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Grenzuntersuchung im Liegenschaftskataster

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Der Erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgrenzte und auf den Gedanken<br />

kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren,<br />

ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft.<br />

2 Die Grenze<br />

2.1 Was ist eine Grenze und wozu dient sie?<br />

Jean-Jacques Rousseau<br />

»Die Grenze als Konvention ist die Verständigung darüber, was als eigen und fremd,<br />

was als gut und böse oder was als diesseits und jenseits gilt.« 1<br />

Das Lehnwort ›Grenze‹ oder – bis in das vorletzte Jahrhundert auch gebräuchlich<br />

– ›Gränze‹ kommt aus den westslawischen Gebieten (polnisch: granica; in der<br />

ursprünglichen Bedeutung: Eiche [312]) und tritt in der Mitte des 13. Jahrhunderts<br />

in den deutschen Sprachraum. Der Begriff wurde offensichtlich zunächst für die Trennung<br />

von Besitzständen auf der Erdoberfläche benutzt; dies einerseits für territoriale<br />

Ansprüche an Lebensräumen und Machtpositionen, zum Anderen als Isolierung<br />

landwirtschaftlich durch Ackerbau genutzter Flächen, also für an die Erdoberfläche<br />

dauerhaft gebundene oder sesshafte menschliche Lebensgemeinschaften. Dies steht <strong>im</strong><br />

Gegensatz zum Jäger oder dem Nomadentum, wo Grenzen in der Frühzeit nicht die<br />

Rolle einer best<strong>im</strong>mte Linie spielen. Hier tauchen zwar Grenzgebiete, Grenzzonen oder<br />

natürliche, schwer zugängliche Grenzbereiche auf, die aber nicht <strong>im</strong>mer konkretisiert<br />

werden können.<br />

Eine vielfältige, übertragende Bedeutung des Wortes ›Grenze‹ in andere Bereiche<br />

erfolgte später, z. B. als ein handlungs-ethischer oder mathematischer Begriff. Durch<br />

die Vorliebe Martin Luthers für dieses Wort wurde es <strong>im</strong> 16. Jahrhundert durch<br />

die Bibelübersetzung in den deutschen Sprachraum verbreitet [363].<br />

Der Grenzbegriff <strong>im</strong> heutigen Kataster 2 wird also in seiner zuerst gebräuchlichen<br />

Bedeutung verwendet. Davor war das germanische, mehrdeutige Wort ›mark‹ oder<br />

auch ›gemerke‹ [363] in Verbindung für Grenzgebiete oder einem späteren linearen<br />

Verständnis für den Begriff ›Grenze‹ verwandt worden; man findet beides heute noch<br />

in den Begriffen wie Markgraf, Gemarkung oder Vermarkung.<br />

Eine Grenze 3 wirkt trennend. Der synonyme Oberbegriff für Grenze wäre also Trennung,<br />

eine Trennungslinie. Dies wird <strong>im</strong> allgemeinen Sprachgebrauch wohl auch so<br />

empfunden. Geht man zur ursprünglichen, auf die Erdoberfläche bezogene Bedeutung<br />

zurück, lassen sich differenzierende Eigenschaften erkennen: Eine Grenze kann bewahren<br />

4 , eine Grenze kann schützen 5 ; sie dient dann der Sicherheit und Sicherung. Eine<br />

Grenze kann ausschließen 6 , eine Grenze dient zum Einordnen, Unterscheiden oder der<br />

1<br />

aus Kamilla Kanafa, Grenznavigator; Universität Dortmund – Fakultät Raumplanung<br />

2<br />

s. dazu auch [28] S. 265ff.<br />

3<br />

Eine kleiner, sich zu lesen lohnender Aufsatz findet sich in [330]. Mit dieser Thematik beschäftigt<br />

sich auch der Beitrag von Kummer [2].<br />

4<br />

Eigentum, Authentizität<br />

5<br />

Stadtmauer, Fluss<br />

6<br />

Tabuzonen, Getto, Stacheldrahtzaun<br />

Kapitel 2

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