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Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

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6.4 Mehrdeutigkeiten und Ermessen in der <strong>Grenzuntersuchung</strong> 231<br />

Beispiel einer Ermessensentscheidung bei der Aufnahme:<br />

Die berechneten Koordinaten aus gleichwertigen, zeitnahen Messungen sind zu mitteln. Ob<br />

eine 2. Messung, die nur zur Kontrolle hinzugezogen wird, auch für die Mittelbildung benutzt<br />

werden muss oder nicht, hängt von den arbeitstechnischen und zeitaufwändigen Verfahren ab;<br />

auch ob die zu kontrollierende Koordinate bereits anderweitig verwendet wurde.<br />

Ein Ermessen wird überschritten, wenn beispielsweise die amtlichen Fehlergrenzen<br />

nicht eingehalten werden. Numerische Grenzwerte legen einen Ermessensspielraum<br />

fest, der durch eine individuelle Meinung oder Beurteilung nicht ohne weiteres übergangen<br />

werden kann. In die andere Richtung gilt ebenso, dass ein Ermessensspielraum<br />

zugebilligt werden m u s s, wenn die Sachlage es erfordert. Hier gibt es durchaus<br />

Auseinandersetzungen zwischen der Vermessungsstelle und der Katasterbehörde bei<br />

der Übernahme von Vermessungsschriften. Der oben zitierte § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes<br />

[66] muss auch hier seine Anwendung finden, wenn oder weil die<br />

Vermessungsstelle einer Behörde gleich Hoheitsaufgaben übern<strong>im</strong>mt. Wenn ein Einzelfall<br />

es erfordert, dass ein Ermessensspielraum ü b e r s c h r i t t e n wird, so muss<br />

eine s t i c h h a l t i g e Begründung dies rechtfertigen mit der Darstellung eventueller<br />

Varianten bis hin zur – wenn auch hypothetischen – Fragestellung: »Wie würde wohl<br />

ein Richter 98 entscheiden?«<br />

»Ermessensentscheidungen einer Behörde sind nur beschränkt gerichtlich überprüfbar.<br />

Gerichtlich darf die Ausübung des Ermessens nur auf Rechtsfehler überprüft werden.<br />

Durch die Verwaltungsgerichte nachzuprüfen ist also nur, ob die Behörde von dem<br />

Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht<br />

hat und ob die Behörde die Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat.« 99<br />

Werden unvermeidbar Grenzwerte überschritten, so ist zumindest die darauf erforderliche<br />

Behandlungsweise zu begründen. Trifft dies auch auf Grenzpunkte zu, wird<br />

in der Grenzniederschrift mit den Beteiligten darauf einzugehen sein.<br />

In Ermangelung von Grenzprozessen <strong>im</strong> Kataster und der Vielfalt der Möglichkeiten<br />

bei <strong>Grenzuntersuchung</strong>en ist nicht davon auszugehen, dass diesbezüglich zukünftig<br />

eine gesicherte oder gefestigte Rechtsprechung erfolgen wird, geschweige auch über<br />

Ländergrenzen hinweg. Eine Manifestation von Regeln, die vorrangig technisch zu<br />

beachten sind, wie zum Beispiel die Geradlinigkeit von Grenzen, wäre heutzutage<br />

noch zu brüchig.<br />

Es hat den Anschein, dass Pr<strong>im</strong>ärentscheidungen sich in Rechtsstreitigkeiten bei Katasterfragen<br />

mit größerem Erfolg bewähren. Man kann mit einer Pr<strong>im</strong>ärentscheidung<br />

nicht einverstanden sein, doch besteht dann eine Erklärungsverpflichtung, welchen<br />

anderen und b e s s e r e n Weg zur Lösung des Streitfalles man beschreiten würde.<br />

● Die Pr<strong>im</strong>ärentscheidung einer Vermessungsstelle kann <strong>im</strong><br />

Einzelfall dahingehend sein, dass »vorgefundene Grenzzeichen<br />

oder Grenzeinrichtungen den Grenzverlauf zutreffend<br />

kennzeichnen.« [60] § 20(1)<br />

98 also auch ein Nichtfachmann!<br />

99 www.anwalt.de<br />

(6.28)<br />

Kapitel 6

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