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Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

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314 Fuhrmann, <strong>Grenzuntersuchung</strong><br />

Führung des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s. In dieser die "Wahrnehmung der Aufgaben"der Vermessungsund<br />

Katasterbehörden umschreibenden Vorschrift liegt keine tatbestandlich näher best<strong>im</strong>mte Befugnis<br />

zur Berichtigung von möglicherweise fehlerhaften Eintragungen <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong>. Es<br />

entspricht allgemeiner Erkenntnis, daß von der Aufgabenverteilung = Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde<br />

nicht auf deren Befugnis zu einem eingreifenden Tätigwerden geschlossen werden<br />

kann (dazu umfassend Schoch, DVBl. 1991, 667 [672] m.z.N.). Auch § 11 NVermKatG stellt keine<br />

Ermächtigungsgrundlage für die vorgenommene Berichtigung dar. § 11 Abs. 1 bis Abs. 3 NVerm-<br />

KatG regelt lediglich den Zweck und Inhalt des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s, also die Begrenzung und<br />

Bezeichnung der Flurstücke, der Gebäudebestand (Abs. 1), die Grundstückseigentümer und die Erbbauberechtigten<br />

(Abs. 3). Für eine Berichtigung von Grundstücksgrenzen gibt diese Best<strong>im</strong>mung<br />

nichts her. Nichts anderes gilt für § 11 Abs. 4 NVermKatG i.V.m. den Vorschriften der Verordnung<br />

zur Durchführung des Niedersächsischen Vermessungs- und Katastergesetzes (DVO NVermKatG)<br />

vom 20. Januar 1986 (GVBl. S. 3). § 2 DVO NVermKatG regelt insoweit das Vorgehen be<strong>im</strong> Feststellen<br />

von Grenzen. Nach dessen Abs. 1 unterbleibt aber gerade die Grenzfeststellung, wenn <strong>im</strong><br />

Grenzfeststellungsverfahren über den Verlauf einer Flurstücksgrenze nach sachverständigem Ermessen<br />

nicht zweifelsfrei entschieden werden kann; die <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong> nachgewiesene Grenze<br />

ist mit einem besonderen Vermerk zu versehen. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt der <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong><br />

nachgewiesene Grenzverlauf als fehlerhaft, wenn der Nachweis der Flurstücksgrenze <strong>im</strong><br />

<strong>Liegenschaftskataster</strong> nicht dem örtlichen Grenzverlauf entspricht und eine willkürliche Grenzänderung<br />

auszuschließen ist. Die vorgesehene Folge ist danach die Eintragung eines Vermerks (§ 2 Abs.<br />

1) oder die eines Vorbehaltes mit dem Inhalt, daß das Amtsgericht (Grundbuchamt) das Bestandsverzeichnis<br />

berichtigt (§ 2 Abs. 2 Satz 2), nicht aber die hier vom Katasteramt vorgenommene<br />

unmittelbare Berichtigung von <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong> bereits seit Jahrzehnten aufgenommenen<br />

Grenzen. Soweit der seinerzeit zuständige 3. Senat in seinem Urteil vom 24. Januar 1980 (3 OVG<br />

A 82/78) eine gegenteilige Auffassung <strong>im</strong> Hinblick auf den herangezogenen Fortführungserlaß II<br />

vertreten haben sollte, wird daran ausdrücklich nicht festgehalten.<br />

Das Gesamtgefüge der Vorschriften des NVermKatG i. V. m. den Best<strong>im</strong>mungen des Bürgerlichen<br />

Gesetzbuches über die Feststellung von Eigentumsgrenzen an Grundstücken läßt vielmehr nur den<br />

Schluß zu, daß den Katasterämtern die Befugnis zur Berichtigung von streitigen Grundstücksgrenzen<br />

nicht zusteht. So entspricht es allgemeiner Auffassung, daß die Abmarkung von Grenzen nach<br />

Eintritt der Bestandskraft einer durchgeführten Grenzvermarkung entweder nur <strong>im</strong> Einverständnis<br />

mit den betroffenen Grundstückseigentümern oder aber aufgrund eines zivilgerichtlichen Urteils,<br />

aus dem sich die Unrichtigkeit der Grenzziehung ergibt, geändert werden kann (BVerwG, Beschl. v.<br />

1.4.1971, DÖV 1972, 174; Leitsatzurteil d. Sen. v. 16.3.1987 – 1 OVG A 161/86 -, OVG Lüneburg,<br />

Urt. v. 17.1.1986 – 6 OVG A 20/85). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Einsicht, daß eine<br />

bestandskräftig gewordene und von den betroffenen Grundstückseigentümern durch Unterschriftsleistung<br />

anerkannte Grenzvermarkung zugrunde liegt. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich eine<br />

einseitige Änderung des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s durch eine Katasterbehörde als ein unzulässiger Eigentumseingriff<br />

dar.<br />

Eine derartige Fallkonstellation liegt hier zwar nicht vor. Das Kartierungswerk für das Grundstück der<br />

Klägerin und der Beigeladenen beruht nämlich nicht auf einem auch formal abgesicherten Abmarkungsverfahren.<br />

Ein Abmarkungs- bzw. Grenztermin i.S.d. § 17 NVermKatG hat nicht stattgefunden.<br />

Vielmehr hat der Rechtsvorgänger der Klägerin lediglich die Richtigkeit der Vermessungszahlen aus<br />

dem Jahre 1871 durch Unterschriftsleistung bestätigt. Auch für einen derartigen Fall geht der Senat<br />

aber von der durch die Eintragung <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong> bewirkten Sperrwirkung aus (a.A. allerdings<br />

zum NRWVermKatG OVG Münster, Urt. v. 12.2.1992, NJW 1993, 217). Zwar werden durch<br />

die Berichtigung des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s die zivilrechtlichen Eigentumsrechte nicht unmittelbar<br />

berührt (OVG Lüneburg, Urt. v. 17.1.1986 – 6 OVG A 20/85). Einer entsprechenden Berichtigung<br />

des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s sind aber gleichwohl Grenzen gesetzt. Durch die Eintragung <strong>im</strong> <strong>Liegenschaftskataster</strong><br />

und der damit gekoppelten Grundbucheintragung wird die Eigentumsvermutung des<br />

§ 891 BGB begründet. Bei einer Unrichtigkeit des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s läßt sich diese nur dann<br />

ausräumen, wenn die Eigentumsvermutung widerlegt ist. Liegt die Einverständniserklärung eines<br />

betroffenen Grundstückseigentümers nicht vor, ist die Eigentumsvermutung nur durch eine zivilrechtliche<br />

Entscheidung über die wahren Eigentumsverhältnisse möglich, der dann durch eine neue<br />

Grenzvermarkung Rechnung getragen wird.<br />

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, daß mit dieser Entscheidung den Katasterbehörden<br />

keineswegs jegliche Berichtigung des <strong>Liegenschaftskataster</strong>s verwehrt ist. Ihnen steht lediglich keine

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