Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

76 Fuhrmann, Grenzuntersuchung
Ferner ist immer eine Problematik des Erkennens gegeben, wenn Abmarkungen
örtlich nicht mehr vorgefunden werden und Koordinaten mit Maßen aus dem altem
Kataster in der LGA 1 berechnet werden müssen, obwohl dabei die Fehlergrenzen
überschritten werden. Die Koordinaten dieser Punkte haben aber die LGA 1, weil
ihnen den Charakter von Soll-Koordinaten zugeordnet werden muss. Sie sind anders
nicht bestimmbar.
Werden Koordinaten von Punkten, falls Anschlusspunkte in der LGA 1 oder höher
vorliegen, ausschließlich aus dem alten Katasternachweis berechnet und ihnen die
Güte eines Koordinatenkatasters zugebilligt, ohne die Örtlichkeit zu überprüfen, kann
das problematisch sein und werden, z. B. bei größeren Arbeitsgebieten oder langen
Grenzen bzw. Messungslinien. Es wird hier ein formal korrekter, abgeleiteter Katasternachweis
als maßgebend deklariert, der u. U. nicht rechtmäßig sein kann. Würden
nun später bei einer Fortführungsvermessung in der Örtlichkeit Grenzmarkierungen
gefunden, deren alte Koordinaten der LGA 1 zugeordnet sind, die Örtlichkeit aber
damit nicht übereinstimmt, müssten diese umvermarkt werden. Obwohl es sein kann,
dass es sich um originäre Abmarkungen handelt, die ursprünglich unter Einhaltung älterer,
damals gültiger Fehlergrenzen unter Beachtung der Nachbarschaft eingebracht
wurden und dies nicht im Widerspruch zum ursprünglichen Katasternachweis. Die
Juristen sprechen in solchen Fällen von einem R ü c k w i r k u n g s v e r b o t. D. h.
hier, es würden Kriterien des Koordinatenkatasters für die Maßgeblichkeit des Katasternachweises
angewendet, die für den Entstehungszeitpunkt (Abmarkung der Grenzpunkte
und nachgewiesene Anerkenntnis der Beteiligten) keine Gültigkeit hatten oder
haben konnten. Gerade diese Umstände erfordern eine sensible Handhabung bezüglich
der Prioritäten bei Grenzuntersuchungen (s. Seite 223 Nr. 7 und 13).
Eine besondere Bedeutung kommt der Lagegenauigkeit 0 zu. Die Kennzeichnung 0
bedeutet, dass die Genauigkeit der Koordinaten nicht untersucht wurde. Diese Koordinaten
stammen in den meisten Fällen aus Fortführungsvermessungen, die vor
Einführung des Koordinatenkatasters durchgeführt wurden. Wenn die Koordinaten
festgesetzt sind, sind sie ein vollwertiger Bestandteil des Katasternachweises. Vom
Einzelfall sicher abhängig besteht i. d. R. keine Veranlassung, auf sie nicht zurückgreifen
zu wollen, nur weil sie keine Genauigkeitsangaben haben.
● Die Lagegenauigkeit ist eine Aussage, die auf einer Messung
oder Zuordnung beruht. Sie enthält keinerlei Aussage
über die rechtmäßige Abmarkung oder Neuabmarkung eines
Grenzpunktes.
● Wurde einem Punkt eine der als zum Koordinatenkataster
zugehörige Lagegenauigkeit zugesprochen und die Koordinaten
sind festgesetzt, muss angenommen werden, dass die
Koordinate des Punktes auch der rechtmäßigen Lage entspricht.
(5.9)
(5.10)
Der letzte Satz ist kritisch! Die Vorschriften setzen eine solche Eigenschaft stillschweigend
voraus. Wird er bei jedem Punkt, der beispielsweise die Lagegenauigkeit
H oder 1 besitzt, auch erfüllt? Nach dem Punktnachweiserlass 2001/2004 [75] werden
nur Punkte mit dieser LGA dem Koordinatenkataster zugeordnet, wobei es davor