Betriebskosten Aktuell - Ausgabe November 2022

Die Zeitschrift Betriebskosten Aktuell erscheint mindestens sechs Mal im Jahr und gibt einen Überblick über wichtige Neuigkeiten im Zusammenhang mit den Wohnkosten. Die Zeitschrift Betriebskosten Aktuell erscheint mindestens sechs Mal im Jahr und gibt einen Überblick über wichtige Neuigkeiten im Zusammenhang mit den Wohnkosten.

30.11.2022 Aufrufe

Betriebskostenaktuell Alles rund um die Wohnkosten Ausgabe 80 | November 2022 Bild: Adobe Stock/ peterschreiber.media Impressum Betriebskosten aktuell / alles rund um die Wohnkosten Herausgeber: Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen Verantwortlich: Dr. Peter Hitpaß VNW Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. Tel.: 0385 / 48937503 E-Mail: hitpass@vnw.de Kommentar von Andreas Breitner: Thema Fernwärme – Wenn Fernwärmekosten sich auf einen Schlag verdreifachen oder sogar vervierfachen, dann wirft das Fragen auf. Seite 2 Prof. Dr. Andreas Saxinger und Timo Hubert Scheer Das Verhältnis zwischen dem betriebskostenrechtlichen Belegeinsichtsrecht und dem datenschutzrechtlichen Auskunftsrecht des Mieters Seite 3 BK01 Rechnungsdatenverarbeitung bei VIVAWEST Optimieren, digitalisieren, automatisieren: Versorgerrechnungen effizient verarbeiten Seite 7 Papierloses Büro Einsichtsrecht des Mieters in Originalbelege Seite 9 Ifo- Institut Immer mehr Stornierungen im Wohnungsbau Seite 10 Hohe Energiepreise Manche Wohnungen blieben schon vor der Krise kalt Seite 11 Ratseinigung zur EPBD Emissionsfrei bis: Alle öffentlichen Gebäude bis 2028, alle neuen Gebäude bis 2030 und alle bestehenden Gebäude bis 2050 Seite 13 Bauindustrie Umsatzprognose für 2022 und 2023 gesenkt – Präsident Peter Hübner erklärt warum. Seite 15 Der digitale Schlüssel Welche Vorteile haben die Vermietungsabteilung, aber auch die technische Abteilung, Herr Österreicher? Seite 16 Verbraucherzentrale NRW warnt Stromsparboxen und Heizlüfter für Steckdosen ohne Spareffekt Seite 18

<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 | <strong>November</strong> <strong>2022</strong><br />

Bild: Adobe Stock/ peterschreiber.media<br />

Impressum<br />

<strong>Betriebskosten</strong> aktuell / alles<br />

rund um die Wohnkosten<br />

Herausgeber:<br />

Verband norddeutscher<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Verantwortlich:<br />

Dr. Peter Hitpaß<br />

VNW Verband norddeutscher<br />

Wohnungsunternehmen e. V.<br />

Tel.: 0385 / 48937503<br />

E-Mail: hitpass@vnw.de<br />

Kommentar von Andreas Breitner:<br />

Thema Fernwärme – Wenn Fernwärmekosten<br />

sich auf einen Schlag verdreifachen<br />

oder sogar vervierfachen, dann wirft<br />

das Fragen auf.<br />

Seite 2<br />

Prof. Dr. Andreas Saxinger<br />

und Timo Hubert Scheer<br />

Das Verhältnis zwischen dem betriebskostenrechtlichen<br />

Belegeinsichtsrecht und<br />

dem datenschutzrechtlichen Auskunftsrecht<br />

des Mieters<br />

Seite 3<br />

BK01 Rechnungsdatenverarbeitung<br />

bei VIVAWEST<br />

Optimieren, digitalisieren, automatisieren:<br />

Versorgerrechnungen effizient verarbeiten<br />

Seite 7<br />

Papierloses Büro<br />

Einsichtsrecht des Mieters in Originalbelege<br />

Seite 9<br />

Ifo- Institut<br />

Immer mehr Stornierungen im<br />

Wohnungsbau<br />

Seite 10<br />

Hohe Energiepreise<br />

Manche Wohnungen blieben schon vor<br />

der Krise kalt<br />

Seite 11<br />

Ratseinigung zur EPBD<br />

Emissionsfrei bis: Alle öffentlichen Gebäude<br />

bis 2028, alle neuen Gebäude bis 2030<br />

und alle bestehenden Gebäude bis 2050<br />

Seite 13<br />

Bauindustrie<br />

Umsatzprognose für <strong>2022</strong> und 2023 gesenkt<br />

– Präsident Peter Hübner erklärt<br />

warum.<br />

Seite 15<br />

Der digitale Schlüssel<br />

Welche Vorteile haben die Vermietungsabteilung,<br />

aber auch die technische Abteilung,<br />

Herr Österreicher?<br />

Seite 16<br />

Verbraucherzentrale NRW warnt<br />

Stromsparboxen und Heizlüfter für Steckdosen<br />

ohne Spareffekt<br />

Seite 18


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 | <strong>November</strong> <strong>2022</strong><br />

Kommentar von VNW-Verbandsdirektor Andreas Breitner<br />

Thema Fernwärme – Wenn Fernwärmekosten sich auf<br />

einen Schlag verdreifachen oder sogar vervierfachen,<br />

dann wirft das Fragen auf.<br />

VNW-Verbandsdirektor Andreas<br />

Breitner. Foto: VNW, Bertold Fabricius,<br />

Hamburg<br />

Angesichts teils drastisch gestiegener Fernwärmepreise mehrt sich in der Politik der Ruf nach einem<br />

Einschreiten des Bundeskartellamts. Die Behörde müsse auch bei der Fernwärme darauf achten,<br />

dass der Wettbewerb gewahrt bleibe, heißt es. Beklagt wird eine mangelnde Preistransparenz.<br />

Allein auf das Kartellamt zu setzen, reicht aus meiner Sicht nicht aus. Wir brauchen eine unabhängige<br />

Behörde, die ständig die Preise für Fernwärme beobachtet, kontrolliert und umgehend eingreift,<br />

wenn zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher Reibach gemacht wird.<br />

Das Kartellamt ist eine gute Institution, aber in diesem Fall eher nicht geeignet, weil es aus meiner<br />

Sicht zu selten und zu spät eingreifen würde. Allerdings verdeutlicht die Forderung nach einem<br />

Eingreifen des Kartellamts, dass da etwas nicht in Ordnung ist<br />

Vor allem in Mecklenburg-Vorpommern sind viele Mieterinnen und Mieter an ein Fernwärmenetz<br />

angeschlossen. Was für die Energiewende eine sehr gute Grundlage ist – mit der Dekarbonisierung<br />

von Fernwärme lassen sich viele Haushalte erreichen – ist für die Nutzerinnen und Nutzer ein Problem:<br />

sie können nicht mal eben den Anbieter wechseln, wenn sie unzufrieden sind.<br />

Dieses ‚naturgegebene‘ Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Nutzer muss dadurch geheilt werden,<br />

dass die die Unternehmen permanent kontrolliert werden. Sie müssen der Öffentlichkeit ihre<br />

Kostenstruktur darlegen und nachvollziehbar begründen, warum sie ihre Preise erhöhen wollen.<br />

Nur dann werden die Menschen es auch akzeptieren.<br />

Derzeit herrscht bei vielen Mieterinnen und Mietern große Verunsicherung und Verärgerung.<br />

Wenn Energieversorger ankündigen, dass die Fernwärmekosten sich auf einen Schlag verdreifachen oder sogar vervierfachen, dann wirft das<br />

Fragen auf. Eine Preisexplosion dieser Wucht lässt sich auch in Zeiten allgemein steigender Energiepreise beim besten Willen nicht vermitteln.<br />

Ich habe die Sorge, dass in manchen Fällen ein großer Teil des Problems hausgemacht ist, weil die betreffenden Energieversorger eine Beschaffungsstrategie<br />

verfolgt haben, die nun die Vermieter und Mieter ausbaden sollen. Das ist nicht hinnehmbar.<br />

Die bestandshaltenden Vermieter haben die explodierenden Fernwärmepreise nicht zu verantworten. Der Preisanstieg verteuert aber das<br />

Wohnen und ist sozialer Sprengstoff. Wer in einer kalten Wohnung leben soll, den wird man über kurz oder lang auch mit Klimaschutzanforderungen<br />

nicht mehr erreichen. Wenn die Fernwärme auch für die Energiewende ein wesentlicher Bestandteil bleiben soll, muss jetzt<br />

gehandelt werden.<br />

Andreas Breitner<br />

Vorstand und Verbandsdirektor<br />

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis Seite 2


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Prof. Dr. Andreas Saxinger und Timo Hubert Scheer<br />

Das Verhältnis zwischen dem betriebskostenrechtlichen<br />

Belegeinsichtsrecht und dem datenschutzrechtlichen<br />

Auskunftsrecht des Mieters<br />

1. Das betriebskostenrechtliche Belegeinsichtsrecht des Mieters<br />

Das betriebskostenrechtliche Belegeinsichtsrecht des Mieters stellt ein gesetzlich ungeregeltes Rechtsinstitut<br />

dar. Eine gesetzliche Grundlage existiert nur für den preisgebundenen Wohnraum in § 29 Abs. 1 NMV, die<br />

aber als auslaufendes Recht nicht auf den preisfreien Wohnraum übertragen werden kann. Für den preisfreien<br />

Wohnraum ist bis heute im Einzelnen umstritten, auf welcher Rechtsgrundlage das Einsichtsrecht des<br />

Mieters fußt.<br />

Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob sich das betriebskostenrechtliche Belegeinsichtsrecht aus § 259 BGB,<br />

aus § 556 Abs. 3 BGB oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herleiten lässt. Entscheidend für die<br />

Praxis ist, dass das Einsichtsrecht durch die Rechtsprechung ab den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

entwickelt worden ist und seitdem immer deutlichere Konturen bekommen hat.<br />

Sinn und Zweck des Einsichtsrechts ist nach Ansicht der mietrechtlichen Rechtsprechung, dem Mieter eine<br />

sachgerechte Überprüfung der Richtigkeit der Belege, die der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung des Vermieters<br />

zu Grunde liegen, zu ermöglichen. Der Darlegung eines besonderen Interesses an der Belegeinsicht bedarf<br />

es seitens des Mieters nicht. Vielmehr genügt das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen<br />

Vermieters zu kontrollieren. Die Einsicht soll dem Mieter zur Vorbereitung möglicher<br />

Einwendungen gegen die Abrechnung dienen.<br />

Im Ergebnis ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter all diejenigen Belege in einer geordneten Form vorzulegen,<br />

die geeignet sind, die noch offenen Fragen des Mieters im Hinblick auf die Richtigkeit der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung<br />

abzuklären. Der Mieter muss in die Lage versetzt werden, die vom Vermieter getätigten<br />

Rechenschritte ggfs. unter Hinzuziehung fachkundiger Hilfe nachzuvollziehen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

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<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

2. Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht des Mieters<br />

Am 25.05.2018 ist die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) in Kraft getreten. Diese beinhaltet in Art.<br />

15 DS-GVO ein allgemein formuliertes datenschutzrechtliches Auskunftsrecht einer betroffenen Person gegen<br />

den Verantwortlichen i.S.v. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO. Der Anspruch ist auf die Übermittlung von Informationen<br />

gerichtet, welche u.a. die Zwecke, Kategorien und Dauer der Verarbeitung von personenbezogenen<br />

Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO der betroffenen Person betreffen.<br />

Für Wohnraummietverhältnisse wurde dieses datenschutzrechtliche Auskunftsrecht des Art. 15 DS-GVO<br />

erstmals in den beiden Entscheidungen des AG Wiesbaden vom 26.04.2021 (Teilurt. v. 26.04.2021, 93 C<br />

2338/20) und des LG Wiesbaden vom 30.09.2021 (Urt. v. 30.09.2021, 3 S 50/21) konkretisiert. Diese Entscheidungen<br />

betrafen einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Auskunft über die Verarbeitung<br />

von personenbezogenen Daten des Mieters im Rahmen einer <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung. Eine weitere Entscheidung<br />

zur Anwendung von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO in Wohnraummietverhältnissen behandelte der<br />

BGH im Urteil vom 22.02.<strong>2022</strong> (Urt. v. 22.02.<strong>2022</strong>, VI ZR 14/21). Dabei ging es nicht um eine <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung,<br />

sondern um einen Auskunftsanspruch eines Mieters zur Identifikation der Person eines<br />

Mitbewohners, der sich bei der Vermieterin über starke Geruchsbelästigungen und Ungeziefer im Treppenhaus,<br />

die aus der Wohnung des Mieters herrührten, beschwert hatte.<br />

Seit 25.05.2018 steht somit das gesetzlich in Art. 15 DS-GVO verankerte datenschutzrechtliche Auskunftsrecht<br />

neben dem von der Rechtsprechung entwickelten mietrechtlichen Einsichtsrecht des Mieters in die<br />

Belege für die <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung des Vermieters.<br />

3. Unterschiedliche Voraussetzungen der beiden Ansprüche<br />

Beide dem Mieter zustehenden Ansprüche unterscheiden sich von ihren Voraussetzungen.<br />

a) Voraussetzungen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs<br />

Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht des Betroffenen ist auf die Übermittlung von Informationen<br />

gerichtet, welche u.a. die Zwecke, Kategorien und Dauer der Verarbeitung von ihn betreffenden personenbezogenen<br />

Daten durch den Verantwortlichen betrifft. Welche Auskünfte im Einzelnen durch den<br />

Mieter vom Vermieter verlangt werden können, ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 lit. a) – h) DS-GVO. Im<br />

Ergebnis kann der Mieter also nur eine Auskunft über seine personenbezogenen Daten verlangen, die<br />

der Vermieter zur Erstellung der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung verarbeitet hat.<br />

In Art. 4 Nr. 1 DS-GVO werden personenbezogene Daten als all diejenigen Informationen definiert,<br />

die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Die identifizierte oder<br />

identifizierbare natürliche Person wird in der DS-GVO als die betroffene Person bezeichnet. Der Begriff<br />

der personenbezogenen Daten ist in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO sehr weit gefasst. Voraussetzung für den Personenbezug<br />

ist lediglich, dass die Daten „aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen<br />

mit einer bestimmten Person verknüpft“ sind (BGH, Urt. v. 15.06.2021, VI ZR 576/19; BGH, Urt. v.<br />

22.02.<strong>2022</strong>, VI ZR 14/21).<br />

Bei der Erstellung von <strong>Betriebskosten</strong>abrechnungen durch den Vermieter sind verschiedene personenbezogene<br />

Daten des Mieters betroffen. Neben Name, Anschrift, Telefonnummer, sonstigen Kontaktdaten<br />

und Geburtsdatum von Mietern zählen hierzu auch die nach erfasstem Verbrauch durch die<br />

Mieter gemessenen <strong>Betriebskosten</strong>. Die Erhebung von Verbrauchsdaten durch externe Messdienstleistungsunternehmen<br />

und deren Übermittlung an den Vermieter zum Zwecke der Erstellung der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung<br />

ändert nichts an der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit des Vermieters. Die<br />

externen Messdienstleistungsunternehmen sind als Auftragsverarbeiter gemäß Art. 4 Nr. 8, Art. 28 DS-<br />

GVO tätig. Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DS-GVO bleibt auch in solchen Fällen der Vermieter, da<br />

dieser gegenüber den externen Messdienstleistern über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der<br />

personenbezogenen Daten entscheidet.<br />

b) Voraussetzungen des betriebskostenrechtlichen Einsichtsrechts<br />

Anders als in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO existiert bei dem durch die Rechtsprechung entwickelten betriebskostenrechtlichen<br />

Einsichtsrecht eine Beschränkung der Einsicht des Mieters lediglich auf seine<br />

im Rahmen der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung verarbeiteten personenbezogenen Daten nicht. Vielmehr<br />

hat der Vermieter dem Mieter all diejenigen Belege in einer geordneten Form vorzulegen, die geeignet<br />

sind, die noch offenen Fragen des Mieters im Hinblick auf die Richtigkeit der <strong>Betriebskosten</strong>abrech-<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

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<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

nung abzuklären. Ob diese Belege (auch) personenbezogene Daten des Mieters enthalten oder nicht,<br />

spielt dabei keine Rolle. Das betriebskostenrechtliche Einsichtsrecht ist somit weiter gefasst.<br />

4. Unterschiedliche Rechtsfolgen der beiden Ansprüche<br />

Beide Ansprüche des Mieters weisen unterschiedliche Rechtsfolgen auf.<br />

a) Mietrechtliche Rechtsfolgen<br />

Nach der mietrechtlichen Rechtsprechung des BGH zum Einsichtsrecht der Mieter preisfreien Wohnraums<br />

haben diese grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien<br />

der Abrechnungsbelege zur <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung. Sie dürfen nur Einsicht in die Originaldokumente<br />

nehmen (BGH, Urt. v. 08.03.2006, VIII ZR 78/05; BGH, Urt. v. 13.09.2006, VIII ZR 105/06).<br />

Lediglich die Mieter preisgebundenen Wohnraums können anstelle der Einsicht in die Originaldokumente<br />

auch Ablichtungen gegen Erstattung der Auslagen vom Vermieter verlangen. Die Rechtsgrundlage<br />

hierfür bildet § 29 Abs. 2 NMV, die aber nur für den preisgebundenen Wohnraum gilt. Als auslaufendes<br />

Recht kann § 29 Abs. 2 NMV jedoch nicht auf den preisfreien Wohnraum übertragen werden.<br />

Im preisfreien Wohnraum haben Mieter nach der Rechtsprechung einen Anspruch auf Kopien lediglich<br />

in recht eng begrenzten Sonderfällen. Ein Anspruch wäre denkbar bei einer Vereinbarung zwischen den<br />

Mietvertragsparteien oder bei einer entsprechenden Zusage des Vermieters. Ein Anspruch des Mieters<br />

auf Kopien kann sich auch ergeben, falls die Entfernung zu den Räumlichkeiten des Vermieters, in denen<br />

die Einsicht des Mieters in die Originalbelege stattfinden soll, für diesen unzumutbar ist. Es handelt sich<br />

um Fallkonstellationen mit weiten räumlichen Distanzen oder langen Fahrzeiten. Eine abstrakte Grenze<br />

in Kilometern lässt sich nicht ziehen, obgleich in einigen Gerichtsentscheidungen die Grenze für eine<br />

für den Mieter noch zumutbare Entfernung bei etwa 30 Kilometern lag (AG Höxter, Urt. v. 13.10.2021,<br />

10 C 154/21; AG Frankfurt, Urt. v. 10.08.2017, 33 C 3797/16; AG Halle/Saale, Urt. v. 20.02.2014, 93 C<br />

2240/13; LG Münster, Beschl. v. 25.11.2010, 3 S 160/10; AG Dülmen, Urt. v. 30.08.2010, 3 C 121/10).<br />

Ähnliches gilt, falls es dem Mieter aus anderen Gründen als einer weiten Entfernung unzumutbar ist,<br />

die Belegeinsicht in den Büroräumen des Vermieters vorzunehmen. Das könnte der Fall sein, wenn<br />

zwischen Mieter und Vermieter ein schweres Zerwürfnis vorliegt, welches bereits zu Rechtsstreitigkeiten<br />

geführt hat. Dann ist eine Einsicht in die Originaldokumente für den Mieter ebenfalls unzumutbar<br />

und er hat Anspruch auf die Übersendung von Kopien (LG Berlin, Urt. v. 11.06.2014, 65 S 233/13; AG<br />

Bergisch Gladbach, Urt. v. 07.11.2011, 68 C 230/07).<br />

b) Datenschutzrechtliche Rechtsfolgen<br />

Nach der Vorschrift des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ist der Vermieter als Verantwortlicher datenschutzrechtlich<br />

verpflichtet, dem Mieter als Betroffenen eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand<br />

der Verarbeitung sind, beispielsweise zur Erstellung einer <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung, zur Verfügung<br />

zu stellen. Dies geschieht gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO unentgeltlich. Eine Differenzierung<br />

zwischen preisgebundenem oder preisfreien Wohnraum oder eine Beschränkung dieses Rechts lediglich<br />

auf bestimmte Sonderfälle gibt es in Art. 15 Abs. 3 DS-GVO nicht. Eng begrenzte Ausnahmen<br />

können sich lediglich aus Art. 15 Abs. 4 DS-GVO (Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten anderer<br />

Personen) sowie aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b DS-GVO (offenkundig unbegründeter oder exzessiver<br />

Antrag) ergeben.<br />

Noch nicht geklärt ist, wie weit der Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO auf eine Kopie der Daten, über<br />

die nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO vom Verantwortlichen Auskunft zu erteilen ist, reicht. Eine weite Ansicht<br />

versteht den Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO dahingehend, dass der Verantwortliche Kopien<br />

sämtlicher verarbeiteter Einzeldaten ohne Rücksicht auf eine etwaige Redundanz in der bei ihm vorliegenden<br />

„Rohfassung“ als Kopie zu übermitteln hat. Eine engere Ansicht hält es für zulässig, dass das<br />

Recht auf Kopie auch durch die Überlassung einer - gegebenenfalls strukturierten - Zusammenfassung<br />

der verarbeiteten Daten erfüllt werden kann (BGH, Beschl. v. 29.03.<strong>2022</strong>, VI ZR 1352/20 mit verschiedenen<br />

Vorlagefragen an den EuGH).<br />

Ergebnis<br />

Der gesetzlich in Art. 15 DS-GVO verankerte datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch des Mieters gegen<br />

den Vermieter steht neben dem von der Rechtsprechung entwickelten betriebskostenrechtlichen Einsichts-<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

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<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

recht. Nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist der Mieter auf eine Auskunft über seine personenbezogenen Daten<br />

beschränkt, die bei der Erstellung der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung durch den Vermieter verarbeitet worden<br />

sind. Nicht alle Abrechnungsbelege, die der Vermieter zur Erstellung der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung heranzieht,<br />

enthalten personenbezogene Daten des Mieters nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Nach dem betriebskostenrechtlichen<br />

Einsichtsrecht hingegen hat der Vermieter dem Mieter all diejenigen Belege in einer geordneten<br />

Form vorzulegen, die geeignet sind, die noch offenen Fragen des Mieters im Hinblick auf die Richtigkeit<br />

der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung abzuklären. Damit ist das betriebskostenrechtliche Einsichtsrecht weiter angelegt.<br />

Unterschiede im Hinblick auf die Rechtsfolgen bei den beiden Ansprüchen werden sich für diejenigen Belege<br />

der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung, die personenbezogene Daten des Mieters nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO<br />

enthalten, ergeben. Die mietrechtliche Rechtsprechung zu der eher restriktiven und nur ausnahmsweisen<br />

Überlassung von Fotokopien an den Mieter preisfreien Wohnraums im Rahmen dessen betriebskostenrechtlicher<br />

Belegeinsicht wird durch die ab 25.05.2018 in Kraft getretene Vorschrift des Art. 15 Abs. 3 DS-<br />

GVO datenschutzrechtlich überlagert und modifiziert. Nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ist der Vermieter als<br />

Verantwortlicher datenschutzrechtlich verpflichtet, dem Mieter als Betroffenen eine Kopie der personenbezogenen<br />

Daten, die Gegenstand der Verarbeitung zur Erstellung der <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung sind, zur<br />

Verfügung zu stellen und dies gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DS-GVO unentgeltlich zu tun.<br />

Prof. Dr. Andreas Saxinger, Geislingen und<br />

Timo Hubert Scheer, B.Sc., Luxemburg<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

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<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

BK01 Rechnungsdatenverarbeitung bei VIVAWEST<br />

Optimieren, digitalisieren, automatisieren:<br />

Versorgerrechnungen effizient verarbeiten<br />

Jahrelang erreichten VIVAWEST Versorgerrechnungen auf dem Postweg. Die Papierdokumente zogen<br />

eine ganze Reihe manueller Aufwände nach sich. Doch mithilfe einer Lösung der Aareal Bank hat das<br />

Wohnungsunternehmen die Verarbeitung der Rechnungen inzwischen digitalisiert, bis hin zur automatischen<br />

Plausibilisierung – und spart damit heute deutlich Ressourcen ein.<br />

Die Vorteile dieses schnellen und simplen Verfahrens liegen auf der Hand: Sie digitalisieren Ihren gesamten Rechnungseingangsprozess,<br />

sparen Zeit und das manuelle Handling von Papierrechnungen, automatisieren Prüfmechanismen und gewinnen an Zahlungssicherheit dank<br />

vorausschauender Planungsmöglichkeiten. Aber sehen Sie selbst. KLICKEN Sie auf die Grafik und das Erklärvideo BK01 Rechnungsdatenverarbeitung<br />

für die Wohnungswirtschaft startet bei Youtube.<br />

Bedarf an Wohnraum gibt es immer? Das stimmt, und doch steht die Wohnungswirtschaft unter wachsendem<br />

ökonomischem Druck. Obwohl sie aus einer zuletzt recht komfortablen Marktsituation kommt,<br />

werden die Zeiten für die Branche zunehmend schwierig – und das hängt mit einer brisanten Melange an<br />

externen Entwicklungen zusammen. So werden Bauvorhaben und Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden<br />

immer kostspieliger: Der vom Statistischen Bundesamt erhobene Baupreisindex für Wohngebäude etwa<br />

zeigt eine Steigerung von sagenhaften 17,6 Prozent zwischen dem zweiten Quartal 2021 und dem zweiten<br />

Quartal <strong>2022</strong>. Zeitgleich steigt der Druck auf institutionelle Vermieter zur Dekarbonisierung und energetischen<br />

Sanierung ihres Bestands unablässig. Die aktuelle Energiekrise schürt Befürchtungen, dass ein Teil<br />

der Mieterschaft die nächste Nebenkostenabrechnung nicht wird begleichen können, was wiederum direkte<br />

Folgen für die Liquidität der Unternehmen hätte. Und noch dazu macht sich in den Wohnungsunternehmen<br />

inzwischen der Fachkräftemangel bemerkbar.<br />

Das Ziel: ein umfassendes Prozessmanagement<br />

Die Folge ist eine angespannte Ressourcenlage auf Seiten der Vermieter. Immer mehr Unternehmen suchen<br />

heute mit wachsender Dringlichkeit nach Wegen, um Kosten zu sparen und Ressourcen zu schonen. Hin-<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

VIVAWEST ist eines der<br />

führenden Wohnungsunternehmen<br />

in Nordrhein-Westfalen.<br />

Es bewirtschaftet<br />

knapp 120.000 Wohnungen<br />

in ca. 100 Kommunen an<br />

Rhein und Ruhr und gibt<br />

etwa 300.000 Menschen ein<br />

Zuhause.<br />

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<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

zu kommt, dass die Potenziale in vielen wohnungswirtschaftlichen Organisationen bis dato längst nicht in<br />

vollem Umfang genutzt werden: Laut einer KPMG-Studie sind mehr als 25 Prozent der Wohnungsunternehmen<br />

hierzulande nicht oder nur wenig digitalisiert.<br />

Doch prozessuale Ineffizienzen kann – und will – sich heute kein institutioneller Vermieter mehr leisten.<br />

„Deshalb ist es unerlässlich, die wohnungswirtschaftlichen Kernprozesse unter die Lupe zu nehmen und<br />

sie auf die Frage hin zu überprüfen, wo noch Effizienzpotenziale zu heben sind“, sagt Managing Director<br />

Dr. Christian Fahrner, der bei der Aareal Bank den Bereich Strategy and Development leitet. „Insbesondere<br />

dort, wo Regelprozesse noch immer mit massiven manuellen Aufwänden verbunden sind – etwa bei der<br />

Rechnungs- oder bei der Zahlungseingangsverarbeitung – lohnt sich ein kritischer Blick. Das Ziel sollte ein<br />

umfassendes Prozessmanagement sein, denn mit einem Dreiklang aus Optimierung, Digitalisierung und<br />

Automatisierung können Wohnungsunternehmen hier einen großen Schritt in Richtung Zukunft gehen.“<br />

VIVAWEST optimiert konsequent die hauseigenen Prozesse<br />

Wie das in der Praxis funktionieren kann, zeigt zum Beispiel VIVAWEST. Das nordrhein-westfälische Wohnungsunternehmen<br />

ist permanent dabei, seine hauseigenen Prozesse immer weiter zu optimieren. Bereits<br />

vor vielen Jahren wurde im Unternehmen mit der Einführung von SAP in diesem Zuge auch das BK01 <strong>Betriebskosten</strong><br />

Management der Aareal Bank implementiert, das mithilfe virtueller Kontonummern für ein<br />

automatisches Zahlen und Buchen der Versorgerrechnungen sorgt. „In der Zeit davor mussten wir alle Zahlungen<br />

und Buchungen manuell tätigen – das war ein enormer Aufwand, der in dieser Form heute, rund<br />

15 Jahre später, kaum noch vorstellbar ist“, erklärt Brigitte Miosga, Referentin Zentrale Bewirtschaftung bei<br />

VIVAWEST.<br />

Eine Herausforderung allerdings blieb trotz der kompletten Automatisierung der Versorgereinzüge auf Seiten<br />

von VIVAWEST bestehen: Die Rechnungen der Versorger kamen weiterhin auf dem Postweg – und<br />

zogen damit eine Menge manueller Tätigkeiten nach sich: Vom Öffnen der Briefe über die Verteilung der<br />

Rechnungen auf die richtigen Schreibtische bis hin zur manuellen Prüfung der Dokumente. „Hinzu kam,<br />

dass die Rechnungslegung nicht mit dem Lastschrifteinzug kombiniert war“, erzählt Sabine Thöne, Bereichsleiterin<br />

Zentrale Bewirtschaftung bei VIVAWEST. „Konkret haben uns die Rechnungen oft so kurzfristig vor<br />

der Abbuchung erreicht, dass eine Rechnungsprüfung erst im Nachgang der Abbuchung erfolgen konnte. So<br />

kam es zu Korrekturen, die sowohl für uns als auch für unsere Partner auf der Versorgerseite natürlich mit<br />

erheblichen Aufwänden verbunden waren.“<br />

Von Strom und Gas bis zum Schornsteinfeger<br />

Die Aareal Bank Gruppe<br />

mit Hauptsitz in Wiesbaden<br />

ist ein führender internationaler<br />

Immobilienspezialist.<br />

Sie bietet smarte Finanzierungen,<br />

Software-Produkte<br />

sowie digitale Lösungen für<br />

die Immobilienbranche und<br />

angrenzende Industrien und<br />

ist auf drei Kontinenten – in<br />

Europa, Nordamerika und<br />

Asien/Pazifik – vertreten.<br />

Die Muttergesellschaft des<br />

Konzerns ist die Aareal Bank<br />

AG. Unter ihrem Dach sind<br />

die Unternehmen der Gruppe<br />

in den Geschäftssegmenten<br />

Strukturierte Immobilienfinanzierungen,<br />

Banking &<br />

Digital Solutions und Aareon<br />

gebündelt. Im Geschäftssegment<br />

Banking & Digital<br />

Solutions bietet die Aareal<br />

Bank Gruppe Unternehmen<br />

aus der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft sowie<br />

der Energiewirtschaft als<br />

Digitalisierungspartner umfassende<br />

Beratungsservices<br />

und Produktlösungen an und<br />

bündelt es mit klassischem<br />

Firmenkunden-Banking und<br />

Einlagengeschäft.<br />

Eine Lösung musste her – und um diese zu entwickeln, schlossen sich VIVAWEST, die Aareal Bank, SAP<br />

und die Stadtwerke Duisburg im Jahr 2015 zu einer Projektgruppe zusammen. Die Beteiligten trugen die<br />

Anforderungen sowohl von wohnungswirtschaftlicher als auch der Versorgerseite zusammen und entwickelten<br />

auf dieser Basis ein SAP-Lastenheft. Im Anschluss galt es, die Stammdaten abzugleichen und, wo<br />

nötig, zu bereinigen. Um den Zahlungsverkehr zu regeln, wurden nun in Masse virtuelle BK01-Kontonummern<br />

für die Liegenschaften von VIVAWEST vergeben, die der Versorger in sein System übernahm. Nach<br />

der Programmierung durch SAP überprüften beide Seiten die neue Lösung zunächst über Testsysteme.<br />

Im Jahr 2017 ging die BK01 Rechnungsdatenverarbeitung (RDV) bei VIVAWEST in einen Regelprozess<br />

über – zunächst mit der Sparte Gas, dann recht bald auch mit der Sparte Strom. „Anschließend haben wir<br />

die Systematik auf möglichst alle Versorger, Kommunen und Städte, die diesen Weg mit uns gehen möchten,<br />

weiter ausgeweitet. Mit den Stadtwerken Duisburg beispielsweise wickeln wir auch das Thema Wasser über<br />

RDV ab, in einigen Städten zudem die Grundbesitzabgaben. Die Schornsteinfeger sind noch nicht in der<br />

Rechnungsdatenverarbeitung integriert. Diese Sparte ist für VIVAWEST die nächste Herausforderung“, erläutert<br />

Brigitte Miosga weiter.<br />

Rund 45.000 Rechnungen verarbeitet VIVAWEST heute bereits über die BK01 Rechnungsdatenverarbeitung,<br />

die weitaus meisten davon sind Stromrechnungen. Und jede Stromrechnung ist bis zu neun Seiten<br />

stark. „Die Vorteile dieses nun digitalen Prozesses sind für uns beträchtlich: Zunächst einmal bekommen<br />

wir deutlich weniger Papier auf den Tisch. Umschläge öffnen, die Post auf die Mitarbeiter verteilen etc., das<br />

fällt heute alles weg. Stattdessen haben wir jetzt alle wichtigen Rechnungsbestandteile in einem System und<br />

können sofort damit arbeiten“, resümiert Sabine Thöne. „Der größte Vorteil aus unserer Sicht ist aber die<br />

automatische Plausibilisierung der Rechnungen. Unsere Mitarbeiter bekommen heute angezeigt, wo etwa<br />

eine Abweichung unplausibel ist oder Stammdaten fehlen. Dort können sie gezielt tätig werden. Für uns<br />

kommen hier Effizienz und Qualitätsvorteile zusammen.“<br />

Jörg Matheis<br />

Jörg Matheis ist bei der Aareal<br />

Bank AG in Wiesbaden<br />

im Bereich Banking & Digital<br />

Solutions tätig. Foto: Aareal<br />

Bank AG<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

Seite 8


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Papierloses Büro<br />

Einsichtsrecht des Mieters in Originalbelege<br />

Der Mieter kann nach Treu und Glauben eine Nachforderung aus einer <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung<br />

verweigern, wenn der Vermieter keine Einsicht in die (noch vorhandenen) Originalbelege gewährt<br />

(Anschluss an BGH GE <strong>2022</strong>, 193). Das gilt auch dann, wenn in einer Zweigstelle in der Nähe der<br />

Wohnung ein papierloses Büro geführt wird, die Originalbelege aber in einer für den Mieter unzumutbaren<br />

Entfernung aufbewahrt werden.<br />

Amtsgericht Ludwigslust. Foto: www.mv-justiz.de<br />

Das hat das AG Ludwigslust durch Urteil vom 14. März <strong>2022</strong> (Az.: 44 C 504/20) entschieden.<br />

Nach einer <strong>Betriebskosten</strong>abrechnung hat ein Mieter Anspruch auf Einsicht in die Belege im Original, wenn<br />

diese noch vorhanden sind. Der Vermieter darf ihn nicht auf eingescannte Kopien in einer Zweigstelle verweisen.<br />

Der Fall: Die Mieter einer Wohnung in Hagenow hatten wiederholt um Einsicht in die Originalbelege für<br />

<strong>Betriebskosten</strong>nachforderungen aus mehreren Jahren gebeten. Die in Berlin ansässige Vermieterin verwies<br />

auf ein Büro in Boizenburg, bei dem die eingescannten Kopien eingesehen werden könnten. Nach Beendigung<br />

des Mietverhältnisses verlangten die Mieter ihre Kaution zurück; die Vermieterin rechnete mit <strong>Betriebskosten</strong>nachforderungen<br />

für mehrere Jahre auf.<br />

Das Urteil: Das AG Ludwigslust hielt die Aufrechnung für unbegründet, da die Vermieterin die Belegeinsicht<br />

verweigert habe. Zwar könne bei Führung eines papierlosen Büros der Vermieter auf Kopien verweisen,<br />

wenn die Originalbelege nicht mehr vorhanden seien. Das gelte jedoch nicht für ein papierloses Büro in<br />

einer Zweigstelle. Dass am Hauptsitz der Vermieterin die Originalbelege nicht mehr vorhanden seien, habe<br />

sie nicht vorgetragen. Die Einsicht dort sei für die Mieter wegen der Entfernung unzumutbar, sodass die<br />

Vermieterin Einsicht der Originalunterlagen im Büro in Boizenburg hätte ermöglichen müssen.<br />

Quelle: GE <strong>2022</strong>, 796<br />

Dr. Peter Hitpaß,<br />

hitpass@vnw.de<br />

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Seite 9


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Ifo- Institut<br />

Immer mehr Stornierungen im Wohnungsbau<br />

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau brandet höher. Im September <strong>2022</strong> waren 16,7 Prozent der<br />

befragten Unternehmen davon betroffen, nach 11,6 Prozent im Vormonat. Das ergaben die Umfragen<br />

des ifo Instituts. „Aufgrund der explodierenden Material- und Energiepreise sowie der steigenden Finanzierungszinsen<br />

ist die Planungssicherheit dahin. Die Baukosten steigen immer weiter. Für einige<br />

Bauherren ist das alles nicht mehr darstellbar, sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine“,<br />

sagt ifo Forscher Felix Leiss.<br />

Die Geschäftserwartungen trübten sich nochmals ein. Sie fielen auf minus 53,2 Punkte, das ist außergewöhnlich<br />

schwach. „Die Unternehmen verfügen im Schnitt immer noch über große Auftragsreserven, aber<br />

die Zukunftssorgen waren selten so groß. Die Erwartungen notieren auf dem tiefsten Stand seit Beginn der<br />

Erhebung 1991“, ergänzt Leiss. Weiterhin gab es viele Probleme beim Baumaterial, 32,7 Prozent der Unternehmen<br />

meldeten Engpässe. Im Vormonat hatte der Anteil noch bei 36,4 Prozent gelegen. „Die Materialengpässe<br />

entspannen sich nur langsam und die hohen Energiepreise verteuern das knappe Material zusätzlich.<br />

Die Bauunternehmen müssen die höheren Beschaffungskosten an die Kunden weitergeben. Für die<br />

kommenden Monate sind auf breiter Front weitere Preiserhöhungen geplant“, erklärt Leiss. Die Preispläne<br />

erhöhten sich von 48,4 auf 49,5 Punkte.<br />

PM / Quelle: ifo Institit<br />

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Seite 10


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Hohe Energiepreise<br />

Manche Wohnungen blieben schon vor der<br />

Krise kalt<br />

Die anhaltend hohen Energiepreise treiben zu Beginn der kalten Jahreszeit die Heizkosten in die Höhe.<br />

Doch bereits vor Beginn der Energiekrise in Folge des Krieges in der Ukraine war eine ausreichend<br />

beheizte Wohnung nicht für alle selbstverständlich.<br />

3,2 % der Bevölkerung in Deutschland lebten nach eigener Einschätzung im Jahr 2021 in Haushalten, die ihr<br />

Haus oder ihre Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen warmhalten konnten. Das entspricht<br />

insgesamt 2,6 Millionen Menschen in Deutschland. Überdurchschnittlich häufig waren Alleinlebende und<br />

Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten betroffen. Rund 4,3 % der Alleinlebenden sowie 4,7 % der Personen<br />

in Alleinerziehenden-Haushalten konnten ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen.<br />

Ein Blick über die Landesgrenzen hinweg zeigt, dass Deutschland mit einem Bevölkerungsanteil von 3,2 %<br />

deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt. In der Europäischen Union (EU) waren im vergangenen Jahr<br />

rund 6,9 % der Bevölkerung finanziell nicht in der Lage, ihre Wohnung angemessen warmzuhalten.<br />

Bei den Angaben handelt es sich um Erstergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen<br />

und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC).<br />

Weitere Ergebnisse der Erhebung EU-SILC 2021 sowie viele Informationen, Daten, Grafiken und Publikationen<br />

sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf der Themenseite Lebensbedingungen<br />

und Armutsgefährdung veröffentlicht. Darüber hinaus finden Sie Informationen zum Thema »Wohnen« auf<br />

der Themenseite Wohnen.<br />

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Seite 11


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Der Erdgaspreis für Verbraucherinnen und Verbraucher stieg im Oktober <strong>2022</strong> gegenüber dem Vorjahresmonat<br />

um 109,8 % an.<br />

Die Erzeugerpreise für Erdgas (bei Abgabe an die Industrie) verzeichneten im Oktober <strong>2022</strong> gegenüber<br />

Oktober 2021 einen deutlichen Anstieg um 151,2 %.<br />

Im September <strong>2022</strong> erhöhten sich die Einfuhrpreise für Erdgas gegenüber dem Vorjahresmonat mit 252,0<br />

% massiv.<br />

In der Preisstatistik werden Ergebnisse von zeitlichen Preisvergleichen in Form von Indizes monatlich beziehungsweise<br />

vierteljährlich veröffentlicht. Das deutsche preisstatistische System folgt dabei in seinem Aufbau<br />

den Stufen, die Güter auf ihrem Weg vom Import oder von der Produktion bis zum Endverbrauch durchlaufen<br />

können.<br />

21.11.<strong>2022</strong>, Datenstand: Einfuhrpreis Erdgas September <strong>2022</strong>, sonstige Oktober <strong>2022</strong><br />

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)<br />

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Seite 12


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Ratseinigung zur EPBD<br />

Emissionsfrei bis: Alle öffentlichen Gebäude bis<br />

2028, alle neuen Gebäude bis 2030 und alle bestehenden<br />

Gebäude bis 2050<br />

Der EU-Rat erzielte am 25. Oktober <strong>2022</strong> eine Einigung über den Vorschlag zur Überarbeitung der<br />

Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD). Diese legt Mindestanforderungen<br />

an die Gesamtenergieeffizienz neuer und bestehender Gebäude fest, die saniert werden. Ziel der Überarbeitung<br />

ist es, dass alle öffentlichen Gebäude bis 2028, alle neuen Gebäude bis 2030 und alle bestehenden<br />

Gebäude bis 2050 emissionsfrei sind.<br />

Der Europäische Rat kümmert sich um die großen zukunftsbestimmenden Fragen.<br />

Foto: Bundesregierung/Bergmann<br />

Was macht eigentlich der Europäische Rat? Was entscheidet er, wer sind die Mitglieder, und was ist der Unterschied zum „Rat der Europäischen<br />

Union“? Antworten finden Sie hier unter diesem Link:<br />

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/wie-funktioniert-europa/der-europaeische-rat<br />

Für bestehende Wohngebäude wurden Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz festgelegt, die auf<br />

einem nationalen Zielpfad zur Dekarbonisierung bis 2050 basieren. Der nationale Zielpfad entspräche dem<br />

Rückgang des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs des gesamten Wohngebäudebestands im Zeitraum<br />

von 2025 bis 2050 mit zwei Kontrollpunkten:<br />

• bis 2033 das Niveau der Energieeffizienzklasse D für den Durchschnitt des nationalen Gebäudebestands,<br />

• bis 2040, ein national festgelegter Wert, der sich aus einer schrittweisen Senkung des durchschnittlichen<br />

Primärenergieverbrauchs von 2033 bis 2050 ergibt.<br />

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Seite 13


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Der Rat bestätigt in dem Vorschlag die Energiezertifizierung von Gebäuden, bei der Gebäude auf einer Skala<br />

von A bis G nach ihrer Energieeffizienz eingestuft werden. Neu allerdings ist, dass darüber hinaus eine neue<br />

Kategorie ‚A0‘ für Energieausweise eingeführt werden, die Null-Emissions-Gebäuden entspricht, sowie eine<br />

neue Kategorie ‚A+‘ für Gebäude, die nicht nur Null-Emissions-Gebäude sind, sondern auch vor Ort erneuerbare<br />

Energie in das Energienetz einspeisen. Jedoch sollen die nationalen Energieausweise beibehalten<br />

werden.<br />

Mit Blick auf erneuerbare Energien wird folgender Fahrplan für die Installation von Solaranlagen festgelegt:<br />

• bis zum 31. Dezember 2026 für alle neuen öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude mit einer<br />

Nutzfläche von mehr als 250 m2;<br />

• bis zum 31. Dezember 2027 für alle bestehenden öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude, die<br />

einer größeren oder umfassenden Renovierung unterzogen werden, mit einer Nutzfläche von über 400<br />

m2;<br />

• bis zum 31. Dezember 2029 für alle neuen Wohngebäude.<br />

Bei den Intelligenzfähigkeitsindikatoren (Smart Readiness Indicators-SRI) schlägt der Rat vor, diese bis 2026<br />

durch die EU-Kommission zu testen und im Erfolgsfall bei Nichtwohngebäuden einzuführen.<br />

Der Rat hat mit diesem Beschluss seine Position für die Verhandlung mit dem Europäischen Parlament zur<br />

EPBD festgelegt. Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Deutschland und Irland plädieren für<br />

schärfere Mindestenergiestandards als im Ratsvorschlag vorgesehen. Insbesondere kritisieren sie die Ausnahmen<br />

für Nicht-Wohngebäude, die jedoch von einer großen Mehrheit der Mitgliedstaaten getragen wird.<br />

Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments wird seinen Standpunkt im Dezember <strong>2022</strong> abstimmen.<br />

Danach kann der Trilog, die Verhandlung zwischen Rat, Europäisches Parlament und Kommission<br />

beginnen.<br />

Quelle: GdW Europabrief 11/<strong>2022</strong><br />

Mythos im Meer<br />

Die privaten Sylter Filmschätze<br />

Ein Film von Claus Oppermann und Sven Bohde<br />

Sylt, wie Sie es noch nie<br />

gesehen haben.<br />

Ein einmaliges Panorama der beliebten<br />

Ferieninsel. Zusammengestellt aus 300<br />

digitalisierten und restaurierten Privatfilmen<br />

von 1928 bis in die 1990er Jahre.<br />

94 Minuten Laufzeit.<br />

Nur auf DVD erhältlich.<br />

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Seite 14


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Bauindustrie<br />

Umsatzprognose für <strong>2022</strong> und 2023 gesenkt –<br />

Präsident Peter Hübner erklärt warum.<br />

Das Statistische Bundesamt meldete für August einen preisbereinigten Rückgang des Umsatzes1 im<br />

Bauhauptgewerbe im Vergleich zum Vorjahresmonat von 5,1 Prozent. „Für die ersten acht Monate<br />

sind wir mittlerweile bei einem realen Minus von 4,3 Prozent. Wir sehen uns daher gezwungen, unsere<br />

Umsatzprognose für das Gesamtjahr <strong>2022</strong> vom Mai anzupassen. Zur Jahresmitte sind wir (für alle Betriebe)<br />

noch von einer Spannbreite von real Null bis minus zwei Prozent ausgegangen. Dies ist nicht<br />

mehr zu halten. Wir erwarten nun für das Gesamtjahr <strong>2022</strong> einen realen Umsatzrückgang von fünf<br />

Prozent.“ Mit diesen Worten kommentiert der Präsident der BAUINDUSTRIE, Peter Hübner, die aktuellen<br />

Konjunkturindikatoren für die Bauwirtschaft.<br />

Die besondere Situation am Bau<br />

erläutert Hübner wie folgt: „Die<br />

Unternehmen selbst rechnen nicht<br />

in preisbereinigten (realen), sondern<br />

in tagesaktuellen (nominalen)<br />

Preisen, weshalb sie weiterhin<br />

hohe positive Umsätze ausweisen.<br />

Auch der Auftragsbestand ist noch<br />

relativ hoch. Der Effekt, dass für<br />

das gleiche Geld inflationsbedingt<br />

aber weniger Bauleistung erbracht<br />

wird, trifft vor allem die Auftraggeber.<br />

Diese können künftig mit<br />

dem gleichen Geld weniger Projekte<br />

umsetzen, die aber heute und in<br />

Zukunft dringend gebraucht werden.<br />

Zudem schaffen die starken<br />

Preissteigerungen bei Baumaterial<br />

und Energie, der Zinsanstieg sowie<br />

höhere Lebenshaltungskosten<br />

ein zunehmend unsicheres Marktumfeld<br />

für private und öffentliche<br />

Bauherren. Schon heute führt dies<br />

zu einem Rückgang beim Auftragseingang sowie zu Stornierungen auf einem ungewöhnlich hohen Niveau.“<br />

Die Bauunternehmen (1) hätten für den August <strong>2022</strong> im Vergleich zum Vorjahresmonat ein reales Orderminus<br />

von 14,2 Prozent (kalenderbereinigt: - 15,6 Prozent), zum Vormonat (2) von 6,0 Prozent gemeldet.<br />

Für die ersten acht Monate sei dies mittlerweile ein Rückgang von real 5,0 Prozent (kalenderbereinigt: - 5,2<br />

Prozent). „Das sind keine guten Vorzeichen für das laufende und das kommende Jahr,“ beurteilt Hübner<br />

die aktuelle Lage „Im Wohnungsbau spüren wir heute schon eine de facto Investitionsbremse - der Auftragseingang<br />

ist im August um real 24 Prozent eingebrochen. Angesichts des hohen Bedarfs an Wohnraum<br />

erschreckend.“<br />

Peter Hübner, Präsident der<br />

Bauindustrie.<br />

Foto: www.bauindustrie.de<br />

PH<br />

Quelle: Alle Angaben (1) und Berechnungen (2) beruhen auf Daten des Statistischen Bundesamtes.<br />

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Seite 15


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Der digitale Schlüssel<br />

Welche Vorteile haben die Vermietungsabteilung,<br />

aber auch die technische Abteilung, Herr Österreicher?<br />

Wenn Schloss und Schlüssel digital werden, gibt es dann auch Chancen für ein Einsparpotential bei<br />

den Kosten heute und in Zukunft. Wir haben Ingo Österreicher, Produktmanager Markt resivo bei der<br />

dormakaba Deutschland GmbH, gefragt, welche digitalen Vorteile es sind und warum es wichtig ist bei<br />

Entwicklung und Planung auf über 150 Jahre Erfahrung rund um Schloss und Schlüssel zurückgreifen<br />

zu können.<br />

Heizungsausfall am Sonntag. Der Notdienst-Mitarbeiter kann für alle erforderlichen Türen eine digitale Berechtigung auf das Smartphone bekommen.<br />

Anruf genügt. Foto: dormakaba<br />

Digitale Schließsysteme verändern die Arbeits-Abläufe. Welche Vorteile bieten digitale Schließsysteme<br />

bei den Arbeits-Abläufen in den Vermietungsabteilungen, aber auch in den technischen Abteilungen?<br />

Welche Vorteile können noch „gehoben“ werden?<br />

Ingo Österreicher: Beim Einzug wird die Schlüsselübergabe an den Mieter oder Bewohner vereinfacht und<br />

die Verantwortung übertragen. Fehlt ein digitaler Schlüssel, muss die Hausverwaltung eben nicht aktiv wer-<br />

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Seite 16


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

den und sich um Bestellung, Lieferung und Rechnungsstellung von Nachschlüsseln kümmern. Das spart viel<br />

Zeit und Geld. Beim Auszug eines Mieters können Berechtigungen sofort gelöscht werden, für erforderliche<br />

Renovierungen im Leerstand können Handwerker temporär berechtigt werden. Alles ohne eine aufwendige<br />

manuelle Schlüsselübergabe.<br />

Bei Notfällen, z.B. einem Heizungsausfall am Sonntag, kann der Notdienst für alle erforderlichen Türen eine<br />

digitale Berechtigung auf das Smartphone bekommen, ohne dass Mitarbeiter der technischen Abteilung vor<br />

Ort die Tür öffnen oder eine gesonderte Fahrt zur Schlüsselübergabe erforderlich ist.<br />

Für Gemeinschaftsräume, Werkräume, Hobbykeller, temporär vermietete Räume oder auch Tiefgaragenstellplätze<br />

kann das Wohnungsunternehmen zusätzliche Einnahmen durch Kurzzeitvermietung generieren.<br />

Hier gibt es viele Ansätze, die sich durch die Vernetzung der Anwendungen ergeben.<br />

Sprechen wir über die Kosten. Nehmen wir wieder unser Beispiel: Ein Wohnungsunternehmen möchte<br />

ein Bestandsquartier mit 140 Wohnungen aus den 1960er Jahren umrüsten. Wie sehen die Kosten fürs<br />

Umrüsten aus? (Und was wiegen die Vorteile ((Frage 1)) auf?)<br />

Ingo Österreicher: Hier sind einige Annahmen zu treffen. Bei einer ca. 60 Jahre alten Liegenschaft wurde<br />

die mechanische Schließanlage schon teilweise oder komplett ersetzt. Schlüssel wurden verloren oder nicht<br />

zurückgegeben. Nachgemachte Schlüssel oder unregistrierte Schlüssel-Kopien sind im Umlauf und erfordern<br />

eine Neubeschaffung. Die Kosten für die Umrüstung der Schließanlage sind in etwa zwei bis dreimal<br />

höher gegenüber einer neuen mechanischen Serienschließanlage. Mechanische Schließzylinder mit gutem<br />

Manipulationsschutz liegen bei ca. 100-150€ - ein digitaler Schließzylinder bei ca. 350€. Zusätzliche Gemeinschaftstüren<br />

bei Hauseingängen können noch flexibler mit elektronischen Lesegeräten ausgestattet<br />

werden. Infrastrukturtüren für Technik, Heizung, Elektro usw. sind ebenfalls integrierbar. Über die Laufzeit<br />

der Anlage sind dann die Organisations-Einsparungen bei Schlüsselverwaltung, Schlüsselübergaben,<br />

Schlüsselverlust, Fahrten zum Objekt, um dem Handwerker die Techniktür zu öffnen, Renovierungen bei<br />

Leerstand um ein Vielfaches höher als die anfänglichen initialen Investitionen.<br />

Die digitale Welt entwickelt sich rasend schnell weiter. Wie sieht die Zukunft der Schießsysteme aus?<br />

Und könnte man die eigenen Systeme stetig „Upgraden“?<br />

Ingo Österreicher: Bisher wurde bei den Schließ- oder Zutrittssystemen immer die 3W-Frage gelöst: Wer<br />

darf Wo und Wann eine Tür öffnen? Zunehmend wird daraus ein spontaner und individueller Bedarf: Irgendwer<br />

– Irgendwo – Irgendwann. Viele Geschäfte lassen z.B. Stammkunden außerhalb der Geschäftszeiten<br />

einkaufen. Nach einer Registrierung wird automatisch ein digitaler Schlüssel generiert und der Kunde<br />

kann die Geschäftsräume betreten. Co-Working-Spaces usw. sind die Treiber für die Digitalisierung der<br />

Zutritte. Szenarien in einem Mehrfamilien- oder Multifunktionshaus gibt es sehr viele. So könnte z.B. die<br />

Sauna, der Fitnessraum oder Partyraum kostenpflichtig genutzt werden. Eine weitere Anwendung wäre die<br />

Vermietung von privaten und freien Tiefgaragenstellplätzen in Ballungszentren tagsüber. Über entsprechende<br />

Schnittstellen (API) können nun die verschiedenen Applikationen ideenreich und sinnvoll in einem<br />

Cloud-Zutrittsmanagement wie z.B. resivo integriert werden.<br />

Herr Österreicher, vielen Dank für Einblick in die digitale Schlüsselwelt.<br />

GW<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

Seite 17


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Verbraucherzentrale NRW warnt<br />

Stromsparboxen und Heizlüfter für Steckdosen<br />

ohne Spareffekt<br />

<strong>Aktuell</strong> finden Verbraucher:innen vermehrt Onlinewerbung für kleine Geräte zum Einstecken in die<br />

Steckdose, die angeblich eine Senkung der Stromkosten bieten oder als günstige Alternative zur Raumheizung<br />

für Wärme sorgen sollen. Energieexperte Sören Demandt von der Verbraucherzentrale NRW<br />

erklärt, was es mit Geräten dieser Art auf sich hat und worauf Verbraucher:innen achten sollten.<br />

Womit werben die Hersteller der Geräte konkret?<br />

Die Stromsparboxen sollen eine angebliche Stabilisierung des Haushaltsstroms garantieren und bis zu 90<br />

Prozent Energie einsparen. Die Geräte in der Größe eines WiFi-Repeaters würden die sogenannte Blindleistung<br />

reduzieren. Sie ist ein Nebenprodukt bei der Stromlieferung und pendelt zwischen Empfänger:innen<br />

und Erzeuger:innen. Allerdings wird die Blindleistung für private Haushalte generell nicht berechnet und<br />

von den meisten Stromzählern auch nicht erfasst. Die angebotenen Heizlüfter sollen als mobile Heizung<br />

mit dem aufgeheizten Luftstrom für unmittelbare Wärme sorgen, etwa in kleineren Räumen oder direkt am<br />

Arbeitsplatz. Die kompakten Heizlüfter werden ebenfalls direkt in die Steckdose gesteckt. Dort würden sie<br />

angeblich effizient für Wärme im ganzen Raum sorgen und damit Kosten sparen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

Seite 18


<strong>Betriebskosten</strong>aktuell<br />

Alles rund um die Wohnkosten<br />

Was steckt technisch hinter Geräten dieser Art und welches Energieeinsparpotential haben sie?<br />

Die beworbenen Stromsparboxen sind gänzlich wirkungslos. Das Onlineportal „heise online“ hat etwa<br />

herausgefunden, dass in einer untersuchten Stromsparbox ausschließlich ein Überspannungsschutz, eine<br />

Leuchtdiode und ein schwarzer Klotz verbaut wurden. Der besagte Klotz hat gar keine technische Funktion.<br />

Käufer:innen können nicht einmal die Anschaffungskosten der Box durch Energieeinsparungen hereinholen,<br />

da das Gerät durch den Betrieb der Leuchtdiode sogar mehr Strom verbraucht, als es einsparen soll. Die<br />

Steckdosen-Heizlüfter sind technisch in der Kategorie Werbemittel und Gadgets einzuordnen. Die kleinen<br />

Geräte sind als Heizungsalternative schlichtweg ungeeignet. Sie haben wenig Heizleistung, verbrauchen im<br />

Dauerbetrieb trotzdem sehr viel Strom und ersetzen keine Raumheizung. Dies gilt genaugenommen auch<br />

für den Einsatz herkömmlicher Heizlüfter, die nur räumlich und zeitlich begrenzt eingesetzt werden sollten.<br />

Geräte dieser Art verbrauchen ebenso massiv Energie und belasten die Stromrechnung. Geld sparen kann<br />

man mit ihnen nicht.<br />

Wie lassen sich wirklich Strom- und Heizkosten sparen?<br />

Verbraucher:innen, die Energiekosten einsparen wollen, halten sich besser an bewährte Maßnahmen, die<br />

sich eigenverantwortlich gut umsetzen lassen. Geräte wie etwa Fernseher oder Spielekonsolen, die dauerhaft<br />

im Stand-by-Modus verbleiben, verbrauchen unnötig Strom. Hier ist es ratsam, diese bei Nichtgebrauch<br />

vom Netz zu nehmen. Besonders praktisch ist die Verwendung von Steckdosenleisten, die per Kippschalter<br />

gleich mehrere Geräte vom Netz nehmen. Bei Neuanschaffungen von Großgeräten wie Kühlschränken lässt<br />

sich durch energieeffizientere Geräte langfristig Strom sparen. Bei der Beleuchtung ist es sinnvoll, Glüh- und<br />

Halogenlampen durch sparsame LED zu ersetzen. Sie verbrauchen bis zu 90 Prozent weniger Strom und<br />

sind in allen Fassungen und Formen erhältlich. Überheizte Räume kosten unnötig Energie und Geld. Jedes<br />

Grad weniger senkt den Verbrauch um etwa sechs Prozent. Verbraucher:innen sollten daher genau auf die<br />

Einstellung der Thermostate achten und zum Beispiel nachts oder bei Abwesenheit herunterregeln. Außerdem<br />

Heizkörper nicht mit Vorhängen verdecken oder mit Möbeln zustellen. Nur unverdeckte Heizkörper<br />

ermöglichen eine optimale Verteilung der Wärme im Raum.<br />

Quelle: Verbraucherzentrale NRW<br />

Weitere Informationen und Links:<br />

Tipps zum Stromsparen gibt es hier: www.verbraucherzentrale.nrw/node/10734<br />

Tipps zum Sparen beim Heizen: www.verbraucherzentrale.nrw/node/13892<br />

<strong>Ausgabe</strong> 80 Jahrgang <strong>2022</strong> // In Kooperation mit Wohnungswirtschaft heute. Fakten und Lösungen für Profis<br />

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