09.12.2022 Aufrufe

MK-1222-Emag-Website

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ZKZ 4937<br />

12 I 2022<br />

MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />

Schöner<br />

schlafen<br />

Jede Menge Impulse, um den<br />

Umsatz anzukurbeln<br />

Foto: Möller Design<br />

Endgültig<br />

vorbei<br />

Studie: Schluss mit<br />

Gratisversand im<br />

Online-Möbelhandel<br />

E-COMMERCE<br />

EXTRA MIT<br />

16 SEITEN<br />

BBE: Knackpunkt Flächenleistung<br />

Westwing: Neuer CEO im Interview<br />

MHK international: Starke Töchter<br />

Rotpunkt: Nachhaltigkeit als USP<br />

Sicam: Viele Inspirationen für 2023<br />

Latexco: Vor Ort im belgischen Tielt


TOP-THEMA/KUNDENFREQUENZEN<br />

Die Frequenzen im deutschen Möbelhandel tendieren seit Jahren nach unten.<br />

Während 2017 im Schnitt noch 1,75 Möbelhäuser angesteuert wurden, werden<br />

es in diesem Jahr voraussichtlich nur noch 1,3 sein. Gerade deshalb ist es so<br />

wichtig, den Fokus auf abschlusssicheres Personal zu legen, betont Dr. Johannes<br />

Berentzen, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung, in seinem Fachbeitrag.<br />

Krisenmodus<br />

oder New Normal?<br />

74 Prozent klagen über sinkende Kundenfrequenzen<br />

Angaben in Prozent<br />

Wie entwickeln sich nach Ihrer Einschätzung in den vergangenen<br />

2 Jahren die Kundenfrequenzen an Ihrem/n Standort/en?<br />

2022*<br />

2020<br />

2019<br />

2018<br />

2017<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

1<br />

deutlich höhere<br />

Kundenfrequenzen<br />

15<br />

12<br />

höhere<br />

Kundenfrequenzen<br />

Quelle: HDE-Konjunkturumfrage; Werte 2020 vor Corona-Krise *2021 nicht erhoben.<br />

11<br />

13<br />

9<br />

25<br />

26<br />

29<br />

gleichbleibende<br />

Kundenfrequenzen<br />

41<br />

42<br />

42<br />

23 22<br />

15<br />

41<br />

45<br />

sinkende<br />

Kundenfrequenzen<br />

Laut der HDE-Konjunkturumfrage im Einzelhandel besuchen seit Jahren immer weniger Kund:innen den stationären Handel.<br />

2022 markiert die derzeitige Spitze des Eisbergs: 74 Prozent geben an, dass die Frequenzen sinken bzw. deutlich sinken.<br />

17<br />

14<br />

15<br />

31<br />

deutlich sinkende<br />

Kundenfrequenzen<br />

Steigende Energiepreise treiben<br />

die Nebenkosten in die Höhe,<br />

Hersteller geben die Kosten in<br />

Form steigender Preise weiter und<br />

die Kauflaune potenzieller Kunden<br />

ist getrübt – gehörte der Möbelhandel<br />

während der Pandemie zu<br />

den Gewinnerbranchen, trifft ihn<br />

die aktuelle Krise mit voller Wucht.<br />

Viele Menschen haben in der Pandemie<br />

in das eigene Zuhause investiert,<br />

denn wenn sich ein Großteil des<br />

Lebens auf die eigenen vier Wände<br />

beschränkt, wird es wichtiger, diese<br />

ganz nach dem eigenen Geschmack<br />

einzurichten. Dass diese Einkäufe<br />

jetzt fehlen, spürt die Möbelbranche.<br />

Gerade bei den Fachsortimenten<br />

macht sich die anhaltend niedrige<br />

Frequenz bemerkbar: Neu erlernte<br />

Konsumgewohnheiten wie Verschiebungen<br />

in Richtung Onlinehan del<br />

bescheren den Möbelhändlern nie -<br />

drige Umsätze. Vor allem große<br />

Wohnkaufhäuser stehen angesichts<br />

20 möbel kultur 12 /2022


2019<br />

1,45<br />

2017<br />

1,75<br />

Anzahl der besuchten<br />

Möbelhäuser<br />

2022 *<br />

ca. 1,3<br />

* Prognose<br />

der anhaltend niedrigen Frequenzen<br />

vor Herausforderungen. Für sie wird<br />

das bloße Ausmaß der Fläche zu<br />

einem Risikofaktor. Hinzu kommt,<br />

dass die Anzahl der besuchten<br />

Geschäfte je Möbelkauf seit vielen<br />

Jahren kontinuierlich abnehmen.<br />

Die Kund:innen informieren sich<br />

intensiver vor dem Kauf, vorzugsweise<br />

online, was ebenso zu Frequenzverlust<br />

auf der Fläche führt.<br />

Eine Erholung auf Vorkrisenniveau<br />

ist auch langfristig nicht in Sicht.<br />

Lichtblick: Während die Frequenzen im stationären Handel<br />

sinken, steigen die Ausgaben pro Einkauf<br />

Einkaufsfrequenz vs. Ausgaben pro Kauf, Nonfood, MAT 1. HJ. 2014/2018/2020<br />

105<br />

97<br />

Einkaufsfrequenz<br />

98<br />

85<br />

92<br />

77<br />

73<br />

Ausgaben pro Einkauf<br />

in Euro<br />

80<br />

86<br />

Gesamt<br />

Stationär<br />

Online<br />

Entwicklung<br />

Die Flächenleistung<br />

ist der Knackpunkt<br />

Als direkte Konsequenz geraten die<br />

Flächenleistungen der stationären<br />

Möbelhändler unter Druck. Abwarten<br />

und hoffen ist allerdings keine<br />

Strategie, denn der Kostendruck<br />

erhöht sich sowohl beim Personal<br />

als auch bei der Energieversorgung<br />

noch deutlich. Wichtige Maßnahmen,<br />

die Händler in dieser Situation<br />

auf der Kostenseite ergreifen können,<br />

betreffen deshalb den Personaleinsatz,<br />

schlankere Prozesse sowie<br />

Einsparung von Energie. In den<br />

meisten Fällen können mit diesen<br />

Maßnahmen jedoch nicht einmal<br />

im Ansatz die sinkenden Frequenzen<br />

ausgeglichen werden. Zumal<br />

Einsparungen nicht zu Lasten des<br />

Kundenerlebnisses ausfallen sollten.<br />

Eine Möglichkeit die Flächenleistung<br />

zu erhöhen, besteht im Verkleinern<br />

der Verkaufsfläche und dem<br />

Verzicht auf Produkte mit geringerer<br />

Warenrotation. Dieser Weg<br />

ist an bestimmte Voraussetzungen<br />

gebunden: Inwieweit sind bauliche<br />

Veränderungen möglich und finanziell<br />

sinnvoll? Wird das verbleibende<br />

Sortiment noch als vollständig angenommen?<br />

Geht die Kosten-Nutzen-<br />

Rechnung nicht auf, hat ein Umbau<br />

keinen Sinn. An dieser Stelle kommt<br />

die strategische Planung ins Spiel.<br />

2014<br />

15<br />

2018<br />

Händler könnten einen Teil der früheren<br />

Verkaufsfläche beispielsweise<br />

als dezentrales (Hochfrequenz)-<br />

Lager für das E-Commerce-Geschäft<br />

nutzen. Bei einer gleichzeitig stärkeren<br />

Verzahnung mit den Onlinekanälen<br />

sind mit der flexiblen Lagernutzung<br />

schnellere und günstigere<br />

Lieferungen möglich. Das kurbelt<br />

den Umsatz an und erhöht die Flächenleistung.<br />

Alternativ lassen sich<br />

sinnvoll „abtrennbare“ Flächen auch<br />

weitervermieten. Baumärkte können<br />

den Möbelhäusern dabei ein Vorbild<br />

sein: Dort ist es schon lange üblich,<br />

dass Schlüssel-, Schuh-, Floristik-,<br />

Deko- und andere Dienstleister den<br />

Verkaufsraum bereichern.<br />

22<br />

2020<br />

24<br />

Quelle: GfK Consumer Panel Nonfood, Rollierende Jahre (1. HJ 2020 - 2. HJ 2019) versus (1. HJ 2018 - 2. HJ 2017) versus (1. HJ 2014 - 2. HJ 2013).<br />

42<br />

2014<br />

39<br />

45<br />

40<br />

2018<br />

47<br />

39<br />

2020<br />

Gute Beratung und Umsatz<br />

gehen Hand in Hand<br />

Die zweite Variante, um die Flächenleistung<br />

zu erhöhen, besteht darin,<br />

alle Möglichkeiten auszuschöpfen,<br />

mehr Umsatz aus der verbleibenden<br />

Frequenz zu generieren. Das<br />

ist leichter gesagt als getan. Möglichst<br />

viele Menschen, die ein<br />

Möbelhaus betreten, sollten dieses<br />

als glückliche Kund:innen statt<br />

nur als Besucher:in nen verlassen.<br />

Hier besteht der erste Schritt in der<br />

möglichst detaillierten Frequenzmessung,<br />

idealerweise auf Abteilungsebene.<br />

Nur mit entsprechender<br />

Transparenz kann das Führungspersonal<br />

Maßnahmen ergreifen und die<br />

Verkäufer:innen anleiten bzw. die<br />

Personalplanung anpassen.<br />

Den Einkaufswert pro Kund:innen<br />

zu steigern, ist dann der<br />

nächste Schritt. Die Bedürfnisse<br />

der Kund:innen zu erkennen, Zubehör<br />

und Zusatzsortimente anbieten,<br />

um die Anzahl an Artikeln je<br />

Bon zu steigern oder bewusst den<br />

Bedarf für hochwertige Sortimente<br />

erkennen, um den Ertrag zu steigern,<br />

ist die hohe Kunst für den<br />

Umgang mit sinkenden Frequenzen.<br />

Die gute Nachricht: Alle, die<br />

sich heute trotz Online-Handel auf<br />

den Weg machen, haben ein hohes<br />

Interesse an einem Kaufabschluss.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, sind<br />

Möbelhändler jedoch auf fachlich<br />

erstklassiges Personal angewiesen.<br />

Es sind die motivierten und erfahrenen<br />

Fachkräfte, die auf potenzielle<br />

Kund:innen zugehen und mit einer<br />

kompetenten Beratungsleistung zu<br />

einer positiven Kaufentscheidung<br />

beitragen. Hier lohnen sich alle<br />

Anstrengungen, solche Mitarbeiter:innen<br />

zu gewinnen und an sich<br />

zu binden.<br />

Und es ist auch eine Frage des<br />

Mindset, hier ist Führungsqualität<br />

gefragt: Gute Stimmung beim Personal<br />

steigert auch die Kauflaune bei<br />

den Kund:innen. Damit kann der<br />

stationäre Möbelhandel jetzt mehr<br />

denn je punkten.<br />

www.bbe.de<br />

12 /2022 möbel kultur 21


HANDEL<br />

Möbelkreis: Investitionen in die Zukunft<br />

Im Wettbewerb die Nase vorn<br />

Vor den großen Wettbewerbern muss sich Möbelkreis nicht verstecken. Das Mitglied des Europa Möbel- Verbundes<br />

kann auch in Krisenzeiten mit Kompetenz, Service und einem ausgesuchten Angebot bei seinen Kund:innen punkten.<br />

Um weiter erfolgreich zu agieren, investierte das Familienunternehmen jüngst in seine Standorte in Korbach-<br />

Meineringhausen und Eschwege. An beiden Standorten wurden zunächst die Küchenstudios von Grund auf erneuert.<br />

Fotos: Fotografische Werkstatt, Katharina Jaeger, Möbelkreis<br />

Die Möbelkreis-Geschäftsführer<br />

Fritz (r.) und Christoph Klug<br />

(l.) legen Wert auf Qualität,<br />

eine kompetente Beratung,<br />

Serviceleistungen und eine<br />

transparente Preisgestaltung.<br />

Zwei Monate lang wurde am<br />

Möbelkreis-Standort in Eschwege<br />

gehämmert, gesägt und<br />

umgestaltet. Seit wenigen Wochen<br />

präsentiert sich die Küchenausstellung<br />

dort nun im komplett neuen<br />

Look: Modern, freundlich und<br />

emotional inszeniert, wartet die<br />

Abteilung mit den neuesten Trends<br />

an Farben, Material und Technik<br />

auf. Wertige Geräte-Hersteller wie<br />

Miele, Bora, Siemens oder Quooker<br />

sowie namhafte Möbelhersteller wie<br />

Schüller/next125, Nobilia oder<br />

Decker gewährleisten, dass die<br />

Kund:innen stets die für sie passende<br />

Einrichtungslösung finden.<br />

Für die grundlegende Erneuerung<br />

der Abteilung und der Elektroinstallation<br />

hat das Mitglied des Europa<br />

Möbel-Verbundes (EMV) 250.000<br />

Euro in die Hand genommen.<br />

Bereits einige Monate zuvor hatte<br />

das Familienunternehmen in seinen<br />

Hauptstandort in Korbach-Meineringhausen<br />

investiert. So wurden<br />

2021 die dortige Esszimmer-Abteilung,<br />

das Küchenstudio mit 44<br />

Muster küchen komplett erneuert<br />

und modernisiert. Darüber hinaus<br />

wurde ein Blockheizkraftwerk installiert.<br />

Die Gesamtinvestition 2021<br />

betrug dort 700.000 Euro. Anfang<br />

dieses Jahres folgte der Umbau der<br />

4.000 qm umfassenden Möbelausstellung,<br />

wofür die Geschäftsführer<br />

Fritz und Christoph Klug erneut<br />

300.000 Euro aufwendeten.<br />

„Unsere Ausstellungen sind<br />

durch die tatkräftige Unterstützung<br />

von Nikola Soltwedel immer auf<br />

dem aktuellsten Stand. Investitionsstaus<br />

gibt es bei uns nicht. Durch die<br />

frühzeitig installierten Photovoltaikanlagen<br />

haben wir insbesondere in<br />

der aktuellen Zeit deutliche Vorteile.<br />

So können wir auch die ein oder<br />

andere Kostensteigerung für unsere<br />

Kund:innen aussetzen“, erläutert<br />

Fritz Klug.<br />

Insgesamt betreibt Möbelkreis<br />

sechs Standorte in Nordhessen und<br />

im östlichen Nordrhein-Westfalen.<br />

Gegründet 1968 von einer Vielzahl<br />

22 möbel kultur 12/2022


kleiner Tischlereien und Schreinereien<br />

als Großhandelskaufhaus in<br />

Form einer Kommanditgesellschaft<br />

mit dem ersten Standort in Korbach-<br />

Meineringhausen, dem heutigen<br />

Haupthaus und Verwaltungssitz. Zu<br />

dieser Zeit gab es bereits ein Möbelkreis-Haus<br />

in Warendorf. Ein Jahr<br />

später gründeten Tischler aus den<br />

Regionen die Möbelkreis-Standorte<br />

Eschwege und Brakel – ebenfalls als<br />

Großhandelshäuser. 1982 übernahm<br />

der heutige Geschäftsführer Fritz<br />

Klug zunächst die Leitung im Möbelkreis<br />

Waldeck in Korbach-Meineringhausen.<br />

Dort wurde in dem Jahr<br />

dann auch die Großhandelsschiene<br />

aufgegeben. 1995 fiel die Entscheidung<br />

zur Übernahme des Möbelkreis<br />

in Warendorf, dessen Küchenstudio<br />

„Die Küche Luchtefeld“ heute noch<br />

Mitglied der Firmengruppe ist, sowie<br />

1998 der Dependance in Brakel.<br />

Komplettiert wurde die Möbelkreis-<br />

Familie dann durch die Eröffnung der<br />

beiden Küchenstudios in Frankenberg<br />

(2014) und Warburg (2017). Ebenfalls<br />

2017 trat Christoph Klug als<br />

zweiter Geschäftsführer in das Unternehmen<br />

ein. Mittlerweile beschäftigt<br />

Möbelkreis insgesamt 148 Mitarbeitende<br />

– davon acht Auszubildende –<br />

und setzt sich erfolgreich gegen den<br />

Wettbewerb durch.<br />

„Unser größtes und wichtigstes<br />

Gut sind unsere hoch qualifizierten<br />

Mitarbeiter:innen. Viele von<br />

ihnen haben bei uns die Ausbildung<br />

gemacht und sind heute die<br />

Stützen des Unternehmens – teilweise<br />

in Führungsverantwortung“,<br />

erklärt Fritz Klug. Und Christoph<br />

Klug fügt hinzu: „Dazu kommt, dass<br />

wir anders sind als viele unserer<br />

Marktbegleiter. Wir arbeiten nicht<br />

mit Preisen, die es in dieser Höhe<br />

nur mit selbstgebastelten Verkaufslisten<br />

gibt, auf die es dann heute den<br />

Rabatt X und morgen den anderen<br />

unglaubwürdig hohen Rabatt Y gibt.<br />

Das sind schon über viele Jahre vertrauensbildende<br />

Maßnahmen, die in<br />

Verbindung mit seriöser Beratung<br />

und fachmännischer Montage mit<br />

eigenen Fachkräften das Gesamtbild<br />

abrunden. Unser Anspruch<br />

ist, täglich begeisterte Kund:innen<br />

zu schaffen und das bestätigen<br />

diese gerne.“ Der Erfolg gibt ihm<br />

recht: Auch während der Corona-<br />

Modern, freundlich<br />

und einladend:<br />

die neu gestaltete<br />

Küchenabteilung in<br />

Eschwege.<br />

Pandemie mit geschlossenen stationären<br />

Geschäften konnte das EMV-<br />

Mitglied seine Umsätze kontinuierlich<br />

steigern. So erwirtschaftete die<br />

Möbelkreis-Gruppe 2020 verglichen<br />

mit dem Vorjahr ein Plus von<br />

15,4 Prozent im Auftragseingang<br />

und 2021 ein Plus von 5,5 Prozent.<br />

Und um auch in der aktuell<br />

herausfordernden Zeit auf Kurs zu<br />

bleiben, tritt Möbelkreis den explodierenden<br />

Energiekosten mit verschiedenen<br />

Maßnahmen entgegen.<br />

„Wir haben bereits im letzten Jahr<br />

an allen Standorten den heute unter<br />

,Green Monday‘ bekannten Montag<br />

im Verkauf geschlossen. So haben<br />

wir an den restlichen Öffnungstagen<br />

alle Möbel- und Küchenfachberater:innen<br />

für unsere Kundenberatungen<br />

zur Verfügung. Damals<br />

war zusätzlich der soziale Aspekt<br />

für unsere Belegschaft im Verkauf<br />

ein weiterer Antrieb. Heute kommt<br />

die Energieeinsparung hinzu. Von<br />

Samstagabend bis Dienstagfrüh sind<br />

unsere Heizungen in der Ausstellung<br />

ausgestellt und das Licht ist<br />

aus. Dadurch erreichen wir die<br />

gewünschte Energieeinsparung von<br />

rund 15 Prozent. Durch Photovoltaikanlagen<br />

mit zusammen rund<br />

600 KWp sparen wir massiv CO2<br />

ein und schonen somit nachhaltig<br />

die Umwelt sowie unsere Kasse.<br />

Alle unnötigen Energieträger sind<br />

zurückgefahren oder sogar ausgestellt<br />

wie zum Beispiel Fassadenund<br />

Schaufensterbeleuchtung,<br />

Heißwassergeräte etc.“, beschreibt<br />

Christoph Klug. Zusätzlich könne<br />

man sich auch stets an den EMV<br />

und seine Energieberater wenden.<br />

Und so sehen sich Fritz und<br />

Christoph Klug für das kommende<br />

Jahr gut gewappnet: „2023 wird<br />

sehr herausfordernd. Nach der<br />

Corona-Pandemie, durch die die<br />

meisten Möbelhändler mit Bravour<br />

gekommen sind, stellen auch wir<br />

seit einigen Monaten Frequenzrückgänge<br />

fest. Der Ukraine-Krieg und<br />

die ständig steigenden Lebenshaltungskosten<br />

zeigen bei der Kundschaft<br />

Wirkung. Es gibt aber auch<br />

positive Signale, die auch die Politik<br />

mal nutzen sollte. Die Corona-Pandemie<br />

hat ihren Schrecken verloren,<br />

die Gaspreise fallen deutlich, damit<br />

auch die Inflationsrate. Der Aktienmarkt<br />

hat von düster auf freundlich<br />

gedreht und vor allem für uns wichtig:<br />

Die Lieferketten-Problematik<br />

entspannt sich. Vor diesem Hintergrund<br />

sehen wir trotz aller Widrigkeiten<br />

optimistisch in das neue<br />

Jahr. Unser Team wird auch 2023<br />

alles dafür tun, unsere Kund:innen<br />

zu begeistern. Für unsere Mitarbeitenden<br />

wollen wir weiterhin ein<br />

beliebter und verlässlicher Arbeitgeber<br />

sein.“<br />

DORIS SCHMIDT<br />

2121 hatte das Unternehmen<br />

bereits seinen Standort in<br />

Korbach-Meineringhausen von<br />

Grund auf erneuert.<br />

FACTS<br />

❯ Gegründet: 1968<br />

❯ Geschäftsführer: Fritz Klug,<br />

Christoph Klug<br />

❯ Standorte Möbelhäuser: Möbelkreis<br />

Waldeck in Korbach-Meineringhausen<br />

(6.200 qm), Möbelkreis<br />

Werraland in Eschwege (2.200 qm),<br />

Möbelkreis Brakel (3.900 qm)<br />

❯ Standorte Küchenstudios:<br />

Küchenstudio Frankenberg (400 qm),<br />

Küchenstudio Warburg (300 qm),<br />

Die Küche Luchtefeld (400 qm)<br />

❯ Gesamtfläche: 13.400 qm<br />

www.moebelkreis.de<br />

12/2022 möbel kultur 23


ZKZ 4937<br />

12 I 2022<br />

SPECIAL<br />

E-COMMERCE<br />

Foto: Shutterstock / Blue Planet Studio<br />

Retouren-Management, Prozesse & Co.<br />

Jetzt das<br />

Versanderlebnis<br />

upgraden<br />

/// Trbo: Zielgruppen richtig ansprechen /// Sauter + Held: Den stationären Handel<br />

stärken /// Mirakl: Mehr Auswahl und Komfort /// Westwing: Erster permanenter Store<br />

/// Hettich: Einfacher zum Beschlag /// Ebay: RAL-Label „Möbel made in Germany“ ///


E-COMMERCE<br />

Jetzt umdenken!<br />

Der E-Commerce-Markt wird fragiler, weil die Verkäufe derzeit<br />

zurückgehen. Made.com musste sogar Insolvenz anmelden und<br />

Home24 wird mit aller Wahrscheinlichkeit von XXXLutz übernommen.<br />

So sieht die derzeitige Lage aus – nach den zwei Corona-Boom- Jahren.<br />

Um künftig bestehen zu können, müssen Retailer jetzt den Spagat<br />

zwischen Kosten reduzierung und geschicktem Investment schaffen. Ein<br />

Umdenken muss stattfinden. Lange Zeit waren Marketing spendings,<br />

also nicht preisbezogene Werbung, überflüssig. Jetzt können<br />

Kund:innen teilweise nur so erreicht werden. Wer es nicht schafft,<br />

die User:innen in seinen Onlineshop zu lotsen, hat es schwer.<br />

Diese komplexe Lage können nicht alle meistern. Deshalb müssen<br />

die Onlinehändler differenzieren und verschiedene Hebel aktivieren.<br />

Wie zum Beispiel beim Retourenmanagement. ParcelLab legt in einer<br />

Studie dar, dass die Zeiten des Gratisversands im Online-Möbelhandel<br />

vorbei sind. Verschickten Ende des Jahres 2021 noch vier der 14 größten<br />

Online-Home-&-Living-Händler Bestellungen generell kostenfrei, fand<br />

sich bei der Analyse im Oktober 2022 kein einziger Anbieter mehr mit<br />

Gratisversand. Warum es ebenfalls wichtig sein kann, als Onlinehändler<br />

einen eigenen Marktplatz aufzubauen, erklärt Georg Sobczak vom<br />

französischen Tech-Unicorn Mirakl. Diese Themen und noch mehr<br />

lesen Sie im E-Commerce-Extra der „möbel kultur“.<br />

<br />

KRISTINA TAPKEN<br />

Top-Themen<br />

in diesem<br />

E-Commerce-Special:<br />

ParcelLab: Fokus auf<br />

Operative Experience<br />

Trbo: Zielgruppen richtig<br />

ansprechen<br />

Mirakl: Mehr Auswahl<br />

und Komfort<br />

Sauter + Held: Den<br />

statio nären Handel stärken<br />

Hettich: Einfacher<br />

zum Beschlag<br />

SHD: Erfolg<br />

auf allen Kanälen<br />

Titel: Shutterstock/Blue Planet Studio<br />

Foto: Shutterstock / pathdoc<br />

12/2022 möbel kultur 29


E-COMMERCE/PARCELLAB<br />

Fokus auf<br />

Operative Experience<br />

Der Versand kostet, die Retouren dagegen nicht:<br />

Nach dieser Formel stellen immer mehr Online-<br />

Möbelhändler ihren Service um. Doch beim Kundenerlebnis<br />

– also für die Operations Experience im<br />

Prozessablauf – gibt es noch einiges nachzubessern,<br />

wie eine Studie von ParcelLab bestätigt. Geschäftsführer<br />

Anton Eder hat exklusiv für „möbel kultur“-<br />

Leser wichtige Erkenntnisse aus Testbestellungen bei<br />

führenden E-Commerce-Anbietern zusammengefasst.<br />

Als IT-Dienstleister für den Paketversand<br />

will ParcelLab einen neuen Teil der Customer<br />

Journey kundenfreundlicher erschließen.<br />

Unten (v.l.): die drei Gründer/CEOs Tobias<br />

Buxhoidt, Julian Krenge und Anton Eder.<br />

Während der ersten Corona-<br />

Jahre konnte sich die Home<br />

& Living-Branche vor der<br />

Online-Nachfrage kaum retten. Laut<br />

einer Studie des EHI im Auftrag des<br />

Mittelstandsverbunds ZGV wurden<br />

2020 insgesamt 4,07 Mrd. Euro mit<br />

Möbeln im E-Commerce erwirtschaftet<br />

– 2021 waren es 4,72 Mrd. Euro.<br />

Pro Kopf gaben Verbraucher:innen<br />

durchschnittlich 423 Euro für die Verschönerung<br />

ihres Zuhauses aus. Im<br />

Zuge der wiedererwachten Reiselust<br />

und höherer Energie- und Lebenshaltungskosten<br />

ließ die Motivation,<br />

in Heim und Garten zu investieren,<br />

allerdings spürbar nach. Nicht wenige<br />

Online-Möbelhändler und Online-<br />

Baumärkte verbuchen spätestens seit<br />

Ende des ersten Quartals krachende<br />

Umsatzeinbrüche.<br />

Doch wenn Kund:innen jeden<br />

Euro zweimal umdrehen müssen,<br />

bevor sie sich ein neues Sofa oder<br />

auch nur eine neue Küchenlampe<br />

kaufen, müssen Online-Händler<br />

in Sachen Customer Experience<br />

noch eine Schippe drauflegen, um<br />

ihre Klientel für sich zu begeistern.<br />

Dabei ist ein herausragendes Einkaufserlebnis<br />

nicht nur während des<br />

Kaufprozesses selbst im Online-Shop<br />

relevant, sondern vor allem auch in<br />

der Phase, in der Kund:innen darauf<br />

warten, dass ihre Bestellung endlich<br />

ankommt. Und gerade im Home &<br />

Living-Bereich kann diese Wartezeit<br />

extrem lang sein.<br />

Hier geht‘s zur<br />

ParcelLab-Studie:<br />

30 möbel kultur 12 /2022


Gebühren im<br />

Online-Möbelhandel<br />

Als Spezialist für Operations<br />

Experience Management analysieren<br />

wir bei ParcelLab bereits seit mehreren<br />

Jahren, wie serviceorientiert<br />

Online-Händler ihren Kund:innen<br />

beim Versand und während der Bearbeitung<br />

der Bestellung begegnen. In<br />

der neuen Sonderausgabe unserer<br />

jährlichen „Versandhandelsstudie“<br />

mit Fokus auf dem Online-Möbelhandel<br />

haben wir bei den 14 Online-<br />

Möbelhändlern und Baumärkten,<br />

die das Marktforschungsinstitut<br />

EHI in seiner Top-100-Liste für das<br />

Jahr 2021 anführt, Testbestellungen<br />

durchgeführt und den Prozess vom<br />

Klick auf den Bestell-Button bis zur<br />

Rückerstattung der Retoure analysiert.<br />

Eines der wichtigsten Ergebnisse<br />

der Studie lautet: Die Zeiten des Gratisversands<br />

sind im Online-Möbelhandel<br />

vorbei. Verschickten Ende des<br />

Jahres 2021 noch vier der 14 größten<br />

Online-Home & Living-Händler<br />

Bestellungen generell kostenfrei,<br />

fand sich bei der Analyse im Oktober<br />

2022 kein einziger Händler mehr<br />

mit Gratisversand. Sieben Händler<br />

verschicken ihre Ware ausnahmslos<br />

kostenpflichtig, sieben weitere<br />

berechnen bis zu einem bestimmten<br />

Mindestwert Versandgebühren.<br />

Kund:innen, die Geld sparen wollen,<br />

bleibt oft nur der zumeist kostenfreie<br />

Versand in die Filiale. Doch selbst<br />

hier findet sich mit Ikea ein Händler,<br />

der auch für Click & Collect fünf Euro<br />

Abholgebühr berechnet.<br />

Im Gegenzug dazu bleiben die<br />

Retouren allerdings mehrheitlich kostenfrei.<br />

Zehn der Online-Händler im<br />

FACTS<br />

❯ ParcelLab: Plattform für Operations<br />

Experience Management<br />

❯ Automatisierung in personalisierte,<br />

gebrandete Nachrichten für den<br />

Paketversand (ca. drei Millionen<br />

Sendungen täglich) von mehr als 300<br />

Partnern weltweit, darunter DHL,<br />

Hermes und DPD.<br />

❯ Niederlassungen: München, London,<br />

Paris und New York<br />

❯ Kunden: u.a. Ikea, Bose, Puma, Lidl<br />

und Nespresso<br />

❯ Gründer und CEO: Tobias Buxhoidt,<br />

Julian Krenge, Anton Eder<br />

www.parcellab.com/de<br />

Versandkosten<br />

mit:<br />

7 Shops<br />

ohne:<br />

0 Shops<br />

kostenpflichtig bei<br />

Mindestbestellwert: 7 Shops<br />

Quelle: ParcelLab Versandhandelsstudie, Oktober 2022;<br />

Basis: 14 Online-Möbelshops aus dem Top-100-Ranking 2021 (EHI)<br />

Test schultern hier die Kosten selbst<br />

– und zwar unabhängig davon, ob<br />

die Ware per Paketversand oder per<br />

Spedition zu ihnen zurückkommt.<br />

Und sie holen nicht paketfähige Ware<br />

auch wieder bei ihren Kund:innen ab.<br />

Lediglich bei Casando.de, Ikea, Reuter<br />

und Wayfair müssen die Kund:innen<br />

– zumindest unter bestimmten<br />

Bedingungen – für die Rücksendung<br />

aufkommen. So lassen Casando.de<br />

und Wayfair ihre Kund:innen gemäß<br />

der in Deutschland seit Jahren abgeschafften<br />

40-Euro-Klausel Rücksendekosten<br />

für Paketware unter 40 Euro<br />

aus eigener Tasche bezahlen. Casando<br />

berechnet zusätzlich für nicht paketfähige<br />

Ware Kosten zwischen 99 und<br />

129 Euro. Ikea hingegen nimmt zwar<br />

Paketbestellungen kostenlos zurück,<br />

bei allen anderen Bestellungen muss<br />

sich der Kunde allerdings in Eigenregie<br />

darum kümmern, wie nicht<br />

gewollte Produkte den Weg zurück<br />

ins Möbelhaus finden. Und auch<br />

Reuter.de kennt bei Retouren kein<br />

Pardon und lässt Kund:innen Kosten<br />

bis zu 190,90 Euro selber tragen.<br />

Doch stellten unsere Tester auch<br />

fest: Der Transport unerwünschter<br />

Artikel zur nächstgelegenen Ikea-<br />

Filiale mag mühselig sein. In Sachen<br />

kundenfreundlicher Rücknahmeprozess<br />

können sich aber gerade<br />

Omnichannel-Händler eine gehörige<br />

Scheibe abschneiden. Denn die<br />

Schweden lassen ihre Kund:innen<br />

auf Wunsch schon online auswählen,<br />

welche Produkte zurückgegeben<br />

werden. Daraufhin wird ein Barcode<br />

generiert, den die Kund:innen dann<br />

nur noch vor Ort am Counter vorzeigen<br />

müssen. In einzelnen Filialen<br />

ist für die Rückgabe inzwischen<br />

auch schon eine Terminvereinbarung<br />

möglich, um Wartezeiten zu<br />

vermeiden.<br />

Gebührenpflichtige<br />

Retouren<br />

mit:<br />

1 Shops<br />

ohne:<br />

11 Shops<br />

kostenpflichtig<br />

bis 40 Euro<br />

Mindestbestellwert: 2 Shops<br />

Generell sollten sich die Online-<br />

Händler bewusst machen: Wenn<br />

Kund:innen für einen Paketversand<br />

bis zu 7,90 Euro auf den Tisch legen<br />

müssen oder für die Lieferung per<br />

Spedition auch dreistellige Beträge<br />

aufgerufen werden, erwarten sie von<br />

den Händlern dafür auch einen erstklassigen<br />

Service. Doch hier zeigt<br />

unsere Sonderauswertung noch Luft<br />

nach oben. So ermöglichen es beispielsweise<br />

nur drei der 14 Händler<br />

ihren Kund:innen, beim Checkout<br />

Lieferinstruktionen anzugeben. Nur<br />

zwei Händler im Test gaben beim<br />

Checkout ein genaues Lieferdatum<br />

an, zwei machten überhaupt keine<br />

Angabe, die restlichen zehn nannten<br />

einen vagen Lieferzeitraum von<br />

mehreren Tagen. Dabei würden<br />

die Kund:innen doch gerade bei<br />

der Anlieferung von Möbeln oder<br />

sperrigen Artikeln, die im Zweifel<br />

nicht beim Nachbarn abgegeben<br />

werden können, zur besseren Planung<br />

gerne einen möglichst genau<br />

eingrenzbaren Liefertermin genannt<br />

bekommen.<br />

Doch es kommt noch schlimmer:<br />

Denn von den 10 Händlern, die einen<br />

Liefertermin oder Zeitraum nannten,<br />

lieferten fünf nicht pünktlich. Und<br />

keiner dieser Händler hat die Verspätung<br />

vorab proaktiv gegenüber seinen<br />

Kund:innen kommuniziert. Der<br />

erboste Anruf im Call-Center ist hier<br />

schon vorprogrammiert. Auch unsere<br />

Tester selbst hatten nicht immer eine<br />

Chance, die Lieferverzögerung von<br />

sich aus zu erkennen. Denn zwei<br />

Händler schickten überhaupt keinen<br />

Tracking-Link zur Sendungsverfolgung.<br />

Und von den 12 Tracking-<br />

Links, die verschickt wurden, sorgten<br />

sechs für Fehlermeldungen.<br />

Ihre Versandkommunikation können<br />

die Home & Living-Versender<br />

also durchaus noch optimieren.<br />

Zwar informieren 13 Händler ihre<br />

Kund:innen entweder selbst oder<br />

über ihren Logistiker darüber, dass sie<br />

die Ware jetzt dem Logistiker übergeben<br />

haben. Elf informieren, dass sich<br />

die Ware in Zustellung befindet und<br />

acht schreiben nach erfolgreicher<br />

Zustellung noch eine Mail. Doch die<br />

für Kund:innen wirklich hilfreiche<br />

Angabe eines konkreten Timeslots für<br />

die Zustellung bekamen im Test nur<br />

zwei Händler hin. Und nur in einer<br />

Mail fanden wir in der Versandkommunikation<br />

zur Bestellung passende<br />

Produktempfehlungen. Dabei sind<br />

gerade die Versandmails dank ihrer<br />

ungemein hohen Öffnungsquoten<br />

ein gutes Vehikel für derartige Crossund<br />

Upselling-Strategien.<br />

Positiv zu vermerken ist allerdings,<br />

dass die Mehrheit der Händler<br />

die Versandkommunikation<br />

inzwischen nicht mehr ihrem Logistiker<br />

überlässt, sondern den Kontakt<br />

zu ihren Kund:innen in dieser<br />

Phase selbst aufrechterhält. Lediglich<br />

das Look & Feel dieser Mails<br />

könnte noch überarbeitet werden,<br />

da die meisten Nachrichten weder<br />

gebrandet noch personalisiert sind.<br />

Ikea, Obi, Tchibo und Wayfair gelten<br />

hier als Musterschüler ihrer Branche<br />

und zeigen, wie viel Potenzial in<br />

kunden orientierten Transaktionsmails<br />

liegen kann.<br />

Ein letztes Augenmerk richtete<br />

unsere Studie auf das Thema Nachhaltigkeit<br />

im Versand. Auch hier muss<br />

man konstatieren: Es geht noch besser.<br />

Die Tester fanden lediglich einen<br />

Händler, der CO2-neutralen Versand<br />

anbot. Sechs der 14 Versandverpackungen<br />

enthielten Plastik. Und sechs<br />

Versandkartons waren viel größer, als<br />

sie für den Inhalt der Sendung hätten<br />

sein müssen. Dabei sollte gerade im<br />

Bereich Home & Living das Thema<br />

Nachhaltigkeit stark fokussiert und<br />

dann auch selbstbewusst kommuniziert<br />

werden. Neben Aufdrucken<br />

auf der Verpackung lassen sich auch<br />

hier die Versandmails nutzen, um die<br />

eigenen Kund:innen zu informieren,<br />

dass man die Belastungen für<br />

die Umwelt so niedrig wie möglich<br />

halten möchte.<br />

Fazit: In Sachen Versanderlebnis<br />

gibt es für Online-Händler im<br />

Bereich Home & Living noch einiges<br />

zu tun. Doch wer von Gratisauf<br />

kostenpflichtigen Versand<br />

umschaltet, kann sich eine schlechte<br />

Customer Experience im Versand<br />

nicht mehr leisten.<br />

12 /2022 möbel kultur 31


E-COMMERCE<br />

Mirakl: Warum sich der Aufbau von Marktplätzen lohnt<br />

Mehr Auswahl<br />

und Komfort<br />

Das französische Tech-Unicorn Mirakl bietet Unternehmen die Möglichkeit,<br />

„in Rekordzeit“ einen eigenen Online-Marktplatz aufzubauen, wie<br />

Georg Sobczak, Regional Vice President für die DACH-Region, auf Nachfrage<br />

der „möbel kultur“ erläutert. Außerdem macht er deutlich, warum<br />

Home24 oder Maisons du Monde mit einem Marktplatz gestartet sind.<br />

Als Regional VP DACH verantwortet<br />

Georg Sobczak bei Mirakl die<br />

Wachstumsstrategie für B2C- und<br />

B2B-Onlinemarktplätze.<br />

möbel kultur: Herr Sobczak, Mirakl ist<br />

Anbieter einer Saas-Plattform. Bitte<br />

erläutern Sie kurz, was Sie Händlern<br />

damit bieten können.<br />

Georg Sobczak: Mit unserer Marktplatz-SaaS-Lösung<br />

unterstützen wir<br />

Unternehmen aus aller Welt dabei,<br />

ihr E-Commerce Geschäft zu erweitern<br />

und zu wachsen. Mit Mirakl<br />

können Händler in Rekordzeit einen<br />

eigenen Online-Marktplatz aufbauen,<br />

starten und skalieren, und<br />

durch Mirakl Connect, unser großes<br />

Ökosystem von qualifizierten Partnern<br />

und Verkäufern, Drittanbieter<br />

einbinden. Der Marktplatz fungiert<br />

somit als technische Plattform für<br />

den Handel zwischen ausgewählten<br />

Drittanbietern und Endkund:innen<br />

– sowohl im B2B- als auch im B2C-<br />

Bereich. Die Plattform ist konfigurierbar<br />

und gewährleistet durch die<br />

Einhaltung höchster internationaler<br />

Security-Standards die Sicherheit der<br />

Kundendaten.<br />

Ein Marktplatz bietet Betreiber:innen<br />

die Möglichkeit, schnell<br />

und flexibel auf wachsende und sich<br />

verändernde Kundenerwartungen<br />

einzugehen, und ihnen mit einem<br />

Plus an Auswahl, Komfort und Wert<br />

das zu bieten, was sie haben wollen.<br />

Außerdem sind Marktplätze ein<br />

effektives Mittel gegen steigende<br />

Kosten sowie eine Möglichkeit, um<br />

der Konkurrenz in Form von neuen<br />

Akteuren zu begegnen, die den Markt<br />

splitten und Unternehmen Anteile<br />

streitig machen.<br />

Marktplatzbetreiber:innen können<br />

ihren Katalog erweitern, ohne<br />

die üblichen Kosten und Risiken<br />

in Zusammenhang mit eigenen<br />

Beständen zu tragen. Während die<br />

Gemeinkosten für Lagerung und<br />

Versand ohne Eigenbestand deut-<br />

lich sinken, federn Provisionen als<br />

zusätzliche Umsatzquelle den Margendruck<br />

ab. Deshalb ist die Rentabilität<br />

von Marktplätzen dreimal höher als<br />

die des konventionellen E-Commerce.<br />

möbel kultur: Wie stark sind Sie bereits in<br />

der Möbelbranche vertreten?<br />

Georg Sobczak: Mirakl hat zahlreiche<br />

Kunden im Bereich Wohnen und<br />

Dekoration, darunter Home24, H&M<br />

Home und Maisons du Monde, die<br />

niederländischen Unternehmen<br />

Blokker, Leen Bakker und FonQ,<br />

den französischen Möbelhandelskonzern<br />

Conforama sowie Bed, Bath<br />

& Beyond aus den USA. Dabei bieten<br />

Online-Marktplätze die Möglichkeit,<br />

neue Einnahmequellen zu erschließen.<br />

Deshalb gehen wir davon aus,<br />

dass das Interesse an diesem Modell<br />

weiter zunehmen wird, auch in der<br />

Möbelbranche.<br />

möbel kultur: Was meinen Sie, welche<br />

Rolle werden Marktplätze speziell in der<br />

Möbelbranche künftig spielen?<br />

Georg Sobczak: Durch die Covid-19-<br />

Krise wurde der Trend zum Online-<br />

Shopping noch einmal befeuert,<br />

und die Einkaufsgewohnheiten der<br />

Verbraucher:innen haben sich nachhaltig<br />

verändert – auch in der Möbelbranche.<br />

Laut unserer Studie „Der<br />

Status Quo der Online-Marktplatz-<br />

Akzeptanz“ bevorzugen sechs von<br />

zehn deutschen Verbraucher:innen<br />

E-Commerce-<strong>Website</strong>s mit Online-<br />

Marktplätzen, und 73 Prozent sagen,<br />

dass Online-Marktplätze für sie die<br />

bequemste Art des Einkaufens sind.<br />

Laut den Umfrageteilnehmer:innen<br />

sind die Gründe dafür bessere Preise,<br />

eine größere Auswahl und schnelle<br />

Lieferzeiten. Besonders in einer Zeit,<br />

in der Lieferketten immer wieder<br />

unterbrochen werden, bietet ein<br />

Marktplatz einen entscheidenden<br />

Vorteil.<br />

Ich denke, dass auch Unternehmen<br />

in der Möbelbranche in Zukunft<br />

vermehrt auf Marktplätze setzen –<br />

und in vielerlei Hinsicht davon profitieren.<br />

Das Vorurteil, dass durch<br />

die Einführung externer Produkte<br />

ein unerwünschter Wettbewerb entsteht<br />

und Händler auf ihren Beständen<br />

sitzenbleiben, ist übrigens längst<br />

widerlegt. Das Gegenteil ist der Fall.<br />

Kooperationen mit zuverlässigen Verkäufern<br />

zur Erweiterung des eigenen<br />

Sortiments sind eine wirksame<br />

Waffe im Kampf gegen die eigentliche<br />

Bedrohung für den Absatz, denn<br />

wenn Kund:innen auf einer <strong>Website</strong><br />

nicht genau das finden, was sie<br />

suchen, werden sie sich anderweitig<br />

umsehen. Die Konkurrenz ist stets<br />

nur wenige Klicks entfernt.<br />

möbel kultur: Welche weiteren Vorteile<br />

hat es für Unternehmen einen Marktplatz<br />

anbieten zu können?<br />

Georg Sobczak: Das Marktplatzmodell<br />

ermöglicht es unserer Kundschaft in<br />

erster Linie, ihren Kund:innen ein<br />

breiteres Produktsortiment anzubieten.<br />

In der Möbel- und Einrichtungsbranche<br />

ist das von entscheidender<br />

Bedeutung, da Händler die Nachfrage<br />

von Verbraucher:innen nach unterschiedlichen<br />

Größen, Farben, Stilen<br />

und Preismodellen bedienen müssen.<br />

Ein Marktplatz eröffnet Händlern<br />

zudem ein höheres Maß an<br />

Flexibilität. Diese bietet Händlern<br />

die Möglichkeit, ein kuratiertes<br />

Produktan gebot aufzubauen, das auf<br />

die Bedürfnisse der Kundschaft eingeht<br />

und gleichzeitig der jeweiligen<br />

Marken-DNA entspricht. Es muss<br />

nicht immer darum gehen, ein<br />

One-Stop-Shop zu werden. Vielmehr<br />

sollten Händler ein breites, aber dennoch<br />

genau abgestimmtes Sortiment<br />

anbieten, das sie auf Grundlage der<br />

Vorlieben von Kund:innen auswählen.<br />

Home24 und Maisons du Monde<br />

sind zwei Unternehmen der Möbelbranche,<br />

die genau das tun. Gleichzeitig<br />

möchten die Händler dabei<br />

dem Stil, der Marken-DNA und<br />

ihrem Nachhaltigkeitsengagement<br />

treu bleiben. Mit Erfolg: Mit seinen<br />

mehr als 660 Verkäufern, über 1.700<br />

kuratierten Marken und 264.000 verkauften<br />

Produkten hat der Online-<br />

Marktplatz von Maison du Monde in<br />

diesem Jahr bereits ein Gross Merchandising<br />

Volume (GMV) von 79<br />

Millionen Euro erzielt.<br />

möbel kultur: Wie ist der Marktplatz von<br />

Home24 angelaufen? Und wie sehr hoffen<br />

Sie, davon profitieren zu können, dass<br />

XXXLutz plant, Home24 zu übernehmen?<br />

Georg Sobczak: Der Online- Marktplatz<br />

von Home24 ist erst im Sommer<br />

an den Start gegangen. Mehr als<br />

100.000 neue Produkte von rund<br />

100 Dritthändlern ergänzen seit Juli<br />

das bestehende Home24-Sortiment<br />

von mehr als 150.000 Produkten<br />

– überwiegend in den Kategorien<br />

Accessoires, Gartenausstattung, Möbel<br />

und Heimtextilien.<br />

Erste Zahlen liefert Home24 in<br />

einer Mitteilung zum dritten Quartal<br />

2022. Für ein Fazit zum Start des<br />

Marktplatzes ist es aber noch zu<br />

früh. Die geplante Übernahme von<br />

Home24 durch XXXLutz beobachten<br />

wir bei Mirakl natürlich, möchten<br />

uns zum jetzigen Zeitpunkt dazu aber<br />

nicht weiter äußern.<br />

EVELYNE BECKMANN<br />

www.mirakl.com<br />

34 möbel kultur 12/2022


Das Angebot des Westwing-Stores bildet<br />

die gesamte Home & Living-Range ab. Sowohl<br />

die Eigenmarke Westwing Collection<br />

als auch Fremdlabel sind erhältlich.<br />

Westwing: Erster permanenter Store in Hamburg<br />

One-Stop-Shop für<br />

Interior-Fans<br />

Prominente Lage, prominente Gäste: Zur Eröffnung des neuen Westwing Stores am<br />

Hamburger Jungfernstieg konnten Gründerin Delia Lachance und ihr Team eine Reihe von<br />

A-, B- und C-Promis begrüßen. Neben einer großen Auswahl an Produkten der Westwing<br />

Collection und weiteren Labeln wurden im Geschäft ebenso digitale Features implementiert.<br />

Ganz oben: Stimmungsvolle Musik<br />

am Steinway Piano von Anri Coza.<br />

Oben: Westwing-Gründerin Delia<br />

Lachance freute sich über die 200<br />

Gäste und den neuen Store.<br />

Große Eröffnungsfeier in Hamburg:<br />

Am 17. November hat<br />

Westwing seinen ersten permanenten<br />

Store ans Netz gebracht.<br />

In prominenter Lage, direkt am<br />

Hamburger Jungfernstieg. Rund<br />

200 Freunde, Influencer und Promis<br />

sind der Einladung gefolgt und<br />

gratulierten Gründerin und CCO<br />

Delia Lachance sowie ihrem Team<br />

zum neuen Geschäft im historischen<br />

Heine-Haus. Auf mehr als 500 qm<br />

präsentiert Westwing dort ab sofort<br />

eine kuratierte Selektion der Westwing<br />

Collection sowie anderen<br />

Interior-Marken und bezeichnet sich<br />

als „One-Stop-Shop für alle Home &<br />

Living-Fans“. Das Portfolio besteht<br />

aus kleineren Mitnahme- Produkten,<br />

die direkt gekauft werden können,<br />

sowie Möbeln und größeren Produkten,<br />

die vom Store aus nach<br />

Hause bestellt werden können.<br />

„Mit der Eröffnung unseres ersten<br />

permanenten Stores in Hamburg kundenorientierten Markenraum<br />

mentiert, die einen bequemen und<br />

geht ein Traum für uns in Erfüllung.<br />

Natürlich sind wir zuallererst Mobile Payment, QR-Codes auf<br />

kreieren. Digitale Touchpoints wie<br />

ein Online-Unternehmen, aber es jedem Produkt und ein kuratiertes<br />

ist einfach etwas ganz Besonderes, Raum-Set, das die Kunden zu den<br />

unsere Kund:innen jetzt auch persönlich<br />

empfangen zu können.“ the-Look-Seite führt, sind integriert.<br />

Produktdetails oder online zur Shop-<br />

Der Abend wurde unter anderem Um das digitale Erlebnis noch weiter<br />

musikalisch begleitet von Anri Coza, zu verbessern, sind alle Artikelinformationen<br />

über einen QR-Code auf<br />

bekannt aus The Voice of Germany,<br />

am Steinway&Sons Piano – eine dem Produktetikett aufrufbar. Als<br />

Kollaboration von Steinway&Sons zusätzlichen Service unterstützen die<br />

und Westwing mit Geschichte: Die Experten des hauseigenen Interior<br />

Ladenfläche im Heine-Haus beherbergte<br />

vor über hundert Jahren schon die Kunden bei der Erstellung von<br />

Design Services „Westwing Studio“<br />

das erste Steinway&Sons Geschäft. Raumkonzepten und Einrichtungsfragen<br />

für ihr Zuhause.<br />

Um die digitale DNA der Marke<br />

zu zeigen und ein modernes Konzept<br />

KRISTINA TAPKEN<br />

zu verwirklichen, wurden relevante<br />

Services und Technologien imple- www.westwing.de<br />

Prominente Gäste<br />

bei der Store-<br />

Eröffnung: Schauspielerin<br />

Andrea<br />

Sawatzki (l.) sowie<br />

Mirja Du Mont<br />

(M.) und Dana<br />

Schweiger (r.).<br />

Fotos: Westwing<br />

12/2022 möbel kultur 35


KÜCHE<br />

Sicam: Top-Event der Zuliefer-Industrie<br />

Impulse für die<br />

Küche 2023<br />

Selten war das Interesse an der Sicam so groß wie in<br />

diesem Jahr und selten war die Veranstaltung von Fachbesucher-Seite<br />

so international. Natürlich lag das auch<br />

am Angebot der Aussteller, die spannende Neuheiten<br />

in Pordenone präsentierten. Dabei lag der Fokus oft auf<br />

dem Thema Nachhaltigkeit.<br />

Mehr als 8.000 Firmen aus 115<br />

Ländern rund um den Globus<br />

kamen nach Pordenone.<br />

Damit bestätigte die mit 590 Unternehmen<br />

von Ausstellerseite komplett<br />

ausgebuchte Sicam erneut ihren Status<br />

als eines der Top-Branchen-Events.<br />

„Die Messe hat einen sehr hohen Stellenwert<br />

für uns als deutsches Zulieferunternehmen“,<br />

bestätigte dies<br />

beispielsweise Ninkaplast-Geschäftsführer<br />

Klaus Henning Wulf. „Sie liegt<br />

zeitlich genau richtig, weshalb viele<br />

Küchenmöbel- und Möbelhersteller<br />

die Veranstaltung nutzen, um Impulse<br />

für ihre Kollektionen aufzunehmen.“<br />

Und Impulse gab es auf den Ständen<br />

der Aussteller zuhauf. So präsentierte<br />

Grass das Schubkasten-<br />

Auf der an allen<br />

Tagen sehr gut besuchten<br />

Zuliefermesse<br />

in Pordenone<br />

waren vor<br />

allem Neuheiten<br />

zur Differenzierung<br />

und mit nachhaltigen<br />

Eigenschaften<br />

gefragt.<br />

System „Nova Pro One“, das „Nova<br />

Pro Scala“ um ein neues Design<br />

erweitert. Darüber hinaus ist die<br />

Neuheit „Dynaneo“ eine Ergänzung<br />

zur Unterflur-Führung „Dynapro“<br />

und bietet durch ihr innovatives Führungskonzept<br />

maximale Stabilität bei<br />

bis zu 30 Kilogramm Tragkraft.<br />

Ein System, das sowohl im Schrank<br />

als auch außen für Ordnung sorgt,<br />

zeigte Vauth-Sagel mit der „Add<br />

Box“. Sie wurde so designt, dass sie<br />

überall einsetzbar ist: Das betrifft<br />

ausnahmslos alle Räume des Wohnens<br />

– ob Küche, Bad, Wohnzimmer<br />

oder Schlafzimmer. Das Produkt ist<br />

in vier verschiedenen Größenvarianten<br />

als Stahl- oder Kunststoffvariante<br />

erhältlich.<br />

Kesseböhmer überzeugte mit<br />

dem auf 750er Schrankbreite angepassten<br />

Hochschrankbeschlag „Convoy<br />

Lavido“. Dabei zeigte das Unternehmen<br />

edle Ausstattungsvarianten<br />

mit Holztablaren, schwarzen Glasrahmenfronten<br />

und beleuchtetem<br />

Innenraum. Spannend waren auch<br />

die Schubkasten-Innenaufteilungen,<br />

die das zu Kesseböhmer gehörende<br />

Holzwerk Rockenhausen beisteuerte,<br />

denn hier wurde effizient mit farblichen<br />

Kontrasten gespielt. Außerdem<br />

gab es hier mit LED ausgestattete,<br />

flexibel einsetzbare Stege zu sehen.<br />

Ein Schwerpunkt des Messe-<br />

Auftritts von Blum war das Pocketsystem<br />

„Revego“. Mit diesem lassen<br />

sich Küchenzeilen oder gleich<br />

ganze Wohnbereiche verbergen.<br />

Auch dem Thema Individualisierung<br />

wurde Rechnung getragen. Bei<br />

dem Schubkasten „Legrabox individual“<br />

lassen sich unterschiedlichste<br />

Designs realisieren: durch Farb- und<br />

Materialmix innen und außen, Bedrucken,<br />

Lasern oder Prägen.<br />

„Alles auf Schwarz“, hieß es bei<br />

Ninkaplast. Bei den Produktgruppen<br />

des Unternehmens erwarten<br />

Kunden neben perfekter Funktion,<br />

Verlässlichkeit sowie leichter Montage<br />

zudem eines: Ein hochwertiges<br />

Äußeres, das optisch als Teil<br />

von Schrankinnenräumen mit dem<br />

Gesamtbild moderner Küchen korrespondiert.<br />

Diese Forderung erfüllt die<br />

neue „Black Edition“ in trendigem<br />

zeitlosem Schwarz perfekt. Auch zu<br />

den beliebten Eckschranksystemen<br />

„Qanto“ und „Trigon“ bietet Ninka<br />

schwarze Varianten.<br />

Peka zeigte mit „Liro“ eine neue<br />

Produkt linie an Tablaren, die individuell<br />

anpassbar sind. Dabei können<br />

die Relinge beliebig kombiniert werden.<br />

Welche aus massiver Eiche, die<br />

mit Fronten aus Holz und warmen<br />

Farben harmonieren, sind ebenso<br />

möglich wie die Bestückung mit<br />

Glas, Kompaktplatten, Aluminium<br />

oder einem anderen Material. Ohne<br />

Relinge strahlen Liro- Tablare eine<br />

elegante Ruhe aus.<br />

Im Fokus des Messeauftritts<br />

von Titus standen neben der Premium-Scharnierfamilie<br />

„T-Type“ die<br />

Schiebe türsysteme der „Slidix“-Linie.<br />

Die Serie kann mit unterschied lichen<br />

Materialien wie Holz, Glas, Kunststoff<br />

sowie in verschiedenen Auszugssystemen<br />

bis hin zu Kühlschränken<br />

verwendet werden.<br />

Schwinn punktete nicht nur mit<br />

optisch ansprechenden, dekorativen<br />

Beschlägen. So kann das Unternehmen<br />

mit seiner Produktionsstätte in<br />

Polen einen Standortvorteil geltend<br />

machen und die Unabhängigkeit von<br />

China vorantreiben. Außerdem lässt<br />

sich hier das Ziel zu mehr Nachhaltigkeit<br />

konsequenter umsetzen.<br />

Im Fokus der Produktschau standen<br />

bei Schwinn längenunabhängige<br />

Stangengriffe.<br />

Egger zeigte unter anderem neue<br />

Strukturen. So wurde die „ST40 Feelwood<br />

Oakgrain“ an das Dekorbild<br />

der „Casella Eiche“ angepasst. Sie<br />

zeigt eine matte, sanft gebürstete<br />

Pore, die für Tiefenwirkung mit<br />

natür licher, matter Optik sorgt und<br />

dem Charakter von echtem Furnier<br />

täuschend ähnlich ist. Damit bietet<br />

der Holzwerkstoffspezialist nun sieben<br />

„Feelwood“ Oberflächen. Bei<br />

den „PerfectSense Lackplatten Span“,<br />

die mit samtig-warmer Haptik und<br />

die Anti-Fingerprint daherkommen,<br />

gibt es nun die „TM9 Smoothtouch<br />

Matt“, die sich vor allem für Anwendungen<br />

im Korpus oder Schiebetürenbereich<br />

eignet.<br />

Nachhaltigkeit hatte sich auch<br />

Stone Italiana auf die Fahne<br />

geschrieben. So bestehen die „Cosmolite“-Küchenarbeitsplatten<br />

des<br />

Unternehmens zu hundert Prozent<br />

aus recycelten Mineralstoffen. Das<br />

Material ist außerdem kratzresistent<br />

und sehr hygienisch. Ganz neu wurde<br />

die Kollektion „Venantis Cosmolite“<br />

präsentiert. Diese schlägt eine Brücke<br />

zwischen klassischem, natürlichem<br />

Stein und einem zeitgenössischmodernem<br />

Design. Die Kollektion<br />

umfasst sechs Farben und drei<br />

Oberflächen.<br />

Natürlich und gleichzeitig<br />

modern wirkender Stein spielte<br />

auch bei Alvic eine Rolle. Nämlich<br />

bei der Kollektion „Stratos“, die<br />

insgesamt fünf Steindekore zeigte<br />

für die eine ganz neue Oberfläche<br />

eigens entwickelt wurde. „Stratos“<br />

war aber nur eine von insgesamt fünf<br />

neuen Kollektionen, die Alvic zeigte.<br />

Das verbindende Element war auch<br />

hier die Nachhaltigkeit. Mit einer<br />

großen Infotafel zeigte das Unternehmen<br />

sein Commitment zu nachhaltigem<br />

Handeln und zertifizierten<br />

Rohstoffen.<br />

Swiss Krono präsentierte ein<br />

kleines Best-of aus dem aktuellen<br />

Portfolio. Zum Beispiel zierte der<br />

Öko-Designboden „Corepel“ den<br />

Stand boden und unterstrich dabei<br />

erneut seine Unverwüstlichkeit.<br />

Empfangstheke, Tische und Präsen-<br />

44 möbel kultur 12/2022


Stone Italiana<br />

verfügbar. So kann die Platte am<br />

Ende ihres Lebenszyklus einfach<br />

wiederverwertet und neu verarbeitet<br />

werden.<br />

Sonae Arauco zeigte Highlights<br />

seiner trendsicheren „Innovus“-<br />

Kollektion, wie zum Beispiel den hellen<br />

Nussbaum „Graceful Blond“, der<br />

eine ansprechende Eiche-Alternative<br />

ist. Ebenfalls überzeugend: „Karlstad<br />

Oak Pale“ – eine Eiche, die dezente<br />

Rustikalität mit Eleganz verbindet.<br />

Hier fügen sich natürlich vorhandene<br />

Merkmale wie Äste, Risse und Farbeinläufe<br />

harmonisch ins Gesamtbild.<br />

STEFAN MÜLLER<br />

www.exposicam.it<br />

Ninka<br />

Interprint<br />

Domus<br />

Vauth-Sagel<br />

tationsmodule zeigten sich in rohem<br />

„SwissCDF“. Das Thema Nachhaltigkeit<br />

fand sich in „Be.Yond“ wieder,<br />

einer umweltfreund lichen Spanplatte,<br />

die zu 98 Prozent aus natürlichen<br />

Werkstoffen bestehen und<br />

nicht mehr Emissionen als ein Baum<br />

aufweisen.<br />

Hingucker bei Schattdecor<br />

waren unter anderem die sechs Farbstellungen<br />

der „Fineflex Metallic“. In<br />

einem besonderen Herstellungsverfahren<br />

produzieren Fine Decor und<br />

Schattdecor diese Möbeloberflächen<br />

auf Basis von Recycling-Material aus<br />

PET. Bei den Holzdekoren zeigte sich<br />

vor allem „California Elm“ als echtes<br />

Highlight. So gibt der geschmackvoll<br />

eingearbeitete Gold- und Perlmutteffekt<br />

dem Dekor eine enorme Tiefe<br />

und edle Anmutung.<br />

Zum ersten Mal präsentierte<br />

Interprint seine Neuheiten auf der<br />

„Sicam“. „Dabei zeigte der Dekordrucker<br />

neue Dekordesigns für die<br />

Bereiche Melamin, „Xelio“ sowie<br />

für den Digitaldruck mit besonders<br />

langen Rapports. Darüber hinaus war<br />

der Messestand ein perfektes Beispiel<br />

für den nachhaltigen Umgang<br />

mit Ressourcen. Nach der „Sicam“<br />

wurde er nicht einfach abgebaut und<br />

vernichtet, sondern dient künftig im<br />

Atrium bei Interprint als zusätzlicher<br />

Showroom.<br />

Eines der Top-Produkte bei<br />

Surteco war „Flora“ von Gislaved.<br />

Dabei handelt es sich um eine neue<br />

Generation der PVC-Folie mit biologischem<br />

Ursprung. Bei ihrer Herstellung<br />

wird Ethylen aus Kiefern-<br />

Tallöl-Rohstoff (43 Prozent) aus<br />

zertifizierter Biomasse der zweiten<br />

Generation eingesetzt, die nicht mit<br />

der Nahrungsmittelkette konkurriert.<br />

Auch bei Continental lag<br />

ein besonderer Fokus auf dem<br />

Thema Nachhaltigkeit. So ist<br />

die Möbeloberfläche „Skai rPure-<br />

Lux 2D soft“ zu 100 Prozent aus<br />

recyceltem PET-Material im Polymer<br />

hergestellt. Darüber hinaus ist die<br />

Oberfläche mit der „Staynu“-Technologie<br />

ausge stattet, also schmutzabweisend<br />

und leicht zu reinigen,<br />

kurzum: perfekt für den Einsatz in<br />

Küchen und Bädern.<br />

Rehau stellte „Rauvisio Eco-<br />

Fino“, eine nachhaltige Oberflächen-<br />

Programmlinie, vor. Diese besteht bis<br />

zu 97 Prozent aus recyceltem Material.<br />

Dabei sind sowohl Trägerplatte<br />

als auch Möbelfolie in fast vollständig<br />

aus Rezyklat hergestellten Varianten<br />

Titus<br />

Grass<br />

Kesseböhmer/Rockenhausen<br />

12/2022 möbel kultur 45


KÜCHE<br />

Flaggen: shutterstock.com/Lars Poyansky<br />

MHK Group: Jahrestreffen auf internationalem Terrain<br />

Starke Töchter<br />

Längst wird das Wachstum der MHK Group ein gutes Stück von<br />

den sechs Auslandstöchtern getragen. Grund genug für das<br />

Verbandsmanagement, sich nach der Corona-Pause wieder mit<br />

den Landesgesellschaften vor Ort auszutauschen. Angesichts<br />

der internationalen Herausforderungen ging es in Brüssel,<br />

Noordwijk, Linz, Madrid und Warwickshire erst recht darum,<br />

Stimmungen einzufangen und mit neuen Impulsen die „Kraft<br />

der Gemeinschaft“ zu mobilisieren.<br />

Zwei große Jubiläen, eine ganze<br />

Reihe von Impulsvorträgen und<br />

natürlich die Auszeichnung der<br />

schönsten Küchen- und Badplanungen<br />

mit dem „Goldenen Dreieck“<br />

prägten die Jahrestreffen, zu denen<br />

die MHK Group jeweils die Mitglieder<br />

ihrer Landesgesellschaften<br />

einlud. Allesamt erwirtschaften sie<br />

bereits rund ein Drittel des gesamten<br />

Bruttoumsatzes der Gruppe<br />

(2021 waren es 2,99 Mrd. Euro)<br />

– sie sind also enorm wichtig für<br />

die Diversifikation in den eigenen<br />

Reihen und tragen einen guten Teil<br />

zur „Kraft der Gemeinschaft“ bei,<br />

wie Werner Heilos als Vorsitzender<br />

des MHK-Vorstands immer wieder<br />

in seinen Vorträgen vor den jeweiligen<br />

Mitgliedern betonte.<br />

MHK Nederland, 1992 gegründet,<br />

war die erste Auslandsgesellschaft<br />

im Verband. Ein Anlass für<br />

Stolz auf die Auslandstöchter:<br />

Als Vorstandschef<br />

der MHK Group<br />

setzt Werner Heilos<br />

gerade in Krisenzeiten<br />

auf die „Kraft der<br />

Gemeinschaft“.<br />

400 Gäste, bei der Hauptversammlung<br />

in Noordwijk auf das 30-jährige<br />

Bestehen anzustoßen. Wobei Jeroen<br />

Geerling, Geschäftsführer MHK Niederlande,<br />

über zehn neue Mitglieder<br />

berichten konnte. Insgesamt zählte<br />

die niederländische MHK-Tochter<br />

im abgelaufenen Geschäftsjahr 225<br />

Gesellschafter (+10). Beim Umsatzwachstum<br />

konnten diese mit 18,9<br />

Prozent deutlich über dem Marktdurchschnitt<br />

zulegen. Ergänzend<br />

zur filmischen Retrospektive blickte<br />

Werner Heilos in Noordwijk auf<br />

die Erfolgsgeschichte aus 30 Jahren<br />

zurück und rief dazu auf, weiterhin<br />

Mut und Entschlossenheit zu beweisen,<br />

„in Zeiten, in denen neue Lieferströme,<br />

unbequeme Konditionen<br />

und schwer zu verdauende Preise<br />

unseren Einfallsreichtum und das<br />

Verlassen alter Pfade herausfordern.“<br />

Sein Credo: „Setzen wir Prioritäten!<br />

Mindern wir Risiken und probieren<br />

wir Neues mit neuen Konzepten<br />

aus!“ Special Guests in Noordwijk<br />

waren der Formel-1-Rennfahrer und<br />

Unternehmer Robert Doornbos, der<br />

aus seinen langjährigen Erfahrungen<br />

im Rennsport berichtete, sowie<br />

die Sängerin und ESC-Teilnehmerin<br />

Edsilia Rombley.<br />

Nur fünf Jahre jünger ist die<br />

MHK Belgien und konnte somit<br />

das 25-jährige Jubiläum feiern.<br />

In Eupen gestartet und seit dem<br />

Umzug seit diesem Jahr in Brüssel<br />

beheimatet, ist die belgische Tochter<br />

mit rund 200 Handelspartnern<br />

eine beständige Größe in der<br />

Gruppe. Das Umsatzplus 2021 lag<br />

bei 18,7 Prozent, also deutlich<br />

über dem Marktdurchschnitt. 220<br />

Gäste folgten der Einladung von<br />

Landeschef Jeroen Geldhof zum<br />

zweitägigen Jubiläumsevent nach<br />

Brüssel. Parallel lief eine Marketingaktion<br />

mit 25 Angeboten, die<br />

sich allesamt rund um die Zahl 25<br />

drehen. Neben der Auszeichnung<br />

der langjährigen Handelspartner<br />

für 10, 15 und 20 Jahre Mitgliedschaft<br />

ermutigte MHK-Vorstand Dr.<br />

Olaf Hoppelshäuser die Mitglieder<br />

angesichts der Herausforderungen,<br />

vor denen (nicht nur) Belgiens<br />

Küchenbranche steht: „Der Erfolg<br />

der Küchenbranche ist immer das<br />

Ergebnis der guten Zusammenarbeit<br />

zwischen Industrie, Handel und Verbänden.“<br />

Die MHK-Gesellschafter<br />

können dabei auf die Unterstützung<br />

durch starke Vertriebskonzepte wie<br />

Kitchen Expert, attraktive Eigenmarken<br />

sowie reichweitenstarke<br />

Marketingaktivitäten zählen. Abgerundet<br />

wurde die Jubiläums-Hauptversammlung<br />

durch einen großen<br />

Get-together-Abend mit bester<br />

Unterhaltung durch eine erstklassige<br />

Partyband mit der ESC Gewinnerin<br />

Sandra Kim.<br />

Bereits im Juni hatte MHK Ibérica<br />

ihr Treffen in Madrid, gemeinsam<br />

mit der MHK Schweiz. Da Landeschef<br />

Juan Peña Corona-bedingt<br />

nur per Live-Schaltung dabei sein<br />

konnte, hielt Exportleiter Marcel<br />

Crezee die Begrüßungsrede. Auf<br />

Spanisch, nach nur zweimonatigem<br />

Crashkurs, verkündete er die<br />

erstklassigen Zahlen. Denn mit insgesamt<br />

107 Mitgliedern erzielten<br />

die Spanier 2021 mehr als zwanzig<br />

Prozent Umsatzplus. Und auch im<br />

laufenden Geschäftsjahr bleiben die<br />

Auftragsbücher gefüllt, berichtete<br />

Juan Peña, bei einem anhaltend<br />

46 möbel kultur 12/2022


hohen Trend zur Renovierung von<br />

Küchen und Badezimmern. „Insbesondere<br />

mit unseren Eigenmarken<br />

Neola und Xeno haben wir zwei<br />

echte Asse im Ärmel, mit denen<br />

sich unsere Anschlusshäuser auch<br />

in einem schwieriger werdenden<br />

Markt sehr gut behaupten können“,<br />

ergänzte dazu Marcel Crezee. Dass<br />

erfolgreiche Geschäfte immer noch<br />

von Mensch zu Mensch gemacht<br />

werden, betonte zudem Gastredner<br />

Antonio Vicente de la Fuente<br />

in seinem Vortrag über die „Hyperdigitalisierung<br />

des Verbrauchers“<br />

und stellte Strategien vor, die die<br />

Sichtbarkeit der Unternehmen<br />

sowohl im Internet als auch vor<br />

Ort erhöhen.<br />

„Im Wandel liegt die Zukunft“<br />

lautete dagegen der programmatische<br />

Titel des Treffens der Österreicher<br />

in Linz. Vor 180 MHK-Partnern<br />

erklärte hier im Oktober Günter<br />

Schwarzlmüller, Geschäftsführer der<br />

Landesgesellschaft, was hinter der<br />

Strategie „MHK goes Digital“ steckt:<br />

„Mit einer digitalen Plattform für<br />

Handel, Handwerk, Industrie und<br />

Dienstleister sollen sowohl die<br />

Einzellösungen unserer eigenen als<br />

auch die unserer externen Dienstleister<br />

zu einem großen digitalen<br />

Dienstleistungsnetz rund um den<br />

Customer Journey verknüpft werden.“<br />

Mit 15,2 Prozent Umsatzzuwachs<br />

im Rücken, sieht die Gruppe<br />

gute Chancen auch in unsicheren<br />

Zeiten. Als Dirigent und Führungsexperte<br />

war u.a. Christian Gansch<br />

eingeladen, der ein Plädoyer fürs<br />

Miteinander hielt.<br />

Großbritannien war schließlich<br />

die letzte Station der Herbst-Tagungen,<br />

wobei diese im British Motor<br />

Museum Warwickshire in einer<br />

besonders originellen Location stattfand.<br />

Zwischen 300 Oldtimern wie<br />

dem ersten Mini und dem letzten<br />

Aston Martin war es die erste Hauptversammlung<br />

nach der Gründung<br />

vor vier Jahren. „Der Schritt über<br />

den Ärmelkanal im Jahr 2018 war<br />

ein bedeutender Meilenstein in der<br />

Geschichte der MHK Group“, unterstrich<br />

Werner Heilos den Entschluss,<br />

nach Belgien, den Niederlanden,<br />

Österreich, der Schweiz und Spanien<br />

die sechste Tochter im Ausland aus<br />

der Taufe zu heben. „Nach anfänglichen<br />

Schwierigkeiten, der englischen<br />

Küchenbranche die Idee einer Verbundgruppe<br />

zu verkaufen, sind wir<br />

heute mit 80 Handelspartnern und<br />

50 Lieferanten sehr gut in England<br />

aufgestellt“, so die Bilanz von Werner<br />

Heilos. Paul Wheeler, Sales Direktor<br />

MHK UK, erkennt in den Synergien<br />

im gemeinsamen Einkauf und im<br />

breiten Sortiment ebenso wie im Vertriebskonzept<br />

Kitchen Experts auch<br />

weiterhin Vorteile, gewinnbringend<br />

Küchen zu verkaufen. Zu Gast in<br />

Warwickshire war im Übrigen auch<br />

Bestsellerautor Adrian Webster, der in<br />

seiner Motivationsrede „The Power<br />

of TnT‘s“ auf die „kleinen Dinge“<br />

hinwies, die den Unterschied auch<br />

im Verkaufsgespräch ausmachen.<br />

Und wie „Englands schönste Küche<br />

2022“ aussieht? Hell, geräumig und<br />

im modernen Country Style.<br />

www.mhk.de<br />

Mitglieder-Treffen<br />

in Madrid mit<br />

Live-Schaltung:<br />

Exportchef Marcel<br />

Crezee (r.) sprang<br />

für den erkrankten<br />

Geschäftsführer von<br />

MHK Ibérica ein.<br />

Dank Crashkurs gelang<br />

die Begrüßung<br />

auf Spanisch.<br />

Ein Vierteljahrhundert<br />

besteht die<br />

belgische Landesgesellschaft:<br />

Anlass zum Feiern<br />

für die rund 200<br />

Handelspartnern.<br />

Günter Schwarzlmüller,<br />

Geschäftsführer<br />

von MHK<br />

Österreich, stellte<br />

das Jahrestreffen<br />

in Linz unter das<br />

Motto „Neue Wege<br />

gehen“ und schlug<br />

damit den Bogen<br />

zum Digitalisierungskurs<br />

2023.<br />

Im Turbotempo<br />

hat die erst 2018<br />

gegründete MHK UK<br />

zugelegt – passender<br />

Meeting Point<br />

war das British<br />

Motor Museum in<br />

Warwickshire.<br />

Die erste Landesgesellschaft<br />

feierte ihr<br />

30-jähriges Jubiläum<br />

mit 400 Gästen. Zu<br />

den Highlights auf<br />

der Bühne zählte der<br />

Auftritt von Formel-<br />

1-Rennfahrer und<br />

Unternehmer Robert<br />

Doornbos sowie<br />

die Verleihung des<br />

Goldenen Dreieicks<br />

für die schönsten<br />

Küchen und Bäder.<br />

12/2022 möbel kultur 47


GO GREEN<br />

Rotpunkt Küchen: FSC-Zertifizierung ein Baustein<br />

Nachhaltigkeit<br />

als USP<br />

Konsequent arbeitet Rotpunkt Küchen seit Jahren daran,<br />

nachhaltig(er) zu werden. Die FSC-Zertifizierung zu<br />

Jahresbeginn war ein wichtiger Bestandteil des Prozesses.<br />

Dank der weltweiten Bekanntheit des Siegels hat das<br />

Unternehmen, das bereits 95 Prozent des Sortiments auf<br />

FSC-zertifizierte Produkte umgestellt hat, jetzt ein Alleinstellungsmerkmal.<br />

Ein weiterer Erfolg ist der Auftrag<br />

für die Lieferung von 536 Küchen für das „UN17 Village“,<br />

eine nachhaltige Wohnsiedlung in Kopenhagen.<br />

Selbst ambitionierte<br />

Ansprüche an Nachhaltigkeit<br />

lassen sich sehr gut mit<br />

Funktionalität und Premium-<br />

Lifestyle kombinieren.<br />

Sven Herden, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb<br />

Durch den Einsatz von FSC-zertifizierten Spanplatten, die zu<br />

90 Prozent aus Recyclingholz bestehen, sind Rotpunkt Küchen<br />

immer auch gut für ein gesünderes Raumklima.<br />

Für Rotpunkt Küchen ist die<br />

FSC-Zertifizierung (CU-COC-<br />

847235) nur ein Baustein im<br />

ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzept.<br />

Denn dieses orientiert sich an<br />

den 17 globalen Zielen der Vereinten<br />

Nationen für nachhaltige Entwicklung,<br />

den sogenannten Sustainable<br />

Development Goals. Der Bünder<br />

Küchenhersteller verfolgt ökologische,<br />

ökonomische und soziale Ziele.<br />

Dabei geht es um viel mehr als „nur“<br />

ein Thema: Gesundheit und Wohlergehen,<br />

keine Armut, Maßnahmen<br />

zum Klimaschutz, menschenwürdige<br />

Arbeit und Wirtschaftswachstum<br />

gehören dazu, ebenso wie die Mitarbeiter-<br />

und die Wohngesundheit<br />

mit Rotpunkt Möbeln bis hin zum<br />

Weltklima. Alle Herstellungsschritte<br />

nimmt Rotpunkt unter die Lupe und<br />

richtet sie so aus, dass sie zur eigenen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie passen.<br />

Deshalb ist der Wechsel von der<br />

PEFC- zur FSC-Zertifizierung zu<br />

Jahresbeginn ein wichtiger Schritt,<br />

unterstreicht er doch die Selbstverpflichtung<br />

zur Nachhaltigkeit. Durch<br />

die strengeren Regularien können<br />

Transparenz, Kontrolle und Ernsthaftigkeit<br />

der Ausrichtung unter<br />

Beweis gestellt werden. Weil das<br />

FSC-Siegel weltweit bekannt und<br />

anerkannt ist, hilft es in der Kommunikation<br />

mit Kunden. Und Ressourcenschonung<br />

ist ein Mehrwert,<br />

der an die Kund:innen weitergegeben<br />

werden kann.<br />

Aktuell sind laut Sven Herden,<br />

Geschäftsführer Marketing & Vertrieb<br />

bei Rotpunkt, bereits 95 Prozent<br />

des Sortiments auf FSC-zertifizierte<br />

Produkte umgestellt. „Damit können<br />

wir auf ein Alleinstellungsmerkmal<br />

in unserer Branche verweisen“, so<br />

Herden.<br />

Auf dem Weg dorthin hat Rotpunkt<br />

zunächst einmal Gespräche<br />

mit Lieferanten geführt, um die Verfügbarkeiten<br />

von Material zu prüfen<br />

und die Rahmenbedingungen abzusprechen.<br />

Nach Prüfung und Kontrolle<br />

aller Faktoren fiel der Startschuss<br />

für den Umstellungsprozess.<br />

„Wir haben unser gesamtes Lager zu<br />

einem Stichtag markiert“, schildert<br />

Herden. So konnten wir genau definieren,<br />

welche Ware noch aus dem<br />

PEFC-Bestand stammte. Durch einen<br />

fließenden Übergang wurde nach<br />

und nach PEFC-zertifiziertes Material<br />

durch FSC-zertifiziertes ersetzt.<br />

Ehrensache, dass Rotpunkt in dieser<br />

Zeit gar keine Zertifizierung ausgewiesen<br />

hat. Durch Hochrechnungen<br />

hinsichtlich des Umschlags war<br />

zum 1. Januar 2022 ein vollständiger<br />

Wechsel sicher erfolgt, sodass seither<br />

die Umstellung in Preislisten<br />

und Marketingmaterialien kommuniziert<br />

wird.<br />

In die Karten spielte Rotpunkt,<br />

dass ein Großteil der Lieferanten<br />

bereit selbst FSC-zertifiziert war und<br />

einige andere mitgezogen und sich<br />

ebenfalls FSC-zertifizieren haben<br />

lassen. Weil Rotpunkt einen partnerschaftlichen<br />

Umgang mit Lieferanten<br />

pflegt und eine Zusammenarbeit<br />

entweder bereits länger besteht oder<br />

auf Langfristigkeit ausgelegt ist,<br />

konnte sehr offen kommuniziert<br />

werden. Die Verfolgung derselben<br />

Ziele im Bereich der Nachhaltigkeit<br />

sowie der Menschenrechte und der<br />

Arbeitsbedingungen, auf die der FSC<br />

stark fokussiert ist, erleichterte es,<br />

die Umstellung zusammen mit den<br />

Lieferanten durchzuführen.<br />

Weil es weniger FSC-zertifizierte<br />

Wälder gibt, haben sich Preisstrukturen<br />

und Transportwege der<br />

Liefe ranten geändert. Darauf lag ein<br />

besonderes Augenmerk im Vorfeld.<br />

Doch es gab betriebsintern ebenfalls<br />

viel zu beachten, denn der<br />

50 möbel kultur 12/2022


Zertifizierung liegen umfangreiche<br />

Regularien zugrunde. Sie darf nach<br />

Überzeugung von Rotpunkt jedoch<br />

nicht über allem stehen. Vielmehr<br />

müsse der Gesamtprozess in Bezug<br />

auf die Nachhaltigkeit passen. „Wir<br />

wollen kein Greenwashing betreiben,<br />

sondern Transparenz in allen<br />

Prozessabläufen schaffen“, versichert<br />

Herden. Deshalb lag der Fokus auch<br />

nicht auf einem Imagegewinn. Die<br />

Werte, für die das FSC-Siegel steht,<br />

sollten fest in der Unternehmensphilosophie<br />

verankert sein. „Wir bei<br />

Rotpunkt sehen die Zertifizierung<br />

als Teil eines großen Prozesses“. Als<br />

ein „besonders schönes Ergebnis<br />

der Nachhaltigkeitsstrategie“ freut<br />

sich Rotpunkt über den Auftrag für<br />

das „UN17 Village“ (siehe unten).<br />

„Gedanklicher Ausgangspunkt,<br />

uns für dieses Projekt zu bewerben,<br />

war unsere ,Greenline‘“, erzählt<br />

Herden. Das „Greenline“-Sortiment<br />

innerhalb der Rotpunkt-Kollektion<br />

basiert auf einer emissionsarmen<br />

Spanplatte, die zu 90 Prozent aus<br />

Recyclingholz gefertigt wird. Dabei<br />

ist die „Greenline BioBoard Gen2“<br />

genauso belast- und bearbeitbar wie<br />

eine herkömmliche Spanplatte –<br />

aber leichter und CO2-freundlicher<br />

sowie gut für ein gesünderes Raumklima,<br />

weil die für eine Spanplatte<br />

fertigungstypischen Formaldehyd-<br />

Emissionen zusätzlich reduziert<br />

sind. Das „Greenline-BioBio-Board“<br />

ist FSC-zertifiziert, was Rotpunkt<br />

durch eine stetige Prüfung und<br />

Kontrolle seitens des Lieferanten<br />

gewährleisten kann. „Gerade wegen<br />

der mit Recyclingholz verbundenen<br />

Herausforderungen der Nachweisbarkeit<br />

arbeitet Rotpunkt mit<br />

einem renommierten Hersteller wie<br />

Pfleiderer zusammen“, so Herden.<br />

Damit passen „Greenline“-Küchenmöbel<br />

exakt ins Anforderungsprofil<br />

für das „UN17 Village“, das zeigen<br />

will, wie sich Bauprojekte gesünder<br />

und umweltfreundlicher planen und<br />

realisieren lassen. SUSANNE KRAFT<br />

www.rotpunktkuechen.de<br />

Unser Verständnis von<br />

Nachhaltigkeit zielt auf das<br />

globale Klima ebenso wie auf<br />

das Klima in unserem<br />

Unternehmen und auf das<br />

Raumklima bei den Kunden<br />

daheim. Andreas Wagner, Geschäftsführender Gesellschafter Rotpunkt Küchen<br />

UN17-Village<br />

Leuchtturmprojekt für zukünftiges Wohnen<br />

Wenn das „UN17-Village“<br />

2024 fertig ist, wird jeder<br />

Wohnblock über einen Dachgarten<br />

und eine Regenwassersammelanlage<br />

verfügen. Hinzu<br />

kommen Solarzellen für die<br />

Stromerzeugung.<br />

Als einziges Unternehmen liefert<br />

Rotpunkt 536 Küchen für<br />

die Wohnsiedlung „UN17-Village“<br />

– ein Ritterschlag. Denn das<br />

Bauprojekt in Kopenhagen ist das<br />

derzeit wohl ambitionierteste in<br />

Sachen Nachhaltigkeit weltweit. Es<br />

entsteht am südlichen Stadtrand<br />

der dänischen Hauptstadt und soll<br />

2024 in fünf Gebäudekomplexen<br />

auf ca. 35.000 qm Lebensraum für<br />

mehr als 800 Menschen bieten. Die<br />

Umsetzung und der künftige Betrieb<br />

orientieren sich an den 17 Zielen<br />

der Vereinten Nationen für nachhaltige<br />

Entwicklung. Entsprechend<br />

hoch sind Ansprüche an die beteiligten<br />

Unternehmen und Lieferanten<br />

für den Bau und die Ausstattung der<br />

Wohnungen. Da sämtliche Gebäude<br />

komplett aus recyceltem Holz, Beton<br />

und Glas sowie wiederverwendeten<br />

Kunststoffen gebaut werden,<br />

passten die Rotpunkt Küchen exakt<br />

ins Anforderungsprofil. Geliefert<br />

werden Küchen für Single- und<br />

Penthouse-Wohnungen ebenso wie<br />

typische Familienküchen.<br />

12/2022 möbel kultur 51


INDUSTRIE<br />

Möbelmesse Brüssel: „Bubble up your Business“<br />

Kompaktes Format<br />

Die Möbelmesse in Brüssel hat abermals bewiesen, dass sie vor allem für den<br />

Benelux-Markt und Frankreich ein wichtiger Orderspot ist. Doch auch Besucher:innen<br />

aus der DACH-Region schätzen die Inspirationen und die entspannte Stimmung auf<br />

der Veranstaltung Anfang November.<br />

Wohlfühl-Feeling am<br />

Stand von Easysofa.<br />

Vertriebschef<br />

Sander Vroone ist<br />

insbesondere mit der<br />

Entwicklung auf dem<br />

deutschen Markt mehr<br />

als zufrieden.<br />

Unter dem Motto „Bubble up your<br />

Busines“ veranstaltete der neue<br />

Messechef Glenn De Maeseneer (l.),<br />

hier gemeinsam mit Marketingmanager<br />

Thomas Hibert, die diesjährige<br />

Brüsseler Möbelmesse.<br />

Die Atmosphäre war gut, sehr<br />

gut sogar“, freute sich Messechef<br />

Glenn De Maeseneer,<br />

über die erste Brüsseler Möbelmesse<br />

unter seiner Regie. Mit einem<br />

Besucherplus von acht Prozent im<br />

Vergleich zum Vorjahr zählte die<br />

Möbelmesse Brüssel rund 17.500<br />

Gäste. Damit rücken die Vor-Corona-<br />

Zahlen (2019: ca. 19.000) wieder<br />

in erreichbare Nähe. Der Großteil<br />

(40%) reiste, wie gewohnt, aus Belgien<br />

und Luxemburg an, gefolgt von<br />

den Niederlanden (25%), Frankreich<br />

(11,5%) und der DACH-<br />

Region (5,5%). Demgegenüber<br />

standen 215 Aussteller (+47). Die<br />

meisten kamen aus Belgien (69)<br />

und den Niederlanden (68), auf<br />

Platz 3 folgten schon die deutschen<br />

Teilnehmer (17) – Polipol fehlte<br />

dieses Mal, dafür waren jetzt u.a.<br />

neben Wiemann, Rauch und Nolte<br />

auch wieder Himolla und Gwinner<br />

vor Ort, aus Österreich Ada und<br />

Voglauer. Dabei machte die Messeleitung<br />

deutlich, dass sie sich künftig<br />

noch internationaler aufstellen<br />

möchte – und dass sie definitiv an<br />

dem Termin Anfang November festhalten<br />

will.<br />

Insgesamt zeichnet die Messe<br />

aus, dass sie als kompaktes Format<br />

einen guten Überblick über die<br />

aktuellen Trends gibt, besonders<br />

stark im Bereich Polstermöbel und<br />

Schlafen. Auffällig bei den Polstermöbeln:<br />

Die vielen gemütlichen,<br />

kuscheligen Bezüge beispielsweise<br />

bei Rom und Easysofa, egal ob mit<br />

Bouclé- und Cord-Stoffen, die dem<br />

Handel, gerade jetzt für die Wintersaison<br />

gute Argumente für die<br />

Vermarktung am PoS an die Hand<br />

geben. Bei den Kastenmöbeln punkteten<br />

die Hersteller mit ganzheitlichen<br />

Lösungen z.B. bei Meubar,<br />

Lee & Lewis plus den passenden<br />

Kleinmöbeln und einer großen Auswahl<br />

an Leuchten bei Zijlstra. Das<br />

Segment Schlafen war auch wieder<br />

gut vertreten, sowohl mit Schlafzimmern<br />

und Betten, als auch mit<br />

einer großen Auswahl an Matratzen.<br />

Interessant: Polypreen. Der belgische<br />

Hersteller bietet nicht nur<br />

wertige Boxspringbetten, sondern<br />

auch versandfertige Matratzen für<br />

den E-Commerce und ganz neu ein<br />

Seniorenbett.<br />

Die Stimmung war gut, allerdings<br />

zeichnet sich im Vergleich<br />

zu den Herbstmessen in Deutschland<br />

ab – die viel besser waren<br />

als erwartet –, dass die Hersteller<br />

54 möbel kultur 12/2022


Rom ergänzte seine<br />

modernen Polstermöbel<br />

erstmals<br />

um eine Tischund<br />

Stuhl-Lösung.<br />

Trendige Living-Konzepte im rustikalen<br />

Look präsentierte Lee & Lewis, z.B. mit<br />

diesem ausziehbaren Teakholztisch.<br />

Kleinmöbel, Tische, Stühle und Leuchten sind<br />

die Kompetenz von Zijlstra. Die Niederländer<br />

sind verstärkt im Onlinehandel aktiv.<br />

Bleibt der Experte für massive Eichenmöbel:<br />

Theuns. Elke Theuns zeigte u.a. „Napoli“ in<br />

Eiche dunkel, braun, naturell und grau.<br />

das kommende Jahr<br />

nur sechs Wochen<br />

später um einiges<br />

ernster einschätzten.<br />

Die Bereitschaft, zu<br />

kaufen sei noch da,<br />

sagte zum Beispiel<br />

Meubar- CEO Steven<br />

Verraes. Doch wenn<br />

die Preise weiter steigen,<br />

die Inflation hoch<br />

bleibe, dann müsse<br />

man 2023 mit Insolvenzen<br />

rechnen. Die<br />

Unsicherheit wächst.<br />

Das zeigen auch die<br />

aktuellen Zahlen der<br />

belgischen Möbelindustrie. Seit dem<br />

zweiten Quartal, also nach Beginn<br />

des Kriegs in der Ukraine, ist die<br />

Nachfrage nach Möbeln deutlich<br />

zurückgegangen. Zum einen haben<br />

auch die Verbraucher:innen in Belgien<br />

zuletzt wieder stärker in ihre<br />

Freizeit – Gastronomie und Reisen<br />

– investiert, zum anderen bremsen<br />

die steigenden Energiepreise die<br />

Kauflust.<br />

Im ersten Halbjahr 2022 stieg<br />

der Umsatz der belgischen Möbelindustrie<br />

im Vergleich zum Vorjahr<br />

zwar noch um 2,9 Prozent auf 1,19<br />

Mrd. Euro. Doch im gleichen Zeitraum<br />

kletterten die Absatzpreise um<br />

15,7 Prozent. Fedustria, der belgische<br />

Verband der Textil-, Holz- und<br />

Möbelindustrie, sieht deshalb einen<br />

faktischen Umsatzrückgang von 13<br />

Prozent. Kumuliert bis Ende August<br />

gingen die Auftragseingänge im belgischen<br />

Möbelhandel um 4,3 Prozent<br />

zurück (siehe S. 56).<br />

Davon ließen sich die Messemacher<br />

am Dienstagabend bei der<br />

„Balthazar“– Preisverleihung allerdings<br />

nicht die Laune verderben.<br />

Insgesamt 110 Produkte wurden<br />

Komplette Wohnlösungen auch für den deutschen Markt<br />

bietet Meubar-CEO Steven Verraes. Ein Highlight: die<br />

Marmor-Optiken bei Tischplatten und Schrankfronten.<br />

eingereicht, mehr als die Hälfte aus<br />

dem Ausland. „Best of Belgium“<br />

ging an Mobitec für den Tisch „Blossom“,<br />

„Best International“ an Kler<br />

(PL) für das Polstermöbel „Cheers“,<br />

„Best Innovation“ an Sofar (BE),<br />

mit einem innovativen Sofa-Konzept<br />

und die Auszeichnung „Love<br />

at First Sight“ an The Beds (PL) für<br />

„Pola“. Das machte Lust auf mehr:<br />

Nächstes Jahr geht die Möbelmesse<br />

in Brüssel vom 5. bis 8. November<br />

über die Bühne.<br />

EVELYNE BECKMANN<br />

Das Printmagazin BE gibt es nicht mehr,<br />

dafür hat die Möbelmesse Brüssel einen<br />

Blog gestartet, auf dem regelmäßig aktuelle<br />

News von der Messe und aus der belgischen<br />

Möbelindustrie veröffentlicht werden.<br />

12 /2022 möbel kultur 55


SKANDINAVIEN<br />

Willkommen im House Nordic!<br />

Mit sympathischer Art und<br />

einem treff sicheren Sortiment<br />

hat Henrik Jørgensen sein<br />

Unternehmen zu einem Aufsteiger<br />

unter den europäischen<br />

Großhändlern gemacht.<br />

House Nordic: Interview mit Henrik Jørgensen<br />

Ein dänisches<br />

Handelshaus<br />

für die Welt<br />

Seit der Gründung vor fünf Jahren schreibt House<br />

Nordic eine internationale Erfolgsgeschichte. Das<br />

dänische Großhandelsunternehmen findet mit<br />

skandinavischem Design und bewusst kompetitiven<br />

Preisen Abnehmer auf der ganzen Welt. Auch in<br />

schwierigen Import-Zeiten blickt der CEO und Firmengründer<br />

Henrik Jørgensen mit ungebrochenem<br />

skandinavischem Optimismus nach vorn, wie er der<br />

„möbel kultur“ im Interview erklärt.<br />

möbel kultur: Herr Jørgensen, was für ein<br />

Unternehmen ist House Nordic? Und was<br />

ist das Geschäftsmodell?<br />

Henrik Jørgensen: House Nordic ist<br />

ein Großhandelsunternehmen<br />

für Möbel, Inneneinrichtung und<br />

Accessoires mit Sitz in Dänemark.<br />

Wir haben derzeit Kunden in mehr<br />

als 40 verschiedenen Ländern der<br />

Welt, aber Europa ist unser Hauptabsatzmarkt.<br />

Wir haben mit House<br />

Nordic ein sehr agiles Unterneh-<br />

men gebaut. Unser gesamtes Sortiment<br />

ist in unseren Lagern in<br />

Dänemark vorrätig und wir ermöglichen<br />

auch Dropship-Lösungen.<br />

Unser Ziel ist es, qualitativ hochwertige<br />

Produkte zu niedrigen<br />

und wettbewerbsfähigen Preisen<br />

anzubieten.<br />

Wir sind sehr ehrgeizig und konzentrieren<br />

uns vor allem auf solide,<br />

offene und ehrliche Beziehungen in<br />

der Beschaffung, bei denen wir auf<br />

Teamarbeit setzen und Win-Win-<br />

Szenarien anstreben.<br />

möbel kultur: Wie viele Mitarbeitende<br />

beschäftigt das Unternehmen selbst?<br />

Henrik Jørgensen: Es sind insgesamt<br />

45 Mitarbeiter:innen – 25 davon<br />

in der Administration und 20 im<br />

Lager. Ich habe das Unternehmen<br />

vor fünf Jahren gegründet und<br />

die Wachstumskurve ist seitdem<br />

erfreulicher weise sehr steil nach<br />

58 möbel kultur 12/2022


oben gegangen. Mein Vater hat mir<br />

in der Anfangsphase sehr geholfen<br />

und er gehört immer noch zum<br />

Team.<br />

möbel kultur: Wie dänisch ist das<br />

Unternehmen?<br />

Henrik Jørgensen: Von der internen<br />

Organisation her ist House Nordic<br />

sehr dänisch. Das gilt auch in der<br />

Hinsicht, dass wir im Geschäftsalltag<br />

nicht sehr hierarchisch agieren und<br />

kommunizieren. Alle Mitarbeitenden<br />

werden für ihren Beitrag und<br />

ihre jeweilige Expertise geschätzt.<br />

Ein dänisches Unter nehmen ist in<br />

der Regel nicht sehr bürokratisch<br />

und löst Probleme mit einem hohen<br />

Maß an Pragmatismus. Das ist auch<br />

bei uns der Fall.<br />

möbel kultur: Wo ist House Nordic besonders<br />

erfolgreich?<br />

Henrik Jørgensen: Der Scandi Look<br />

hat viele Fans in aller Welt. Unser<br />

Sowohl unsere Lager als auch unser<br />

Büro befinden sich in unmittel barer<br />

Nähe. Einen großen Teil unserer<br />

Produkte entwerfen wir anhand<br />

der dänischen Lebensweise und<br />

wir arbeiten mit unterschiedlichen<br />

Designern zusammen, um dieses<br />

Ziel immer wieder aufs Neue zu<br />

erreichen. Unser Einkaufsteam reist<br />

um den gesamten Globus, um die<br />

besten Produkte zu scouten.<br />

möbel kultur: Wie ist das Sortiment<br />

aufgebaut?<br />

Henrik Jørgensen: Es ist sehr umfangreich.<br />

Wir sind ein One-Stop-<br />

Shop-Lieferant, da wir Möbel und<br />

Accessoires sowohl für den Innenals<br />

auch für den Außenbereich<br />

vertreiben. Das macht es für die<br />

Handelspartner interessant, weil<br />

sie vieles aus einer Hand beziehen<br />

können. Wir entwickeln ständig<br />

neue Produkte und gehen auf die<br />

unterschiedlichen Anforderungen<br />

möbel kultur: In welchen Ländern<br />

beschafft House Nordic traditionell<br />

Waren?<br />

Henrik Jørgensen: Wir produzieren<br />

die meisten unserer Produkte im<br />

Fernen Osten, also in Indonesien,<br />

China, Vietnam, Indien und weiteren<br />

Ländern. Einige unserer Produkte<br />

werden wegen der kürzeren<br />

Lieferzeiten aber auch in Europa<br />

hergestellt. Es kommt sehr auf den<br />

Artikel an.<br />

möbel kultur: Das Importgeschäft ist in<br />

den letzten zwei Jahren komplizierter<br />

geworden.<br />

Henrik Jørgensen: Das stimmt, denn<br />

die Preise sowohl für die Herstellung<br />

als auch für den Versand sind<br />

rasant gestiegen. Wir profitieren<br />

aber auch in der Logistik von den<br />

langjährigen Partnerschaften mit<br />

unseren Speditionen. Wir sind ein<br />

wichtiger Auftraggeber, weil wir<br />

große Volumina bewegen lassen.<br />

Die fein abgestimmten<br />

Wohnbilder im Scandi Look<br />

kommen in vielen Ländern<br />

der Welt sehr gut an.<br />

größter Markt ist derzeit Skandinavien,<br />

aber auch in Deutschland und<br />

den Benelux-Ländern wachsen wir<br />

sehr schnell.<br />

möbel kultur: House Nordic hat seinen<br />

Sitz auf der beschaulichen Insel Fünen.<br />

Woher kommen die Inspirationen für das<br />

Sortiment?<br />

Henrik Jørgensen: Ja, das ist richtig.<br />

Wir sind im nördlichen Teil Fünens,<br />

in der Kleinstadt Søndersø, ansässig.<br />

der verschiedenen Märkte ein, in<br />

denen wir tätig sind.<br />

möbel kultur: Wie intensiv wird der B2B-<br />

Shop von den Handelspartnern genutzt?<br />

Henrik Jørgensen: Das B2B-Portal wird<br />

sehr stark genutzt, da die Nutzung<br />

einerseits sehr einfach ist und andererseits<br />

sehr viele Services geboten<br />

werden. Die Kunden können dort<br />

Preislisten, Lagerbestände und Verpackungsinformationen<br />

einsehen.<br />

möbel kultur: Werden Sie die Beschaffungsmärkte<br />

umstrukturieren?<br />

Henrik Jørgensen: Langfristig werden<br />

wir das an einigen Stellen tun, wenn<br />

sich der Markt wieder normalisiert.<br />

Aktuell sinken die Transportpreise<br />

aber wieder und wir können nun<br />

mehr denn je von unseren starken<br />

Partnerschaften profitieren.<br />

SASCHA TAPKEN<br />

www.housenordic.dk<br />

12/2022 möbel kultur 59


TOP-THEMA/SCHLAFEN<br />

Die Preise<br />

<br />

Aufgrund immenser Preissteigerungen<br />

und einer teilweisen<br />

Materialverknappung<br />

befindet sich die deutsche<br />

Matratzenindustrie weiter<br />

im Ausnahmezustand. Wie<br />

reagieren die Hersteller<br />

auf die aktuelle Situation?<br />

Welche Strategien wählen<br />

sie, um erfolgreich zu<br />

bleiben? Und was erhoffen<br />

sie sich vom Handel? Eine<br />

Analyse der „möbel kultur“.<br />

steigen weiter<br />

Die TDI-Anlage von<br />

BASF am Standort<br />

Ludwigshafen hat eine<br />

Kapazität von 300.000<br />

Tonnen. Im Bild: Die<br />

Schichtführer David<br />

Taxweiler (l.) und<br />

Thomas Pernitzki bei<br />

einem Sicherheitsrundgang<br />

durch die<br />

TDI-Anlage.<br />

Foto: BASF SE<br />

62 möbel kultur 12/2022


Schwieriger denn je gestaltet<br />

sich die Situation für die<br />

deutsche Matratzenindustrie.<br />

Denn nach den Auswirkungen der<br />

Pandemie hat nun der Krieg in der<br />

Ukraine zusätzlich deutliche Spuren<br />

hinterlassen. So haben sich die<br />

Preise in allen Segmenten – von<br />

den Rohstoffen über die Logistik<br />

bis hin zur Verpackung – teils dramatisch<br />

erhöht. Einige Beispiele:<br />

Polyurethan war im November<br />

2022 um 25 Prozent teurer als im<br />

November 2021, Polyester um 35<br />

Prozent. Die Preise für Sperrholz<br />

und Spanplatten, zwischenzeitlich<br />

bei einer Erhöhung von 300 Prozent<br />

angekommen, liegen aktuell immer<br />

noch rund 40 Prozent über denen<br />

des vergangenen Novembers. Auch<br />

Stahl und Vlies haben zugelegt,<br />

wobei sich „die Preise für Stahl zum<br />

Sommer hin noch einmal erhöht<br />

haben, aktuell aber leicht nach<br />

unten tendieren“, wie Frank Lindner,<br />

Geschäftsführer Sun Garden,<br />

erklärt. Bei einer aktuellen Umfrage<br />

des Fachverbands Matratzen-Industrie<br />

berichteten mehr als die Hälfte<br />

der Unternehmen hinsichtlich der<br />

Materialkosten von Anstiegen bis 50<br />

Prozent, ein Drittel sogar von einer<br />

Verdopplung.<br />

Eine besondere Rolle spielt hierbei<br />

der Rohstoff TDI (Toluoldiisocyanat),<br />

der für die Herstellung<br />

von Matratzenschaum benötigt<br />

wird. Hintergrund ist, dass bei den<br />

weltweit nur wenigen Herstellern<br />

dieses Grundstoffes immer wieder<br />

technische Ausfälle gemeldet werden,<br />

die dann zu Verknappung und<br />

Preisanstiegen führen. Zuletzt war<br />

es im August beim Unternehmen<br />

Covestro – einem der drei TDI-Hersteller<br />

in Europa – zu einem Produktionsausfall<br />

und Anmeldung von<br />

„Force Majeure“ gekommen. „Unter<br />

Branchenkennern verfestigt sich der<br />

Verdacht, dass hinter diesen Störungen<br />

ein System steckt“, so Verbands-<br />

Geschäftsführer Martin Auerbach.<br />

Und Thomas Bußkamp, CEO der<br />

Eurocomfort Group, betont: „Die<br />

Schaumhersteller realisieren ein<br />

Overprizing.“ Insgesamt waren im<br />

Herbst im Bereich TDI laut Frank<br />

Lindner von Sun Garden „nur noch<br />

ca. 25 Prozent der Produktionskapazitäten<br />

verfügbar.<br />

Das einzige Zulieferprodukt, das<br />

aktuell günstiger ist als im November<br />

2021, sind Federkerne. Die<br />

Preise haben sich entspannt, da<br />

wieder mehr Ware aus Asien kommt.<br />

Neben den Materialkosten<br />

machen den Herstellern die enormen<br />

Energiepreise zu schaffen. In<br />

der polnischen Produktionsstätte<br />

der Eurocomfort Group beispielsweise<br />

hat sich Gas um 500 Prozent<br />

und Strom um 50 Prozent verteuert.<br />

Hinzu kommen die Transporte, die<br />

mit einer Steigerung von 50 bis 100<br />

Prozent im Vergleich zum November<br />

2021 zu Buche schlagen, sowie die<br />

Kartonage, die bei einem Plus von<br />

35 bis 40 Prozent liegt, erklärt Thomas<br />

Bußkamp. Die Container-Preise<br />

sind dagegen aktuell stark gesunken.<br />

Auch für die kommenden Mo -<br />

nate sind die Aussichten wenig<br />

optimistisch, wie die Umfrage des<br />

Fachverbands Matratzen-Industrie<br />

zeigt: Mehr als zwei Drittel erwarten<br />

weitere Erhöhungen bis 50 Prozent.<br />

Dunlopillo-Geschäftsführer Christoph<br />

v. Wrisberg geht für 2023 von<br />

„Preiserhöhungen im zweistelligen<br />

Bereich“ aus. Und Klaus Neudecker,<br />

Geschäftsleitung Rummel Matratzen,<br />

prognostiziert: „Zuspitzen wird es<br />

sich 2023 mit Sicherheit bei den<br />

Schaumpreisen. Von einer Entspannung<br />

ist nicht auszugehen.“ Marktwirtschaftlich<br />

im ersten Moment<br />

erstaunlich, da bei sinkender Nachfrage,<br />

wie sie aktuell zu spüren ist,<br />

eigentlich auch die Preise sinken.<br />

Aber: „Aktuell treffen unsere europäischen<br />

Vorlieferanten im Bereich<br />

der ,Chemie‘ eher die Entscheidung,<br />

Produktionen herun terzufahren, als<br />

die Preise zu senken“, erklärt Frank<br />

Lindner.<br />

Angesichts dieser Situation war<br />

es für die Hersteller im Laufe dieses<br />

Jahres unumgänglich, ebenfalls die<br />

Preise anzupassen. Rummel beispielsweise<br />

hat im Schnitt um acht<br />

Prozent erhöht, die Eurocomfort<br />

Group um fünf Prozent. Christoph v.<br />

Wrisberg betont: „Wir konnten sieben<br />

bis zehn Prozent weitergeben,<br />

obwohl wir das Doppelte benötigt<br />

hätten. Hier muss spätestens 2023<br />

nachgebessert werden und wir hoffen<br />

auf die Einsicht des Handels –<br />

Wir wollen<br />

unsere Fertigungstiefe<br />

erhöhen, u.a.<br />

mit einer eigenen<br />

Schaumfabrik.<br />

Thomas Bußkamp, CEO der Eurocomfort Group<br />

auch was die Fristen der Umsetzung<br />

angeht. Denn drei Monate Vorlauf,<br />

bevor Preiserhöhungen greifen, ist<br />

bei permanent steigenden Preisen<br />

eine Hypothek.“<br />

Viele Unternehmen haben 2022<br />

zudem mit zeitlich begrenzten<br />

Wir hoffen bei<br />

Preiserhöhungen auf die<br />

Einsicht des Handels –<br />

auch was die Fristen für<br />

die Umsetzung angeht.<br />

Christoph v. Wrisberg, Geschäftsführer Dunlopillo<br />

12/2022 möbel kultur 63


SCHLAFEN<br />

Rund 1 Mio. Matratzenkerne<br />

produziert Latexco<br />

pro Jahr. Die Stahlformen<br />

fertigen sie selbst,<br />

aktuell verfügen sie über<br />

ca. 2.500 Varianten.<br />

Latexco: Die Nachhaltigkeit im Blick<br />

Latex-Plantagen<br />

als Öko-Biotop<br />

Mehr als 1 Mio. Matratzenkerne<br />

und 650.000 Kissen<br />

aus Latex, Naturlatex und<br />

technischen PU-Schäumen<br />

fertigt Latexco jährlich. Am<br />

Firmensitz im belgischen<br />

Tielt zeigte der Hersteller<br />

der „möbel kultur“, wie<br />

die Produktion abläuft<br />

und welche große Rolle<br />

nachhaltige Konzepte<br />

inzwischen spielen.<br />

Wir bieten fast unbegrenzte<br />

Möglichkeiten im Latex-<br />

Bereich“, betont Verkaufsleiterin<br />

Nathalie Verheye. Da Latexco<br />

die Formen für die Matratzen und<br />

Kissen selbst fertigt – aktuell verfügen<br />

sie über rund 2.500 individuelle<br />

Varianten –, können sie eine<br />

immense Bandbreite abdecken, bis<br />

hin zu den verschiedensten Sondermaßen.<br />

1955 von Sylvain Maes<br />

gegründet, hat sich der Zulieferer in<br />

den 80er Jahren auf die Bettwarenund<br />

Matratzenindustrie spezialisiert.<br />

Ab 2010 wurde die internationale<br />

Expansion gestartet. Heute umfasst<br />

das Unternehmen fünf Standorte<br />

– neben dem Firmensitz im belgischen<br />

Tielt in Brasilien, Indonesien,<br />

Singapur und Spanien. Die insgesamt<br />

400 Mitarbeiter:innen fertigen rund<br />

1 Mio. Matratzen, 650.000 Kissen<br />

und 4,5 Mio. Laufmeter pro Jahr<br />

und erwirtschaften einen Gesamtumsatz<br />

von mehr als 150 Mio. Euro.<br />

Bei den Materialien konzentriert<br />

sich Latexco auf klassischen Latex,<br />

Naturlatex, die „Fom“-Range aus<br />

technischen PU-Schäumen und<br />

die „Fusion“-Linie, die Latex und<br />

„Fom“ oder Federkerne miteinander<br />

kombiniert.<br />

Die Herstellung der Latex modelle<br />

erfolgt zum einen über das bekannte<br />

Dunlop-Verfahren. Dabei wird der<br />

Rohstoff aufgeschäumt, bis ein<br />

stabil-flüssiger Schaum entsteht.<br />

Dieser wird in eine Stahlform mit<br />

FACTS<br />

❯ Geschäftsführer:<br />

Luc und Carole Maes (Sohn und<br />

Enkelin des Gründers Sylvain Maes)<br />

❯ Produktionsstätten: Belgien,<br />

Brasilien, Indonesien, Singapur und<br />

Spanien<br />

❯ Mitarbeitende: über 400<br />

❯ Gesamtumsatz: 150 Mio. Euro<br />

❯ Sortiment: jährlich 1 Mio.<br />

Matratzenkerne, 650.000 Kissen und<br />

Topper aus Latex, Naturlatex und<br />

PU-Schäumen<br />

www.latexco.com<br />

74 möbel kultur 12/2022


1 Der Latex-<br />

Schaum wird – teils<br />

per Hand, teils per<br />

Roboter – in eine<br />

Stahlform gegossen<br />

und dann „gebacken“.<br />

Latexco<br />

verfügt im Werk<br />

in Tielt über fünf<br />

Fertigungslinien im<br />

Dunlop- und zwei<br />

im „Sonocare“-<br />

Verfahren.<br />

1<br />

Eine Mitarbeiterin führt die<br />

Qualitätskontrolle durch.<br />

eingearbeiteten Stiften gegossen<br />

und dann in einer verschlossenen<br />

Form „gebacken“. Die Stifte sorgen<br />

dabei für eine gleichmäßige Hitzeverteilung<br />

und lassen die typischen<br />

Belüftungslöcher entstehen.<br />

Daneben hat Latexco vor zehn<br />

Jahren das „Sonocore“-Verfahren<br />

entwickelt, aus dem der „Pulse“-<br />

Latex entsteht. Der entscheidende<br />

Unterschied ist, dass der Schaum<br />

per Mikrowellen verarbeitet wird.<br />

Das hat laut Nathalie Verheye verschiedene<br />

Vorteile: „Der Latex ist<br />

elastischer und hat eine homogenere<br />

Struktur, die es zudem luftdurchlässiger<br />

macht. Und am wichtigsten<br />

ist vielleicht, dass dieses Verfahren<br />

deutlich weniger Energie<br />

verbraucht.“<br />

Für das Unternehmen ein sehr<br />

wichtiges Argument, da es schon seit<br />

langem die Nachhaltigkeit im Blick<br />

hat. So besitzt Latexco unter anderem<br />

Solaranlagen, eine Wasseraufbereitungsanlage,<br />

mit deren Hilfe 98 Prozent<br />

des Wassers wiederverwendet<br />

werden kann, sowie das Recyclingunternehmen<br />

Latexco Solutions. Dieses<br />

sammelt Produktionsreste und<br />

fertigt daraus beispielsweise Bettwaren-Lösungen,<br />

Kuh-Matratzen für<br />

die Viehhaltung, Fußboden-Beläge<br />

und Verpackungen. Das Unternehmen<br />

stellt insgesamt 15.000 Tonnen<br />

Latex-Komponenten her. Davon<br />

werden aktuell 2.500 Tonnen von<br />

Latexco Solutions zurückgenommen<br />

und recycelt. Bis 2025 soll sich diese<br />

Menge auf mehr als 5.000 Tonnen<br />

verdoppeln.<br />

Ein weiterer nachhaltiger Aspekt<br />

stellt der Naturlatex dar. Das Sortiment,<br />

das 85- und 100-prozentigen<br />

Naturlatex umfasst, ist komplett<br />

FSC-zertifiziert. „Als nächstes wollen<br />

wir die Umstellung auf FSC und<br />

FSC-Mix für alle Latexkomponenten<br />

realisieren“, so Verheye.<br />

Um die Nachhaltigkeit noch weiter<br />

voranzutreiben, ist der Hersteller<br />

im vergangenen Jahr mit dem ehrgeizigen<br />

„Moreganic“-Konzept an<br />

den Start gegangen. Dabei handelt<br />

es sich um einen neuen Standard<br />

für Latex-Plantagen, der mit Klima-<br />

Expert:innen entwickelt und von<br />

Control Union, einem auf Nachhaltigkeit<br />

in Lieferketten spezialisierten<br />

Unternehmen, zertifiziert<br />

wurde. Die Latex-Plantagen sind<br />

aktuell zumeist reine Kautschukbaum-Pflanzungen<br />

– ohne Tiere<br />

oder andere Pflanzen. „Moreganic“<br />

will nun zurück zu einem „Urwald“<br />

mit biologischer Vielfalt. „Ein solcher<br />

Lebensraum hat zwei Dimensionen:<br />

eine ökologische und eine<br />

ethische“, betont Verheye. Denn die<br />

Vielfalt sorgt dafür, dass der Boden<br />

fruchtbarer ist, mehr Wasser speichern<br />

kann und weniger erodiert,<br />

dass mehr CO2 abgebaut wird und<br />

dass Pflanzen und Tiere besseren<br />

Schutz vor Unwettern haben.<br />

Gleichzeitig leben die Kleinbauern<br />

in einer gesünderen Umgebung und<br />

können zudem breitere, also bessere<br />

Erlöse erwirtschaften.<br />

Erste Zertifizierungen sind<br />

bereits erfolgt, jetzt will Latexco<br />

„Moreganic“ breit aufstellen. Produkt-Premiere<br />

wurde im Sommer<br />

dieses Jahres mit Kissen und Toppern<br />

gefeiert. Mittelfristig sollen Matratzen<br />

folgen. Nicht zuletzt deshalb<br />

hat das Unternehmen seinen Slogan<br />

von „We support your dreams“ in<br />

„We protect your dreams“ geändert.<br />

Denn die Pläne sind weiterhin<br />

ehrgeizig: „Wir wollen bis 2025<br />

vollständig klimaneutral sein“, gibt<br />

Verheye das nächste Ziel vor.<br />

<br />

SILJA BERNARD<br />

2 An riesige Waffeleisen<br />

erinnert<br />

die Fertigung von<br />

Matratzenkernen<br />

per Dunlop. Die<br />

Stifte sorgen für<br />

eine gleichmäßige<br />

Hitzeverteilung<br />

und lassen die<br />

typischen Belüftungslöcher<br />

entstehen. Wenn<br />

der Kern fertig<br />

ist, wird er per<br />

Hand aus der Form<br />

gelöst. Diese wird<br />

danach mit Wasser<br />

gereinigt, um alle<br />

Latex-Reste zu entfernen.<br />

Insgesamt<br />

dauert es rund eine<br />

Stunde, einen Kern<br />

herzustellen.<br />

3 Die fertigen<br />

Matratzenkerne<br />

durchlaufen eine<br />

umfassende<br />

Qualitätskontrolle.<br />

4 Die Produktionsreste<br />

werden<br />

gesammelt und<br />

wiederverwertet.<br />

Dafür hat der<br />

Hersteller das<br />

Tochterunternehmen<br />

Latexco<br />

Solutions gegründet.<br />

Dieses fertigt<br />

aus den Resten<br />

Bettwaren-Lösungen,<br />

Kuh-Matratzen<br />

für die Viehhaltung,<br />

Fußboden-Beläge<br />

und Verpackungen.<br />

2<br />

3<br />

4<br />

12/2022 möbel kultur 75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!