A und L jeweils in bekannten Beziehungen zueinander stehen, sind<br />
diese drei geometrischen Größen effektiv durch ein einziges Längemaß L erfasst.