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Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

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30 Fuhrmann, <strong>Grenzuntersuchung</strong><br />

Dazu ist eine sicherlich nicht ausschlaggebende, doch legit<strong>im</strong>e Bemerkung nötig: Die Vermessungstechnik<br />

leidet an einer mangelnden, nach außen wenig überzeugend wirkenden Selbstdarstellung,<br />

welche – durch die Arbeit selbst begründet – kaum zu ändern ist. Ein Vermessungstechniker<br />

kann keine materiellen, ins Erstaunen versetzende oder schöngeistige Erzeugnisse<br />

vorweisen. Ein gutes Vermessungsergebnis erzeugt keine Begeisterung, be<strong>im</strong> Techniker oder<br />

Ingenieur der eigenen Berufsgruppe vielleicht ausgenommen. Das örtlich sichtbare Ergebnis<br />

seiner Arbeit ist und bleibt die richtige Ver- oder Abmarkung. Würde man ihm die Kennzeichnung<br />

seiner Arbeit nehmen, wäre sein Berufsbild, seine Tätigkeit und sein Bemühen in<br />

der Allgemeinheit noch gesichtsloser.<br />

Darüber hinaus ein Zitat von Reist:<br />

[1958] »Entscheidend ist, daß der ursprüngliche Wille der Vertragsschließenden<br />

am Objekt (durch Abmarkungen) sichtbar gemacht und dauerhaft gekennzeichnet<br />

worden ist. Andernfalls werden die entscheidenden Vorgänge vom wirklichen<br />

Leben abgezogen; eine lebensunwahre Abstraktion wird geschaffen. Eine Linie<br />

ist nicht Grenze, weil sie in der Katasterkarte dargestellt ist, sondern die Linie<br />

ist in der Karte, weil sie Grenze ist. Das Kataster hört dann auf, das zu sein, was<br />

es seinem Wesen nach ist, nämlich Zeichen der Ordnung am Boden und nicht<br />

die Ordnung selbst. Wir können die Ordnung am Grundeigentum nicht durch<br />

Zahlen und Karten verwirklichen; wir müssen diese Ordnung aber durch Zahlen<br />

und Karten schützen. . . . Es geht um den Pr<strong>im</strong>at des Konkreten. Das Pr<strong>im</strong>äre<br />

ist nicht die geometrische Figur auf der Karte, sondern die in der Natur festgelegte<br />

Grenze. In unserer heutigen Zivilisation besteht <strong>im</strong>mer die Gefahr, daß das<br />

Unwirkliche 27 die Stelle des Wirklichen einn<strong>im</strong>mt, daß die Wirklichkeit durch<br />

ein S u r r o g a t ersetzt wird.« [236] S. 390<br />

Das Kataster und damit der Katasternachweis wird sich <strong>im</strong>mer in einem Entwicklungsprozess<br />

28 befinden. Das ergibt sich <strong>im</strong> Grunde schon daraus, dass heutzutage<br />

nur bei Fortführungen eine Erneuerung oder Verbesserung des Katasters durchgeführt<br />

wird oder werden kann. Gemeint ist die Katastererneuerung <strong>im</strong> Bereich der<br />

Grundstücksgrenzen (also innerhalb der eigentlichen Bedeutung oder Aufgabe des Katasters)<br />

und nicht die Schaffung, Pflege oder Verdichtung des Festpunktfeldes. Eben<br />

diese Fortführungen fallen nur bei einem wirtschaftlichen oder eigentumsrechtlichen<br />

Bedarf an. Dies ist auf den gesamten Katasternachweis bezogen recht sporadisch, zusammenhanglos<br />

und auf den kleinsten Raum bezogen. Gerade dieser Umstand erweist<br />

sich als Hemmschuh in der Entwicklung des Koordinatenkatasters mit dem Ergebnis<br />

einer schleppenden, lückenhaften, nahezu zufälligen und inkonsequenten Entstehung.<br />

Die Forderungen und Bestrebungen zur Erneuerung und Verbesserung des Katasternachweises<br />

enthalten schon ein diesbezügliches Merkmal, das auch die <strong>Grenzuntersuchung</strong><br />

entscheidend beeinflusst. Die Qualität des Katasternachweises oder besser<br />

des Zahlenwerkes ist i n h o m o g e n. Die verschiedenen Epochen mit ihren technischen<br />

Gegebenheiten und Möglichkeiten, die historische Ausgangslage, die räumlich<br />

eingeschränkte Eingliederung von Fortführungsvermessungen, die in den meisten Fällen<br />

wirtschaftlich orientierten Katastervermessungen (Flurbereinigungen in der Landwirtschaft,<br />

Schlussvermessungen <strong>im</strong> Verkehrswegebau, Baugebiete), wobei die Vermessung<br />

eigentlich <strong>im</strong>mer nur Mittel zum Zweck war oder ist, mit einem <strong>im</strong> Verhältnis<br />

27 Heute würde man sagen: virtuelle Welten.<br />

28 Der Begriff ›Weiterentwicklungsprozess‹ würde der Sachlage nicht gerecht werden. Das Kataster<br />

ist und bleibt noch für Jahrzehnte heterogen.

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