Zukunft Forschung 02/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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ZWISCHENSTOPP INNS BRUCK<br />
FELSENFESTE<br />
ÜBERZEUGUNGEN<br />
Der amerikanische Philosoph Scott Hill untersucht am Institut für<br />
Christliche Philosophie verschiedene Formen von Meinungsresilienz.<br />
Und lebt hier in Innsbruck seinen Traum.<br />
Scott Hill ist im Juli mit seiner Familie<br />
nach Innsbruck gekommen,<br />
um für zwei Jahre im Rahmen des<br />
Euregio-Projekts Resilient Beliefs: Religion<br />
and Beyond als Postdoktorand zu<br />
forschen. Sowohl am Institut für Christliche<br />
Philosophie als auch in seiner dörflichen<br />
Wohnumgebung in der Nähe von<br />
Innsbruck fühlt er sich schon sehr wohl.<br />
„Das ist wahrscheinlich die beste Zeit<br />
meines Lebens“, meint er dankbar. „Ich<br />
werde wohl nie wieder einen Job haben,<br />
der mir so viel Zeit für die <strong>Forschung</strong><br />
lässt, wie ich aktuell habe.“<br />
Die Gelegenheit, all seine Kräfte in die<br />
<strong>Forschung</strong> und ins Schreiben investieren<br />
zu können, war einer der Gründe, warum<br />
sich Scott Hill dafür entschieden hat,<br />
seine Lehraufträge in den USA, unter<br />
anderem an der University of Massachusetts<br />
Amherst und der Auburn University,<br />
auszusetzen und an die Universität<br />
Innsbruck zu kommen. Aber auch die<br />
spannenden und inspirierenden Gespräche<br />
mit Katherine Dormandy und<br />
Winfried Löffler, die das Euregio-Projekt<br />
leiten, sowie die guten Erfahrungen<br />
von anderen Postdocs aus seinem Umfeld<br />
mit dem Innsbrucker Institut für<br />
Christliche Philosophie haben ihn dazu<br />
bewogen, seine Zelte in den Vereinigten<br />
Staaten abzubrechen. Außerdem glaubt<br />
Scott Hill zutiefst an das Projekt, in das<br />
er mehrere seiner <strong>Forschung</strong>sinteressen<br />
einfließen lassen kann.<br />
Aliens & Verschwörungstheorien<br />
Es sind vor allem verschiedene erkenntnistheoretische<br />
und ethische Fragestellungen,<br />
die Hill in Verbindung mit<br />
resilienten Meinungen beschäftigen. –<br />
Resiliente Meinungen sind Meinungen<br />
oder Überzeugungen, die Menschen auf<br />
keinen Fall aufgeben, sondern im Gegenteil<br />
vehement gegen Einwände und<br />
Gegengründe verteidigen. – Ein Thema,<br />
an dem Scott Hill in diesem Zusammenhang<br />
arbeitet, sind Verschwörungstheorien:<br />
Wie man sozialwissenschaftliche<br />
Erkenntnisse dazu vermittelt und wie<br />
die Wissenschaft mit Verschwörungstheorien,<br />
mit Verschwörungstheoretikern<br />
und ihren Anhängern umgeht und<br />
umgehen soll. „Ein anderes Thema, das<br />
mich interessiert, sind Aliens“, erzählt<br />
der Philosoph. „Wissenschaftler lehnen<br />
es ab, Dinge mit Außerirdischem zu erklären.<br />
Natürlich haben sie damit recht.<br />
Was ich aber wissen möchte, ist zum<br />
Beispiel, was passieren müsste, um diese<br />
Überzeugung rational zu überwinden“,<br />
erläutert er. Scott Hill stellt aber auch<br />
die moralische Verantwortung des Menschen<br />
gedanklich auf die Probe. „Einige<br />
Philosophen sind der Meinung, die Vorstellung,<br />
dass wir moralisch verantwortlich<br />
sind, sei so tief in uns verwurzelt,<br />
dass wir nicht in der Lage sind, diese<br />
aufzugeben“, erklärt er einen weiteren<br />
Ausgangspunkt seiner philosophischen<br />
Überlegungen. „Ich will wissen, ob das<br />
stimmt und welche Folgen sich daraus<br />
ergeben.“ Aber auch Fragen wie „Kann<br />
ich als Individuum durch mein Verhalten,<br />
zum Beispiel durch vegane Ernährung,<br />
einen Unterschied machen?<br />
Ist man schuldig, wenn man durch<br />
sein Kaufverhalten Massentierhaltung<br />
unterstützt? Kann man Schuldgefühlen<br />
trauen?“ zählen zu den <strong>Forschung</strong>sinteressen<br />
von Scott Hill. Nicht zuletzt<br />
denkt er über die Frage nach, wie viel<br />
freier Wille bleibt, wenn man an Gottes<br />
schöpferisches Wirken glaubt. „Alle<br />
diese Fragen fallen in den Themenkreis<br />
resilienter Überzeugungen, und ich bin<br />
sehr dankbar, daran arbeiten zu können“,<br />
betont er.<br />
„Die Zeit hier Innsbruck ist<br />
wahrscheinlich die beste meines<br />
Lebens. Ich werde wohl nie<br />
wieder einen Job haben, der mir<br />
so viel Zeit für die <strong>Forschung</strong><br />
lässt, wie ich aktuell habe.“<br />
Philosophische Gespräche führt Scott<br />
Hill im Übrigen nicht nur gerne in universitären<br />
Räumen, sondern auch beim<br />
Wandern. „Manchmal organisieren Kolleginnen<br />
und Kollegen Almwanderungen.<br />
Es gibt nichts Besseres, als zu wandern<br />
und dabei zu philosophieren und<br />
dann gutes Essen und ein Bier oben auf<br />
der Alm zu genießen“, schwärmt er und<br />
kann schon jetzt auf viele schöne Erinnerungen<br />
zurückblicken.<br />
ef<br />
48 zukunft forschung <strong>02</strong>/22<br />
Foto: Andreas Friedle