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Schwieriger denn je gestaltet<br />

sich die Situation für die<br />

deutsche Matratzenindustrie.<br />

Denn nach den Auswirkungen der<br />

Pandemie hat nun der Krieg in der<br />

Ukraine zusätzlich deutliche Spuren<br />

hinterlassen. So haben sich die<br />

Preise in allen Segmenten – von<br />

den Rohstoffen über die Logistik<br />

bis hin zur Verpackung – teils dramatisch<br />

erhöht. Einige Beispiele:<br />

Polyurethan war im November<br />

2022 um 25 Prozent teurer als im<br />

November 2021, Polyester um 35<br />

Prozent. Die Preise für Sperrholz<br />

und Spanplatten, zwischenzeitlich<br />

bei einer Erhöhung von 300 Prozent<br />

angekommen, liegen aktuell immer<br />

noch rund 40 Prozent über denen<br />

des vergangenen Novembers. Auch<br />

Stahl und Vlies haben zugelegt,<br />

wobei sich „die Preise für Stahl zum<br />

Sommer hin noch einmal erhöht<br />

haben, aktuell aber leicht nach<br />

unten tendieren“, wie Frank Lindner,<br />

Geschäftsführer Sun Garden,<br />

erklärt. Bei einer aktuellen Umfrage<br />

des Fachverbands Matratzen-Industrie<br />

berichteten mehr als die Hälfte<br />

der Unternehmen hinsichtlich der<br />

Materialkosten von Anstiegen bis 50<br />

Prozent, ein Drittel sogar von einer<br />

Verdopplung.<br />

Eine besondere Rolle spielt hierbei<br />

der Rohstoff TDI (Toluoldiisocyanat),<br />

der für die Herstellung<br />

von Matratzenschaum benötigt<br />

wird. Hintergrund ist, dass bei den<br />

weltweit nur wenigen Herstellern<br />

dieses Grundstoffes immer wieder<br />

technische Ausfälle gemeldet werden,<br />

die dann zu Verknappung und<br />

Preisanstiegen führen. Zuletzt war<br />

es im August beim Unternehmen<br />

Covestro – einem der drei TDI-Hersteller<br />

in Europa – zu einem Produktionsausfall<br />

und Anmeldung von<br />

„Force Majeure“ gekommen. „Unter<br />

Branchenkennern verfestigt sich der<br />

Verdacht, dass hinter diesen Störungen<br />

ein System steckt“, so Verbands-<br />

Geschäftsführer Martin Auerbach.<br />

Und Thomas Bußkamp, CEO der<br />

Eurocomfort Group, betont: „Die<br />

Schaumhersteller realisieren ein<br />

Overprizing.“ Insgesamt waren im<br />

Herbst im Bereich TDI laut Frank<br />

Lindner von Sun Garden „nur noch<br />

ca. 25 Prozent der Produktionskapazitäten<br />

verfügbar.<br />

Das einzige Zulieferprodukt, das<br />

aktuell günstiger ist als im November<br />

2021, sind Federkerne. Die<br />

Preise haben sich entspannt, da<br />

wieder mehr Ware aus Asien kommt.<br />

Neben den Materialkosten<br />

machen den Herstellern die enormen<br />

Energiepreise zu schaffen. In<br />

der polnischen Produktionsstätte<br />

der Eurocomfort Group beispielsweise<br />

hat sich Gas um 500 Prozent<br />

und Strom um 50 Prozent verteuert.<br />

Hinzu kommen die Transporte, die<br />

mit einer Steigerung von 50 bis 100<br />

Prozent im Vergleich zum November<br />

2021 zu Buche schlagen, sowie die<br />

Kartonage, die bei einem Plus von<br />

35 bis 40 Prozent liegt, erklärt Thomas<br />

Bußkamp. Die Container-Preise<br />

sind dagegen aktuell stark gesunken.<br />

Auch für die kommenden Mo -<br />

nate sind die Aussichten wenig<br />

optimistisch, wie die Umfrage des<br />

Fachverbands Matratzen-Industrie<br />

zeigt: Mehr als zwei Drittel erwarten<br />

weitere Erhöhungen bis 50 Prozent.<br />

Dunlopillo-Geschäftsführer Christoph<br />

v. Wrisberg geht für 2023 von<br />

„Preiserhöhungen im zweistelligen<br />

Bereich“ aus. Und Klaus Neudecker,<br />

Geschäftsleitung Rummel Matratzen,<br />

prognostiziert: „Zuspitzen wird es<br />

sich 2023 mit Sicherheit bei den<br />

Schaumpreisen. Von einer Entspannung<br />

ist nicht auszugehen.“ Marktwirtschaftlich<br />

im ersten Moment<br />

erstaunlich, da bei sinkender Nachfrage,<br />

wie sie aktuell zu spüren ist,<br />

eigentlich auch die Preise sinken.<br />

Aber: „Aktuell treffen unsere europäischen<br />

Vorlieferanten im Bereich<br />

der ,Chemie‘ eher die Entscheidung,<br />

Produktionen herun terzufahren, als<br />

die Preise zu senken“, erklärt Frank<br />

Lindner.<br />

Angesichts dieser Situation war<br />

es für die Hersteller im Laufe dieses<br />

Jahres unumgänglich, ebenfalls die<br />

Preise anzupassen. Rummel beispielsweise<br />

hat im Schnitt um acht<br />

Prozent erhöht, die Eurocomfort<br />

Group um fünf Prozent. Christoph v.<br />

Wrisberg betont: „Wir konnten sieben<br />

bis zehn Prozent weitergeben,<br />

obwohl wir das Doppelte benötigt<br />

hätten. Hier muss spätestens 2023<br />

nachgebessert werden und wir hoffen<br />

auf die Einsicht des Handels –<br />

Wir wollen<br />

unsere Fertigungstiefe<br />

erhöhen, u.a.<br />

mit einer eigenen<br />

Schaumfabrik.<br />

Thomas Bußkamp, CEO der Eurocomfort Group<br />

auch was die Fristen der Umsetzung<br />

angeht. Denn drei Monate Vorlauf,<br />

bevor Preiserhöhungen greifen, ist<br />

bei permanent steigenden Preisen<br />

eine Hypothek.“<br />

Viele Unternehmen haben 2022<br />

zudem mit zeitlich begrenzten<br />

Wir hoffen bei<br />

Preiserhöhungen auf die<br />

Einsicht des Handels –<br />

auch was die Fristen für<br />

die Umsetzung angeht.<br />

Christoph v. Wrisberg, Geschäftsführer Dunlopillo<br />

12/2022 möbel kultur 63

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