Büchereiperspektiven 2/22: Lesen fördern. Vermittlung für alle Zielgruppen

AUS DEM BVÖ I ERASMUS+
Dokk 1 in Aarhus
Oodi in Helsinki
FOTOS: MICHAELA HERMANN
Aha-Erlebnisse auf beiden Seiten
Spannend für die Bibliothekar:innen war, dass wir in Götzis
aktiv daran arbeiten, die Eltern bei der mehrsprachigen
Erziehung zu unterstützen und über den Wert von Mehrsprachigkeit
aufzuklären. In Finnland waren viele überpflichtet,
einen gewissen Prozentsatz an Budget für die
Bibliotheken bereitzustellen, die bezahlte Anstellung der
Mitarbeiter:innen sowie die freie Nutzung der Bibliotheken
für die Bürger:innen sind eine Selbstverständlichkeit. In
Helsinki gibt es sogar die Order, dass die nächste Bibliothek
in fünfzehn Minuten erreichbar sein sollte. Das spiegelt sich
auch in den Einschreibungszahlen und der Bedeutung der
Bibliothek in der Gesellschaft wider.
Bibliotheken in Dänemark und Finnland beinhalten sehr
viel mehr als Bücher. Sie sind das zweite Wohnzimmer der
Menschen, dienen als Bürgerservice-Anlaufstelle („Folksinformation“
in Dänemark), stellen Infrastruktur für die digitale
Erledigung von Amtswegen zur Verfügung und fördern
als Makerspaces die Kreativität von Alt und Jung. Größere
Bibliotheken stellen Study- und Meeting Rooms zur Verfügung.
Lokale Organisationen (wie auch Privatpersonen)
können – oder vielmehr: sollen! – sich mit Ideen, Veranstaltungen
und Projekten einbringen. So gibt es Study und
Language Cafés, die von Ehrenamtlichen betreut werden,
Elterntreffs, Vätergruppen, Jugendarbeit, Angebote vom
Jobcenter und mehr. Hauptsache, so der Tenor in Finnland,
es ist immer was los und die Bibliothekar:innen selbst
haben dank der vielen Kooperationen mit den Zusatzangeboten
so wenig Aufwand wie möglich. Ein guter Ansatz.
Multilingual? Selbstverständlich
Bücher und andere Medien in mehr als „nur“ der Landessprache
bereitzustellen, ist seit vielen Jahren Usus. Das
finnische Bibliotheksgesetz schreibt sogar vor, dass jede:r
in Finnland Bücher in der Erstsprache lesen können sollte.
Daher gibt es in jeder Bibliothek eine umfangreiche Aus-
wahl an fremd- und mehrsprachigen Medien. Bücher größerer
Sprachgruppen sind einer Bibliothek fix zugeteilt,
kleinere Sprachgruppen reisen mittels „Floating System“
durch alle 37 Bibliotheken Helsinkis. Zuständig für den Einkauf
und die Verteilung ist die „Multilingual Library“ im
Hauptsitz des Verbundes, der sich „Helmet“ nennt und
aktuell 32.000 Medien in über 80 Sprachen verwaltet. Auch
in Aarhus’ Bibliotheken gibt es seit vielen Jahren fremdund
mehrsprachige Bücher, da Dänemark über eine hohe
Zuwanderungsquote verfügt und ebenfalls alle Bücher in
„ihren“ Sprachen zur Verfügung haben sollen.
In jeder finnischen Bibliothek finden sich „Opi Suoma –
Lern Finnisch“-Regale, die mit Lehrmaterialien bestückt
sind. Gleich daneben, auch in Dänemark sehr verbreitet,
die „Easy Reader“-Bücher für Erwachsene in einfacher
Sprache. Dazu werden Romane von finnischen
und dänischen Autor:innen gekürzt, vereinfacht und den
Sprachenlerner:innen zur Unterstützung ihres Spracherwerbs
bereitgestellt. Somit können Sprachlernende
lokale Autor:innen in der Landessprache lesen und am
literarischen Leben teilnehmen. In den meisten Bibliotheken
finden sich diese Regale an einem zentralen Ort oder
gleich neben der Belletristik. Somit ist der Standort der
DaF-Medien in Bibliothek Götzis, vierter Gang rechts unten,
wohl schnellstmöglich zu überdenken.
Büchereiperspektiven 2/22
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