Zukunft Forschung 02/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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INFORMATIK<br />
SCHRITT FÜR SCHRITT<br />
Justus Piater lehrt seinem Roboter das Lernen – mit Erfolg. So lernte der Roboter, wie sich<br />
Objekte bewegen, wenn er sie anschubst, und wie er diese stapeln kann. Nun soll er sich aus gelernten<br />
Bewegungen neue erschließen und mit dem Menschen interagieren lernen.<br />
Am 25. Jänner 1921 erblickte der<br />
Roboter das Licht der Welt. An<br />
diesem Tag gab das Prager Nationaltheater<br />
erstmals das Drama R. U. R.<br />
von Karel Čapek. Millionen menschenähnlicher<br />
Maschinen dienen darin den<br />
Menschen als billige Arbeitskräfte und<br />
übernehmen Tätigkeiten in Haushalt<br />
und Industrie. Čapeks Bruder Josef gab<br />
den Maschinen einen Namen – Robota,<br />
tschechisch für Frondienst oder Zwangsarbeit.<br />
Heute kommen Roboter vielseitig zum<br />
Einsatz, etwa in Industrie oder Medizin,<br />
sie erkunden für Menschen gefährliche<br />
Regionen – oder mähen einfach Rasen.<br />
Gemeinsam ist ihnen, dass sie für ihre<br />
Aufgaben programmiert wurden. Aber<br />
kann man Roboter mit derart vielen Daten<br />
füttern, dass sie die ihnen gestellten<br />
Aufgaben jederzeit und überall erfüllen<br />
können? Und was passiert, wenn die<br />
Realität nicht dem Programmierten entspricht?<br />
Justus Piater, Robotik-Spezialist<br />
am Institut für Informatik der Universität<br />
Innsbruck, wählt daher einen anderen<br />
Weg – er will Roboter lehren, selbstständig<br />
zu lernen. Erste Schritte sind schon<br />
gemacht, nun wendet er sich mit seinem<br />
Team dem nächsten zu.<br />
Nicht ganz 100 Jahre nach der Uraufführung<br />
von R. U. R. erblickte auch am<br />
Innsbrucker Informatikinstitut ein Roboter<br />
das Licht der Welt: Im Rahmen des<br />
EU-Projekts Xperience (2011 – 2015) und<br />
unterstützt durch die Universität Innsbruck<br />
entstand Robin, der sein Wissen<br />
durch Lernen aus Erfahrung bezieht. Robin<br />
„schubste“ unterschiedliche Gegenstände<br />
– Bauklötze, Schachteln, Bälle… –,<br />
beo bachtete deren „Reaktion“ und clusterte<br />
die sensormotorischen Daten, die<br />
er von diesem Prozess via Kamera und<br />
Kraftsensoren erhielt. „In der Folge ordnet<br />
er ein Objekt aufgrund visueller Features<br />
einem Cluster zu und weiß, wie sich<br />
dieses Objekt dann erwartungsgemäß<br />
verhält“, erklärt Piater. Robin lernte also,<br />
dass runde Objekte rollen, wenn er sie anschubst,<br />
Klötze aber nicht. Mit diesem erlernten<br />
Wissen ausgestattet schickten die<br />
Informatiker ihren Roboter in die nächste<br />
Schulstunde. Robin agierte nun mit zwei<br />
Objekten, schaute, was passiert, wenn er<br />
einen Ball auf einen Bauklotz oder eine<br />
Schachtel auf einen Ball stellt, clusterte<br />
wiederum die sensormotorischen Daten<br />
und lernte, so Piater, „im Zuge von zig<br />
Interaktionen, wie man Türme baut“.<br />
Bewegungen generalisieren<br />
Im bisherigen Lernprozess agierte Piaters<br />
Roboter als Einzelkämpfer, nun gehen<br />
die Innsbrucker Informatikerinnen und<br />
Informatiker daran, auch das humane<br />
Umfeld einzubinden. In dem EUREGIO-<br />
Projekt OLIVER – Open-Ended Learning<br />
for Interactive Robots (2019 – 2<strong>02</strong>2), wollten<br />
sie in Zusammenarbeit mit der Uni Bozen<br />
Robotern beibringen, Aufgaben, die von<br />
ihren Designern nicht speziell vorgesehen<br />
sind, sowie kollaborative Aufgaben<br />
auszuführen. „Unser Fokus lag zunächst<br />
darauf, wie Roboter von einer gelernten<br />
Bewegung auf ähnliche Bewegungen<br />
generalisieren können“, berichtet Piater.<br />
Maschinelles Lernen, erläutert der Informatiker,<br />
basiere auf der Annahme, dass<br />
die Daten, die das trainierte Modell in der<br />
Praxis sieht, statistisch gesehen dieselben<br />
Daten wie im Training sind. Doch was<br />
wenn nicht? „Dann funktioniert das System<br />
nicht“, sagt Piater und nennt ein Beispiel:<br />
„Ein Roboter hat gelernt, einen Stift<br />
28<br />
zukunft forschung <strong>02</strong>/22<br />
Fotos: Andreas Friedle