Lehrbuch des Estnischen und Finnischen

Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden. Dies ist das erste und bisher einzige Lehrbuch, in dem Estnisch und Finnisch, die einerseits sich sehr nahe stehen und andererseits sich trotzdem in verschiedenen Bereichen deutlich voneinander unterscheiden, zusammen vermittelt werden.

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Die Kasus (Fälle) Erst jetzt, da die Vokalhamonie und der Stufenwechsel ausdrücklich erklärt sind, ist es möglich, die mehr als zehn Kasus (Fälle) genauer anzuschauen, weil es ohne Kennnisse dieser beiden Spezialbereiche völlig unmöglich ist, weiter in die Geheimnisse dieser beiden Sprachen einzudringen. 1. Der Nominativ (Werfall) Das ist die Grundform, von der aus in jeder einzelnen Sprache die weiteren Kasus abgeleitet werden. Die acht Wörter, die ich in diesem Lehrbuch beim Vorstellen der verschiedenen Kasus verwende, sind je zwei estnische und finnische, die das Gleiche bedeuten. Sie sind nicht nur deshalb gut geeignet, weil sie zu den häufigsten Wörtern gehören, sondern weil sie auch die oben vorgestellten Kapitel Vokalharmonie und Stufenwechsel enthalten: D: Brief, Buch, Haus, Stadt; Briefe, Bücher, Häuser, Städte E: kiri, raamat, maja, linn; kirjad, raamatud, majad, linnad F: kirje, kirja, talo, kaupunki; kirjeet, kirjat, talot, kaupungiit (Stufenwechsel!) Schon bei diesen wenigen Wörtern kann gesehen werden, warum die Esten und Finnen sich eben nicht zu hundert Prozent verstehen, wenn schon solche viel verwendeten Wörter völlig verschieden sind. Übrigens ist das estnische „raamat“ im Finnischen ein „raamattu“ und bedeutet dort eine Bibel, während diese im ersteren eine „piibel“ ist. Auch hier zeigt sich der jahrhundertelange deutsche und schwedische Einfluss, aber es lässt auch erkennen, warum in früheren Zeiten die Bibel als das Buch der Bücher bezeichnet worden ist. 36

So ist auch die Geschichte überliefert, dass der berühmte Schriftsteller Walter Scott auf dem Sterbebett seinen Sohn bat, ihm das Buch zu geben und auf seine beiden zusammengelegten Hände zu legen. Als der Sohn fragte, welches Buch er meinte, antwortete sein Vater: „Es gibt nur ein Buch, das so bezeichnet werden kann, nämlich die Bibel.“ 2. Der Genitiv (Wesfall) Was der Genitiv ist, kennen wir vom Deutschen und vielen anderen Sprachen. Im Gegensatz zu den romanischen Sprachen wie Französisch oder Italienisch und auch zu den germanischen und slawischen Sprachen in dichterischer Form steht der Genitiv im Estnischen und Finnischen immer vor dem Substantiv, auf das er sich bezieht. Da von der Einzahlform des Genitivs nicht nur die Mehrzahlform, sondern auch alle anderen Kasus gebildet werden, muss diese immer zusammen mit dem Nominativ mitgelernt werden: D: des Briefes, des Buches, des Hauses, der Stadt; der Briefe, der Bücher, der Häuser, der Städte E: kirja, raamatu, maja, linna; kirjade, raamatude, majade, linnade F: kirjeen, kirjan, talon, kaupungin (Stufenwechsel!); kirjeenien, kirjojen, talojen, kaupungien (Stufenwechsel!) Ein paar Beispiele: D: Die Bibel ist das Buch der Bücher. Isaaks Ehefrau war Rebekka. E: Piibel on raamatute raamat. Isaaki abikaasa oli Rebeka. F: Raamattu on kirjojen kirja. Isaakin vaimo oli Rebekka. Im Gegensatz zum Deutschen wird im Estnischen und Finnischen vor allem zwischen einer Frau und einer Ehefrau deutlich unterschieden: 37

So ist auch die Geschichte überliefert, dass der berühmte Schriftsteller<br />

Walter Scott auf dem Sterbebett seinen Sohn bat, ihm das Buch zu geben<br />

<strong>und</strong> auf seine beiden zusammengelegten Hände zu legen. Als der Sohn<br />

fragte, welches Buch er meinte, antwortete sein Vater: „Es gibt nur ein<br />

Buch, das so bezeichnet werden kann, nämlich die Bibel.“<br />

2. Der Genitiv (Wesfall)<br />

Was der Genitiv ist, kennen wir vom Deutschen <strong>und</strong> vielen anderen<br />

Sprachen. Im Gegensatz zu den romanischen Sprachen wie Französisch<br />

oder Italienisch <strong>und</strong> auch zu den germanischen <strong>und</strong> slawischen Sprachen<br />

in dichterischer Form steht der Genitiv im <strong>Estnischen</strong> <strong>und</strong> <strong>Finnischen</strong><br />

immer vor dem Substantiv, auf das er sich bezieht. Da von der Einzahlform<br />

<strong>des</strong> Genitivs nicht nur die Mehrzahlform, sondern auch alle anderen Kasus<br />

gebildet werden, muss diese immer zusammen mit dem Nominativ<br />

mitgelernt werden:<br />

D: <strong>des</strong> Briefes, <strong>des</strong> Buches, <strong>des</strong> Hauses, der Stadt;<br />

der Briefe, der Bücher, der Häuser, der Städte<br />

E: kirja, raamatu, maja, linna;<br />

kirjade, raamatude, majade, linnade<br />

F: kirjeen, kirjan, talon, kaupungin (Stufenwechsel!);<br />

kirjeenien, kirjojen, talojen, kaupungien (Stufenwechsel!)<br />

Ein paar Beispiele:<br />

D: Die Bibel ist das Buch der Bücher. Isaaks Ehefrau war Rebekka.<br />

E: Piibel on raamatute raamat. Isaaki abikaasa oli Rebeka.<br />

F: Raamattu on kirjojen kirja. Isaakin vaimo oli Rebekka.<br />

Im Gegensatz zum Deutschen wird im <strong>Estnischen</strong> <strong>und</strong> <strong>Finnischen</strong> vor<br />

allem zwischen einer Frau <strong>und</strong> einer Ehefrau deutlich unterschieden:<br />

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