Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

5.3 Punkte und Genauigkeiten 71
Tabelle 5.5
Querabweichungen aus der Geraden
Grenzwerte bzw. maximal zulässige Querabweichungen [m]
bei Geradlinigkeiten
ab 1.6.1931 (Ergänzungsbestimmungen 1. Teil)
(Aus den maximal zulässigen Streckenabweichungen
für s = 0 abgeleitet.) (0,08)
Vermessungspunkterlaß vom 15.1.1974 (NRW)
Bei polar aufgenommenen Punkten 0,05
Vermessungspunkterlaß vom 12.1.1996 (NRW)
Gegenüber nach dieser Vorschrift ermittelten Punkten 0,04
Grenzwerte im Kataster sind nicht den Toleranzen gleichzusetzen, wie sie im Bauwesen
oder in der Fertigung gebräuchlich sind. Für technische Produkte sind toleranzbasierende
Genauigkeitsmaße Vorgaben, die »nie« überschritten werden dürfen.
Werden sie überschritten, kann das hergestellte Produkt unbrauchbar werden, muss
verändert oder ausgesondert werden. Werden Grenzwerte im Kataster überschritten,
können Grenzen nicht einfach beliebig verändert oder weggenommen werden.
Wenn man sich die Entwicklung der Fehlergrenzen betrachtet, fällt der Sprung auf,
der mit Einführung des Koordinatenkatasters in der verlangten Genauigkeit eintritt.
Ist die Genauigkeit zu hoch? Ist diese Genauigkeit erforderlich? Sie ist erreichbar
und für Planungszwecke mehr als ausreichend. Für Baumaßnahmen des Hochbaues
ist sie es jedoch nicht. In den meisten Fällen sind dort separate, dem Bauvorhaben
angepasste Grundlagenvermessungen bzw. Baulagenetze erforderlich.
Dennoch ist zu beobachten, dass der Hang zur Genauigkeit auch bei der Gültigkeit von Grenzwerten
immer mehr steigt, sodass amtsinterne Genauigkeitskriterien eingeführt werden. Natürlich
kann man heutzutage genauer arbeiten – und jeder Vermessungsfachmann ist auch
froh darüber –, aber ist dies nötig? Übertriebene, für den Einzelfall unverständliche und nicht
immer ohne größere Umstände oder mit größerem Aufwand einhaltbare Genauigkeitsanforderungen
führen zu einer Inakzeptanz in der praktischen Arbeit.
Oder: Es tauchen bei der Übernahme Unsicherheiten, weil – als Beispiel gedacht – Koordinaten
eine Differenz von 2 mm zeigen. Die Ursache war wahrscheinlich eine andere Restklaffenverteilung
bei einer Transformation oder ein irrtümlich gelöschter, nicht mehr an der
Transformation teilnehmender Stützpunkt. Dieses Phänomen gilt von jeher auch bei Geradlinigkeitsbedingungen.
Die Gefahren sich deswegen in unnötige, formale Kleinkriege zu verstricken
werden größer. Höhere Genauigkeiten führen zu übertriebenen Forderungen auch in
anderen Bereichen.
Kapitel 5