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MOMENTE MAGAZIN NO. 7

Genießen Sie eine ganz besondere Lektüre: das MOMENTE MAGAZIN. Ihr Korbinian Kohler

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PHILOSOPHY<br />

Sie sind für Ihre Liebe zur Region bekannt. In<br />

welchem Verhältnis stehen Heimat und Weltoffenheit?<br />

Genau diese zwei Pole haben am Tegernsee schon<br />

immer eine große Rolle gespielt. Das hängt vor allem<br />

mit dem Kloster Tegernsee zusammen, das im<br />

Mittelalter eines der wichtigsten kulturellen und intellektuellen<br />

Zentren in Europa war. Schon damals<br />

kamen Menschen von weit her an den Tegernsee und<br />

haben sich mit der Bodenständigkeit verbunden,<br />

die wir hier auch sehr lieben und schätzen.<br />

Als das königliche Haus das Kloster<br />

übernommen hat, um eine Sommerresidenz<br />

daraus zu machen, blieb dieses<br />

Phänomen erhalten. So bin auch ich ein<br />

typischer Fall eines Menschen vom Tegernsee.<br />

Ich bin hier aufgewachsen, später<br />

einige Jahre ins Ausland gegangen,<br />

um zu studieren und zu arbeiten, und<br />

bin dann wieder in die Heimat zurückgekehrt.<br />

Schließt der Trend zur Regionalität globales<br />

Denken aus?<br />

Wir sind alle international verflochten.<br />

Durch Internet, Smartphones oder Social<br />

Media können wir gar nicht nur lokal<br />

denken. „Think global, act local“ heißt es<br />

ja immer so schön.<br />

Zu den Megatrends, die zu Veränderungen<br />

weltweit treiben, gehören unter anderem<br />

auch Gesundheit, Gender Shift,<br />

Individualität, Konnektivität, Globalisierung<br />

und Urbanisierung. Welchen<br />

Einfluss haben diese Faktoren auf das<br />

Reisen?<br />

Trotz des Wunsches nach Zugehörigkeit<br />

und Sicherheit wollen wir in den westlichen<br />

Demokratien immer individueller<br />

leben und auch wahrgenommen werden.<br />

Logischerweise spiegelt sich das dann<br />

auch beim Reisen wider. Daher werden<br />

beispielsweise Hotels nach meiner<br />

Wahrnehmung immer spezifischer für<br />

bestimmte Zielgruppen ausgelegt.<br />

Auch Mobilität ist ein Megatrend. Ist der Weg das<br />

Ziel?<br />

Für Camper, Pilger und Radler wie mich: Ja (lacht).<br />

Welche Rolle spielt Luxus und wie wird der heutzutage<br />

definiert?<br />

Auf jeden Fall individuell. Für den einen ist es klassischer<br />

Genuss, sich Dinge zu gönnen, die man sich<br />

normalerweise nicht leistet, für den anderen ist es,<br />

Zeit zu haben oder ein besonderes Erlebnis zu genießen.<br />

Die klassische Sicht auf Luxus wie früher<br />

gibt es heute nicht mehr.<br />

22<br />

„ICH GLAUBE<br />

NICHT MEHR<br />

DARAN,<br />

DASS ES VIEL<br />

SINN ERGIBT,<br />

NUR ZUM<br />

BADEN AUF<br />

DIE MALE­<br />

DIVEN<br />

ZU FLIEGEN“<br />

Viele Produkte und Wirtschaftssegmente haben<br />

ihre Epoche und verschwinden dann wieder. Die<br />

herkömmlichen Farbfilme sind längst digitalisiert,<br />

Telex und Telefax gehören der Vergangenheit<br />

an, der Kohlebergbau geht zu Ende und bald<br />

hat wohl auch der Verbrennungsmotor ausgedient.<br />

Wie muss sich das Gastgewerbe verändern,<br />

um in der sich verändernden Welt mitzuhalten?<br />

Ich sehe vor allem das Thema Nachhaltigkeit und die<br />

Notwendigkeit, eine attraktive Arbeitgebermarke<br />

zu entwickeln. Beides hängt auch mit der Sinnfrage<br />

zusammen. Nachwuchstalente werden heutzutage<br />

endlich ganz anders respektiert als früher. Und ich<br />

glaube nicht mehr daran, dass es viel Sinn ergibt,<br />

nur zum Baden auf die Malediven zu fliegen. Gäste<br />

wie Mitarbeiter müssen einen Sinn sehen in dem,<br />

was sie machen.<br />

Der weltweite Tourismus soll nach einer<br />

australischen Studie für acht Prozent<br />

der klimaschädlichen Emissionen<br />

verantwortlich sein. Wie kann die<br />

Branche das eindämmen?<br />

Da kann ich jetzt nur für unsere Bachmair-Weissach-Betriebe<br />

sprechen. Wir<br />

stellen in diesem Herbst größtenteils<br />

von Gas auf Biomassenkraftwerk um<br />

und belegen unsere Dächer mit Photovoltaik-Anlagen,<br />

sodass wir spätestens im<br />

nächsten Jahr klimaneutral, wenn nicht<br />

vielleicht sogar klimapositiv sind. Das<br />

sind große Investitionen, die wir aber aus<br />

voller Überzeugung tätigen.<br />

Stehen Reisen und Urlaub im Kontrast<br />

zum Schutz der Umwelt?<br />

Streng betrachtet ist es derzeit noch so.<br />

Man muss aber dazu sagen, dass unsere<br />

schiere Existenz momentan dem Schutz<br />

der Umwelt entgegensteht. Es ist hier<br />

also die Frage nach der Angemessenheit<br />

zu stellen. Ich glaube, wir können und<br />

sollen ja nicht aufhören zu existieren und<br />

damit auch zu reisen, aber wir werden<br />

uns die Ökobilanz unserer Reisen und<br />

Urlaube in Zukunft sicherlich sehr viel<br />

genauer anschauen.<br />

Fürchten Sie Reiserestriktionen für die<br />

Zukunft?<br />

Nicht für unsere Häuser am Tegernsee.<br />

Was die Umstellung auf einen klimafreundlichen<br />

Betrieb der Häuser angeht, glaube<br />

ich, haben wir zusammen mit einigen unserer Kollegen<br />

eine Vorreiterrolle eingenommen.<br />

Welche Faktoren sind für Sie persönlich wichtig,<br />

wenn Sie selbst Urlaub machen?<br />

Ruhe, Natur, mit meiner Familie zusammen sein.<br />

Welche Vision haben Sie von Reisen und Urlaub<br />

2035?<br />

Ich glaube, dass wir die Klimakrise schneller in den<br />

Griff bekommen werden, als wir heute vermuten,<br />

weil die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet<br />

enorm vorankommen. Wir müssen dennoch jetzt<br />

extrem nachhaltig handeln, weil wir sonst irreversible<br />

Tipping-Points überschreiten. Daher ist es für<br />

mich schwierig zu erkennen, wie unser Leben in 13<br />

Jahren aussehen wird. Auf jeden Fall anders!<br />

ROLF WESTERMANN,<br />

Chefredakteur der ahgz

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