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Hormone und Stoffwechsel

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Lesen Sie mehr auf ges<strong>und</strong>er-koerper.info<br />

Eine Stimme für Betroffene<br />

Endometriose wird oft als das Chamäleon der<br />

gynäkologischen Erkrankungen bezeichnet,<br />

denn die Symptome unterscheiden sich von<br />

Frau zu Frau enorm. Das führt zu oft langen<br />

Ärzteodysseen für Betroffene, die über Jahre mit<br />

starken Beschwerden leben müssen <strong>und</strong> nicht<br />

die Hilfe bekommen, die sie benötigen. Dabei ist<br />

nach aktuellen Schätzungen jede zehnte Frau in<br />

Deutschland betroffen. Eine von ihnen ist Vanessa<br />

Maier, Gründerin der Plattform „Endopowerment“,<br />

die anderen Betroffenen dabei helfen möchte,<br />

den ganz persönlichen Weg im Umgang mit der<br />

Erkrankung zu finden.<br />

Text Miriam Barbara Rauh<br />

Vanessa, du bist selbst von<br />

Endometriose <strong>und</strong> Adenomyose<br />

betroffen. Wann hattest du<br />

die ersten Beschwerden <strong>und</strong><br />

wie lange hat es gedauert,<br />

bis du die richtige Diagnose<br />

bekommen hast?<br />

Meine Beschwerden begannen mit<br />

dem Eintreten der Periode. Zunächst<br />

habe ich sie einfach hingenommen,<br />

weil ich dachte, sie seien<br />

normal. Mir war morgens oft so<br />

schwindelig, dass ich mich auf den<br />

Boden legen musste, zudem hatte<br />

ich sehr starke Schmerzen. Aber<br />

weil ich es nicht anders kannte,<br />

habe ich es kaum hinterfragt. Während<br />

der Schulzeit <strong>und</strong> im Studium<br />

bin ich an solchen Tagen zu Hause<br />

geblieben. Das ging nicht mehr, als<br />

ich mit 27 Jahren anfing, in Vollzeit<br />

im Vorstandsbereich eines Großkonzerns<br />

zu arbeiten. Ich begann<br />

dann zu recherchieren, was der<br />

Gr<strong>und</strong> für meine Beschwerden sein<br />

könnte, <strong>und</strong> stieß auf Endometriose.<br />

Eine Gynäkologin hatte den Verdacht<br />

ein paar Jahre vorher bereits<br />

geäußert, aber fast beiläufig, ohne<br />

Nachdruck, weshalb ich dem nicht<br />

nachgegangen bin. Jetzt bestätigte<br />

eine Bauchspiegelung den Verdacht.<br />

Über Endometriose<br />

reden zu<br />

können, sollte für<br />

niemanden ein<br />

Problem sein.<br />

Wie wirkt sich die Erkrankung<br />

bei dir aus <strong>und</strong> wie hat sie dich<br />

<strong>und</strong> dein Leben verändert?<br />

Wichtig finde ich, zuerst zu definieren,<br />

was Adenomyose <strong>und</strong> Endometriose<br />

sind: Adenomyose bezeichnet<br />

Wucherungen innerhalb der Gebärmutter;<br />

Endometriose sind Wucherungen<br />

aus gebärmutterschleimhautartigem<br />

Gewebe, die nicht<br />

nur den Unterbauch, sondern den<br />

ganzen Körper betreffen können,<br />

sogar die Lunge oder das Gehirn.<br />

Starke Schmerzen sind ein häufiges<br />

Symptom von Endometriose,<br />

das oft im Rahmen der Periode,<br />

aber auch zu anderen Zeiten auftreten<br />

kann. Auch Durchfall <strong>und</strong><br />

Abgeschlagenheit sind mögliche<br />

Symptome. Bei mir äußert sich<br />

die Endometriose mittlerweile<br />

vorwiegend durch Abgeschlagenheit<br />

<strong>und</strong> extreme Schmerzen.<br />

Der ganze Körper krampft. Jeden<br />

Monat bin ich r<strong>und</strong> fünf Tage auf<br />

Schmerzmittel angewiesen.<br />

Die Symptome sind nicht<br />

leicht einzuordnen, da auch<br />

Ärzte oft sehr wenig über<br />

das Krankheitsbild wissen.<br />

Hast du dich mit deinen<br />

Beschwerden immer ernst<br />

genommen gefühlt?<br />

Als ich wegen des Verdachts auf<br />

Endometriose untersucht wurde,<br />

kam heraus, dass auch meine<br />

linke Niere betroffen ist. Der<br />

Harnleiter war komplett zugewuchert,<br />

ich stand kurz vor einem<br />

Nierenversagen. Damit wurden<br />

meine Beschwerden dann plötzlich<br />

sehr ernst genommen.<br />

Das Problem ist meist Folgendes:<br />

Wenn man zu seinem Gynäkologen<br />

oder seiner Gynäkologin geht, bekommt<br />

man die Pille verschrieben<br />

oder etwas gegen die Schmerzen<br />

bzw. hört man, dass es normal sei,<br />

dass Mädchen oder Frauen während<br />

der Periode Schmerzen haben.<br />

Wenn man keinen Vergleich hat, ist<br />

es schwer, das einzuordnen. Man<br />

beginnt dann damit, sein Leben<br />

stark einzuschränken, <strong>und</strong> nimmt<br />

die Beschwerden hin. Gut wäre es,<br />

wenn Betroffene ihnen trotzdem<br />

nachgehen <strong>und</strong> klären lassen, ob sie<br />

eine Endometriose oder eine Adenomyose<br />

oder beides haben. Aber<br />

dafür braucht es Wissen über die Erkrankung,<br />

aufseiten der Patientinnen<br />

<strong>und</strong> der Ärzte gleichermaßen.<br />

Aufklärung ist daher sehr wichtig.<br />

Du hast die Plattform Endopowerment<br />

ins Leben gerufen<br />

<strong>und</strong> sprichst absolut offen<br />

über deine Erkrankung. Warum<br />

ist es so wichtig, über<br />

Endometriose aufzuklären?<br />

Viele Betroffene schreiben mir, dass<br />

sie erst durch meine Initiative auf<br />

das Krankheitsbild aufmerksam<br />

geworden sind oder sich bestärkt<br />

darin fühlten, doch noch mal zum<br />

Arzt zu gehen. Ich bin mit dem<br />

Bewusstsein aufgewachsen, dass es<br />

selbstverständlich ist, Dinge beim<br />

Namen zu nennen, <strong>und</strong> möchte<br />

anderen, die vielleicht andere<br />

Voraussetzungen haben oder sich<br />

schämen, über ihre Beschwerden zu<br />

reden, den Rücken stärken, für sich<br />

selbst einzustehen. Über Endometriose<br />

reden zu können, sollte<br />

für niemanden ein Problem sein.<br />

Welche Rolle spielt für dich<br />

der Austausch mit anderen<br />

betroffenen Frauen?<br />

Anfangs hat der Austausch für mich<br />

eine große Rolle gespielt. Zwar bin<br />

ich von den Ärzten dann ernst<br />

genommen worden, weil ich einen<br />

Organschaden hatte, aber es hilft,<br />

wenn man realisiert, dass andere<br />

unter ähnlichen Beschwerden<br />

leiden, weil man sich dann nicht so<br />

alleine fühlt. Es ist auch hilfreich,<br />

wenn man Tipps austauschen kann,<br />

z. B. darüber, wo es eine gute Ärztin<br />

oder einen guten Arzt gibt. Oder ob<br />

einem eine bestimmte Entspannungstechnik<br />

oder Yoga besonders<br />

geholfen hat, denn dann hilft es<br />

vielleicht anderen auch. Mittlerweile<br />

halte ich mich allerdings selbst<br />

weitgehend aus der Kommunikation<br />

heraus, um mich auch mit<br />

anderen Themen zu beschäftigen.<br />

Mein Anliegen war <strong>und</strong> ist, mit<br />

Endopowerment eine Plattform zu<br />

schaffen, die allen offensteht<br />

– gleichzeitig möchte ich auch mein<br />

Leben leben. Es tut mir gut, mich<br />

nicht ausschließlich mit der<br />

Krankheit zu befassen.<br />

Vanessa klärt sowohl über ihre<br />

Website www.endopowerment.de<br />

als auch über ihren Instagram-Kanal<br />

instagram.com/endopowerment<br />

über Endometriose/Adenomyose<br />

<strong>und</strong> den Alltag mit den Erkrankungen<br />

auf. Zudem bietet sie<br />

Onlinekurse zu diesen Themen an<br />

<strong>und</strong> hat einen eigenen Podcast ins<br />

Leben gerufen.<br />

Ihr klares Signal für betroffene<br />

Frauen: Ihr seid nicht allein!<br />

FOTO: MARCEL GOLLIN

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