06.12.2022 Aufrufe

Holzmarkt 2022/05

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

14 WIRTSCHAFT<br />

WIRTSCHAFT 15<br />

Holz bewegt als Zukunftsträger mit Wachstumspotenzial<br />

Foto: Pixabay<br />

Wenn alljährlich Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kunst und Kultur aus allen Teilen der Welt beim Forum<br />

Alpbach zusammenkommen, um Fragen der Zeit zu diskutieren und interdisziplinäre Lösungsansätze zu finden, darf natürlich<br />

auch das Thema Holz nicht fehlen. Holz-Hybrid-Bauteile für die Mobilitätsbranche, Hausdämmungen aus Holzrinde oder<br />

biobasierte Leime – Visionen und reale Lösungen für gelebte Bioökonomie begeisterten das Publikum beim ersten offiziellen<br />

Auftritt des österreichweiten Netzwerks „Bioeconomy Austria“ am Forum Alpbach. Zu dessen starken Initialpartnern gehört<br />

auch der Holzcluster Steiermark. Laut Geschäftsführer Christian Tippelreither wird so ein neues Zeitalter des nachhaltigen<br />

Denkens eingeläutet.<br />

Es braucht mutige wissenschaftliche Fragestellungen<br />

und visionäre Unternehmen, die diese unterstützen<br />

– darin sind sich auch Horst Bischof, Vizerektor<br />

der TU Graz und Martin Karner, CEO von Weitzer<br />

Woodsolutions, ebenfalls Netzwerkpartner von „Bioeconomy<br />

Austria“, am Podium einig. Karner: „Unser<br />

Zugang ist es, Holz dorthin zu bringen, wo es schon<br />

einmal war. Es hat bereits Autos oder Flugzeuge aus<br />

Holz gegeben. Unser Ziel ist es, diesen Weg wieder<br />

aufleben zu lassen.“ Natürlich unter Verwendung<br />

von High-tech-Engineering und multi-hybriden Konzepten,<br />

die den Kreislaufwirtschaftsfaktor steigern.<br />

Aus der ursprünglichen Fragestellung „Welche Anwendung<br />

Holz im Auto finden kann“ entstanden nun<br />

wissenschaftlich fundierte Daten, die es möglich<br />

machen, Holzbauteile digital zu simulieren: „Die<br />

entwickelten Holz-Hybrid-Bauteile sind nicht nur in<br />

der Simulation konkurrenzfähig im Vergleich zu herkömmlichen<br />

Bauteilen, sondern halten auch in den<br />

realen Tests, was sie versprechen“, erklärt Thomas<br />

Krenke vom Innovationszentrum W.E.I.Z.<br />

Bäume machen Mobilität Beine – am Holzweg auf<br />

Schiene in die Zukunft<br />

Gerade in Zeiten des Umbruchs sind besonders die<br />

Unternehmen der Mobilitätsbranche auf den Werkstoff<br />

Holz aufmerksam geworden und erforschen,<br />

welche Anwendungen möglich sind: „Mit dem neu<br />

entwickelten Hochgeschwindigkeitszug haben wir es<br />

durch neue Wege und neue Technologien geschafft,<br />

inzwischen 35 Prozent weniger Energie zu verbrauchen.<br />

Dadurch wird ersichtlich, dass neue Technologien,<br />

neue Denkansätze und konsequente Umsetzung<br />

zu erheblichen Mehrwerten führen können.<br />

Das Thema Holz ist genau ein solcher innovativer<br />

Ansatz.“ Andere Mitinitiatoren stimmen ein: „Diese<br />

Technologie kann eine Lösung für die aktuellen Herausforderungen<br />

wie Leichtbauanforderungen, Reduktion<br />

von C0 2<br />

-Emissionen, kurze Lieferwege und<br />

regionaler Wertschöpfungsketten bieten“, erklärt<br />

Innovationsmanager Alexander Prix der Siemens<br />

Mobility. Auch Stefan Könsgen von der BMW Group<br />

erklärt: „Bei dem Design for Recycling haben wir von<br />

hinten angefangen und uns die Frage gestellt, wie<br />

können wir die Bauteile so bauen, dass sie zerlegbar<br />

und in einer zweiten Verwendung auch noch nutzbar<br />

sind. Zudem schafft biobasiertes Material das Potenzial,<br />

den CO 2<br />

-Fußabdruck zu reduzieren und die Abhängigkeit<br />

von fossilen Rohstoffen zu verringern.<br />

Damit kann auch ein Wert erzielt werden, der CO 2<br />

negativ ist.“ Werner Balika von Innovation Salzburg,<br />

Christian Tippelreither vom Holzcluster Steiermark<br />

und Thomas Timmel von BioBASE zeigen sich zufrieden:<br />

„Die Grundgedanken des Forum Alpbach und<br />

‚Bioeconomy Austria‘ weisen einige Parallelen auf.<br />

Beide möchten Wissenschaft, Politik und Wirtschaft<br />

zusammenbringen und sich so für ein nachhaltigeres<br />

‚New Europe‘, wie das Motto des diesjährigen<br />

Forums lautet, einsetzen!“<br />

Nachhaltigkeit noch nachhaltiger machen<br />

Schlagworte wie Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie<br />

sind aktuell in aller Munde – nicht zuletzt, weil<br />

sich Unternehmen jeder Größe und Branche damit<br />

auseinandersetzen müssen. Selbst Betriebe, die sich<br />

entlang der Wertschöpfungskette Holz positionieren,<br />

müssen neue Konzepte entwickeln, wie der nachhaltige<br />

Roh- und Werkstoff Holz noch länger im Kreislauf<br />

geführt werden kann. „Je mehr Verwendungsstationen<br />

wir für verbautes Holz finden und je mehr<br />

biobasierte Reststoffe aus der Produktion in eine<br />

langfristige Nutzung gelangen, desto mehr CO 2<br />

wird<br />

gebunden“, erklärt Martin Greimel von der BOKU.<br />

Kampf um Ressourcen erfordert zyklisches Denken<br />

Die Verwendung von Holz gilt nicht per se als nachhaltig<br />

– aufgrund der endlichen Ressourcenverfügbarkeit<br />

wird es auch notwendig, Konzepte zu finden,<br />

um auch diesen Rohstoff längerfristig im Kreislauf zu<br />

führen. „Die verfügbare Biomasse aus dem Wald bietet<br />

Potential, das genutzt werden kann und muss. Wir<br />

müssen die Bioökonomie in die Praxis bringen“, erklärt<br />

Sonja Geier von der Hochschule Luzern bei ihrer<br />

Keynote. Damit Bioökonomie aber auch angreifbar<br />

werden kann, braucht es eine umfangreiche Basis,<br />

die schon in der Ausbildung der Fachkräfte ihren Ursprung<br />

hat. „Wenn das wissenschaftliche Arbeiten in<br />

der Ausbildung eng mit der Wirtschaft verzahnt ist,<br />

erkennt man nicht nur kommende Trends, sondern<br />

steigert auch die Toleranz in der Umsetzung neuer<br />

Konzepte“, stellt Alexander Petutschnigg von der FH<br />

Salzburg klar.<br />

Dämmung aus Rinde & auf den Bio-Leim gegangen<br />

Ein konkretes Beispiel für eine erfolgreiche Überführung<br />

von der Wissenschaft in die Industrie lie-<br />

fert Bernhard Lienbacher mit seinem Unternehmen<br />

„Barkinsulation“. Er hat sich die Isolationswirkung<br />

von Rinde zunutze gemacht und unter anderem eine<br />

Dämmung für Häuser entwickelt. Damit bringt er<br />

nicht nur bisher wenig genutzte Biomasse in Form<br />

der Rinde in den Wertstoffkreislauf, sondern generiert<br />

regional neue Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze.<br />

Mit Michael Kunz von der Metadynea war auch ein<br />

Vertreter der chemischen Industrie Teil des Panels<br />

in Alpbach. Der Grund liegt für ihn auf der Hand: „Die<br />

chemische Industrie funktioniert als Enabler, um den<br />

verarbeiteten Rohstoff Holz überhaupt erst bioökonomisch<br />

und kreislauffähig zu machen. Wir sehen<br />

uns in Zukunft auch als Bio-Leim-Anbieter.“ Auch die<br />

Salzburg AG sucht als Energieanbieter nach neuen<br />

Lösungen, um der Energiekrise sowie dem Klimawandel<br />

Antworten entgegenzusetzen. „Es herrscht<br />

ein Kampf um Ressourcen und nutzbare Biomasse.<br />

Es gibt im Moment keine Biomasse, die weggeworfen<br />

wird. Wir müssen eine kaskadische Nutzung forcieren<br />

und die Wertschöpfung durch beste Technologien<br />

weiter steigern“, erklärt die Vorständin Brigitte<br />

Bach.<br />

Bioeconomy Austria<br />

Der Netzwerkaufbau im Projekt „Bioeconomy<br />

Austria“ findet im Auftrag des Österreichischen<br />

Waldfonds statt. Das Netzwerk steht allen interessierten<br />

Organisationen offen. Initialpartner<br />

des Netzwerks sind ecoplus. Niederösterreichs<br />

Wirtschaftsagentur (Projektleitung), Business<br />

Upper Austria, Innovation Salzburg, Holzcluster<br />

Steiermark, proHolz Tirol, Österreichische<br />

Energieagentur, Zentrum für Bioökonomie an der<br />

Universität für Bodenkultur Wien, BioBASE, Umweltbundesamt<br />

sowie das Ökosoziales Forum Österreich<br />

& Europa. Weitere Informationen unter:<br />

www.bioeconomy-austria.at<br />

Sägeindustrie und Holzhandel:<br />

Fokus auf Wertschöpfung<br />

Die österreichische Sägeindustrie blickt auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurück. Österreich ist im internationalen<br />

Holzhandel sehr gut positioniert, der Trend geht zu mehr Holz aus Österreichs Wäldern.<br />

Der Internationale Holztag ist in Österreich seit Jahrzehnten das Leitevent<br />

der Sägeindustrie und des Holzhandels. Heuer fand er am 2. September im<br />

Zuge der Kärntern Holzmesse auf dem Klagenfurter Messegelände statt.<br />

DI Markus Schmölzer, Vorsitzender der österreichischen Sägeindustrie, ist zufrieden<br />

mit dem Jahresstart der Branche: „Die Sägeindustrie blickt auf ein erfolgreiches<br />

erstes Halbjahr <strong>2022</strong>. Wir konnten die Produktion steigern und auch mehr<br />

Holz aus Österreichs Wäldern verarbeiten.“ In Österreich wurden im Jahr 2021<br />

10,9 Millionen m³ Schnittholz produziert. Das ist eine erneute Steigerung der<br />

Produktionsleistung. Für das heurige Jahr wird eine leichte Steigerung der Produktion<br />

auf 11 Millionen m³ Schnittholz prognostiziert. Die Rohstoffversorgung ist<br />

für die Unternehmen der Sägeindustrie die Voraussetzung für Arbeitsplätze und<br />

Wertschöpfung. „Für die Sägeindustrie sind unsere heimischen Wälder klar die<br />

Rohstoffquelle Nummer 1. In Österreich fiel die Holzernte 2021 um fast 10 Prozent<br />

höher aus als im Vorjahr, dieser Trend setzt sich heuer fort. Trotzdem wächst in<br />

Österreich mehr Holz nach als geerntet wird. Die Holzimporte aus unseren Nachländern<br />

sind rückläufig“, so Schmölzer.<br />

Im Internationalen Holzhandel ist Österreich weiterhin sehr gut positioniert.<br />

Ing. Franz Mühlbauer, Vorsitzender des österreichischen Holzhandels, betont:<br />

„Österreich ist im 1. Quartal <strong>2022</strong> zweimal in den weltweiten Top Ten der größten<br />

Nadelschnittholz-Warenströme vertreten. Die Exporte aus Österreich in Richtung<br />

Italien sind auf Platz 3 und jene nach Deutschland auf Platz 7. Das vermeintlich<br />

kleine Österreich ist am internationalen Markt ein großer Player.“ Die wichtigsten<br />

Kunden österreichischer Unternehmen sind in unseren Nachbarländern.<br />

Nummer 1 ist Italien mit 45 Prozent des österreichischen Schnittholzexports und<br />

an 2. Stelle liegt Deutschland mit 19 Prozent.<br />

Fakten zur Sägeindustrie<br />

Die Sägeindustrie Österreichs besteht aus mehr als 1.000 Betrieben. Ein Großteil<br />

davon ist seit Generationen in Familienhand und zeigt ein breites Spektrum<br />

an Unternehmen: von Weltmarktführern über zahlreiche kleine und mittelständische<br />

Unternehmen. Die Sägeindustrie beschäftigt in Österreich rund<br />

6.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im ländlichen Raum und sorgt für<br />

Beständigkeit und Wohlstand in den Regionen. Die Sägeindustrie generiert jährlich<br />

einen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Euro.<br />

Ausblick mit Sorgen<br />

Mit Blick auf die kommenden Monate sind Schmölzer und Mühlbauer jedoch<br />

skeptischer. Schmölzer: „Wir spüren die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit<br />

in unseren Auftragsbüchern. Mit Sorge sehen wir die gestiegenen Kosten in der<br />

Produktion für Energie und Rohstoffe sowie in der Logistik. Die Sägeindustrie ist<br />

eine robuste und krisenfeste Branche, aber von einem Konjunktureinbruch und<br />

der steigenden Inflation können wir uns nicht entkoppeln.“ Angesichts der unsicheren<br />

Wirtschaftslage fordert Schmölzer von der Politik, den Fokus auf die<br />

Stabilisierung und Stärkung der Wirtschaft zu setzen: „Wichtig ist es jetzt, unabhängige<br />

Wertschöpfungsketten zu stärken und wachstumsorientierte Rahmenbedingungen<br />

zu setzen. Für uns in der Sägeindustrie bedeutet dies in erster Linie,<br />

dass die Rohstoffverfügbarkeit weiterhin gewährleistet ist. Dazu ist ein Signal<br />

der europäischen und nationalen Politik notwendig, dass die Diskussion um die<br />

Außer-Nutzung-Stellung der Wälder beendet wird und es ein klares Bekenntnis<br />

zur nachhaltigen und aktiven Waldwirtschaft gibt.“<br />

Auch Franz Mühlbauer erwartet weitere Maßnahmen, um die Wirtschaft zu<br />

entlasten. „Ein kostengünstiges Konjunkturprogramm ist der Abbau und die Vermeidung<br />

von Bürokratie. Wir sind im Holzhandel mit hohem Dokumentationsaufwand<br />

und Rechtsunsicherheit konfrontiert. Gerade für kleinere und mittlere<br />

Unternehmen ist das ein großes Problem. Österreich setzt EU-Verordnungen und<br />

EU-Recht besonders streng und übereifrig um.“ Besonders kritisch sieht Mühlbauer<br />

die geplante EU-Lieferketten-Richtlinie: „Wir haben mit dem Holzhandelsüberwachungsgesetz,<br />

kurz HolzHÜG, bereits ein Instrument gegen illegalen<br />

Holzhandel und brauchen keine zusätzlichen Anforderungen. Das bestehende<br />

Überwachungssystem sollte stattdessen zielgerichtet vereinfacht werden, damit<br />

es auch von Klein- und Mittelbetrieben, ohne böse Überraschungen zu erleben,<br />

angewendet werden kann.“ (Quelle: Holzindustrie Österreich)<br />

Fakten zum Holzhandel in Österreich<br />

Das Bundesgremium Baustoff-, Eisen- und Holzhandel ist der größte Fachverband<br />

der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich mit<br />

21.809 Mitgliedsbetrieben. Der Holzhandel zählt derzeit insgesamt 4.507 Mitglieder.<br />

Die Groß- und Einzelhändler im Holzhandel sind verlässliche Partner in der<br />

gesamten Wertschöpfungskette Holz. Mit dem App basierten Kurs Wood-Star<br />

bietet der Holzhandel eine innovative Ausbildungsschiene für die Fachkräfte von<br />

morgen an.<br />

www.holzmarkt-online.at 5/<strong>2022</strong><br />

5/<strong>2022</strong> www.holzmarkt-online.at

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!