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Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

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3.2 Grundstückseigentum und Katasternachweis 29<br />

Der Bestandsschutz, aus dem Baurecht herkommend, ist gesetzlich nicht explizit<br />

geregelt, sondern hat sich aus der Rechtsprechung entwickelt. Er besagt, dass, wenn es<br />

formal und legal genehmigte Bauvorhaben sind oder vor Eintritt von Rechtsnormen<br />

bereits Bauten bestanden haben, diese auch gegen neue Rechtsnormen gültig sind und<br />

Bestand haben. Der Bestandsschutz leitet sich aus dem Grundgesetz Artikel 14 (1)<br />

ab, wonach Eigentum gewährleistet ist.<br />

Der Bestandsschutz lässt sich ebenfalls auf Grenzen übertragen und beziehen. Wenn<br />

durch einen deklaratorischen, feststellenden oder beurkundeten Verwaltungsakt 23 in<br />

einer Grenzniederschrift bestätigt wird, dass <strong>im</strong> Rahmen der zu diesem Zeitpunkt bestehenden<br />

Gesetzeslage und der darauf <strong>im</strong> Innenverhältnis aufbauenden Vorschriften<br />

(⇒ Fehlergrenze, max<strong>im</strong>al zulässige ⇒ Abweichung) die vorgefundenen Grenzen rechtmäßig<br />

sind, ist dies eine das Eigentum gewährleistende Aussage. Dies gilt desgleichen<br />

für Grenzverhandlungen oder Grenzanerkennungsverträge soweit sie Bestandteil des<br />

Katasternachweises sind – also in das <strong>Liegenschaftskataster</strong> eingereicht und übernommen<br />

wurden – und damit am Öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnehmen. Diese<br />

<strong>im</strong> guten Glauben aller Beteiligten getroffene Feststellung untermauert den Bestandsschutz<br />

24 . Eine solche Bestätigung der Grenzverhältnisse ist »wirksam <strong>im</strong> Sinne des<br />

Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit und genießt eine formelle Bestandskraft.« 25<br />

Sie ist auch ein Vertrauensschutz. Hier liegt auch der Grund, wenn sich auf den neuesten<br />

Katasternachweis bezogen wird.<br />

Dies muss auch der Fall sein, wenn später aufgrund von verschärften Grenzwerten<br />

für die Messelemente und besserer technischer Möglichkeiten, insbesondere <strong>im</strong><br />

Hinblick auf Geradlinigkeiten oder der Einführung eines Koordinatenkatasters, festgestellt<br />

wird, dass nach anderen Auffassungen oder Kriterien in der heutigen Zeit dies<br />

nicht mehr bestätigt werden würde. Beispielsweise darf es deshalb heutzutage nicht<br />

zu künstlich konstruierten Überbauten führen, da dies sonst zu einer Nichtgewährleistung<br />

des Eigentums <strong>im</strong> Kataster führen würde und Zweifel an der Wirksamkeit<br />

des Öffentlichen Glaubens am Katasternachweis auslösen könnten. Das allgemeine<br />

Vertrauen in den Katasternachweis wäre dann erschüttert, der Katasternachweis mit<br />

Recht angreifbar und vielleicht sogar hinfällig.<br />

Ein Gesichtspunkt (meines Erachtens eigentlich keine Randnotiz) soll noch herausgestellt werden:<br />

Die <strong>im</strong> Katasternachweis dargestellte Grenze, sei es in Rissen oder Karten oder durch<br />

Koordinaten, ist ein papierner Tiger. Die wahre Grenze wird sich nicht in Erklärungen oder<br />

auch nicht in der Skizze zur Grenzniederschrift zeigen, sondern sich <strong>im</strong>mer in der Örtlichkeit<br />

offenbaren. Dort hat die Grenze ihre eigentliche, wirklichkeitsgetreue Wirkung. Die Beschäftigung<br />

mit Recht, Papier, Computer und Zahlen lässt dies manchmal in den Hintergrund treten.<br />

Auch eine Formulierung wie »der Katasternachweis ist maßgebend« kann das nicht ändern.<br />

So ist die vielfach von Gerichten gemachte Feststellung, die örtliche Abmarkung ist nicht<br />

›konstitutiv‹, aus dieser Sichtweise nicht überzeugend 26 . Auch scheint mir die Sichtweise vom<br />

Standpunkt der Eigentümer höherwertiger, als eine selbstgerechte, fachliche Beschäftigung mit<br />

diesem Thema. Das Letztere ist aber nicht vermeidbar, wie diese Ausführungen gleichermaßen<br />

zeigen.<br />

23<br />

vgl. dazu auch das Verwaltungsverfahrensgesetz [66] § 43<br />

24<br />

vgl. dazu auch das ›Rückwirkungsverbot‹, Seite 76<br />

25<br />

[284] S. 173<br />

26<br />

Dies soll mit einer Metapher verdeutlicht werden: Der eigentliche, getane Dolchstoß entscheidet<br />

über . . . und nicht die schriftliche, präzise Darstellung des Tathergangs. In der Projizierung auf<br />

das herrschende Katasterrecht würde man dieses dort nicht so sehen. Aber nicht <strong>im</strong>mer wird<br />

in der Katasterpraxis so verfahren.<br />

Kapitel 3

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