Lehrbuch des Estnischen und Finnischen
Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden. Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden.
auf der anderen Seite ist es phonetisch viel komplizierter. Bevor ich das Estnische und Finnische systematisch und sachte vorstelle, muss ich betonen, dass ich selber wegen meiner Herkunft zwar einen kleinen Vorteil habe, aber eigentlich nur mit Deutsch richtig aufgewachsen bin. Meine erste Fremdsprache war erst im Jahr 1967 mit bereits 13 (!) Jahren im Gymnasium das Latein und meine zweite ein Jahr später Französisch. Heute ist das völlig unvorstellbar, aber so lief damals noch unser Schulsystem. Englisch hatte noch nicht die heutige Bedeutung, deshalb begann ich es erst ein halbes Jahr später als Französisch als dritte Fremdsprache zu lernen. Die vierte war Italienisch genau zwei Jahre nach dem Latein und die fünfte im Herbst 1971 im Rahmen eines Freiwilligenkurses auch noch Russisch. Das sind die fünf einzigen Fremdsprachen, die ich im Rahmen einer Schule teilweise gelernt habe, und den ganzen Rest habe ich mir selbst angeeignet. Was das Estnische und Finnische betrifft, lernte ich das letztere eigentlich erst mit 27 (!) Jahren richtig, das heisst nicht nur bruchstückhaft, sondern systematisch von Anfang an - und gleichzeitig mit Ungarisch. Dagegen sind für das Estnische zumindest im Westen erst ab dem Jahr 1991 Lehrmittel erschienen. Zuvor gab es nur innerhalb der ehemaligen Gulag- Sowjetunion Lehrbücher, aber nur auf Russisch und vollgespickt mit politischer Propaganda. Es war also nicht einmal in den ehemaligen sozialistischen „Bruderstaaten“ möglich, Estnisch richtig zu lernen, und das Gleiche gilt auch für die beiden baltischen Sprachen Lettisch und Litauisch, die entgegen der Meinung vieler Leute mit dem Estnischen hinten und vorn nicht verwandt sind. Bei meinen nächsten Besuchen nach meinen ersten Lernmonaten wunderten sich meine finnischen Verwandten darüber, dass ich jetzt viel besser Finnisch sprach, nachdem jene, die kein Englisch konnten - und das waren die meisten -, sich mit mir nur mangelhaft hatten verständigen können. Mit diesem kurzen Ausflug in mein eigenes Leben möchte ich dies klarstellen: Was ich selber geschafft habe, können alle anderen ebenfalls, die sich die Mühe nehmen, sich in dieses Buch zu vertiefen. Ich spreche Estnisch und Finnisch zwar nicht fliessend, aber ich kann den grössten Teil verstehen und einfache Alltagsgespräche führen. Es ist tatsächlich möglich, halbwegs gut Estnisch und Finnisch zu sprechen - mit den jungen Leuten zwar kaum, weil diese natürlich jede Gelegenheit benützen, um Englisch zu sprechen, aber sehr wohl mit der mittleren und älteren 6
Generation, die noch heute nur wenig bis gar kein Englisch können, weil sie in den estnischen Schulen noch Russisch als erste Fremdsprache lernen mussten. Tatsächlich ist diese Sprache noch heute in Estland verbreitet, vor allem im Nordosten mit der Stadt Narwa als eigentlichem Russenzentrum direkt neben der Grenze zu Russland. Dagegen wird Deutsch nur noch von wenigen ganz alten Leuten verstanden, woran auch die immer noch nicht vergessenen deutschen Ortsnamen nichts ändern: Reval für Tallinn und das noch geläufigere Dorpat für Tartu, die schon seit Jahrhunderten bekannte Universitätsstadt im Südosten des Landes. Bevor wir ins ganze Grammatikgestrüpp einsteigen, führe ich gleichsam als Aufmunterung zuerst die vier Vorteile auf, die das Estnische und Finnische gegenüber vielen anderen und vor allem europäischen Sprachen aufweisen: 1. Beide Sprachen werden mit dem lateinischen Alphabet geschrieben. Das zu wissen ist auch deshalb wichtig, weil das Estnische sowie das Lettische und Litauische die einzigen Sprachen sind, die in der Epoche der Gulag-Sowjetunion das lateinische Alphabet verwendeten oder genauer verwenden durften. Das Gleiche galt in Bezug auf das Alphabet auch für das Armenische und Georgische, die nicht durch das kyrillische Alphabet ersetzt wurden. Alle anderen Sprachen mussten so geschrieben werden, also auch die mit dem Estnischen und Finnischen nahe verwandten Schwestersprachen Karelisch, Ischorisch und Wepsisch, von denen die beiden letzteren zwischen dem Pejpus-See und dem Onegasee heute nur noch von wenigen gesprochen werden. Dagegen durfte das Livische, das an der lettischen Küste gesprochen wurde und seit dem Jahr 2013, als der letzte alte Fischer gestorben war, der es noch als Muttersprache geredet hatte, offiziell als ausgestorben gilt, bis zum Schluss ebenfalls mit dem lateinischen Alphabet geschrieben werden. Gerade auch die mangelhafte Förderung durch den Sowjetstaat, der im Westen fälschlicherweise immer im Ruf stand, alles Mögliche an Schutzmassnahmen für die Minderheitensprachen zu tun, hat entscheidend zum Aussterben dieser Sprache beigetragen. Ein Beweis dafür sind die oben erwähnten Ischoren und Wepsen, denen es noch bis heute, also auch nach dem offiziellen Ende der Gulag-Sowjetunion, ähnlich ergeht, und die Karelier oder genauer Ost-Karelier - als West- Karelier galten immer die Finnen westlich des Ladogasees - konnten ihre Sprache nur dank der grossen Zahl von mehr als 100‘000 Sprechern retten. Entgegen anders lautender Meldungen ist das Volk der Liven, das 7
- Seite 1 und 2: Lehrbuch des Estnischen und Finnisc
- Seite 3 und 4: Der Autor Ich wurde 1953 in Zürich
- Seite 5 und 6: auch noch mit dem Ungarischen gemei
- Seite 7: von Hitler als auch von Stalin höc
- Seite 11 und 12: sich für die eine oder andere inte
- Seite 13 und 14: innerhalb der nördlichen, westlich
- Seite 15 und 16: Die Buchstaben Wie sehr sich die be
- Seite 17 und 18: haben, sprechen sie ihn dementsprec
- Seite 19 und 20: äo kommt nur im näo (Genitiv von
- Seite 21 und 22: ui „u“ und „i“ getrennt E:
- Seite 23 und 24: F: kala (Fisch) korkea (hoch) korva
- Seite 25 und 26: manchmal vorkommen, F: sikari (Ziga
- Seite 27 und 28: vv, ww, zz usw., die Auswahl ist hi
- Seite 29 und 30: lehti (Blatt) - lehdessä (im Blatt
- Seite 31 und 32: Im Estnischen sieht es in der Reihe
- Seite 33 und 34: Mehrzahl, der viele Male auf einem
- Seite 35 und 36: Ilkka - Ilkan - Ilkkaa Martti - Mar
- Seite 37 und 38: Texten, aber nach dem Schema „je
- Seite 39 und 40: So ist auch die Geschichte überlie
- Seite 41 und 42: Im Genitiv lauten all diese Wörter
- Seite 43 und 44: -at, -ät, -et, it, -ot, -öt, -ut,
- Seite 45 und 46: 3. Der Akkusativ (Wenfall) Dieser K
- Seite 47 und 48: Bevor ich weiterfahre, sei dies kla
- Seite 49 und 50: Da im Estnischen der Akkusativ wie
- Seite 51 und 52: Ich habe keinen Hunger. Minulla ei
- Seite 53 und 54: Bei einer solchen Aussage müssen a
- Seite 55 und 56: 6. Der Illativ (Wohin-Fall I) Diese
- Seite 57 und 58: 7. Der Elativ (Woher-Fall I, Woraus
auf der anderen Seite ist es phonetisch viel komplizierter.<br />
Bevor ich das Estnische <strong>und</strong> Finnische systematisch <strong>und</strong> sachte vorstelle,<br />
muss ich betonen, dass ich selber wegen meiner Herkunft zwar einen<br />
kleinen Vorteil habe, aber eigentlich nur mit Deutsch richtig aufgewachsen<br />
bin. Meine erste Fremdsprache war erst im Jahr 1967 mit bereits 13 (!)<br />
Jahren im Gymnasium das Latein <strong>und</strong> meine zweite ein Jahr später<br />
Französisch. Heute ist das völlig unvorstellbar, aber so lief damals noch<br />
unser Schulsystem. Englisch hatte noch nicht die heutige Bedeutung,<br />
<strong>des</strong>halb begann ich es erst ein halbes Jahr später als Französisch als<br />
dritte Fremdsprache zu lernen. Die vierte war Italienisch genau zwei Jahre<br />
nach dem Latein <strong>und</strong> die fünfte im Herbst 1971 im Rahmen eines<br />
Freiwilligenkurses auch noch Russisch. Das sind die fünf einzigen<br />
Fremdsprachen, die ich im Rahmen einer Schule teilweise gelernt habe,<br />
<strong>und</strong> den ganzen Rest habe ich mir selbst angeeignet.<br />
Was das Estnische <strong>und</strong> Finnische betrifft, lernte ich das letztere eigentlich<br />
erst mit 27 (!) Jahren richtig, das heisst nicht nur bruchstückhaft, sondern<br />
systematisch von Anfang an - <strong>und</strong> gleichzeitig mit Ungarisch. Dagegen<br />
sind für das Estnische zumin<strong>des</strong>t im Westen erst ab dem Jahr 1991<br />
Lehrmittel erschienen. Zuvor gab es nur innerhalb der ehemaligen Gulag-<br />
Sowjetunion Lehrbücher, aber nur auf Russisch <strong>und</strong> vollgespickt mit<br />
politischer Propaganda. Es war also nicht einmal in den ehemaligen<br />
sozialistischen „Bruderstaaten“ möglich, Estnisch richtig zu lernen, <strong>und</strong><br />
das Gleiche gilt auch für die beiden baltischen Sprachen Lettisch <strong>und</strong><br />
Litauisch, die entgegen der Meinung vieler Leute mit dem <strong>Estnischen</strong><br />
hinten <strong>und</strong> vorn nicht verwandt sind. Bei meinen nächsten Besuchen nach<br />
meinen ersten Lernmonaten w<strong>und</strong>erten sich meine finnischen<br />
Verwandten darüber, dass ich jetzt viel besser Finnisch sprach, nachdem<br />
jene, die kein Englisch konnten - <strong>und</strong> das waren die meisten -, sich mit mir<br />
nur mangelhaft hatten verständigen können.<br />
Mit diesem kurzen Ausflug in mein eigenes Leben möchte ich dies<br />
klarstellen: Was ich selber geschafft habe, können alle anderen ebenfalls,<br />
die sich die Mühe nehmen, sich in dieses Buch zu vertiefen. Ich spreche<br />
Estnisch <strong>und</strong> Finnisch zwar nicht fliessend, aber ich kann den grössten<br />
Teil verstehen <strong>und</strong> einfache Alltagsgespräche führen. Es ist tatsächlich<br />
möglich, halbwegs gut Estnisch <strong>und</strong> Finnisch zu sprechen - mit den jungen<br />
Leuten zwar kaum, weil diese natürlich jede Gelegenheit benützen, um<br />
Englisch zu sprechen, aber sehr wohl mit der mittleren <strong>und</strong> älteren<br />
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