Lehrbuch des Estnischen und Finnischen

Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden. Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden.

03.01.2023 Aufrufe

unter den schwerreichen Verbrechern in der ganzen Welt einen guten Ruf geschaffen hat, ist zwar aufgehoben, wie es immer wieder heisst, aber es verhält sich gleich wie mit den Tiefen der Ozeane, wie es einmal ein Naturwissenschaftler treffend ausgedrückt hat: Wir wissen auch heute noch längst nicht alles, was sich dort unten verbirgt. Das würde auch zum Gesamtbild gehören, dass die Schweizer Politik sich genauso wie die schwedische in jener Zeit immer überall gut anpassen konnte. Auf die erstere trifft das im Namen einer oft fadenscheinig vorgebrachten Neutralität noch heute zu, während in Schweden in der heutigen Zeit immerhin ein Umdenken begonnen hat. So anerkannten die Schweizer Politiker als Preis für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Gulag-Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur genauso wie Schweden die Annektierung des Baltikums, sondern wenige Jahre später auch fast als Erste im Westen die neue Regierung der sogenannten Volksrepublik China, und auch die kurz darauf erfolgende Besetzung des bisher unabhängigen Tibet änderte nichts mehr daran. Die Begründung für diese opportunistische diplomatische Anerkennung war allzu leicht zu durchschauen: Man brauche eben auch in Ost-Asien ein Standbein - als wäre die japanische Hauptstadt Tokio, die ein mindestens so grosses politisches und kulturelles Zentrum wie Peking war und immer noch ist, dafür nicht gut genug gewesen. Ich rechne es der US-amerikanischen, kanadischen, britischen und französischen Politik noch heute hoch an, dass sie die Annektierung des Baltikums durch die Sowjets nie anerkannt haben und in ihren Hauptstädten Exil-Botschaften zuliessen, die zwar nichts bewirken konnten, aber viel Symbolkraft ausstrahlten. Dabei spielte sicher auch mit, dass vor allem die estnisch-britischen Beziehungen seit dem Ende des Ersten Weltkriegs, als die Briten wie oben erwähnt bei der Ausrufung der neuen Unabhängigkeit für einmal in einem positiven Sinn mitgewirkt hatten, sehr gut waren. Darin unterschieden sich die oben Erwähnten von den unzähligen „Progressiven“ im Westen, die diese Annektierung für normal hielten, ja, in einem Gespräch mit einem Linksextremen in den Siebzigerjahren sagte mir dieser ungeniert, dass das Baltikum schon immer zu Russland gehört habe und deshalb ein natürlicher Bestandteil sei, so wie es auch immer viele Linke gab, die das Tibet als einen natürlichen Bestandteil Chinas nannten. Dass Leute, die keine Nordeuropäer oder Balten waren und sich deshalb in der Geschichte nicht 400

so gut auskannten, solche Aussagen machten, erstaunte mich nicht, aber es war eine riesige Enttäuschung, dass ausgerechnet von den erstaunlich zahlreichen finnischen Kommunisten, die schon kurz nach dem Kriegsende wieder ihre Hass-Parolen hinausschreien konnten, nie irgendein unterstützendes Wort zugunsten der besetzten und unterdrückten Balten und vor allem der nahe verwandten Esten kam. Sie stellten nach den Italienern und Franzosen sogar die drittgrösste kommunistische Partei in Westeuropa, und im Gegensatz zu diesen standen sie genau gleich wie die portugiesische, die es in den Jahren 1974 und 1975 nach dem Sturz der faschistischen Diktatur sogar fast schaffte, aus ihrem Land einen sowjetischen Stützpunkt zu machen, auf der Seite Moskaus. Allerdings gab es genau genommen in Finnland zwei kommunistische Parteien: Die grössere, die sich aus Moskautreuen zusammensetzte und der formal nicht nur der verhinderte Statthalter von 1939, sondern auch seine Ehefrau und Tochter angehörten, und eine kleinere, die sich sogar nationalistische Töne wie diese erlaubte: Suomi suomalaisille! (Finnland den Finnen!) Ich weiss das deshalb so gut, weil der karelische Onkel, den ich bereits erwähnt habe, zusammen mit seiner Ehefrau eine Zeit lang dieser Partei angehörte. Immerhin wurde das so bekannt, dass sie bei der ersten gemeinsamen Reise, die sie nach Karelien machen konnten - ab den Achtzigerjahren wurde das möglich -, zum Teil Schwierigkeiten hatten, aber sie kamen gerade noch einmal davon. Allerdings muss auch dies gesagt werden: Nach den Worten meiner Mutter gab es im Jahr 1918, als der Bürgerkrieg wütete und die Roten ein paar Monate lang neben Helsinki sogar einen grossen Teil des Südens beherrschten, nur Reiche und Arme - also genau gleich wie in der ganzen Welt. Die Entstehung der Arbeiterbewegung, die für mehr und bessere Rechte kämpfte, hatte also durchaus ihre Berechtigung, was sich auch in der Schweiz zeigte, als 1918 und 1932 auf Arbeiter geschossen wurde, weil sie für das Grossbürgertum zu gefährlich geworden waren. Tatsächlich gab es vor, während und nach dem Bürgerkrieg auch unter den finnischen Weissen zahlreiche Verbrecher, die nach dem Krieg Zehntausende von Roten mitsamt ihren Angehörigen in KZ einsperrten, so dass mehrere Tausend verhungerten. Gerade in dieser Zeit bekam der noch heute so gross verehrte „Übervater“ Marschall Mannerheim aus dem finnlandschwedischen Hochadel, der sein Leben lang nie richtig Finnisch konnte und seine militärische Laufbahn sehr anpassungsfähig im 401

so gut auskannten, solche Aussagen machten, erstaunte mich nicht, aber<br />

es war eine riesige Enttäuschung, dass ausgerechnet von den erstaunlich<br />

zahlreichen finnischen Kommunisten, die schon kurz nach dem<br />

Kriegsende wieder ihre Hass-Parolen hinausschreien konnten, nie<br />

irgendein unterstützen<strong>des</strong> Wort zugunsten der besetzten <strong>und</strong><br />

unterdrückten Balten <strong>und</strong> vor allem der nahe verwandten Esten kam. Sie<br />

stellten nach den Italienern <strong>und</strong> Franzosen sogar die drittgrösste<br />

kommunistische Partei in Westeuropa, <strong>und</strong> im Gegensatz zu diesen<br />

standen sie genau gleich wie die portugiesische, die es in den Jahren<br />

1974 <strong>und</strong> 1975 nach dem Sturz der faschistischen Diktatur sogar fast<br />

schaffte, aus ihrem Land einen sowjetischen Stützpunkt zu machen, auf<br />

der Seite Moskaus.<br />

Allerdings gab es genau genommen in Finnland zwei kommunistische<br />

Parteien: Die grössere, die sich aus Moskautreuen zusammensetzte <strong>und</strong><br />

der formal nicht nur der verhinderte Statthalter von 1939, sondern auch<br />

seine Ehefrau <strong>und</strong> Tochter angehörten, <strong>und</strong> eine kleinere, die sich sogar<br />

nationalistische Töne wie diese erlaubte: Suomi suomalaisille! (Finnland<br />

den Finnen!) Ich weiss das <strong>des</strong>halb so gut, weil der karelische Onkel, den<br />

ich bereits erwähnt habe, zusammen mit seiner Ehefrau eine Zeit lang<br />

dieser Partei angehörte. Immerhin wurde das so bekannt, dass sie bei der<br />

ersten gemeinsamen Reise, die sie nach Karelien machen konnten - ab<br />

den Achtzigerjahren wurde das möglich -, zum Teil Schwierigkeiten<br />

hatten, aber sie kamen gerade noch einmal davon.<br />

Allerdings muss auch dies gesagt werden: Nach den Worten meiner<br />

Mutter gab es im Jahr 1918, als der Bürgerkrieg wütete <strong>und</strong> die Roten ein<br />

paar Monate lang neben Helsinki sogar einen grossen Teil <strong>des</strong> Südens<br />

beherrschten, nur Reiche <strong>und</strong> Arme - also genau gleich wie in der ganzen<br />

Welt. Die Entstehung der Arbeiterbewegung, die für mehr <strong>und</strong> bessere<br />

Rechte kämpfte, hatte also durchaus ihre Berechtigung, was sich auch in<br />

der Schweiz zeigte, als 1918 <strong>und</strong> 1932 auf Arbeiter geschossen wurde,<br />

weil sie für das Grossbürgertum zu gefährlich geworden waren.<br />

Tatsächlich gab es vor, während <strong>und</strong> nach dem Bürgerkrieg auch unter<br />

den finnischen Weissen zahlreiche Verbrecher, die nach dem Krieg<br />

Zehntausende von Roten mitsamt ihren Angehörigen in KZ einsperrten,<br />

so dass mehrere Tausend verhungerten. Gerade in dieser Zeit bekam der<br />

noch heute so gross verehrte „Übervater“ Marschall Mannerheim aus dem<br />

finnlandschwedischen Hochadel, der sein Leben lang nie richtig Finnisch<br />

konnte <strong>und</strong> seine militärische Laufbahn sehr anpassungsfähig im<br />

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