01.12.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 32

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Recht so!<br />

21<br />

Guten Tag miteinander<br />

Ich war über 30 Jahre in der Druckerei.<br />

Diese musste schliessen, und ich habe<br />

mich bei der Arbeitslosenkasse angemeldet.<br />

In einem Kurs habe ich ein Bewerbungsdossier<br />

erstellt. Trotz zahlreicher<br />

Bewerbungen erhalte ich nur Absagen.<br />

Ich weiss, dass es in meinem Alter, 55, und<br />

mit meinem Beruf schwierig ist. Doch habe<br />

ich nun gelesen, dass in vielen grösseren<br />

Firmen die Bewerbungen gar nicht mehr<br />

angeschaut werden, sondern ein Algorithmus<br />

das macht. Stimmt das?<br />

Antwort des <strong>syndicom</strong>-Rechtsdienstes<br />

Ja, Algorithmen werden in der Arbeitswelt immer häufiger<br />

eingesetzt. Gerade im Bewerbungsprozess werden dafür<br />

Kriterien vordefiniert (sogenannte Keywords), um die<br />

offene Stelle optimal besetzen zu können. Erfüllt dein<br />

Lebenslauf gewisse Kriterien nicht, so wird dein Dossier<br />

automatisch ausgeschieden. Dies erhöht die Gefahr der<br />

Diskriminierung bei der Stellensuche aufgrund des Alters,<br />

des Geschlechts, der Nationalität, Familiensituation<br />

(verheiratet, Kinder) etc.<br />

Darauf haben sie uns im Bewerbungskurs<br />

nicht hingewiesen. Ich weiss nicht, ob mein<br />

Dossier von einem Algorithmus oder von<br />

der Personalabteilung geprüft wird und<br />

welche Kriterien bei der Auswahl gelten.<br />

Könnte ich denn mein Dossier entsprechend<br />

anpassen und z. B. das Alter und die<br />

Nationalität nicht angeben?<br />

Wenn das so ist, habe ich kaum eine<br />

Chance, eine Stelle zu finden. So ein<br />

Algorithmus ist doch diskriminierend.<br />

Kann man sich nicht juristisch dagegen<br />

zur Wehr setzen?<br />

Grundsätzlich gibt es da keine Vorschriften. Aber diese<br />

Angaben können für den Arbeitgeber wichtig sein. Die Algorithmen<br />

suchen also anhand dieser Keywords. Fehlen<br />

sie in den Unterlagen, wird die Bewerbung ausgeschieden.<br />

Hast du zudem ein Foto im Lebenslauf, kann der<br />

Algo rithmus bei Verwendung einer automatisierten Gesichtserkennung<br />

Rückschlüsse auf dein Alter machen.<br />

Diese Software wird immer häufiger eingesetzt, obschon<br />

bekannt ist, dass sie bloss Stereotypen erkennt und daher<br />

nicht aussagekräftig ist. Letztlich übernimmt der Algorithmus<br />

die Vorurteile der Personen, die die Kriterien<br />

festlegen. Und ein Algorithmus erkennt nur diejenigen<br />

Daten, die ihm zur Verfügung stehen. Je weniger dies<br />

sind, desto subjektiver wird das Auswahlverfahren.<br />

Du hast die Möglichkeit, gestützt auf Art. 28 ZGB eine<br />

Persönlichkeitsverletzung geltend zu machen. Diese muss<br />

widerrechtlich sein und hängt somit davon ab, ob der<br />

potenzielle Arbeitgeber überwiegende Interessen geltend<br />

machen kann oder nicht. Selbst wenn du beweisen<br />

kannst, dass die Absage nur wegen deines Alters erfolgt<br />

ist, hast du keinen Anspruch auf eine Anstellung. Du<br />

kannst nur eine Genugtuung gestützt auf Art. 28a ZGB verlangen.<br />

Doch gibt es diesbezüglich noch keine Entscheide<br />

des Bundesgerichts. Dies, weil der Arbeitgeber seine Absage<br />

nicht begründen muss, und eine Diskriminierung<br />

daher kaum beweisbar ist.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/rechtso

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