06.12.2022 Aufrufe

Zukunft Forschung 02/2022

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ZWISCHENSTOPP INNS BRUCK<br />

FELSENFESTE<br />

ÜBERZEUGUNGEN<br />

Der amerikanische Philosoph Scott Hill untersucht am Institut für<br />

Christliche Philosophie verschiedene Formen von Meinungsresilienz.<br />

Und lebt hier in Innsbruck seinen Traum.<br />

Scott Hill ist im Juli mit seiner Familie<br />

nach Innsbruck gekommen,<br />

um für zwei Jahre im Rahmen des<br />

Euregio-Projekts Resilient Beliefs: Religion<br />

and Beyond als Postdoktorand zu<br />

forschen. Sowohl am Institut für Christliche<br />

Philosophie als auch in seiner dörflichen<br />

Wohnumgebung in der Nähe von<br />

Innsbruck fühlt er sich schon sehr wohl.<br />

„Das ist wahrscheinlich die beste Zeit<br />

meines Lebens“, meint er dankbar. „Ich<br />

werde wohl nie wieder einen Job haben,<br />

der mir so viel Zeit für die <strong>Forschung</strong><br />

lässt, wie ich aktuell habe.“<br />

Die Gelegenheit, all seine Kräfte in die<br />

<strong>Forschung</strong> und ins Schreiben investieren<br />

zu können, war einer der Gründe, warum<br />

sich Scott Hill dafür entschieden hat,<br />

seine Lehraufträge in den USA, unter<br />

anderem an der University of Massachusetts<br />

Amherst und der Auburn University,<br />

auszusetzen und an die Universität<br />

Innsbruck zu kommen. Aber auch die<br />

spannenden und inspirierenden Gespräche<br />

mit Katherine Dormandy und<br />

Winfried Löffler, die das Euregio-Projekt<br />

leiten, sowie die guten Erfahrungen<br />

von anderen Postdocs aus seinem Umfeld<br />

mit dem Innsbrucker Institut für<br />

Christliche Philosophie haben ihn dazu<br />

bewogen, seine Zelte in den Vereinigten<br />

Staaten abzubrechen. Außerdem glaubt<br />

Scott Hill zutiefst an das Projekt, in das<br />

er mehrere seiner <strong>Forschung</strong>sinteressen<br />

einfließen lassen kann.<br />

Aliens & Verschwörungstheorien<br />

Es sind vor allem verschiedene erkenntnistheoretische<br />

und ethische Fragestellungen,<br />

die Hill in Verbindung mit<br />

resilienten Meinungen beschäftigen. –<br />

Resiliente Meinungen sind Meinungen<br />

oder Überzeugungen, die Menschen auf<br />

keinen Fall aufgeben, sondern im Gegenteil<br />

vehement gegen Einwände und<br />

Gegengründe verteidigen. – Ein Thema,<br />

an dem Scott Hill in diesem Zusammenhang<br />

arbeitet, sind Verschwörungstheorien:<br />

Wie man sozialwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse dazu vermittelt und wie<br />

die Wissenschaft mit Verschwörungstheorien,<br />

mit Verschwörungstheoretikern<br />

und ihren Anhängern umgeht und<br />

umgehen soll. „Ein anderes Thema, das<br />

mich interessiert, sind Aliens“, erzählt<br />

der Philosoph. „Wissenschaftler lehnen<br />

es ab, Dinge mit Außerirdischem zu erklären.<br />

Natürlich haben sie damit recht.<br />

Was ich aber wissen möchte, ist zum<br />

Beispiel, was passieren müsste, um diese<br />

Überzeugung rational zu überwinden“,<br />

erläutert er. Scott Hill stellt aber auch<br />

die moralische Verantwortung des Menschen<br />

gedanklich auf die Probe. „Einige<br />

Philosophen sind der Meinung, die Vorstellung,<br />

dass wir moralisch verantwortlich<br />

sind, sei so tief in uns verwurzelt,<br />

dass wir nicht in der Lage sind, diese<br />

aufzugeben“, erklärt er einen weiteren<br />

Ausgangspunkt seiner philosophischen<br />

Überlegungen. „Ich will wissen, ob das<br />

stimmt und welche Folgen sich daraus<br />

ergeben.“ Aber auch Fragen wie „Kann<br />

ich als Individuum durch mein Verhalten,<br />

zum Beispiel durch vegane Ernährung,<br />

einen Unterschied machen?<br />

Ist man schuldig, wenn man durch<br />

sein Kaufverhalten Massentierhaltung<br />

unterstützt? Kann man Schuldgefühlen<br />

trauen?“ zählen zu den <strong>Forschung</strong>sinteressen<br />

von Scott Hill. Nicht zuletzt<br />

denkt er über die Frage nach, wie viel<br />

freier Wille bleibt, wenn man an Gottes<br />

schöpferisches Wirken glaubt. „Alle<br />

diese Fragen fallen in den Themenkreis<br />

resilienter Überzeugungen, und ich bin<br />

sehr dankbar, daran arbeiten zu können“,<br />

betont er.<br />

„Die Zeit hier Innsbruck ist<br />

wahrscheinlich die beste meines<br />

Lebens. Ich werde wohl nie<br />

wieder einen Job haben, der mir<br />

so viel Zeit für die <strong>Forschung</strong><br />

lässt, wie ich aktuell habe.“<br />

Philosophische Gespräche führt Scott<br />

Hill im Übrigen nicht nur gerne in universitären<br />

Räumen, sondern auch beim<br />

Wandern. „Manchmal organisieren Kolleginnen<br />

und Kollegen Almwanderungen.<br />

Es gibt nichts Besseres, als zu wandern<br />

und dabei zu philosophieren und<br />

dann gutes Essen und ein Bier oben auf<br />

der Alm zu genießen“, schwärmt er und<br />

kann schon jetzt auf viele schöne Erinnerungen<br />

zurückblicken.<br />

ef<br />

48 zukunft forschung <strong>02</strong>/22<br />

Foto: Andreas Friedle

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!