Lehrbuch des Estnischen und Finnischen

Die Infinitive I bis V
Im krassen Gegensatz zur bisher behandelten Verbenwelt und erst recht
zur estnischen und finnischen Umgangssprache, auf die ich weiter unten
noch näher eingehe, stelle ich jetzt noch Grammatik-Bereiche vor, die es
in dieser Form in keiner anderen europäischen Sprache gibt. Allerdings
sind die Infinitive I bis V nicht solche, wie wir sie von fast allen anderen
Sprachen kennen, sondern werden nur so genannt, weil diese besonderen
Konstruktionen ja irgendeine Bezeichnung bekommen mussten, doch
auch jetzt mit einer Einschränkung: In den estnischen Grammatikbüchern
kommen diese Namen nicht vor, jedenfalls habe ich keine gesehen; also
werden sie nur für das Finnische verwendet. In den Alltagsgesprächen
kommen sie zwar nicht häufig vor, aber ab und zu eben doch, und in der
Schriftsprache - und erst recht in der sogenannten gehobenen - wimmelt
es sogar von ihnen.
Der Infinitiv I
Während im Estnischen diese Bezeichnung wie oben erwähnt nicht
vorkommt, weil es ohnehin schon für jedes Verb zwei verschiedene
Infinitive gibt, wird im Finnischen zwischen einer kürzeren und einer
längeren Form unterschieden.
Die kürzere Form ist der einzige vorkommende „offizielle“ Infinitiv,
während in der längeren das Infix „-kse-“, das von der Translativendung
„-ksi“ abgeleitet wird, zwischen der kürzeren Form des Infinitivs und den
entsprechenden Possessivsuffixen geschoben wird. Das sieht so aus:
Ich will dich sehen.
Minä haluan nähdä sinut.
Minä haluan nähdä sinua.
(nüchterne Aussage)
(gefühlsbetont)
Ich bin hierher gekommen, nur um dich zu sehen.
Minä olen tullut tänne vain nähdäkseni sinut/sinua.
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