Zukunft Forschung 02/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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SPRUNGBRETT INNS BRUCK<br />
GEBURTSHILFE IN ST. GALLEN<br />
Barbara Weber hat sich 2009 als erste Informatikerin an der Uni Innsbruck habilitiert.<br />
Heute ist sie Professorin an einer der führenden Wirtschaftsuniversitäten in Europa.<br />
Im Jahr 2019 hatte eine deutliche<br />
Mehrheit des St. Galler Stimmvolks<br />
eine IT-Bildungsoffensive des schweizerischen<br />
Kantons gutgeheißen. Daraufhin<br />
wurde an der Universität St. Gallen<br />
(HSG) ein Informatik-Fachbereich etabliert,<br />
an dessen Aufbau die Tirolerin Barbara<br />
Weber maßgeblich beteiligt ist. Sie<br />
kam 2019 als Lehrstuhlinhaberin für den<br />
Fachbereich Software Engineering aus<br />
Dänemark in die Schweiz und ist Gründungsdekanin<br />
der neu etablierten School<br />
of Computer Science an der Universität<br />
St. Gallen. Seit dem Vorjahr wird hier ein<br />
Master in Computer Science angeboten<br />
und in diesem Jahr wurden auch die ersten<br />
Bachelorstudierenden begrüßt.<br />
Barbara Weber profitiert in ihrer neuen<br />
Funktion von Erfahrungen, die sie<br />
als junge Wissenschaftlerin bei der Etablierung<br />
des Informatik-Schwerpunkts<br />
an der Universität Innsbruck sammeln<br />
konnte. Nach ihrem BWL-Studium befasste<br />
sie sich in ihrer Doktorarbeit<br />
schwer punktmäßig mit einem Thema aus<br />
der Wirtschaftsinformatik und wechselte<br />
2004 an das hier kurz zuvor gegründete<br />
Institut für Informatik. „Ich konnte miterleben,<br />
wie die Informatik innerhalb von<br />
zehn Jahren rapide gewachsen ist und im<br />
Jahr 2011 aus zwei Instituten mit 130 Angestellten<br />
bestand, zahlreiche interdisziplinäre<br />
Kooperationen mit anderen Fachbereichen<br />
der Universität vorweisen und<br />
beeindruckende Summen an Drittmitteln<br />
lukrieren konnte“, erzählt Weber. „Diese<br />
Erfahrungen sind in meiner derzeitigen<br />
Rolle aus vielerlei Hinsicht wertvoll. An<br />
der School of Computer Science haben<br />
wir 2<strong>02</strong>2 mittlerweile 13 Professorinnen<br />
und Professoren und an die 80 Mitarbeitende.“<br />
Software für Anwender<br />
Mit Tirol verbindet sie noch ihre Familie,<br />
aber auch beruflich gibt es nach wie<br />
vor Kontakte: „Ich habe weiterhin aktive<br />
<strong>Forschung</strong>szusammenarbeiten mit der<br />
Wirtschaftsinformatik, mit einzelnen<br />
Kolleginnen und Kollegen und ehemaligen<br />
Mitarbeitenden stehe ich in Kontakt<br />
und versuche generell die Entwicklungen<br />
aus der Ferne mitzuverfolgen“, sagt<br />
Weber. Wissenschaftlich beschäftigt sich<br />
die Informatikerin mit flexiblen prozessorientierten<br />
Informationssystemen und<br />
der Verständlichkeit für den Endverbraucher.<br />
Zurzeit arbeitet sie an neuroadaptiven<br />
Softwaresystemen, die den<br />
emotionalen und kognitiven Zustand<br />
von Nutzer*innen berücksichtigen. Anhand<br />
der gesammelten Daten richten sich<br />
die Systeme selbstständig neu aus und<br />
integrieren dabei auch das „Internet der<br />
Dinge“. Weber untersucht, wie Applikationen<br />
nutzergerechter gestaltet werden<br />
können, um den Endverbraucher in personalisierter<br />
Form in seinen Bedürfnissen<br />
zu unterstützen. Die Unterstützung von<br />
Benutzern steht auch im Zentrum eines<br />
vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten<br />
Projekts. Darin möchte Weber<br />
ein umfassendes Verständnis dafür erlangen,<br />
wie Analysten Process-Mining in der<br />
Praxis durchführen, d. h. den „Prozess<br />
des Process-Mining“, um methodische<br />
Anleitungen und operative Unterstützung<br />
zu entwickeln, die Neulingen bei<br />
der Analyse wirksam helfen.<br />
BARBARA WEBER (*1977) studierte an<br />
der Universität Innsbruck Betriebswirtschaftslehre<br />
und promovierte 2003 im<br />
Fachbereich Wirtschaftsinformatik. Von<br />
2004 bis 2016 arbeitete sie am Institut<br />
für Informatik der Uni Innsbruck und<br />
leitete hier im Arbeitsbereich Quality<br />
Engineering einen eigenen <strong>Forschung</strong>sbereich<br />
zur flexiblen IT-Unterstützung von<br />
Geschäftsprozessen und Arbeitsabläufen.<br />
2009 habilitierte sie sich als erste Frau<br />
an der Universität Innsbruck für das Fach<br />
Informatik.<br />
In den nächsten Jahren möchte Weber<br />
den Aufbau der Informatik an ihrer Universität<br />
weiter vorantreiben. „Das beinhaltet,<br />
St. Gallen als Informatik-Standort in<br />
Lehre und <strong>Forschung</strong> zu etablieren, internationale<br />
Sichtbarkeit unserer <strong>Forschung</strong><br />
zu erreichen, gleichzeitig aber auch eine<br />
positive Wirkung für die Region zu erzielen,<br />
sodass die Informatik an der Universität<br />
St. Gallen als Erfolgsgeschichte wahrgenommen<br />
wird“, blickt Weber in die <strong>Zukunft</strong>.<br />
Nach ihrer Zeit als Dekanin – sie hat<br />
gerade ihre zweite Amtsperiode begonnen<br />
– plant Weber ab Mitte 2<strong>02</strong>4 ein Sabbatical<br />
und freut sich schon jetzt auf mehr Zeit für<br />
spannende <strong>Forschung</strong>.<br />
cf<br />
Foto: Universität St. Gallen (HSG)<br />
zukunft forschung <strong>02</strong>/22 49