01.12.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 32

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Entscheidend aber ist, dass Algorithmen heute so gebaut<br />

sind, dass sie selber lernen. Der Computer, der die<br />

Meister des hochkomplexen Brettspiels Go schlug, brachte<br />

sich das Spiel selber bei, indem er in rasendem Tempo<br />

mehrere Millionen Mal gegen sich selbst spielte. Da beginnt<br />

Künstliche Intelligenz (KI).<br />

Sind wir schon Avatare?<br />

«Künstliche Intelligenz<br />

ist eine tödliche<br />

Bedrohung für die<br />

Menschheit.» Elon Musk<br />

Noch deutlicher wird dies bei Algorithmen, wie sie etwa<br />

Google einsetzt. Tatsächlich gibt es nicht den einen Google-Algorithmus,<br />

der Konzern benützt eine komplexe<br />

Struktur verschränkter Algorithmen, die ständig aktualisiert<br />

werden. Sie beobachten mich, registrieren meine<br />

Suchabfragen, meine Internetnutzung, meine Bestellungen,<br />

meine Lektüren, meine Social-Media-Aktivitäten,<br />

meinen Mail-Verkehr, meine Kreditkarte und einiges<br />

mehr. Und ziehen daraus ihre eigenen Schlüsse. Besonders<br />

tückisch ist: Mit jeder Internetnutzung trainiere ich<br />

selbst das algorithmische System. Ich mache die Arbeit<br />

für Google. Kombiniert man diese Daten mit anderen Datensätzen,<br />

etwa meiner Krankenakte oder mit Bewegungsdaten<br />

(Handy) entsteht ein detailliertes Profil. Heute wissen<br />

die zehn grössten IT-Konzerne über 70 Prozent der<br />

globalen Bevölkerung mehr, als die Menschen über sich<br />

selbst.<br />

Dennoch gelten solche algorithmischen Systeme noch<br />

als «schwache künstliche Intelligenz». Doch schon sie<br />

liefern mich kommerziell aus und machen mich für politische<br />

Manipulation anfällig, wie die Manipulation von<br />

Abstimmungen und Wahlen, etwa durch den Konzern<br />

Cambridge Analytica, in den vergangenen Jahren belegt<br />

hat.<br />

Heute steht der Durchbruch zu einer «starken KI» kurz<br />

bevor. Und mit Programmen wie dem «Deep Coder» der<br />

Uni Cambridge soll die KI künftig selbst neue, wirksamere<br />

KI erfinden – ohne Zutun des Menschen.<br />

Elon Musk, der Algorithmus-Multimilliardär, ist fest<br />

davon überzeugt, dass er und wir alle bereits in einer virtuellen<br />

Welt leben, als machtlose Schatten (Avatare) unserer<br />

selbst, von intelligenten Robotern manipuliert. Künstliche<br />

Intelligenz nennt er «die tödlichste Bedrohung für<br />

die Menschheit». Davor will Musk auf den Mars flüchten,<br />

für diesen Zweck hat er den SpaceX-Konzern aufgebaut.<br />

Der Mann ist fraglos ein rechtsextremer Agitator, aber seine<br />

Raketen bringen gerade Hunderte von Satelliten ins<br />

All, und in Sachen KI kennt er sich aus: Der Rohstoff für<br />

seinen Twitter-Konzern sind unsere Leben, und er beutet<br />

sie mit besonders heimtückischen Algorithmen aus.<br />

Im Vergleich zu Musk wirkt Dirk Helbing unaufgeregt.<br />

Der Professor leitet an der ETH Zürich den Bereich Sozialwissenschaften<br />

im Computerzeitalter. «Wir sind zunehmend<br />

ferngesteuert», stellt Helbing fest: «Was wir für unseren<br />

eigenen Willen halten, ist längst von Algorithmen<br />

vorbestimmt.» Das hat er in jahrelanger Forschung mit<br />

Dutzenden von Studien belegt. Jetzt macht Helbing sich<br />

Sorgen. Denn der «digitale Faschismus» stehe vor der Tür.<br />

Menschen seien auch nur Algorithmen, meint die<br />

neuere «Wissenschaft vom Leben». Also können die<br />

Menschen auch gehackt werden, folgert der bekannte<br />

His toriker Yuval Noah Harari («Kurze Geschichte der<br />

Mensch heit»): «Firmen und Staaten arbeiten daran. Vor<br />

einer vergleichbaren Herausforderung stand die Menschheit<br />

noch nie.» Die Zeit dränge, sagt Harari, denn durch<br />

biotechnische Innovation könne bald eine neue Spezies<br />

entstehen, die den alten Homo sapiens versklave.

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