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Baselland Business 2/2022 Deutsch / Special Nachhaltigkeit

Wirtschaftsguide für die Region Basel-Landschaft in deutscher und englischer Sprache

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BL<br />

<strong>Business</strong><br />

Der Wirtschaftsguide für die<br />

Region Basel-Landschaft<br />

<strong>2022</strong><br />

Wirtschaftsminister<br />

Guy<br />

Parmelin<br />

Bundesrat Guy Parmelin<br />

hat intensive Monate<br />

hinter sich. Im Interview<br />

mit BL <strong>Business</strong> spricht er<br />

über die wirtschaftliche<br />

Lage, die Versorgungssicherheit<br />

mit Energie<br />

und den Anschluss an<br />

das europäische Forschungsprogramm<br />

Horizon.<br />

<strong>Special</strong>:<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Die Zukunft<br />

der Energie<br />

Wohin führt der Weg der<br />

Schweizer Energieversorgung<br />

- Sonne, Wind, Holz,<br />

Wasserkraft? Oder neue<br />

Technologien wie<br />

Power-to-X mit grünem<br />

Wasserstoff oder gar die<br />

nächste Generation von<br />

Kernkraftwerken? Ein<br />

Blick in das Energiejahr<br />

2050.<br />

Swiss<br />

Innovation<br />

Challenge <strong>2022</strong><br />

Die aiEndoscopic AG hat<br />

im Bereich der Beatmung<br />

künstliche Intelligenz mit<br />

robotischer Endoskopie<br />

verbunden, die Perovskia<br />

Solar AG bietet digital<br />

gedruckte, anpassbare<br />

Solarzellen für Erstausrüster<br />

an und die Spirecut<br />

SA entwickelt ultraschallgeführte<br />

chirurgische<br />

Instrumente.


Gute Geschäfte in …<br />

Casablanca<br />

AB<br />

CHF 70.–<br />

PRO<br />

STUNDE<br />

Tagungs- und Eventcenter<br />

Kontakte<br />

Haus der Wirtschaft<br />

Tagungs- und Eventcenter (TEC)<br />

Hardstrasse 1<br />

CH-4133 Pratteln<br />

www.hdw.ch/tec<br />

tec@hdw.ch<br />

+41 61 927 64 55<br />

Zum<br />

HDW-Film<br />

Buchungsplattform:<br />

portal.hdw.ch<br />

Das Tagungs- und Eventcenter (TEC) im Haus der Wirtschaft in Pratteln setzt auf<br />

2000 m 2 neue Massstäbe für Ihre individuellen Meetingansprüche. In direkter Nähe<br />

zur Autobahn A2/A3 und dem Bahnhof SBB stehen 12 modernste Veranstaltungsräume<br />

und ein einzigartiges Auditorium zur Verfügung. In den stilvollen Themenräumen<br />

«Panama», «Casablanca», «Amazonas», «Malawi», «Camargue», «Mumbai», «Malibu»<br />

lässt sich mit innovativen Ideen die Welt erobern.<br />

Mitglieder der Wirtschaftskammer profitieren von attraktiven Vorzugskonditionen.<br />

Foto: Themenraum «Casablanca»


Inhalt<br />

12<br />

20<br />

26<br />

50<br />

4 Bundesrat Guy Parmelin<br />

8 Christoph Buser,<br />

Direktor Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong><br />

10 Die Energiezukunft<br />

12 Zauberwort Wasserstoff<br />

17 Chancen mit Photovoltaik<br />

20 Wohin mit der E-Mobilität?<br />

24 Florian Tresch, Leiter <strong>Nachhaltigkeit</strong> BLKB<br />

26 Swiss Innovation Challenge <strong>2022</strong><br />

30 Thomas Kübler,<br />

Leiter Standortförderung <strong>Baselland</strong><br />

32 Labels – Was sind sie wert?<br />

34 David Bosshart, Präsident Duttweiler-Stiftung<br />

37 Archroma<br />

38 European Food Trends Report<br />

40 Nachhaltige Fischzucht in Birsfelden<br />

42 Swiss Sustainability Challenge (SSC)<br />

44 Holz – der natürliche Baustoff<br />

48 Schweizer Salinen<br />

50 Sanfter Tourismus im Baselbiet<br />

52 Die neue Waldenburgerbahn<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 3


Interview Guy Parmelin<br />

«Anpassungsfähigkeit<br />

wird unterschätzt»<br />

Bundesrat und Wirtschaftsminister<br />

Guy Parmelin hat intensive<br />

Monate hinter sich. Im<br />

Interview spricht er über die<br />

wirtschaftliche Lage, die<br />

Versorgungssicherheit mit<br />

Energie, und den Anschluss an<br />

das europäische Forschungsprogramm<br />

Horizon.<br />

Interview: Daniel Schaub<br />

BL <strong>Business</strong>: Herr<br />

Bundesrat Parmelin,<br />

Sie sind am 24. November<br />

wieder<br />

einmal Gast in<br />

der Wirtschaftsregion<br />

Basel. Was<br />

beeindruckt<br />

sie an diesem<br />

Standort?<br />

Guy Parmelin:<br />

Die Wirtschaftsregion<br />

Basel ist ein<br />

unglaublicher<br />

Motor für die<br />

Schweizer Wirtschaft.<br />

Denken Sie<br />

nur an die Pharmabranche,<br />

die einen<br />

grossen Beitrag am<br />

wirtschaftlichen Erfolg der<br />

Schweiz leistet. Aber nicht nur<br />

das. Erst kürzlich konnte ich in<br />

dieser Region den grössten Innovationspark<br />

von Switzerland Innovation<br />

eröffnen. Das unterstreicht, wie<br />

attraktiv dieser Standort ist.<br />

Die Wirtschaft hat schwierige<br />

Monate hinter und vor sich: die<br />

Corona-Pandemie, die Energiekrise,<br />

die Inflation, Lieferengpässe,<br />

Fachkräftemangel, die<br />

Zinswende. Wo sehen Sie die<br />

Schweizer Wirtschaft in der<br />

Ist-Analyse im November <strong>2022</strong>?<br />

Wie erwartet, hat sich die Erholung<br />

der Schweizer Wirtschaft von der<br />

Corona-Krise im Verlauf dieses<br />

Jahres fortgesetzt. Die aktuellen<br />

Konjunkturindikatoren vermitteln<br />

aber ein gemischtes Bild. Die<br />

Teuerung in der Schweiz bewegt<br />

sich weiterhin auf einem verhältnismässig<br />

moderaten Niveau. Die günstige<br />

Entwicklung des Arbeitsmarkts<br />

dürfte den privaten Konsum weiterhin<br />

stützen. Das internationale<br />

Umfeld ist aber herausfordernd. Der<br />

Krieg in der Ukraine, die hohen<br />

Inflationsraten in vielen Ländern<br />

und die Entwicklung in China lasten<br />

auf der Weltwirtschaft. Auch die<br />

Straffung der Geldpolitik hat<br />

natürlich einen Einfluss auf die<br />

Schweiz, den es zu bewältigen<br />

gilt.<br />

Kürzlich fand ein<br />

weiterer Austausch<br />

zwischen<br />

Ihnen, den<br />

Wirtschaftsverbänden,<br />

den Aussenhandelskammern<br />

und<br />

weiteren<br />

Vertretern der<br />

Schweizer<br />

Exportwirtschaft<br />

statt.<br />

Wie nehmen Sie<br />

die Stimmung bei<br />

den wichtigen<br />

Unternehmen im<br />

Land derzeit wahr?<br />

Trotz eines anspruchsvollen<br />

Umfelds und vielfältiger<br />

Herausforderungen zeigte sich<br />

die Exportwirtschaft insgesamt<br />

zuversichtlich. Unsere Exporteure<br />

haben gelernt, mit Krisen umzugehen.<br />

Was mich im Kontakt mit<br />

ihnen immer wieder beeindruckt,<br />

ist, dass sie sich nicht von widrigen<br />

Bedingungen aufhalten lassen,<br />

sondern mit viel Eigeninitiative und<br />

4 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


innovativem Geist Lösungen finden.<br />

Der Bund setzt sich weiterhin für<br />

möglichst günstige Rahmenbedingungen<br />

ein, beispielsweise beim<br />

Zugang zu ausländischen Märkten.<br />

Die aktuell diskutierte Energiemangellage<br />

im kommenden<br />

Winter ist nicht unbedingt ein<br />

neues Phänomen in der Schweiz.<br />

Warum sind wir aktuell stärker<br />

beunruhigt als in früheren<br />

Wintern?<br />

Die Schweiz ist im Winter immer<br />

auf Gas- und Stromimporte aus dem<br />

europäischen Ausland angewiesen,<br />

beim Gas zu 100 Prozent. Die<br />

Ausgangslage für diesen Winter ist<br />

aber doch recht einmalig. Der<br />

Ukraine-Krieg hat uns allen gezeigt,<br />

wie verletzlich und abhängig die<br />

europäische Energieversorgung ist.<br />

Dies gilt insbesondere fürs Gas, ein<br />

Energieträger, der gerade in<br />

<strong>Deutsch</strong>land auch zur Stromproduktion<br />

genutzt wird. Hinzu kamen<br />

Revisions- oder Reparaturarbeiten<br />

an über der Hälfte der französischen<br />

Atomkraftwerke, eine für die<br />

Schweiz wichtige Stromquelle im<br />

Winter. Und dann gab es auch noch<br />

logistische Probleme, welche die<br />

Versorgung der Schweiz mit Mineralölprodukten<br />

erschwerten. Dies<br />

alles führte zu einer fragilen<br />

Situation. Der Bundesrat hat<br />

deshalb in den vergangenen Monaten<br />

viel unternommen, um die<br />

Versorgungssicherheit der Schweiz<br />

mit Energie zu stärken.<br />

Sie haben jüngst in Aussicht<br />

gestellt, dass die Energiekrise<br />

die Schweiz noch zwei, drei<br />

weitere Jahre beschäftigen<br />

könnte? Wie soll und kann<br />

die Wirtschaft, die<br />

aktuell und dann vor<br />

allem im Jahr 2023 von<br />

starken Preiserhöhungen<br />

belastet ist, damit<br />

umgehen?<br />

Um mit den höheren<br />

Strompreisen umzugehen,<br />

haben die Unternehmen<br />

verschiedene privatwirtschaftliche<br />

Möglichkeiten, wie den Abschluss<br />

langfristiger Lieferverträge oder<br />

den Wechsel auf eine Beschaffung<br />

zu flexiblen Preisen. Wie sich die<br />

Preise im Winter 2023 entwickeln<br />

werden, können wir nicht abschätzen.<br />

Unternehmen können aber<br />

bereits jetzt ihre Strompreise für<br />

den Winter 2023/2024 absichern<br />

oder durch Investitionen in ihre<br />

Energieeffizienz ihre Widerstandsfähigkeit<br />

stärken.<br />

Der Bundesrat hat einen Notfallplan<br />

für den kommenden Winter<br />

erarbeitet. Was passiert, wenn es<br />

nach den bereits eingeleiteten<br />

Sparmassnahmen, möglichen<br />

Einschränkungen und Kontingentierungen<br />

zum Äussersten<br />

kommen würde, der Abschaltung<br />

von Stromlieferungen?<br />

Das wäre in der Tat «Ultima Ratio»<br />

und würde bedeuten, dass alle<br />

vorangehenden Massnahmen, mit<br />

denen versucht wurde, diesen<br />

schlimmsten aller Fälle zu verhindern,<br />

nicht gefruchtet haben. Ich<br />

hoffe nicht, dass es so weit kommen<br />

wird. Einerseits, weil die Bewohnerinnen<br />

und Bewohner sowie die<br />

Unternehmen in diesem Land<br />

vorher die Notbremse ziehen und<br />

sich weiter einschränken werden.<br />

Andererseits, weil wir Reserven<br />

aufgebaut und Absprachen getroffen<br />

haben. Trotzdem ist es unerlässlich,<br />

sich auch auf diese Situation vorzubereiten.<br />

In einem von Krisen und Unsicherheiten<br />

geprägten Umfeld ist<br />

es nicht ganz einfach, die Unternehmen<br />

von <strong>Nachhaltigkeit</strong>sthemen<br />

wie der Energiestrategie<br />

2050 und anderen Transformationsprozessen<br />

zu überzeugen.<br />

Wie finden wir hier die Balance<br />

zwischen Versorgungssicherheit<br />

und den Zielen der Dekarbonisierung?<br />

Dafür gibt es im Moment kein<br />

pfannenfertiges Rezept, denn innerhalb<br />

von weniger als einem Jahr hat<br />

sich die Ausgangssituation grundlegend<br />

verändert. Wir müssen jetzt<br />

Wege finden, um unsere Wärmeund<br />

Energieversorgung sicherzustellen,<br />

und gleichzeitig die Klimaziele<br />

anpeilen. Immerhin: Ich bin<br />

fest überzeugt, dass uns die gegenwärtige<br />

Krise die Augen geöffnet<br />

und den Prozess beschleunigt hat.<br />

Wenn wir mit dem heutigen Elan<br />

weiterarbeiten können, werden wir<br />

schon vor 2050 deutliche Fortschritte<br />

machen.<br />

Kann die Energiewende wirtschaftlich<br />

auch eine Chance für<br />

die Schweiz sein?<br />

Durchaus. Die Schweizer Wirtschaft<br />

ist in einer guten Ausgangslage. Die<br />

Energieintensität ist im Vergleich<br />

zum Ausland tiefer und wir haben<br />

dank der Wasserkraft bereits einen<br />

sehr hohen Anteil an erneuerbaren<br />

Energien. Ich bin zudem überzeugt,<br />

dass die Anpassungsfähigkeit<br />

unserer Unternehmen immer<br />

wieder unterschätzt wird. Wichtig<br />

ist, den Unternehmen möglichst viel<br />

Freiraum zu geben, damit sie<br />

ihre Energiesparpotenziale<br />

und ihre Beschaffungsstrategie<br />

möglichst optimal<br />

umsetzen können.<br />

Viele Branchen<br />

klagen über Fachkräftemangel<br />

– gerade<br />

die schon von der<br />

Corona-Krise betroffenen<br />

Branchen wie<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 5


Der Boden ist genau wie<br />

unsere Haut ein lebendiges,<br />

atmendes Ökosystem.<br />

Er ist die lebendige Haut<br />

unserer Erde.<br />

Indem Sie Produkte von Weleda wählen,<br />

unterstützen Sie die Bodengesundheit.<br />

80 % unserer pflanzlichen Inhaltsstoffe<br />

entstammen biologischem Anbau.<br />

Die weltweit 8 Weleda Gärten werden<br />

nach biodynamischen Prinzipien<br />

bewirtschaftet.<br />

Durch die Integration von Kompost<br />

wird mehr CO2 gebunden als emittiert.<br />

Der Energiefußabdruck unseres<br />

Unternehmens ist klimaneutral.<br />

Folgen Sie #SchützedieHautderErde<br />

QR


Gesundheit oder Gastronomie,<br />

aber auch die IT- oder aktuell die<br />

Energiebranche. Wie können wir<br />

diesem Defizit zielführend<br />

begegnen?<br />

Ausmass und Ursachen von Fachkräftemangel<br />

sind je nach Beruf<br />

unterschiedlich. Deshalb sind auch<br />

die Lösungsansätze unterschiedlich.<br />

Um dem Fachkräftemangel bestmöglich<br />

zu begegnen, braucht es ein<br />

leistungsfähiges Bildungs- und<br />

Weiterbildungssystem und einen gut<br />

funktionierenden, flexiblen Arbeitsmarkt.<br />

Die Branchen sind aber auch<br />

selber aufgerufen, Lösungsansätze<br />

zu entwickeln, um als Ausbildner<br />

und Arbeitgeber attraktiv zu sein.<br />

Das fehlende Rahmenabkommen<br />

mit der EU bringt schon spürbare<br />

Nachteile mit sich, etwa die<br />

Situation des Forschungs- und<br />

Innovationsstandortes Schweiz<br />

im Rahmen von europäischen<br />

Programmen wie «Horizon». Wie<br />

kann dieser unsichere Standortfaktor<br />

so rasch wie möglich<br />

behoben werden?<br />

Die rascheste Lösung wäre natürlich<br />

die Assoziierung am Horizon-Paket –<br />

das ist und bleibt unser Ziel. Aber<br />

für Verhandlungen braucht es zwei<br />

Parteien und die EU ist momentan<br />

nicht bereit. Derweil federn wir die<br />

Auswirkungen der Nicht-Assoziierung<br />

mit einem Strauss an Massnahmen<br />

ab. Beispielsweise fördert<br />

Innosuisse mit dem «Swiss Accelerator»<br />

Schweizer Start-ups und<br />

KMU, die nicht an den Ausschreibungen<br />

des European Innovation<br />

Council teilnehmen können. Und in<br />

Horizon-Programmteilen, in denen<br />

Schweizer Forschenden mitmachen<br />

können, finanzieren wir diese<br />

direkt. Unabhängig davon hat der<br />

Bundesrat im Februar entschieden,<br />

dass er mit der EU Gespräche über<br />

die Weiterführung des bilateralen<br />

Weges führen will. Diese Sondierungsgespräche<br />

laufen und der<br />

Bundesrat wird noch in diesem Jahr<br />

eine erste Bilanz ziehen und das<br />

weitere Vorgehen festlegen.<br />

Wo stufen Sie die Schweiz in<br />

global wichtigen Wirtschaftszweigen<br />

wie der Digitalisierung,<br />

der Technologisierung und der<br />

Automatisierung ein. Hinken wir<br />

im Vergleich nicht etwas hinterher?<br />

Wir können uns sicher noch verbessern,<br />

aber in internationalen Rankings<br />

zu Innovation oder Digitalisierung<br />

schneidet die Schweiz sehr gut<br />

ab. Wir gelten sogar als Innovationsweltmeister.<br />

Trotz der guten Ausgangslage<br />

muss die Schweiz aber<br />

laufend die Rahmenbedingungen<br />

überprüfen, um den Veränderungen<br />

gerecht zu werden und der Wirtschaft<br />

zu ermöglichen, die sich<br />

durch die Digitalisierung bietenden<br />

Chancen zu nutzen.<br />

Die Schweizer Wirtschaft hat sich<br />

zuletzt als durchaus krisenfest<br />

erwiesen. Was machen wir nach<br />

wie vor anders oder besser als<br />

andere?<br />

Ein Faktor, der entscheidend zur<br />

Widerstandsfähigkeit der Schweizer<br />

Wirtschaft beiträgt, ist die<br />

Branchenstruktur. Die Schweizer<br />

Wirtschaft ist diversifiziert, es gibt<br />

verschiedene erfolgreiche Branchen.<br />

Wichtige Bereiche der<br />

Schweizer Industrie haben sich<br />

wiederholt als äusserst krisenresistent<br />

erwiesen, so etwa die chemisch-pharmazeutische<br />

Industrie.<br />

Auch in der aktuellen Krise ist die<br />

Schweiz bisher weniger stark<br />

betroffen als andere europäische<br />

Länder. Die Inflation lag im Oktober<br />

in der Schweiz bei 3,0 Prozent,<br />

während sie etwa in <strong>Deutsch</strong>land<br />

auf 11,6 Prozent angestiegen ist.<br />

Vorteilhaft für die Schweiz ist<br />

derzeit auch, dass der Anteil der<br />

Energie bei den Konsumausgaben<br />

der Haushalte weniger hoch ist als<br />

in anderen Ländern.<br />

Zur Person: Guy Parmelin<br />

Der 63-jährige Waadtländer Guy Parmelin<br />

ist seit 2015 Bundesrat und seit 2019<br />

Vorsteher des Eidgenössischen Departementes<br />

für Wirtschaft, Bildung und<br />

Forschung (WBF). Zuvor war er drei Jahre<br />

Verteidigungs- und Sportminister der<br />

Schweiz. Parmelin wuchs auf dem elterlichen<br />

Bauernhof in Bursins auf. Nach dem<br />

Gymnasium in Lausanne schloss er eine<br />

Berufslehre als Landwirt mit dem Diplom<br />

der Landwirtschaftsschule in Marcelin<br />

ab. 1985 erhielt er den eidgenössischen<br />

Fachausweis Betriebsleiter Meisterlandwirt<br />

mit Weinbau. Bis zur Wahl in den<br />

Bundesrat bewirtschaftete er mit seinem<br />

Bruder das familieneigene Landwirtschafts-<br />

und Weingut in Bursins und war<br />

Vizepräsident des Verwaltungsrates der<br />

Unternehmensgruppe der Schweizerischen<br />

Agrarwirtschaft (Fenaco).<br />

In die Politik stieg er als Gemeindeund<br />

später als kantonaler Grossrat ein.<br />

2003 wurde er für die SVP in den Nationalrat<br />

gewählt. 2015 wurde er von der<br />

eidgenössischen Bundesversammlung als<br />

Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf<br />

in den Bundesrat gewählt. Im Jahr 2021<br />

war der verheiratete Parmelin Bundespräsident.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 7


Interview Christoph Buser<br />

«<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist<br />

Treiber für Innovation<br />

und Entwicklung»<br />

Das vorliegende Magazin ist die<br />

zweite Publikation von <strong>Baselland</strong><br />

<strong>Business</strong> und die erste<br />

Spezialausgabe. Wir haben uns<br />

mit Wirtschaftskammer-Direktor<br />

Christoph Buser über die<br />

Hintergründe von <strong>Baselland</strong><br />

<strong>Business</strong> und über <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

unterhalten.<br />

Patrick Herr<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> ist eine<br />

Initiative der Wirtschaftskammer<br />

<strong>Baselland</strong>. Was darf man<br />

darunter verstehen?<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> ist eine Initiative<br />

der Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong>.<br />

Zu <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong><br />

gehören rund 100 bedeutende<br />

produzierende Unternehmen im<br />

Kanton Basel-Landschaft. Ich habe<br />

diese Unternehmen alle persönlich<br />

besucht und den Dialog zu den<br />

Unternehmerinnen und Unternehmern<br />

gesucht. In den nächsten<br />

Jahren kommt ja einiges auf unsere<br />

Wirtschaft zu. Stichworte sind die<br />

Digitalisierung, Energiefragen,<br />

Fachkräftemangel und Mobilität.<br />

Dieser Austausch, diese Reise<br />

durch unsere Wirtschaft war für<br />

mich persönlich und selbstverständlich<br />

auch für die Wirtschaftskammer<br />

<strong>Baselland</strong> sehr wertvoll.<br />

Es gab spannende Einblicke,<br />

intensive Gespräche, auch einige<br />

Überraschungen sowie eine grosse<br />

Bandbreite an Themen, die über die<br />

geplanten Gesprächsthemen<br />

hinausgingen. Aus dieser Wirtschaftsreise,<br />

die länger als ein Jahr<br />

gedauert hat, ist dann <strong>Baselland</strong><br />

<strong>Business</strong> entstanden. Und die<br />

Themen, die ich aufgenommen<br />

habe, werden nun natürlich weiter<br />

vertieft.<br />

Im Frühjahr haben Sie das erste<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>-Magazin herausgegeben.<br />

Warum ein weiteres<br />

Magazin?<br />

Ja, mit dem «<strong>Business</strong> Report»<br />

haben wir im Frühling dieses Jahres<br />

ein erstes Magazin unter dem Label<br />

«BL <strong>Business</strong>» veröffentlicht. Dies,<br />

weil es bis heute nichts Vergleichbares<br />

im Kanton Basel-Landschaft<br />

gegeben hat oder gibt. Anhand von<br />

interessanten Porträts und Geschichten<br />

über Menschen und<br />

Produkte, mit spannenden Zahlen<br />

und Interviews haben wir die<br />

wirtschaftliche Bedeutung dieser<br />

produzierenden Unternehmen<br />

veranschaulichen können. Das war<br />

sicherlich eine erste und wichtige<br />

Grundlage, um die Vielfalt der<br />

Unternehmen zu zeigen und auch<br />

deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit<br />

zu erhöhen. Wir dürfen<br />

stolz sein auf unseren Wirtschaftsstandort,<br />

sind aber auch gefordert,<br />

diesen weiterzuentwickeln und<br />

Impulse für die Zukunft zu setzen.<br />

Die Klammer für all das ist <strong>Baselland</strong><br />

<strong>Business</strong>.<br />

Wie war die Resonanz auf das<br />

erste Magazin?<br />

Die Rückmeldungen auf unser<br />

erstes Magazin waren sehr positiv<br />

und sie haben unsere Erwartungen<br />

übertroffen. Und zwar nicht nur<br />

von Seite der Unternehmen, auch<br />

die Standortförderung des Kantons<br />

unterstützt <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> und<br />

hat für das Magazin ein Kompliment<br />

ausgesprochen. «Wirtschaft»<br />

ist ein sehr abstrakter Begriff und<br />

unser Versuch, diesen auf rund 100<br />

Seiten darzustellen, mit Kennzahlen,<br />

Geschichten und Hintergründen,<br />

wurde als sehr wertvoll<br />

bezeichnet. Einige Rückmeldungen<br />

sagten auch «endlich» und «Danke».<br />

Denn meines Wissens hat es so<br />

etwas noch nicht gegeben. Nämlich,<br />

dass die Vielfalt und der<br />

Leistungsausweis der Unternehmen<br />

im Kanton so detailliert<br />

präsentiert wurden. Darauf wollen<br />

wir nun aufbauen, denn die Wirtschaft<br />

im Kanton Basel-Landschaft<br />

darf sich durchaus selbstbewusst<br />

zeigen und auch entsprechend<br />

auftreten.<br />

8 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


nimmt immer mehr Raum ein und<br />

gewinnt an Bedeutung: in der<br />

Gesellschaft, in der Wirtschaft, in<br />

der Politik und letztlich auch bei<br />

den Endverbrauchenden. Es ist<br />

zudem ein sehr breit abgestecktes<br />

Themenfeld, wie man in diesem<br />

Magazin nachlesen kann. Denn<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist beispielweise<br />

auch eng verknüpft mit der allgegenwärtigen<br />

Digitalisierung und<br />

dem immer rascheren technologischen<br />

Fortschritt. Deshalb haben<br />

wir es hier mit einem Wandel zu<br />

tun, der auch in dieser Beziehung<br />

sehr spannend ist. <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

ist mit einer der Treiber für wirtschaftliche<br />

Innovation und Entwicklung.<br />

Das wollen wir in diesem<br />

Magazin abbilden und ich hoffe, es<br />

ist uns gelungen. Im kommenden<br />

Frühling wird wieder eine klassische<br />

Ausgabe von «BL <strong>Business</strong>»<br />

erscheinen und im nächsten Herbst<br />

wiederum ein <strong>Special</strong>, dies dann<br />

auch im Hinblick auf den Tag der<br />

Wirtschaft 2023. Wir haben schon<br />

einige Dinge angedacht – man darf<br />

sich überraschen lassen.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist mit einer der Treiber für<br />

wirtschaftliche Innovation und Entwicklung.<br />

Das wollen wir in diesem Magazin abbilden<br />

und ich hoffe, es ist uns gelungen.<br />

Christoph Buser,<br />

Direktor Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong><br />

Nun folgt bereits die zweite<br />

Ausgabe, mit dem Spezialthema<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>. Warum dieses<br />

Thema?<br />

Ganz einfach: Weil es Zeit dafür<br />

ist. Kein Unternehmen kann es sich<br />

auf Dauer leisten, <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

zu ignorieren. In der Vorbereitung<br />

auf dieses <strong>Special</strong> war das Echo<br />

schon sehr positiv, das hat uns<br />

bestätigt, dass wir das Richtige<br />

tun. Das Thema <strong>Nachhaltigkeit</strong> ist<br />

in der Wirtschaft schon lange<br />

präsent, das möchte ich ausdrücklich<br />

festhalten. Klar ist jedoch<br />

auch, dass <strong>Nachhaltigkeit</strong> ein<br />

Thema ist, das die Unternehmen<br />

immer stärker beschäftigt, denn es<br />

Wie engagiert sich die Wirtschaftskammer<br />

in der <strong>Nachhaltigkeit</strong>?<br />

Wenn man unsere Events ansieht,<br />

wird man feststellen, dass auch<br />

hier <strong>Nachhaltigkeit</strong> immer wieder<br />

ein Thema ist, beispielsweise mit<br />

den Eventserien «Energie» und<br />

«Finanzen», die sehr erfolgreich<br />

unterwegs sind. Ein weiterer<br />

Aspekt ist auch unser Engagement<br />

bei der Swiss Innovation Challenge.<br />

Hier können wir Start-ups<br />

unterstützen, die innovative Ideen<br />

entwickeln, die zu einer nachhaltigeren<br />

Wirtschaft beitragen. Wir<br />

haben uns mit dem neuen Standort<br />

in Pratteln sehr bewusst für ein<br />

nachhaltiges Gebäude entschieden.<br />

Und wenn man es im Kleinen<br />

betrachtet, achten wir auch im<br />

Umgang mit unseren Arbeitsmitteln<br />

auf <strong>Nachhaltigkeit</strong>. <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

ist letztlich die Summe<br />

vieler Teile.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 9


Energiezukunft<br />

Welche Wege führen in<br />

die Energiezukunft?<br />

Der Energiemarkt wird sich im<br />

kommenden Vierteljahrhundert<br />

grundlegend verändern.<br />

Fossile Brennstoffe dürften<br />

weitgehend verschwinden,<br />

erneuerbare Energien und<br />

sogenannte Power-to-X-Kraftstoffe<br />

übernehmen den Lead.<br />

Ein Blick in die Energiezukunft.<br />

Daniel Schaub<br />

Im gesamten Energiebedarf der<br />

Schweiz spielen fossile Energieträger<br />

wie Öl und Gas aktuell noch<br />

immer die führende Rolle – nahezu<br />

60 Prozent des Verbrauchs werden<br />

aus diesen Quellen bestritten. Dies<br />

wird sich bis 2050 grundlegend<br />

ändern, wie Energieexperte<br />

Dr. Marc Schürch von den Swiss Life<br />

Asset Managers aufzeigt. Erdöl<br />

dürfte 2050 komplett aus dem<br />

Schweizer Energiemix verschwunden<br />

sein, Gas wird eine kaum mehr<br />

relevante Nebenrolle spielen. Auch<br />

die Nuklearenergie, die heute<br />

7,6 Prozent des gesamten Energiebedarfs<br />

der Schweiz deckt, ist aus dem<br />

Diagramm (vgl. Grafik) verschwunden.<br />

Anstelle der fossilen und<br />

nuklearen Energieträger sind 2050<br />

erneuerbarer Strom, erneuerbare<br />

Wärme und mit über 10 Prozent<br />

auch die Power-to-X-Technologien<br />

(zum Beispiel grüner Wasserstoff)<br />

getreten. Die Nachfrage nach Strom,<br />

die heute nur etwas mehr als einen<br />

Viertel des Energiebedarfs ausmacht,<br />

wird sich auf fast die Hälfte<br />

(44,5 Prozent) verdoppeln.<br />

Welche Richtung ist richtig?<br />

So weit die prognostischen Fakten,<br />

die einen angenehmen Nebeneffekt<br />

haben werden: Die Abhängigkeit<br />

vom Ausland, die heute durch den<br />

Import von Gas und Öl sehr gross<br />

ist, wird sich in mehr Versorgungsautonomie<br />

verwandeln. Bleibt die<br />

Frage, ob die vom Schweizer Stimmvolk<br />

im Mai 2017 über die Annahme<br />

des Energiegesetzes verabschiedete<br />

Energiestrategie 2050 mit dem<br />

kompletten Ausstieg aus der Kernenergie<br />

und dem Netto-null-Ziel an<br />

CO₂-Emissionen bis 2050 in der<br />

verbleibenden Zeit auch angesichts<br />

der nach wie vor bestehenden<br />

Winterstromlücke in der Schweiz<br />

planmässig umsetzbar ist.<br />

Nicht mehr aufzuhalten ist der<br />

Ausstieg aus den fossilen Energien.<br />

Durch die zu erwartende starke<br />

Steigerung der CO₂-Preise in den<br />

nächsten Jahren und Jahrzehnten<br />

wird dieser nicht bloss durch die<br />

Gesetzgebung, sondern auch durch<br />

rein ökonomische Gründe forciert<br />

10 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


werden. Der Umstieg auf elektrifizierte<br />

Mobilität und auf elektrisch<br />

unterstützte Wärmepumpen-Heizsysteme<br />

ist in vollem Gang und ist<br />

heute, was die Betriebs- und Unterhaltskosten<br />

betrifft, finanziell<br />

attraktiver als der Einsatz von rein<br />

fossil betriebenen Fahrzeugen oder<br />

Heizsystemen.<br />

Stark erhöhter<br />

Strombedarf bis 2050<br />

Der Strombedarf wird durch<br />

diesen Umstieg wachsen. In<br />

der Schweizer Energiestrategie<br />

2050 wird von einem<br />

Mehrbedarf von rund 42 Prozent<br />

ausgegangen – von<br />

heute rund 60 Terrawattstunden<br />

(TWh) an jährlichem<br />

Stromverbrauch in der Schweiz<br />

wird dieser auf geschätzte 84 TWh<br />

im Jahr 2050 steigen. Dies ist in<br />

Kombination mit der Verbesserung<br />

der Energieeffizienz – etwa durch<br />

forcierte Verbesserungen im<br />

Gebäudepark oder beim Verbrauch<br />

von Elektrofahrzeugen – die Ausgangslage,<br />

mit der man heute<br />

planen muss.<br />

Wer in Betracht zieht, dass die<br />

Schweizer Kernkraft dannzumal<br />

keinen Beitrag mehr an die Stromproduktion<br />

leisten wird, muss nicht<br />

viel Fantasie haben, um zu erkennen,<br />

dass die Lücke über neue<br />

Energieformen zu decken ist. Selbst<br />

wenn man – wie im Modell des<br />

Bundesamtes für Energie – davon<br />

ausgeht, dass die Wasserkraft um<br />

fast zehn Prozent ausgebaut werden<br />

kann, sind es primär die erneuerbaren<br />

Energien, die einen wesentlichen<br />

Beitrag zur Kompensation der<br />

fehlenden Kraft aus den Atommeilern<br />

zu leisten haben.<br />

Von den zwischen 1969 und 1984<br />

gebauten fünf KKW ist Mühleberg<br />

Ende 2019 als erste Anlage stillgelegt<br />

worden. Die restlichen vier AKW<br />

produzieren seither jährlich rund<br />

22 TWh Strom. Geht man von<br />

maximalen Laufzeiten von 60 Jahren<br />

aus, müssten Beznau I im Jahr 2029,<br />

Beznau II 2031, Gösgen 2039 und<br />

Leibstadt 2044 vom Netz gehen. Ab<br />

2045 würde die Schweiz nach diesem<br />

Plan ohne Kernkraft auskommen<br />

müssen.<br />

Kernkraft der Zukunft?<br />

Doch angesichts der aktuellen<br />

Versorgungsproblematik mehren<br />

sich die Stimmen, die sich für<br />

Technologieoffenheit einsetzen und<br />

offen ein Festhalten an der Kernkraft<br />

fordern. Der Energie Club der<br />

Schweiz etwa fordert diese Offenheit<br />

in seiner aktuellen Initiative<br />

«Blackout stoppen». Und die Einschätzung<br />

vieler Experten, wonach<br />

ein Neubau eines AKW in der<br />

Schweiz neben dem gesetzlichen<br />

Verbot für neue Bewilligungen auch<br />

finanziell und bewilligungstechnisch<br />

kaum realistisch ist, bezieht<br />

sich vornehmlich auf die klassischen<br />

AKW-Bauweisen.<br />

Mittlerweile gibt es jedoch<br />

weltweit Initiativen von neueren<br />

Kernkraftwerken, die effizienter,<br />

sicherer und auch in kürzerer Zeit<br />

betriebsfertig sind. Führend sind<br />

hier der koreanische Anbieter<br />

Kepco, das chinesische Modell CAP<br />

1400 oder auch Bill Gates' Firma<br />

«TerraPower», die im amerikanischen<br />

Kemmerer, einer heruntergekommenen<br />

ehemaligen Kohle-Stadt<br />

im Bundesstaat Wyoming, gemeinsam<br />

mit GE Hitachi Nuclear Energy<br />

einen «kostengünstigen, schnellen<br />

Natriumreaktor mit einem Salzschmelzen-Energiespeichersystem»<br />

errichten will.<br />

Diese Pilotanlage soll bis Ende<br />

dieses Jahrzehnts betriebsbereit<br />

und an das Stromnetz angeschlossen<br />

sein. Die 345-Megawatt-Anlagen<br />

werden mit flüssigem Natrium<br />

gekühlt und jeweils etwa eine<br />

Milliarde Dollar kosten. Die<br />

Besonderheit: Der Neutronenreaktor<br />

wird nicht mit Wasser,<br />

sondern mit Natrium gekühlt.<br />

Verbunden damit ist die Idee,<br />

mit Laufwellen- und Flüssigsalzreaktoren<br />

Atomabfälle quasi<br />

rezyklieren zu können. Laut<br />

Angaben von TerraPower steckt in<br />

den weltweit vergrabenen Atommüllmengen<br />

noch genügend<br />

Energie, um den grössten Teil der<br />

Menschheit ein Jahrtausend lang<br />

mit Strom zu versorgen.<br />

Grossangelegte Fachstudie<br />

Wohin auch immer die Reise in die<br />

Energiezukunft gehen wird, damit<br />

befassen sich derzeit zahlreiche<br />

Experten in der Schweiz. Der<br />

Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen<br />

(VSE) arbeitet<br />

derzeit an der umfassenden Studie<br />

«Energiezukunft 2050 – Wege in die<br />

Energie- und Klimazukunft», die<br />

Ende dieses Jahres präsentiert<br />

werden soll. Mit diesem Branchenprojekt<br />

simuliert der VSE das<br />

Gesamtenergiesystem der Schweiz<br />

bis ins Jahr 2050. Basis ist eine<br />

umfassende, gebäude- und stundenscharfe<br />

Modellierung von 1,8 Millionen<br />

Gebäuden durch die Eidgenössische<br />

Materialprüfungs- und<br />

Forschungsanstalt (Empa). Basierend<br />

darauf sollen realistische<br />

Wege in die Energiezukunft skizziert<br />

werden, zum Beispiel ein<br />

substanzieller Ausbau von Photovoltaik<br />

oder eine stärkere Nutzung<br />

von Importstrom aus dem<br />

EU-Raum.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 11


Energieträger<br />

Wasserstoff – das<br />

neue Zauberwort?<br />

FOTO AIRBUS<br />

12 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Der fossile Verbrennungsmotor<br />

ist ein Auslaufmodell. Bei<br />

Personenwagen scheint sich<br />

das Elektroauto durchzusetzen.<br />

Anders sieht es in der<br />

Schifffahrt, der Luftfahrt und<br />

bei den Schwertransporten<br />

aus. Hier ist es noch offen, in<br />

welche Richtung es künftig<br />

gehen wird. Sicher ist: Grüner<br />

Wasserstoff wird zu einem<br />

zentralen Energieträger für die<br />

Mobilität und für den Energiemix<br />

– darin sind sich viele Fachleute<br />

einig. Wir stehen am<br />

Anfang einer neuen Ära – aber<br />

wie sieht diese aus?<br />

Patrick Herr<br />

Als Vorreiter und Vorbild in Sachen<br />

Wasserstoff gilt Japan, das zurzeit<br />

fast vollständig von Energieimporten<br />

abhängig ist. Nach der Katastrophe<br />

von Fukushima hat man 2017<br />

als erstes Land der Welt eine<br />

Wasserstoffstrategie entwickelt. Ein<br />

wichtiger Standort für diese Strategie<br />

ist die Hafenstadt Kobe. Hier<br />

wird bereits heute mit Wasserstoff<br />

Wärme und Strom für das Krankenhaus,<br />

das Sportzentrum und die<br />

Züge erzeugt. Und selbst Gabelstap-<br />

ler von Toyota fahren mit Wasserstoff.<br />

Bis 2030 will Japan eine<br />

Lieferkette für Wasserstoff aufbauen,<br />

um jährlich 300.000 Tonnen des<br />

Energieträgers für den lokalen<br />

Bedarf bereitstellen zu können. Es<br />

sind erste Schritte in Richtung der<br />

sogenannten Wasserstoffgesellschaft,<br />

die Japan anstrebt und<br />

konsequent vorantreibt.<br />

Wasserstoff ist auch ein Zauberwort<br />

für die Mobilität. Nicht bei den<br />

Personenwagen – hier scheint<br />

zurzeit das Rennen zugunsten der<br />

Elektroautos gelaufen zu sein. Aber<br />

ein Containerschiff, ein Passagierflugzeug<br />

oder ein Lastwagen – das<br />

sind ganz andere Herausforderungen,<br />

mit denen man sich zurzeit<br />

weltweit in allen betroffenen<br />

Branchen intensiv auseinandersetzt.<br />

«Hier punkten flüssige<br />

Kraftstoffe mit ihrer sehr hohen<br />

Energiedichte – schliesslich zählt<br />

vor allem im Flugverkehr jedes<br />

Gramm und es sind hohe Leistungen<br />

bei langer Betriebsdauer<br />

gefragt», schreibt das renommierte<br />

deutsche Fraunhofer Institut.<br />

Zum Beispiel bei Airbus, dem<br />

weltgrössten Flugzeughersteller.<br />

Dieser will bis 2035 ein Wasserstoff-<br />

Flugzeug auf den Markt bringen.<br />

Mit dem Triebwerksbauer CFM hat<br />

man dieses Jahr einen Partner<br />

gefunden, mit dem bis<br />

circa 2025 ein erstes Triebwerk<br />

entwickelt wird, das mit Wasserstoff<br />

läuft. Dieses Triebwerk soll dann in<br />

ein A-380- Grossraumflugzeug<br />

eingebaut werden, das dann am<br />

Boden sowie in der Luft erprobt<br />

wird.<br />

Airbus ist damit nicht alleine.<br />

Das deutsche Zentrum für Luft- und<br />

Raumfahrt (DLR) forscht gemeinsam<br />

mit Lufthansa Technik, dem<br />

Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung<br />

(ZAL) und Hamburg<br />

Airport an Wartungs- und Bodenprozessen<br />

zukünftiger wasserstoffbetriebener<br />

Flugzeuge. Gemeinsam<br />

will man als «Hydrogen Aviation<br />

Lab» einen ausgemusterten Airbus<br />

A-320 umbauen und als Reallabor<br />

nutzen. Er wird nicht mehr fliegen,<br />

kann aber für die realitätsnahe<br />

Untersuchung von Bodenprozessen<br />

an verschiedenste Standorte der<br />

Lufthansa-Technikbasis und des<br />

Flughafens geschleppt werden. Hier<br />

müssen Abläufe getestet werden,<br />

denn die Luftfahrt ist ein sehr<br />

komplexes und fein getaktetes<br />

Netzwerk.<br />

Diese beiden Beispiele stehen<br />

stellvertretend für viele andere<br />

Projekte und Studien, die in den<br />

kommenden 15 bis 20 Jahren zu<br />

einer emissionsfreien Luftfahrt<br />

führen sollen.<br />

Wasserstoff-Trucks von Hyundai haben in der Schweiz mehr als 5 Millionen Kilometer zurückgelegt.<br />

FOTO AVIA<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 13


Ein ähnliches Bild findet man in der<br />

Schifffahrt, ein vergleichbarer<br />

Klimasünder wie die Luftfahrt.<br />

Auch der Schiffsverkehr – ob Cargo<br />

oder Passagierschiff – ist wie die<br />

Luftfahrt so fein wie stark vernetzt.<br />

Und auch hier arbeitet man intensiv<br />

an klimafreundlichen Antrieben,<br />

wobei grüner Wasserstoff eine der<br />

Möglichkeiten ist, die Binnen- und<br />

Seeschifffahrt (und die Industrie) zu<br />

dekarbonisieren.<br />

Die niederländische Reederei<br />

Future Proof Shipping (FPS) baut<br />

zurzeit die FPS Maas vom Dieselzum<br />

Wasserstoff-Containerschiff<br />

um. Nach dem Umbau soll das Schiff<br />

zwischen Rotterdam und Antwerpen<br />

verkehren. Die FPS will eine<br />

Flotte von insgesamt zehn emissionsfreien<br />

Binnen- und Kurzstrecken-Seeschiffen<br />

aufbauen und<br />

betreiben. Andere Projekte sind<br />

hybrid, wie das Berliner Schubschiff,<br />

das für kurze Distanz mit<br />

Akku fährt und für lange Distanzen<br />

mit Wasserstoff. Die Silversea<br />

Cruises wollen 2023 die Silver Nova<br />

zu Wasser bringen. Dieses Kreuzfahrtschiff<br />

wird Flüssigerdgas als<br />

Energieträger nutzen, das wiederum<br />

für die Brennstoffzellen in Wasserstoff<br />

umgewandelt wird.<br />

Insgesamt sind in dieser Branche<br />

die Zweifel der Fachleute grösser, ob<br />

Wasserstoff alleine die Probleme lösen<br />

und die Schifffahrt klimaneutral<br />

machen kann. Von der Fähre bis zum<br />

Kreuzfahrtschiff sind die Bedürfnisse<br />

und Anforderungen sehr unterschiedlich<br />

– entsprechend gross ist die<br />

Bandbreite der Forschungsprojekte.<br />

Blicken wir in die Schweiz und in<br />

den Kanton Basel-Landschaft. Auch<br />

hier ist Wasserstoff ein Thema. Diese<br />

Region ist liegt an einer der europäischen<br />

Hauptverkehrsachsen, verfügt<br />

über einen Flughafen und einen<br />

Schiffshafen – das Ganze im Dreiländereck.<br />

Wenn man also nur schon<br />

die Mobilität von morgen betrachtet,<br />

muss Wasserstoff ein Thema sein.<br />

Das ist auch so. Die IWB und die<br />

Fritz Meyer AG haben jüngst eine<br />

Pilotanlage für grünen Wasserstoff<br />

beim Kraftwerk Birsfelden geplant.<br />

Die Baurekurskommission des<br />

Kantons hat jedoch Nein zu diesem<br />

Projekt gesagt. Bei einer Schwesteranlage<br />

beim Kraftwerk Augst steht<br />

ein Entscheid der Behörden noch<br />

aus, schreibt die <strong>Baselland</strong>schaftliche<br />

Zeitung. Sie geht jedoch davon<br />

aus, dass dieser ebenfalls negativ<br />

ausfallen dürfte. Konkreter sind die<br />

FOTO SHUTTERSTOCK<br />

14 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Pläne bei den Schweizerischen<br />

Rheinhäfen: IWB und AVIA, die<br />

Dachorganisation der Fritz Meyer<br />

AG, arbeiten zusammen mit weiteren<br />

Partnern am H2-Hub Schweiz.<br />

IWB und Fritz Meyer AG sehen<br />

jedoch gerade in der Region Basel<br />

enormes Potenzial in der Anwendung<br />

von grünem Wasserstoff. «Er<br />

kann künftig einen grossen Beitrag<br />

zur Dekarbonisierung leisten»,<br />

heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung<br />

der beiden Unternehmen.<br />

«Zur Gewinnung von Erfahrungen<br />

bei der Anwendung braucht es<br />

jedoch zeitnah Wasserstoff aus<br />

Pilotanlagen.» Grüner Wasserstoff<br />

wird dereinst zum wichtigen<br />

Standortfaktor, ist man überzeugt.<br />

Die Schweiz ist auch ein Experimentierfeld<br />

für Wasserstoff. Die<br />

weltweit erste Flotte der in Serie<br />

hergestellten schweren Wasserstoff-<br />

Nutzfahrzeuge Hyundai XCIENT<br />

Fuel Cell hat hier in nur zwei Jahren<br />

bereits fünf Millionen Kilometer<br />

zurückgelegt. Im Jahr 2020 hat das<br />

Unternehmen 47 Einheiten der<br />

wasserstoffbetriebenen, emissionsfreien<br />

Nutzfahrzeuge an 23 Schweizer<br />

Unternehmen übergeben, die sie<br />

seither für Logistik, Vertrieb und<br />

Supermarktauslieferung einsetzen.<br />

Dies als Teil eines Parterschaftsprojektes<br />

mit H2Energy. Bis 2025 sollen<br />

es 1600 Fahrzeuge sein, schreibt der<br />

Tankstellenbetreiber Avia in einer<br />

Medienmitteilung. Aus diesem<br />

Grund werden auch immer mehr<br />

Wasserstoff-Tankstellen in Betrieb<br />

genommen. Im März eröffnete in<br />

Frenkendorf die erste im Kanton, im<br />

kommenden Jahr folgt die zweite in<br />

Pratteln.<br />

Klar ist: Ob Schiff, Flugzeug,<br />

Lastwagen oder Gabelstapler, der<br />

Erfolg jeden neuen Antriebes steht<br />

und fällt mit den Tankmöglichkeiten<br />

und Tankzeiten. Denn die<br />

Fahr- und Flugpläne sind in all<br />

diesen Bereichen sehr eng getaktet<br />

– und der Laden muss laufen.<br />

Es braucht in der Pionierzeit, in<br />

der wir uns derzeit befinden, noch<br />

viele Investitionen in Antrieb,<br />

Infrastruktur, Lieferketten und<br />

Forschung, bis wir die jeweils<br />

idealen Lösungen für die Dekarbonisierung<br />

gefunden haben. Es<br />

braucht auch Menschen und<br />

Unternehmen, welche diese energetische<br />

Zeitenwende weiter<br />

vorantreiben. Und dabei ist aus<br />

heutiger Sicht grüner (!) Wasserstoff<br />

ein zentrales Element dieser<br />

neuen Ära.<br />

Bis 2035 will Airbus ein Wasserstoff-Flugzeug entwickelt haben.<br />

FOTO AIRBUS<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 15


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Garage Erich Hänggi<br />

Birseck Garage<br />

Arlesheim<br />

Basel<br />

Ormalingen<br />

Itingen<br />

Nunningen<br />

Reinach


Auf dem Dach der Felix Transport AG in Arlesheim sind 1755 Quadratmeter Solarpanels installiert.<br />

BILD: PRIMEO ENERGIE<br />

Photovoltaik<br />

Mit den wärmsten<br />

Empfehlungen<br />

Strom aus Eigenproduktion,<br />

das ist für immer mehr Unternehmen<br />

ein grosses Thema.<br />

Die Felix Transport AG in Arlesheim<br />

betreibt seit diesem<br />

Frühling eine Solaranlage auf<br />

dem Dach und versorgt damit<br />

sich und ihre Mieterschaft.<br />

Patrick Herr<br />

Die Idee entstand Ende 2020, und sie<br />

war weitsichtig. In der Geschäftsleitung<br />

der Felix Transport AG in<br />

Arlesheim diskutierte man die<br />

Realisierung einer Photovoltaikanlage.<br />

Geschäftsführer Fabian Felix:<br />

«Dies, um möglichen zukünftigen<br />

Stromlücken vorzubeugen und vor<br />

allem, um die Grundlage für den<br />

Einsatz von Elektro-LKWs in<br />

unserem Tagesbetrieb zu schaffen.»<br />

Gesagt, getan. Im März dieses Jahres<br />

konnte das Unternehmen mitteilen,<br />

dass mit einer Jahresproduktion von<br />

376'000 Kilowattstunden (KWh)<br />

gegen 60 Prozent des gesamten<br />

jährlichen Strombedarfs des<br />

Gesamtareals mit eigener Solarenergie<br />

gedeckt werden können.<br />

1008 Panels auf dem Dach<br />

Die 1008 Solarpanels, die auf dem<br />

Dach in Arlesheim angebracht<br />

wurden, bilden einen sogenannten<br />

ZEV, einen «Zusammenschluss zum<br />

Eigenverbrauch». Bei einem ZEV<br />

schliessen sich – der Name ist<br />

Programm – verschiedene Parteien<br />

zusammen und nutzen den selber<br />

produzierten Solarstrom. Bei<br />

unserem Beispiel sieht das so aus:<br />

Eigentümerin des Daches ist die<br />

Felix Immobilien AG. Somit besteht<br />

ein ZEV zwischen dieser Gesellschaft<br />

und der Primeo Energie AG.<br />

Fabian Felix: «Spannender aber ist<br />

der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch<br />

von Solarstrom zwischen<br />

der Felix Immo, der Mieterin Felix<br />

Transport AG und der Untermieterin<br />

Weleda AG.» Denn darum geht<br />

es letztlich – dass mehrere Parteien<br />

sich zusammentun und gemeinsam<br />

profitieren.<br />

Von der Idee bis zur Realisierung<br />

galt es jedoch, gut zu planen. Fabian<br />

Felix beschreibt, wie man seitens<br />

des Unternehmens vorgegangen ist:<br />

«Wir haben grundsätzlich mal<br />

Ausschau nach Partnern für die<br />

Realisierung gehalten. Dabei haben<br />

wir unseren bereits bestehenden<br />

Stromanbieter Primeo um Hilfe<br />

gebeten und sofort eine für uns<br />

passende Lösung präsentiert<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 17


Wie wird ein ZEV gebildet?<br />

Für die Gründung eines ZEV gibt es<br />

folgende Voraussetzungen: Die selbst<br />

erzeugte Energie muss mindestens zehn<br />

Prozent der vor Ort benötigten Energie<br />

(der Anschlussleistung) betragen.<br />

Zusammenschliessen können sich mehrere<br />

Grundeigentümer in unmittelbarer<br />

Nähe der Energie produzierenden Anlage.<br />

Oder die Eigentümer geben die<br />

Energie an die Mieterinnen und Mieter<br />

vor Ort weiter. Diese haben jedoch die<br />

freie Wahl: Sie können dem Zusammenschluss<br />

zum Eigenverbrauch beitreten<br />

oder sich weiterhin durch einen Netzbetreiber<br />

versorgen lassen. Zu einem<br />

späteren Zeitpunkt kann die Mietpartei<br />

nur dann aus der Eigenversorgung<br />

aussteigen, wenn der Eigentümer seiner<br />

Grundversorgungspflicht nicht<br />

zufriedenstellend nachgekommen ist.<br />

Dies gilt übrigens auch bei einem<br />

Mieterwechsel.<br />

erhalten. Da wir bemerkt haben,<br />

dass Primeo ein grosses Know-how<br />

in dem Bereich hat und ebenfalls<br />

zukunftsgerichtet denkt, haben wir<br />

uns für den Ausbau unserer Partnerschaft<br />

entschieden. Wir sind mit<br />

Primeo Energie ein Contracting<br />

eingegangen. Sprich: Wir vermieten<br />

das Dach langfristig an Primeo, um<br />

die Anlage zu betreiben. Im Gegenzug<br />

hat Primeo die ganze Investition<br />

für die Solaranlage getätigt und<br />

unterhält diese während der vereinbarten<br />

Laufzeit. Wir sind aber<br />

weiterhin auf Netzstrom angewiesen,<br />

da wir keinen Stromspeicher<br />

für Solarstrom haben.»<br />

Contracting mit Primeo<br />

Der Aufwand für das Unternehmen<br />

hielt sich in Grenzen. Dank dem<br />

Contracting habe man ausser dem<br />

Zeitaufwand praktisch keine<br />

Investitionen tätigen müssen und<br />

konnte sich so auf das Kerngeschäft<br />

konzentrieren. Primeo hat auch in<br />

den Bau von Elektroladestationen<br />

für Autos im betriebseigenen<br />

Parkhaus sowie in eine Schnellladestation<br />

für Autos und LKWs auf dem<br />

Firmenareal investiert, wie Fabian<br />

Felix ausführt. Das Angebot werde<br />

von den Mitarbeitenden sowie den<br />

Mietparteien sehr geschätzt.<br />

Auf Seiten von Primeo Energie<br />

war Robert Bösiger (Verkauf ZEV &<br />

Arealnetze) für das Projekt und die<br />

Zusammenarbeit mit Felix Transport<br />

zuständig: «Wir betreiben das<br />

ZEV-Arealnetz und rechnen sowohl<br />

den Solar- als auch den Netzstrom<br />

an alle Nutzenden ab. Die KMU-<br />

Kunden haben dabei zwei Stromtarife<br />

– einen Solartarif, der maximal<br />

80 Prozent des Grundversorgungstarifs<br />

oder des Marktpreises beträgt,<br />

plus den Stromtarif für den Bezug<br />

aus dem öffentlichen Netz. Gleichzeitig<br />

werden via App und online<br />

Solarproduktion, Verbräuche und<br />

Eigenverbrauchsanteil in Echtzeit<br />

visualisiert.» Viele Unternehmen<br />

übernehmen solche Messdaten und<br />

zeigen ihre Solarproduktion auf<br />

ihrer Website oder via Bildschirm<br />

am Empfang, wie Robert Bösiger<br />

erklärt, was auch einen PR-Effekt<br />

hat: Tue Gutes und sprich darüber.<br />

Die Vorteile einer solchen Anlage<br />

liegen auf der Hand. Robert Bösiger<br />

fasst es so zusammen: «Die ZEV-<br />

Teilnehmer erhalten günstigen<br />

Solarstrom, ohne selbst in eine PVA<br />

investieren zu müssen. Je höher der<br />

Eigenverbrauch an Solarstrom ist,<br />

desto günstiger der ZEV-Strompreis.<br />

Zudem handelt es sich beim Solarstrom<br />

um 100-prozentigen Grünstrom<br />

erster Güte.»<br />

Steigende Nachfrage<br />

Die Nachfrage nach solchen Lösungen<br />

steigt, heisst es seitens Primeo,<br />

und zwar steigt sie exponentiell.<br />

Will sagen: Die Kurve zeigt steil<br />

nach oben. Aber wie lange dauert es<br />

vom Entscheid bis zur Inbetriebnahme?<br />

Robert Bösiger: «Angesichts<br />

steigender Strompreise, höherer<br />

Netzkosten und, ganz aktuell, der<br />

Diskussion um Stromknappheit,<br />

haben sich die Entscheidungsfristen<br />

der Unternehmen merklich verkürzt,<br />

weil letztlich alle gewinnen –<br />

die Investoren, die ZEV-Teilnehmenden<br />

und die Umwelt. Was uns<br />

momentan mehr zu schaffen macht,<br />

ist die Verfügbarkeit der Komponenten.<br />

Wer sich heute für eine Eigenverbrauchsoptimierung<br />

oder einen<br />

ZEV entscheidet, muss Wartezeiten<br />

bei Projektierung und Verfügbarkeit<br />

der Photovoltaikanlage und der<br />

Steuerungselemente in Kauf nehmen.»<br />

Die Anlage bei Felix Transport in<br />

Arlesheim läuft bereits – und man<br />

ist mit ihr sehr zufrieden, wie<br />

Fabian Felix erzählt: «Wir haben<br />

sicherlich zum richtigen Zeitpunkt<br />

den Entscheid für den Bau der Solaranlage<br />

getroffen. Kunden und<br />

Partnerfirmen fragen uns auch<br />

immer wieder zu Details der<br />

Umsetzung und nach Tipps. Das<br />

zeigt, dass das Strom- und Solarthema<br />

allen Unternehmern unter den<br />

Nägeln brennt.»<br />

Mehr Unabhängigkeit<br />

Der Geschäftsführer spricht wohl<br />

stellvertretend für alle Beteiligten,<br />

wenn er sagt, er würde den Bau<br />

einer Solaranlage wärmstens<br />

empfehlen. Nicht nur, weil der<br />

Schutz der Umwelt bei Felix Transport<br />

schon seit jeher fest im Unter-<br />

18 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Die Anlage in Arlesheim produziert 376 000 Kilowattstunden Strom. Damit können gegen 60 Prozent des gesamten jährlichen Strombedarfs<br />

des Gesamtareals mit eigener Solarenergie gedeckt werden. BILD: FELIX TRANSPORT AG<br />

nehmensleitbild verankert ist und<br />

in den letzten Jahren zusätzlich an<br />

Wichtigkeit gewonnen habe.<br />

Sondern auch, weil es «meines<br />

Erachtens gerade für grössere<br />

Strombezüger Sinn macht, eine<br />

Solaranlage zu errichten», wie<br />

Fabian Felix ausführt. «So muss der<br />

kostenintensive Netzausbau nicht<br />

in gleichem Masse vorangetrieben<br />

werden und man wird ein Stück<br />

weit unabhängiger.» Und zu den<br />

praktischen und pekuniären<br />

Argumenten kommt auch ein<br />

emotionales Argument. «Es macht<br />

Freude, wenn man weiss, dass man<br />

einen Grossteil des benutzten<br />

Stroms selber auf dem Dach<br />

produziert hat.»<br />

www.primeo-energie.ch<br />

Funktioniert ein ZEV auch über<br />

mehrere Grundstücke?<br />

Auf jeden Fall! Ausschlaggebend ist<br />

lediglich, dass die selbst produzierte<br />

Energie vor Ort genutzt wird und das<br />

Netz des Verteilnetzbetreibers nicht<br />

dazwischengeschaltet ist. Die Angabe<br />

«vor Ort» ist dabei klar definiert als<br />

• zusammenhängende Grundstücke, von<br />

denen mindestens eines an das Grundstück<br />

grenzt, auf dem die Produktionsanlage<br />

steht<br />

• Grundstücke, die nur durch eine<br />

Strasse, ein Eisenbahntrasse oder ein<br />

Fliessgewässer voneinander getrennt<br />

sind – wenn die jeweiligen Grundeigentümerinnen<br />

oder -eigentümer zustimmten.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 19


BILD: TESLA<br />

E-Mobilität<br />

Das Auto wird<br />

nachhaltiger und<br />

völlig neu gedacht<br />

Die Zukunft des Autos ist<br />

elektrisch. Und das ist nicht die<br />

einzige Veränderung, welche<br />

die E-Mobilität mit sich bringt.<br />

Die Fahrzeuge von heute und<br />

morgen können mehr, als nur<br />

von A nach B fahren.<br />

Patrick Herr<br />

Wer ist der grösste E-Autohersteller<br />

der Welt? Nein, es ist kein deutscher<br />

Hersteller. Und nochmals Nein – es<br />

ist auch nicht mehr Tesla. Seit<br />

diesem Jahr ist BYD die Nummer<br />

eins der E-Autohersteller. Sie<br />

werden fragen: B-Y-was ist das?<br />

Nun, BYD ist ein chinesischer<br />

Mischkonzern, der 1995 gegründet<br />

wurde und heute zu den grössten<br />

und renommiertesten Batterieherstellern<br />

zählt. Seit 2003 stellt das<br />

Unternehmen auch Autos her und<br />

kommt nun auch auf den europäischen<br />

Markt.<br />

Ein Batterieunternehmen, das<br />

Autos herstellt? Echt jetzt? Wir<br />

stellen fest: Unsere Welt ist nun<br />

mal im Wandel und viele Dinge<br />

werden grundlegend anders, als<br />

wir es gewohnt sind. Das ist ja<br />

nicht neu. 2007 beispielsweise<br />

präsentierte ein Computerhersteller<br />

ein neuartiges Mobiltelefon.<br />

Das iPhone hat innert kürzester<br />

Zeit die Telekommunikationsbranche<br />

(und viele andere) auf den Kopf<br />

gestellt und revolutioniert.<br />

Abschied vom Auspuff<br />

Beim Auto ist das ähnlich, es gilt,<br />

Abschied zu nehmen vom Auspuff-<br />

Brumm von gestern. Alles, was<br />

Software sein kann, wird Software<br />

werden, hat mal einer gesagt. Jetzt<br />

ist das Auto dran. Ein E-Auto ist<br />

nichts anderes als eine Batterie auf<br />

Rädern, die von Software betrieben<br />

wird und sehr, sehr viel mehr kann,<br />

als emissionsfrei von A nach B zu<br />

fahren. So wie das Smartphone ein<br />

digitales Sackmesser ist.<br />

Die Zukunft der Automobilität<br />

ist auf jeden Fall elektrisch. Und<br />

dass E-Autos nachhaltiger sind als<br />

Verbrenner, ist unbestritten. Ob es<br />

parallel dazu auch Wasserstoff oder<br />

E-Fuel an die Tankstellen schaffen,<br />

ist derzeit ein grosses Fragezeichen.<br />

Auch wenn der Ablöseprozess des<br />

Verbrenners noch einige Zeit in<br />

Anspruch nehmen und anspruchsvoll<br />

sein wird: Am Elektroauto<br />

führt kein Weg vorbei. Denn China<br />

– der weltgrösste Automarkt – setzt<br />

auf Elektromobilität und auch in<br />

20 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Europa gilt der Stromer als Auto der<br />

Zukunft.<br />

Strom: Gibt es genug<br />

Vor dem Hintergrund der aktuellen<br />

Energiekrise werden immer wieder<br />

Stimmen laut, die behaupten, dass<br />

man gar nicht genug Strom habe, um<br />

aus allen Verbrennern E-Autos zu<br />

machen. «Stimmt nicht», sagen die<br />

Fachleute im In- und Ausland<br />

übereinstimmend. Zurzeit gibt es in<br />

der Schweiz rund 100 000 Elektrofahrzeuge,<br />

deren Anteil am schweizerischen<br />

Stromverbrauch ist gerade<br />

mal 0,4 Prozent. Aber wie sieht es<br />

aus, wenn alle 4,6 Millionen Fahrzeuge<br />

elektrisch fahren? Natürlich wird<br />

man dann wesentlich mehr Strom<br />

benötigen (geschätzt zwischen 10<br />

und 15 TWh – ein Plus von rund 20<br />

Prozent). Aber zugleich wird die<br />

Effizienz der E-Fahrzeuge laufend<br />

besser werden und die Anzahl<br />

Photovoltaik-Anlagen markant<br />

zunehmen – man tankt bestenfalls<br />

daheim den selber produzierten<br />

Strom. Schlussendlich wird mit<br />

jedem Elektroauto weniger Benzin<br />

oder Diesel benötigt. Herstellung und<br />

Vertrieb der E-Autos verbrauchen<br />

auch eine Menge Strom, die eingespart<br />

werden kann. Summa summarum<br />

sind sich die Fachleute einig: Es<br />

wird genug Strom geben und auch<br />

das Stromnetz wird diesen erhöhten<br />

Anforderungen gerecht werden.<br />

Apropos Stromnetz. Das E-Auto<br />

wird nicht nur Menschen von A<br />

nach B fahren, sondern auch als<br />

Stromspeicher im privaten<br />

Stromnetz dienen. Eben – eine<br />

Batterie auf Rädern. Das<br />

Zauberwort heisst<br />

bidirektionales Laden.<br />

Anders als bisher geht<br />

der Stromfluss in<br />

beide Richtungen.<br />

Also beispielsweise<br />

von der Photovoltaikanlage<br />

zum Auto<br />

und neu auch<br />

zurück in das<br />

private oder geschäftliche<br />

Stromnetz. Wenn das<br />

Auto parkiert ist, kann also dank<br />

dem intelligenten Lademanager mit<br />

dem Strom aus der Autobatterie<br />

gekocht oder der Computer versorgt<br />

werden. Da die meisten Menschen<br />

täglich gerade mal 50 Kilometer<br />

fahren, ergibt das kein Reichweitenproblem.<br />

Apropos Strommangellage:<br />

Eine moderne E-Auto-Batterie<br />

versorgt einen durchschnittlichen<br />

Schweizer Haushalt rund eine<br />

Woche lang mit Strom. Aber Obacht<br />

es gibt noch nicht viele Autos, die<br />

bidirektionales Laden können. Man<br />

hat in der Branche jedoch erkannt,<br />

dass dies künftig ein Standard sein<br />

muss. Mit dieser Funktion trägt das<br />

E-Auto in Verbindung mit einer<br />

Photovoltaikanlage übrigens auch<br />

zur Stabilität des Stromnetzes bei.<br />

Autobatterien für das<br />

Fussballstadion<br />

Genau hier passt das Stadion von<br />

Ajax Amsterdam als Musterbeispiel<br />

für Batterie-Recycling ganz gut<br />

hinein. Die «Johan Cruijff Arena»<br />

verfügt nämlich seit 2018 über das<br />

grösste Energiespeichersystem für<br />

gewerbliche Gebäude in Europa.<br />

Dieses besteht aus 590 Nissan-Leaf-<br />

E-Auto-Batterien. 250 dieser Akkus<br />

sind gebraucht und haben ihren<br />

Lebenszyklus im E-Auto hinter sich,<br />

können aber sehr gut weitere 10 bis<br />

15 Jahre als Speicher genutzt<br />

werden. 340 Akkus sind fabrikneu.<br />

Gespiesen wird dieser Speicher<br />

übrigens mit Sonnenenergie.<br />

Wenn Vor- und Nachteile der<br />

E-Mobilität abgewogen werden,<br />

hört man immer wieder: Um in der<br />

Region herumzufahren, ist das<br />

okay. Aber für längere Fahrten ist<br />

das Elektroauto ungeeignet, weil es<br />

zu wenige Ladestationen gibt. Der<br />

Stand heute: Ein klares Jein. Der<br />

Stand morgen: Strom tanken sollte<br />

kein Problem mehr darstellen.<br />

In der Schweiz mit ihren mehr als<br />

70 000 Elektrofahrzeugen ist die<br />

Situation sehr gut. Die Anzahl der<br />

öffentlich zugänglichen Ladestationen<br />

für elektrisch betriebene Autos<br />

ist in den vergangenen Jahren stetig<br />

gestiegen, wie das Statistikportal<br />

Statista schreibt. Im Jahr 2021<br />

standen hierzulande insgesamt 8142<br />

Ladestationen für rund 70 200<br />

Elektrofahrzeuge zur Verfügung. Im<br />

europäischen Ranking der Schnellladestationen<br />

pro 100 Kilometer<br />

Autobahn landete die Schweiz<br />

2021 auf Platz drei. Demnach sind in<br />

der Schweiz rund 130 Schnellladestationen<br />

pro 100 Kilometer<br />

Schnellstrasse verfügbar. Das<br />

dichteste Ladenetz gibt es übrigens<br />

in Norwegen. Die Ölnation ist ja in<br />

verschiedenen Bereichen Vorreiter<br />

BILD: VOLKSWAGEN AG<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 21


und bezeichnet sich selber als<br />

«Welthauptstadt der Elektroautos».<br />

Der Rest Europas mag in Sachen<br />

Ladestationen auf den ersten Blick<br />

ebenfalls gut unterwegs sein: Ende<br />

2021 wurden in der EU 330 000<br />

Ladestationen gezählt.<br />

Diese Gesamtzahl ist<br />

jedoch sehr ungleich<br />

verteilt. Laut<br />

einer Analyse<br />

des<br />

Verbands<br />

der<br />

Europäischen Automobilhersteller<br />

(ACEA) verteilt sich die Hälfte aller<br />

Ladepunkte für Elektroautos in der<br />

Europäischen Union auf gerade<br />

einmal zwei Länder: die Niederlande<br />

mit 90 000 Ladepunkten und<br />

<strong>Deutsch</strong>land mit 60 000. Auf der<br />

Sonneninsel Zypern hingegen<br />

gibt es gerade mal 57 Ladestationen.<br />

Dazwischen …<br />

sollten Sie Ihre Reise gut<br />

planen.<br />

Die Geschichte<br />

von Porsche beginnt<br />

elektrisch<br />

Ferdinand Porsche, später Gründer des gleichnamigen Unternehmens,<br />

ist schon als Jugendlicher von der Elektrizität<br />

fasziniert. Bereits 1893 installiert der gerade 18-Jährige eine<br />

elektrische Lichtanlage im Elternhaus. Im gleichen Jahr tritt<br />

Porsche in die Vereinigte Elektrizitäts-AG Béla Egger in Wien<br />

ein. Dort steigt er in vier Jahren vom Mechaniker zum Leiter<br />

der Prüfabteilung auf. Auch die ersten von ihm konstruierten<br />

Fahrzeuge fahren mit Elektroantrieb – die Geschichte von<br />

Porsche beginnt also elektrisch.<br />

1898 konstruiert Ferdinand Porsche den Egger-Lohner C.2<br />

Phaeton. Das Fahrzeug wird von einem achteckigen Elektromotor<br />

angetrieben, mit drei bis fünf PS erreicht es eine<br />

Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. 1899 wechselt Porsche<br />

zum Wiener Kutschenfabrikanten k.u.k. Hofwagenfabrik<br />

Ludwig Lohner & Co.<br />

Dort entwickelt er den elektrischen Radnabenmotor. 1900<br />

erfolgt die Präsentation des ersten Lohner-Porsche-Elektromobils<br />

mit dieser Neuerung auf der Weltausstellung in Paris.<br />

Mit 2 mal 2,5 PS erreicht es 37 km/h Spitze. Lohners Grund für<br />

ein Fahrzeug mit Elektromotor klingt heute so aktuell wie<br />

damals, vor allem bezogen auf die Ära der Massenmotorisierung:<br />

Die Luft werde von den «in grosser Anzahl auftretenden<br />

Benzinmotoren erbarmungslos verdorben». BILD UND TEXT: PORSCHE<br />

Alle 60 Kilometer eine<br />

Ladestation<br />

Das Gefälle ist also gross, es gibt für<br />

die Langstrecke ausserhalb der<br />

Schweiz noch viel zu tun. Was<br />

nützen mir 800 Kilometer Reichweite,<br />

wenn es am Zielort keine Ladestation<br />

hat? In der EU hat man das<br />

erkannt. Ende Oktober hat das<br />

Europaparlament beschlossen, dass<br />

es entlang der Hauptverkehrsstrassen<br />

der EU bis 2026 alle 60 Kilometer<br />

mindestens eine Ladestation<br />

für Elektroautos geben soll. Alternative<br />

Tankstellen sollten für alle<br />

Fahrzeugmarken zugänglich und<br />

die Bezahlung sollte einfach und<br />

per Kreditkarte möglich sein. Es<br />

wird nun von den Mitgliedstaaten<br />

– unseren Nachbarn – abhängen,<br />

wie rasch und wie zuverlässig diese<br />

Forderung umgesetzt werden<br />

kann.<br />

Vielleicht setzt sich auch die<br />

Strategie von Nio durch. Der<br />

chinesische Hersteller setzt auf<br />

sein Wechselakku-Prinzip. In nur<br />

vier Minuten wird die Batterie an<br />

einer «Swap-Station» gewechselt.<br />

In China läuft das Konzept schon,<br />

jetzt kommt Nio nach Europa.<br />

Neue Zeiten für Nutzer und<br />

Branche<br />

Vieles wird rund um das E-Auto<br />

neu gedacht werden müssen. Ein<br />

Verbrennungsmotor benötigt<br />

beispielsweise rund 1500 Einzelteile,<br />

inklusive Getriebe. Ein<br />

Elektromotor besteht nebst der<br />

Batterie aus rund 200 Einzelteilen.<br />

Weniger Service, weniger Unterhaltskosten<br />

sind die Folge. Das<br />

E-Auto rechnet sich auch in dieser<br />

Hinsicht. Automatische Updates<br />

werden die Regel, mechanische<br />

Eingriffe seltener, auf die Software<br />

kann von überall her zugegriffen<br />

werden. Und wenn das Auto<br />

analysiert und die Probleme<br />

erkannt wurden, kommt der<br />

Service-Wagen im Bedarfsfall nach<br />

Hause oder ins Geschäft oder wo<br />

auch immer der Wagen steht. Der<br />

22 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


fragende Blick unter die Motorhaube<br />

entfällt. Für alle Zweige der<br />

Automobilbranche und für alle<br />

Nutzer brechen mit dem E-Auto<br />

ganz neue Zeiten an.<br />

Die Entwicklung der CO₂-freien<br />

E-Mobilität ist rasant: Immer<br />

rascher laden, immer mehr Reichweite,<br />

immer bessere Software,<br />

immer leistungsfähigere Batterien.<br />

Und was wird ein E-Auto künftig<br />

können? Gemessen an der aktuellen<br />

Entwicklung wird ein E-Auto in 20 Jahren<br />

Dinge können, die wir uns noch<br />

gar nicht vorstellen können. Oder<br />

hätten Sie gedacht, dass das iPhone<br />

in Ihrer Hosentasche heute eine<br />

Million Mal mehr Rechenpower<br />

hat als der Computer von<br />

Apollo 11, mit dem man 1969<br />

immerhin zum Mond flog?<br />

BILD: RENAULT<br />

BILD: MICROLINO<br />

BILD: RENAULT<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 23


Interview Florian Tresch<br />

«<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist in<br />

den Köpfen verankert»<br />

Florian Tresch, Leiter <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

bei der BLKB, zeigt im<br />

Interview mit BL <strong>Business</strong> die<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>sstrategie der<br />

Bank auf. Die BLKB ermutigt<br />

ihre Kundschaft, zu einer nachhaltigeren<br />

Zukunft beizutragen.<br />

Delia Pfirter<br />

Herr Tresch, die <strong>Baselland</strong>schaftliche<br />

Kantonalbank hat<br />

sich das Thema <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

schon länger auf den Schirm<br />

geschrieben. Was ist die Philosophie<br />

der BLKB?<br />

Florian Tresch: Bei der BLKB<br />

bezeichnen wir <strong>Nachhaltigkeit</strong> auch<br />

als Zukunftsorientierung. Im Kern<br />

steht der Gedanke, dass wir bereits<br />

heute das tun, was morgen zählt –<br />

also stets so handeln, dass wir, und<br />

damit ist die Gesellschaft als<br />

Ganzes gemeint, auch künftig und<br />

langfristig unsere Bedürfnisse<br />

erfüllen können.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> bezieht sich ja<br />

nicht nur auf die Umwelt, sondern<br />

auch auf Mensch und<br />

Gesellschaft. Inwiefern setzt die<br />

BLKB diese ganzheitliche Sicht<br />

um?<br />

Die Kernbotschaft unseres Leitbilds<br />

ist, dass wir für den Menschen, die<br />

Gesellschaft als Ganzes und für die<br />

Umwelt, die uns das Leben erst<br />

Florian Tresch, Leiter <strong>Nachhaltigkeit</strong> bei der BLKB.<br />

ermöglicht, Verantwortung übernehmen.<br />

Natürlich sind die Umwelt<br />

und das Klima in der Finanzbranche<br />

aktuell im Fokus. Genauso<br />

wichtig ist uns aber der einzelne<br />

Mensch, sei das unsere Mitarbeiterin,<br />

unser Kunde, oder unsere<br />

Geschäftspartnerin: Wir sind ein<br />

People <strong>Business</strong>, arbeiten mit und<br />

für Menschen, und wollen das<br />

gemeinsam langfristig und erfolgreich<br />

tun. Als Kantonalbank mit<br />

158-jähriger Verwurzelung in der<br />

Region ist es für uns zudem selbstverständlich,<br />

dass wir Teil der hiesigen<br />

Gesellschaft sind und entsprechend<br />

auch viel zurückgeben<br />

können und wollen.<br />

Oft sind <strong>Nachhaltigkeit</strong>sziele<br />

leider leere Worthülsen. Was hat<br />

die Bank in punkto Nachhaltig-<br />

24 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


keit bisher konkret erreicht?<br />

Welches ist Ihrer Meinung nach<br />

der bisher grösste Erfolg, den die<br />

BLKB hierbei verbuchen konnte?<br />

Für mich ist der grösste Erfolg, dass<br />

wir bei der BLKB heute so weit sind,<br />

dass der <strong>Nachhaltigkeit</strong>sgedanke in<br />

den Köpfen unserer Mitarbeitenden<br />

verankert ist und so im Kleinen bei<br />

allen Aktivitäten integral miteinfliesst.<br />

Das war ein langer, zugegebenermassen<br />

oftmals auch mühseliger<br />

Prozess, der es uns aber heute<br />

ermöglicht, auf allen Ebenen<br />

nachhaltig zu wirken: mit den<br />

Angeboten für unsere Kundinnen<br />

und Kunden, als attraktive Arbeitgeberin<br />

für unsere Mitarbeitenden<br />

und als zuverlässiger Partner für<br />

die Gesellschaft in der Region.<br />

Welche <strong>Nachhaltigkeit</strong>sziele hat<br />

sich die BLKB für die nächsten<br />

Jahre vorgenommen?<br />

Unser wichtigstes Ziel ist es, unser<br />

Geschäftsportfolio auf dem Nettonull-Absenkpfad<br />

zu halten, und dabei<br />

möglichst die ganze Kundschaft,<br />

seien das Private oder Unternehmen,<br />

auf diesen Weg mitzunehmen.<br />

Hierzu gehört einerseits die Sensibilisierung<br />

unserer Kundinnen und<br />

Kunden darüber, welche Auswirkungen<br />

das Thema auf sie und ihr<br />

Geschäftsmodell hat. Andererseits<br />

heisst das aber auch, dass wir unserer<br />

Kundschaft mit unserem Angebot<br />

ermöglichen, mit ihren finanziellen<br />

Entscheidungen zu einer nachhaltigen<br />

Zukunft beizutragen.<br />

Was unternimmt die<br />

BLKB, um die nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

der Region<br />

zu fördern?<br />

Wir verfolgen<br />

die nachhaltige<br />

Entwicklung der Region auf verschiedenen<br />

Ebenen. Als Partnerin<br />

der regionalen Plattform Swiss<br />

Triple Impact sowie der Klimastiftung<br />

Schweiz animieren wir KMU<br />

in der Nordwestschweiz, sich mit<br />

ihrem Geschäftsmodell und Beitrag<br />

an eine nachhaltige Entwicklung<br />

auseinanderzusetzen, und unterstützen<br />

ihre Klimaschutzprojekte.<br />

Unsere beiden Programme «100<br />

fürs Baselbiet» und «INQBATOR»<br />

richten sich an lokale Start-ups mit<br />

zukunftsweisenden Ideen. Und<br />

Partnerschaften mit Kulturinstitutionen<br />

der Region ermöglichen es<br />

uns, insbesondere unserer jungen<br />

Bevölkerung beispielsweise das<br />

Theater oder das Museum einfach<br />

zugänglich zu machen.<br />

Inwiefern spielen <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien<br />

bei<br />

Kreditvergaben eine<br />

Rolle?<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

beziehungsweise<br />

Zukunftsorientierung<br />

ist für<br />

uns auch<br />

Risikomanagement.<br />

Geschäftsmodelle,<br />

welche mit der gesellschaftlichen,<br />

politischen, technischen und regulatorischen<br />

Entwicklung in absehbarer<br />

Zukunft nicht mehr funktionieren,<br />

finanzieren wir auch nicht. In so<br />

einem Fall besprechen wir das mit<br />

dem besagten Kunden oder der<br />

Kundin und schlagen einen Übergang<br />

zu einem zukunftsorientierten<br />

Geschäftsmodell vor, den wir gerne<br />

auch unterstützen. Entsprechend<br />

sind ESG-Überlegungen ein fester Bestandteil<br />

bei der Kreditvergabe.<br />

www.blkb.ch/die-blkb/nachhaltigkeit


Innovationsprogramm<br />

Swiss<br />

Innovation<br />

Challenge<br />

An der «Award Winning Ceremony», die im Rahmen der BL-<strong>Business</strong>-Gala vom<br />

24. November <strong>2022</strong> stattfindet, wird bekannt, wer die diesjährige Austragung der<br />

Swiss Innovation Challenge <strong>2022</strong> gewonnen hat. Von den mehr als 100 Teilnehmenden des<br />

Innovationsförderprogramms mit Wettbewerb können sich nach drei Pitch-Runden noch drei<br />

Unternehmen Hoffnungen auf den Sieg machen.<br />

26 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Bisherige<br />

SIC-Gewinner<br />

2021<br />

CondenZero<br />

Probenhalter, die bei tiefen<br />

Temperaturen halten.<br />

www.condenzero.com<br />

2020<br />

AgroSustain<br />

Biologische Schutzbeschichtung<br />

für Nutzpflanzen verlängert<br />

die Frische.<br />

www.agrosustain.com<br />

2019<br />

Tolremo Therapeutics<br />

Arzneimittel gegen Wirkstoffresistenz<br />

bei Krebstherapien.<br />

www.tolremo.com<br />

Im Kampf um den «Award» der<br />

Swiss Innovation Challenge<br />

verbleiben noch drei Kandidierende<br />

im Rennen. Am Final Pitch vom<br />

vergangenen 25. und 26. Oktober<br />

hat die Fachjury des Innovationswettbewerbs<br />

die drei Podiumsplätze<br />

an die aiEndoscopic AG, die<br />

Perovskia Solar AG und die Spirecut<br />

SA vergeben.<br />

Wer von den dreien die «Swiss<br />

Innovation Challenge <strong>2022</strong>» gewonnen<br />

hat, erfahren die Teilnehmenden<br />

am kommenden 24. November<br />

an der «Award Winning<br />

Ceremony» im Rahmen der «BL<br />

<strong>Business</strong> Gala».<br />

aiEndoscopic AG<br />

Zu den drei Erstplatzierten gehört<br />

die aiEndoscopic AG. Sie kombiniert<br />

künstliche Intelligenz mit<br />

robotischer Endoskopie und<br />

ermöglicht somit intelligente oder<br />

sogar autonome Endoskopie. Die<br />

erste Anwendung ist «intuBot» –<br />

ein assistierendes Gerät für einfachere<br />

und sicherere tracheale<br />

Intubation.<br />

Perovskia Solar AG<br />

Ebenfalls auf dem Podium steht die<br />

Perovskia Solar AG. Das Schweizer<br />

Cleantech-Start-up bietet digital<br />

gedruckte, anpassbare Solarzellen<br />

für Erstausrüster (OEMs) an. Die<br />

Solarzellen sind so zugeschnitten,<br />

dass sie sich nahtlos in elektronische<br />

Geräte, IoT und Sensoren<br />

integrieren lassen. Sie arbeiten auch<br />

bei schlechten Lichtverhältnissen<br />

wie in Wohnungen und Büros<br />

effizient.<br />

2018<br />

skAD Labs<br />

Entwicklungssoftware für<br />

Maschinenbau vereint Design<br />

und Simulation.<br />

www.skadlabs.com<br />

2017<br />

Topadur Pharma AG<br />

Medikamente, die Wundheilung<br />

beschleunigen und Narben<br />

verhindern.<br />

www.topadur.com<br />

2016<br />

GOLD S AG<br />

Revolutionäre Klammer<br />

zur Korrektur von Zahnfehlstellungen.<br />

2015<br />

Apex Sports LLC<br />

Gummi für Enduro-, Freerideund<br />

Downhill-Reifenprofile<br />

für Mountainbikes.<br />

www.onza-tires.com


Spirecut SA<br />

Beim dritten Erstplatzierten handelt<br />

es sich um die Spirecut SA. Sie<br />

entwickelt ultraschallgeführte<br />

chirurgische Instrumente zur<br />

Behandlung von Erkrankungen wie<br />

Karpaltunnelsyndrom und<br />

Schnappfinger. Es handelt sich um<br />

eine nicht invasive Technik mit<br />

minimaler Hautpunktion. Nach der<br />

Operation können die Patienten<br />

sofort wieder ihren täglichen<br />

Aktivitäten nachgehen.<br />

Die Swiss Innovation Challenge<br />

(SIC) wurde am Tag der Wirtschaft<br />

2014 von der Wirtschaftskammer<br />

<strong>Baselland</strong>, der FHNW und der BLKB<br />

ins Leben gerufen. In den seither<br />

acht Austragungen hat sich der<br />

Innovationsförderwettbewerb einen<br />

Namen gemacht und ist aus der<br />

Innovationsszene nicht mehr<br />

wegzudenken.<br />

Innovationsförderung<br />

Die Besonderheit der Swiss Innovation<br />

Challenge ist, dass es sich um<br />

ein Innovationsförderprogramm<br />

mit Wettbewerb handelt. Aus mehr<br />

als 100 Innovationsprojekten<br />

werden im Rahmen dreier Ausscheidungsrunden<br />

(«Pitches»)<br />

25 Finalisten und ein Sieger<br />

(«Award Winner») erkoren.<br />

Die Teilnehmenden des Wettbewerbs<br />

sind KMU und Start-ups aus der<br />

ganzen Schweiz. Zusätzlich zum<br />

Award können die Teilnehmer<br />

Sonderpreise in den Bereichen «Life<br />

Sciences» und «Bau» gewinnen. Der<br />

Wettbewerb dauert acht Monate.<br />

Während dieser Zeit können die<br />

Teilnehmenden an kostenlosen,<br />

anwenderorientierten Seminaren<br />

teilnehmen. Zudem haben die<br />

Teilnehmenden Zugang zu Mentoring-<br />

und Coaching-Programmen, bei<br />

denen sie mit praxisnahem Wissen<br />

unterstützt und gefördert werden.<br />

Neben diesen Vorteilen profitieren<br />

die Teilnehmenden und ihre Innovationsprojekte<br />

von Netzwerkanlässen<br />

und diversen Publicity-Massnahmen.<br />

Das Gewinnerprojekt erhält neben<br />

einem kunstvoll gestalteten Pokal ein<br />

Preisgeld von 20 000 Franken, für die<br />

Plätze 2 und 3 gibt es je 5000 Franken.<br />

Coaching und Mentoring<br />

Als besonders attraktiv für die<br />

Teilnehmenden der Swiss Innovation<br />

Challenge haben sich die<br />

Coaching- und Mentoring-Programme<br />

erwiesen. Diese stehen den<br />

Teilnehmenden kostenlos zur<br />

Verfügung, wobei sie die Seminare<br />

auch im Falle des Ausscheidens aus<br />

dem Wettbewerb weiterhin nutzen<br />

können.<br />

Erfolgreiches Projekt<br />

Die Swiss Innovation Challenge hat<br />

seit ihrer Lancierung im Jahr 2014<br />

und der ersten Durchführung im<br />

Jahr 2015 über 700 Projekte gefördert,<br />

zur Schaffung von mehr als<br />

1500 Stellen beigetragen und über<br />

400 000 Franken an Preisgeldern<br />

sowie Betreuungsleistungen vergeben.<br />

28 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Die drei Phasen der SIC<br />

Die Swiss Innovation Challenge startet jedes Jahr mit dem Kick-off-Anlass.<br />

Danach gliedert sich der Wettbewerb in drei Phasen:<br />

Phase 1 – Schärfen der Geschäftsidee und Erstellung einer<br />

Kurzpräsentation<br />

In der ersten Wettbewerbsphase der Swiss Innovation Challenge geht es darum,<br />

innert drei Monaten die Geschäftsidee zu schärfen und eine Kurzpräsentation zu<br />

erstellen. Voraussetzung zur Zulassung für die erste Selektionspräsentation, den<br />

First Pitch, ist die Formulierung der eigenen Innovationsidee auf zwei A4-Seiten.<br />

Der erste Pitch dauert drei Minuten. Danach entscheidet die Jury, welche Teilnehmenden<br />

zu jener Hälfte des Teilnehmerfelds gehören, die es in die nächste Phase<br />

schafft.<br />

Phase 2 – Umsetzung der Geschäftsidee in einen <strong>Business</strong>plan<br />

Die zweite Phase der Swiss Innovation Challenge dauert weitere drei Monate. In<br />

dieser Zeit werden die Geschäftsidee konkretisiert, ein <strong>Business</strong>plan erstellt und<br />

die Präsentation erweitert. Voraussetzung zur Zulassung für die zweite Selektionspräsentation,<br />

den Second Pitch, ist die Formulierung eines professionellen <strong>Business</strong>plans<br />

auf Basis des Innovationskonzepts. Dieser <strong>Business</strong>plan sollte 15 bis<br />

30 Seiten umfassen. Der zweite Pitch dauert fünf Minuten. Wie in der Phase 1 teilt<br />

die Jury wiederum das Teilnehmerfeld. Nur die Hälfte schafft es in Phase 3.<br />

Phase 3 – Implementierungsplan und Erstellung einer Finalpräsentation<br />

In der dritten Phase der Swiss Innovation Challenge werden der <strong>Business</strong>plan<br />

verfeinert und die Präsentation finalisiert. Voraussetzung zur Zulassung für die<br />

dritte Selektionspräsentation, den Final Pitch, ist ein Umsetzungskonzept. Ein<br />

Kernelement der Verkaufsdokumentation ist ein Video-Pitch, der die Innovationsidee<br />

möglichst gut darstellt. Der dritte Pitch dauert sieben Minuten. Danach bestimmt<br />

die Jury die Gewinnerinnen und Gewinner der Swiss Innovation Challenge<br />

und der beiden Sonderpreise.<br />

Die Gewinnerinnen und Gewinner werden an der Award Winning Ceremony bekanntgegeben.<br />

Neben der praktischen Erfahrung, dem Netzwerk in der Wirtschaft, dem<br />

Sparring und den Kontakten zu potenziellen Geldgebern bietet die Swiss Innovation<br />

Challenge auch Preise für die Teilnehmenden. Der Sieger erhält 20 000 Franken, die<br />

Zweit- und Drittplatzierten jeweils 5000 Franken.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 29


Interview Thomas Kübler<br />

Salina Raurica:<br />

Sistierung soll beendet<br />

werden<br />

Thomas Kübler ist seit 2016 Leiter<br />

der Standortförderung <strong>Baselland</strong>.<br />

Diese unterstützt und berät<br />

Firmen bei der Areal- und Immobiliensuche,<br />

bei Gründungen<br />

sowie bei Wirtschafts- und Standortfragen.<br />

Im Interview äussert<br />

sich Kübler zu den aktuellen<br />

Rahmenbedingungen im Baselbiet.<br />

Interview: Daniel Schaub<br />

BL <strong>Business</strong>: Herr<br />

Kübler, das Jahr <strong>2022</strong><br />

ist ein sehr bewegtes,<br />

das auch starke<br />

Einflüsse auf die<br />

Unternehmen<br />

ausübt. Inwiefern<br />

beeinflussen diese<br />

aktuellen Schwierigkeiten<br />

die Standortförderung<br />

<strong>Baselland</strong>?<br />

Die Kontakte mit den<br />

Unternehmungen zeigen<br />

die Unsicherheiten<br />

bezüglich der weltweiten<br />

Konjunkturlage, der geopolitischen<br />

Risiken, der Lieferkettenengpässe<br />

und seit einigen Monaten<br />

auch der Energiemangellage und<br />

aktuell der Energiepreisentwicklung<br />

auf. Das Gros der Unternehmungen<br />

hat trotz dieser Rahmenbedingungen<br />

bislang einen sehr<br />

guten Jahresverlauf erlebt.<br />

Welche Erfolgsmeldungen<br />

können Sie für das Jahr <strong>2022</strong><br />

diesbezüglich besonders hervorheben?<br />

Die Nachfrage nach Räumlichkeiten<br />

und Arealen für die Unternehmensentwicklung<br />

ist weiterhin hoch. Wir<br />

stellen eine anhaltend positive<br />

Dynamik bei den Entwicklungsarealen<br />

in Arlesheim, Allschwil<br />

oder auch im Raum Pratteln fest. Im<br />

Arlesheimer Schorenareal von<br />

«uptownBasel» ist sie sehr hoch. Es<br />

ist fantastisch, zu sehen, was dort<br />

aufgebaut wird und wie der Standort<br />

weit über die Landesgrenzen<br />

hinaus bekannt wird. Ähnliches gilt<br />

für den Switzerland Innovation<br />

Park und die gesamte Entwicklung<br />

im Bachgrabengebiet und im Areal<br />

BaseLink.<br />

Welche Rolle spielt das Thema<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> bei der Ansiedlung<br />

von neuen Unternehmen im<br />

Baselbiet?<br />

Das Thema ist und wird immer<br />

wichtiger – und zwar bei allen drei<br />

Pfeilern der <strong>Nachhaltigkeit</strong>.<br />

Unternehmerisch muss die<br />

Ansiedlung oder Firmenentwicklung<br />

ohnehin auf<br />

lange Frist erfolgreich<br />

sein. Die soziale <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

steht bei<br />

unternehmerischem<br />

Handeln weit oben auf<br />

der Prioritätenliste.<br />

Der sich akzentuierende<br />

Fachkräftemangel<br />

verstärkt diesen<br />

Prozess weiter. Die<br />

Mitarbeitenden wollen<br />

sich mit den Werten des<br />

Unternehmens identifizieren<br />

können und hinterfragen<br />

bei den Bewerbungsgesprächen<br />

das Handeln der potenziellen<br />

Arbeitgebenden kritisch. Auch die<br />

ökologische <strong>Nachhaltigkeit</strong> ist aus<br />

unternehmerischem Handeln nicht<br />

mehr wegzudenken. Das Areal, auf<br />

dem ein Projekt realisiert werden<br />

soll, der ökologische Fussabdruck<br />

der Lieferanten und Transportmedien,<br />

der eigene Produktionsprozess,<br />

die nachhaltige und ökologische<br />

Energieversorgung – kein<br />

30 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Projekt verzichtet heute mehr auf<br />

die Sicherstellung all dieser Punkte.<br />

Welche Entwicklungsprojekte im<br />

Baselbiet kommen in den nächsten<br />

Jahren auf Sie zu. Wo setzen<br />

Sie Schwerpunkte?<br />

Die bereits mehrfach angesprochenen<br />

Arealentwicklungen in Allschwil<br />

und in Arlesheim werden<br />

fortgesetzt, dazu stehen Entwicklungen<br />

in der Chuenimatt in Pratteln<br />

an. In den Vordergrund rücken<br />

auch andere Areale, die nun bereitstehen:<br />

Zusammen mit der Gemeinde<br />

Birsfelden und den Schweizerischen<br />

Rheinhäfen sind wir daran,<br />

den Hafen Birsfelden – eines unserer<br />

grössten Industriegebiete – im<br />

oben genannten nachhaltigen Sinn<br />

zu entwickeln und die Voraussetzungen<br />

zu schaffen, damit die<br />

Nutzung voranschreiten kann. In<br />

Liestal beschäftigt sich die Stadt<br />

intensiv mit der wirtschaftlichen<br />

Neupositionierung, die sie mit einer<br />

Arealentwicklung an der Rheinstrasse<br />

verbinden will. Der Gesundheitshub<br />

Liestal dürfte sehr grosses<br />

Potenzial für Liestal und den Kanton<br />

bieten. In Laufen steht der Wiederaufbau<br />

des Brandplatzes an der<br />

Wahlenstrasse an. Ein Areal von<br />

rund 50 000 Quadratmetern kommt<br />

so wieder auf den Markt. Im Oberbaselbiet<br />

sollen die Impulse durch<br />

die Inbetriebnahme der neuen<br />

Waldenburgerbahn genutzt werden.<br />

Weitere Verkehrsprojekte wie der<br />

Zubringer Bachgraben-Allschwil,<br />

die trinationale S-Bahn-Erschliessung<br />

mit der geplanten Haltestelle<br />

Morgartenring, der SBB-Doppelspurausbau<br />

Basel–Delémont und der<br />

neue Rheintunnel begleiten die<br />

Arealentwicklungen in den kommenden<br />

Jahren und Jahrzehnten.<br />

Wie steht es um das Areal Salina<br />

Raurica, das kürzlich aufgrund<br />

eines Standortentscheides der<br />

Firma Bachem, die nun ins<br />

Fricktal expandiert, in die<br />

Diskussion gekommen ist?<br />

Die Verfügbarkeit einer entsprechend<br />

geeigneten Parzelle bildete<br />

keinen Ausschlussgrund für den<br />

Entscheid der Bachem. Wir waren<br />

mit einem sehr guten Areal bis zum<br />

Schluss mit dabei und die Evaluation<br />

der beiden letzten Standorte ist<br />

dann zugunsten des Fricktals<br />

ausgegangenen – und wir freuen<br />

uns, dass Bachem nicht nur aktuell<br />

über 500 Millionen Franken in<br />

Bubendorf investiert, sondern<br />

weitere Projekte in der Region Nordwestschweiz<br />

umsetzen wird. Es gilt<br />

nun, die Sistierung der Planungsarbeiten<br />

von Salina Raurica nach<br />

dem Nein zur Tramverlängerung zu<br />

beenden und dieses Areal endlich<br />

der wirtschaftlichen Nutzung<br />

zuzuführen.<br />

Welche Stolpersteine, aber auch<br />

welche Möglichkeiten und<br />

Perspektiven sehen Sie für das<br />

Areal denn aus Sicht des Kantons?<br />

Die Vorbereitungsarbeiten für die<br />

Nutzung kamen vor der Abstimmung<br />

für die Tramverlängerung gut<br />

voran. Nach der Abstimmung<br />

wurden die Planungsarbeiten<br />

sistiert. Wir sind sehr daran interessiert,<br />

dass diese Sistierung demnächst<br />

beendet wird. Für das Areal<br />

sehen wir aufgrund seiner Verkehrsanbindung<br />

und seiner Lage sehr gute<br />

Potenziale und damit durchaus<br />

Möglichkeiten, dass es sich zu einem<br />

Ausgangspunkt und Hub für IT,<br />

E-Mobilität und High-Tech-Zulieferbetrieben<br />

entwickeln kann. Das<br />

haben wir seinerzeit zusammen mit<br />

den Eigentümern, den Wirtschaftsverbänden<br />

und externen Experten so<br />

erarbeitet und in den Projektwettbewerb<br />

eingebracht.<br />

Sie haben das stark prosperierende<br />

Gebiet Bachgraben in<br />

Allschwil schon erwähnt – dort<br />

kommt der Infrastrukturbau der<br />

Bautätigkeit der Unternehmen<br />

kaum hinterher. Wie ist das<br />

zeitnah zu lösen?<br />

Der Vergleich der beiden Areale zeigt<br />

einen spannenden Gegensatz auf: In<br />

Salina Raurica sollte die Verkehrsinfrastruktur<br />

zuerst erstellt werden und<br />

die wirtschaftliche Entwicklung<br />

folgen. Im Bachgrabengebiet ist die<br />

wirtschaftliche Entwicklung viel<br />

schneller vorangeschritten als die<br />

Infrastrukturentwicklung. Mit dem<br />

Zubringer Bachgraben (Zuba), den<br />

Tramplänen und dem Anschluss des<br />

Bachgrabengebiets an das trinationale<br />

S-Bahnsystem über die neue<br />

Haltestelle Morgartenring haben wir<br />

aber gewichtige und potente Lösungen<br />

an der Hand. Dazu kommt, dass<br />

zahlreiche neue zugezogene Unternehmen<br />

bereits heute ein betriebseigenes<br />

Mobilitätsmanagement in<br />

Betrieb haben, das ihre Anfälligkeit<br />

auf hohe Verkehrsaufkommen<br />

deutlich reduziert. Kanton und<br />

Gemeinde sind mit den Betrieben vor<br />

Ort in engem Kontakt und haben<br />

bereits zwei Workshops zum Thema<br />

Mobilitätsmanagement durchgeführt<br />

und Ideen und Ansätze zur Linderung<br />

der Problematik ausgearbeitet.<br />

Wir möchten uns gerne in ein<br />

Gespräch mit einem Unternehmen<br />

versetzen, das sich für eine<br />

Ansiedlung in der Schweiz<br />

interessiert. Mit welchen Hauptargumenten<br />

machen Sie dem<br />

CEO das Baselbiet schmackhaft?<br />

Mit der Standortwahl für das<br />

Baselbiet wird Ihre Unternehmung<br />

Teil einer der innovativsten Regionen<br />

Europas, ja der Welt. Sie finden<br />

hier ein ausgesprochen anregendes<br />

Ökosystem vor mit zahlreichen<br />

Firmen, Zulieferbetrieben und<br />

Kunden. Die Infrastruktur ist<br />

hervorragend ausgebaut, die Arbeitskräfte<br />

sind bestens ausgebildet<br />

und engagiert, die Wege zur Politik<br />

und Verwaltung sind kurz und das<br />

Baselbiet ist zudem ein ausgesprochen<br />

schöner Ort zum Leben.<br />

www.economy-bl.ch<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 31


<strong>Nachhaltigkeit</strong>slabels<br />

Durchblick in der<br />

Labelflut<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>slabels sind<br />

wichtige Orientierungshilfen<br />

beim Einkauf. Doch was sind sie<br />

tatsächlich wert und wie kann<br />

man sich informieren? BL <strong>Business</strong><br />

gibt einen kurzen Überblick.<br />

Delia Pfirter<br />

Bio-Knospe, Demeter, IP-Suisse,<br />

Fairtrade Max Havelaar – die Liste<br />

liesse sich lange weiterführen.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>slabels gibt es wie<br />

Sand am Meer. Allein im Nahrungsmittelsektor<br />

existieren rund 70 solcher<br />

Zertifizierungen, Tendenz<br />

steigend. Sie sind wichtige Orientierungshilfen<br />

geworden, wenn der<br />

Einkauf möglichst sozial- und<br />

umweltschonend gestaltet werden<br />

möchte. Labels erleichtern den<br />

Konsumentinnen und Konsumenten<br />

die Kaufentscheidung.<br />

«Labelinfo.ch» schafft Übersicht<br />

Oftmals gestaltet es sich jedoch<br />

schwierig, zu durchschauen, wofür<br />

die einzelnen Labels stehen und wie<br />

zuverlässig die Zertifizierung<br />

tatsächlich ist. Erschwerend hinzu<br />

kommt, dass diese für Marketingzwecke<br />

missbraucht werden können.<br />

Eine Hilfe bietet hierbei<br />

beispielsweise die Website «Labelinfo.ch»,<br />

eine Informationsstelle für<br />

Umwelt- und Soziallabels, die von<br />

der Stiftung Pusch seit dem Jahr<br />

2001 betrieben wird. Labels werden<br />

nach den Kriterien Umweltschutz,<br />

Tierwohl, Sozialstandards, Fairness<br />

und Transparenz bewertet. Labelinfo.ch<br />

bietet derzeit Informationen<br />

zu 135 Gütesiegeln und 19 Deklarationen<br />

in deutscher und französischer<br />

Sprache und ist damit in der<br />

Schweiz die mit Abstand umfassendste<br />

Datenbank hierzu.<br />

Bio Suisse Knospe «ausgezeichnet»<br />

Die Knospe ist eines der bekanntesten<br />

Gütesiegel in der Schweiz. Doch wofür<br />

steht die Knospe genau? Die Produkte<br />

stammen aus biologischer Landwirtschaft<br />

und mindestens 90 Prozent der<br />

32 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


verwendeten Rohstoffe kommen aus<br />

der Schweiz. Knospe-Produkte<br />

erfüllen einen Standard, der weit<br />

über die gesetzlichen Anforderungen<br />

hinausgeht. Labelinfo.ch<br />

bewertet die Knospe mit der Bezeichnung<br />

«ausgezeichnet», das<br />

Gütesiegel erreicht in allen Bewertungskategorien<br />

sehr gute Werte.<br />

Die Knospe steht auch für besonders<br />

artgerechte Nutztierhaltung und<br />

-fütterung mit vorwiegend Biofutter<br />

und bezeugt, dass das Produkt aus<br />

einer gesamtbetrieblichen Bioproduktion<br />

stammt. Der naturnahe<br />

Anbau ohne chemisch-synthetische<br />

Mittel und Gentechnik sowie eine<br />

artgerechte Tierhaltung sind Grundpfeiler<br />

des Labels. Die Richtlinien<br />

werden in der gesamten Wertschöpfungskette<br />

eingehalten, auch im<br />

Ausland.<br />

Fisch-Label ASC «empfehlenswert»<br />

Das ASC-Gütesiegel zeichnet Fisch<br />

aus nachhaltiger Fischzucht aus.<br />

Zur Fütterung dürfen nur Fischprodukte<br />

verwendet werden, welche<br />

keine akut gefährdeten Fischarten<br />

enthalten. Zudem ist vorgeschrieben,<br />

dass ASC-zertifizierte Betriebe<br />

nur Fischmehl und Fischöl aus<br />

verantwortungsvollen Quellen<br />

beziehen dürfen. Ausserdem ist die<br />

Vermischung von Zuchtfischen mit<br />

einer in der Region natürlich<br />

vorkommenden Art zu verhindern.<br />

Es dürfen keine Medikamente zur<br />

vorbeugenden Behandlung der<br />

Fische verabreicht werden. Labelinfo.ch<br />

stuft das ASC-Gütesiegel als<br />

«empfehlenswert» ein. Die grössten<br />

Punktabzüge ergeben sich bei der<br />

Kategorie «Klima», was auf die<br />

langen Transportwege und die<br />

aufwendige Kühlung von Fischprodukten<br />

zurückzuführen ist. Bei der<br />

Kategorie «Prozesse und Kontrolle»<br />

jedoch erreicht das ASC-Label laut<br />

Labelinfo.ch Spitzenwerte.<br />

Sie möchten sich zu weiteren Labels<br />

informieren? Auf www.labelinfo.ch<br />

finden Sie zu vielen weiteren Labels<br />

interessante Informationen.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 33


Interview David Bosshart<br />

«Die soziale<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist<br />

die wichtigste»<br />

David Bosshart ist Präsident der<br />

Duttweiler Stiftung und Gründer<br />

von Bosshart & Partners, Globaler<br />

und lokaler Speaker, Vordenker<br />

und Autor. Zuvor war er 22 Jahre<br />

CEO des Duttweiler Instituts.<br />

Interview: Daniel Schaub<br />

Corona, Energie, Fachkräfte, Geldund<br />

Zinsmarkt, Ukraine-Krieg,<br />

EU-Rahmenabkommen – kann sich<br />

die Schweizer Wirtschaft vor lauter<br />

Krisen und Problemen derzeit<br />

überhaupt noch retten?<br />

David Bosshart: Entscheidend ist<br />

alleine, ob wir handlungsfähig<br />

bleiben und gemeinsam vernünftige<br />

Ziele umsetzen können. Im mittlerweile<br />

lang anhaltenden Wohlstand<br />

haben wir grosszügig vergessen,<br />

dass Krisen, Kriege und Katastrophen<br />

unser Leben und unsere<br />

Erinnerungen immer tief geprägt<br />

haben. Das hat uns auch als Menschen<br />

und als Gesellschaft robust<br />

gemacht und den Sinn für das<br />

Machbare gestärkt. Heute leben wir<br />

zu sehr von Wunschvorstellungen<br />

und sind gefangen in einer Vielzahl<br />

von verletzlichen Bubbles, insbesondere<br />

was Technologie und Finanzmärkte<br />

betrifft. Demgegenüber hat<br />

sich unsere Sprache als verräterischer<br />

Indikator klammheimlich dem<br />

Wandel angepasst: sie hat sich<br />

militarisiert und prägt unser<br />

Denken und Handeln nun verstärkt<br />

– Handelskriege, Währungskriege,<br />

Produktoffensiven, Rabattschlachten,<br />

Materialschlachten, Krieg um<br />

die besten Talente, Headhunters,<br />

Aktionärsaktivisten und feindliche<br />

Übernahmen, Informationen als<br />

Waffen und Propaganda als Gehirnwäsche.<br />

Man sieht nicht zufällig<br />

vermehrt Generäle und nicht mehr<br />

CEOs als Keynote Speaker an<br />

Veranstaltungen.<br />

Heute leben wir zu<br />

sehr von Wunschvorstellungen<br />

und sind<br />

gefangen in einer<br />

Vielzahl von verletzlichen<br />

Bubbles,<br />

insbesondere was<br />

Technologie und Finanzmärkte<br />

betrifft.<br />

Die Wirtschaft lebt ja nicht primär<br />

von der Problembewältigung,<br />

sondern von der Entwicklung, der<br />

Innovation, von guten Zukunftsideen<br />

und -strategien. Bleibt dies<br />

angesichts des aktuell problembelasteten<br />

Tagesgeschäftes verstärkt<br />

auf der Strecke?<br />

Wir müssen das menschliche Mass<br />

wiederfinden. Unternehmerische<br />

Menschen wollen gestalten, nicht<br />

einfach reagieren. Der gefühlt sehr<br />

schnelle Wandel hat uns stressiger,<br />

aber nicht wirklich klüger gemacht.<br />

Die Agenda ist voll, aber der Kopf zu<br />

oft leer. Was genau sind denn «gute<br />

Ideen», was ist «sinnvolles Wachstum»<br />

und was ist nur «mehr vom<br />

selben»? Welche Externalitäten<br />

müssen wir künftig in die Preisgestaltung<br />

miteinbeziehen? Wir<br />

brauchen dringend Wachstum, aber<br />

Wachstum um des Wachstums willen<br />

ist die Logik der Krebszelle. Der<br />

Wachstumsdruck für Unternehmen<br />

ist in der vernetzten Welt der gegenseitigen<br />

Abhängigkeiten viel aggressiver<br />

geworden. Entweder man ist<br />

Google oder Microsoft und hat quasi<br />

Monopolstellungen. Oder man ist<br />

klar positioniert ist und hat Alleinstellungsmerkmale.<br />

Sonst ist man<br />

schnell nur noch in Preiskämpfen.<br />

Das Thema der Stunde heisst<br />

nachhaltiges Wirtschaften. In<br />

Zeiten von Mangellagen und Versorgungsengpässen<br />

stellt sich die<br />

Frage nach der Balance zwischen<br />

Wunsch und Realität. Wie ist dieser<br />

scheinbare Gegensatz zu lösen?<br />

In den 1970er-Jahren sprachen wir<br />

von «Erdölkrise» und «Umweltverschmutzung».<br />

Heute sprechen wir<br />

von «Energiekrise“ und «Klimawandel».<br />

Das zeigt die Veränderungen in<br />

der Wahrnehmung plastisch auf.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> kostet Geld, viel Geld.<br />

Die Schweiz ist reich, sehr reich, und<br />

kann eine Vorreiterrolle spielen.<br />

Aber wir dürfen vom Zeithorizont<br />

34 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


her nicht naiv sein. Wirtschaft ist<br />

immer nur ein Energieumwandlungssystem.<br />

Unsere Erfolgsformel im<br />

Westen lautete bislang: «Wohlstandsdemokratie<br />

= Wirtschaftswachstum =<br />

Wachstum CO₂-Emissionen (total) =<br />

sozialer Friede». Wir übersehen<br />

grosszügig, dass Digitalisierung<br />

nicht Dematerialisierung heisst, und<br />

dass wir mehr Energie brauchen<br />

werden denn je. Digitalisierung ist<br />

die neue Industrialisierung. Die<br />

Wir übersehen<br />

grosszügig, dass<br />

Digitalisierung nicht<br />

Dematerialisierung<br />

heisst, und dass wir<br />

mehr Energie brauchen<br />

werden denn je.<br />

Abhängigkeit von Stahl, Beton,<br />

Plastik usw. kann man nicht einfach<br />

abschütteln oder ersetzen. Daher<br />

wird der Übergang in die Welt der<br />

Erneuerbaren viel länger dauern.<br />

Neue Fragen wachsen schneller als<br />

Antworten – von künstlicher<br />

Intelligenz über Kryptowährungen<br />

bis Biotechnologie. Die Regulierungsdichte<br />

wird zunehmen. All das<br />

verlangsamt auch wieder. Und wir<br />

müssen uns fragen, wie die neue<br />

Erfolgsformel lautet.<br />

Das Gottlieb Duttweiler<br />

Institut kümmert sich<br />

um die Trends und<br />

gesellschaftlichen<br />

Wandlungen der<br />

Zukunft . Wo geht der<br />

Weg lang, auf was müssen<br />

sich Wirtschaft<br />

und Konsumierende in<br />

den kommenden<br />

Jahren und Jahrzehnten<br />

einstellen?<br />

Wir sind in einer<br />

Zwischenphase. Wir<br />

wissen nur nicht,<br />

zwischen «was» wir<br />

uns befinden. Die<br />

aktuelle Gemengelage<br />

besteht aus einer Vielzahl von<br />

disparaten, aber doch verbundenen<br />

Krisenherden: Krieg, Inflation,<br />

Verschuldung der Staaten, Pandemie,<br />

Energie, Cyberkriminalität,<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>. Was heisst hier<br />

Leadership? Die künstliche Intelligenz<br />

kann einen Premierminister<br />

oder eine Präsidentin beratend<br />

ergänzen, aber nicht ersetzen.<br />

Wir brauchen in der Führung<br />

nüchterne, geduldige<br />

Personen, die nicht<br />

gleich verzweifeln und<br />

sich von Dummheiten<br />

ablenken lassen. Es<br />

wird uns in der<br />

reichen Schweiz auch<br />

in zehn Jahren noch<br />

gut gehen. Aber<br />

einseitige<br />

Überflusserfahrungen<br />

werden<br />

immer mehr auch<br />

mit Mangelerfahrungen<br />

zusammengehen.<br />

Nehmen Sie<br />

die Zwischenphase<br />

als eine Phase der<br />

Reinigung, der Katharsis.<br />

Viele Menschen sind<br />

stark verunsichert –<br />

wo führt das alles<br />

hin, was<br />

macht<br />

die Digitalisierung oder die künstliche<br />

Intelligenz mit uns, wie und<br />

wo arbeite ich in einigen Jahren,<br />

wie komme ich mit meinem Geld<br />

noch zurecht, muss ich mein Auto,<br />

meine Heizung ersetzen? Wie<br />

berechtigt sind diese Zukunftsängste<br />

und wie können wir ihnen<br />

begegnen?<br />

Von allen <strong>Nachhaltigkeit</strong>sthemen<br />

ist die soziale<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

die mit


Abstand wichtigste. Soziale Unruheherde<br />

nehmen überall zu. Die Hemmschwellen<br />

sinken – woran orientieren<br />

sich die Menschen? Ist Elon Musk ein<br />

Vorbild oder einfach ein genialer<br />

Soziopath? Nicht die technologische<br />

Komplexität ist das Hauptproblem,<br />

sondern die soziale Komplexität.<br />

Noch nie haben so viele Menschen<br />

nicht mehr verstanden, was mit<br />

ihnen passiert. Wie bei Krankheiten<br />

geht man mit zunehmendem Alter zu<br />

immer mehr Spezialisten. Aber die<br />

widersprechen sich und das Gesamtresultat<br />

sind hohe Kosten und latente<br />

Unzufriedenheit. Dann geht man in<br />

die Komplementärmedizin. Wenn die<br />

auch unbefriedigend ist, wird es<br />

esoterischer, denn überall gibt es<br />

Scharlatane. Und zu guter Letzt hängt<br />

man Verschwörungstheorien nach.<br />

Es fehlt an gesundem Menschenverstand,<br />

oder wie es die Engländer<br />

sagen, an Common Sense – die Sinne,<br />

die uns gemeinsam verbinden. Dieser<br />

ist zur prekärsten Ressource geworden.<br />

Glücklich sind Menschen, die<br />

einen guten Arbeitsplatz haben, mit<br />

ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

in interessanten Projekten<br />

zusammenarbeiten und sich regelmässig<br />

untereinander austauschen<br />

und auch regelmässig feiern. Die<br />

fallen nicht so schnell in ein Loch.<br />

Vor einigen Jahren war die Globalisierung<br />

DAS grosse Wirtschaftsthema.<br />

Die Pandemie und nun auch<br />

die Energiekrise lassen uns wieder<br />

kleingliedriger und auch eigensinniger<br />

denken. Ein Zwischenspiel<br />

oder ein nachhaltiger Trend?<br />

Globalisierung geht natürlich mit<br />

der Digitalisierung immer weiter,<br />

Die Hemmschwellen<br />

sinken. Woran orientieren<br />

sich die<br />

Menschen? Ist Elon<br />

Musk ein Vorbild oder<br />

einfach ein genialer<br />

Soziopath?<br />

aber wenn wir weniger Handel<br />

betreiben und uns weniger austauschen,<br />

nimmt der gemessene<br />

Wohlstand ab. Unsere Welt ist seit<br />

dem nun offensichtlichen imperialen<br />

Konflikt USA-China wieder<br />

zuerst eine politische Welt geworden,<br />

und auch das kostet viel. Die<br />

Suche nach kleineren Einheiten, die<br />

verlässlich sind und Entscheidungen<br />

durchsetzen können, ist eine<br />

verständliche und im Kern auch<br />

vernünftige Antwort. Kleinere<br />

Nationen wie die Schweiz, Dänemark<br />

oder Norwegen stehen gut da.<br />

Sorgen sollten wir uns in Europa<br />

über die Qualität der Regierungen<br />

der grösseren, einst dominierenden<br />

Länder machen. Wo stehen<br />

<strong>Deutsch</strong>land, England 2030? Italien<br />

war immer ein Spezialfall und<br />

Frankreich ist zu schwach für eine<br />

Führungsrolle.<br />

In einem Ihrer Vortragsthemen<br />

stellen Sie die Frage: Sind wir noch<br />

normal? Sind wir es?<br />

Sagen wir es so: Der Hunger nach<br />

Normalität, nach dem Konkreten,<br />

und die Suche nach Sicherheit<br />

dürfte in den kommenden Jahren<br />

zunehmen. Lange haben wir nach<br />

Exotik gegiert. Jedwede Nonkonformität<br />

wurde gefeiert. Je weiter<br />

etwas von zu Hause entfernt war,<br />

desto interessanter und begehrlicher<br />

schien es. Nun lernen wir:<br />

Wenn Nonkonformität die neue<br />

Konformität ist, gibt es gesellschaftlichen<br />

Stillstand. Wir Menschen<br />

sind soziale und sinnliche<br />

Wesen und brauchen örtliche<br />

Verankerung, um uns wohlzufühlen<br />

und entfalten zu können. Selbst die<br />

digitale Welt strotzt vor örtlichen<br />

Metaphern: Plattformen, Chatrooms,<br />

Cyberspace.<br />

36 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Heike van de Kerkhof, CEO von Archroma<br />

BILD: ARCHROMA<br />

Paid Content Archroma<br />

Farben und Effekte<br />

nachhaltiger erzeugen<br />

Archroma ist ein führendes Spezialchemieunternehmen<br />

für Branchen<br />

wie Textil, Mode, Verpackung, Papier<br />

und Farben. Das Unternehmen mit<br />

Hauptsitz im Haus der Wirtschaft in<br />

Pratteln ist in etwa 100 Ländern tätig.<br />

Heike van de Kerkhof, die über<br />

mehr als 30 Jahre Erfahrung in der<br />

Chemie-, Öl-, Gas- und Materialindustrie<br />

verfügt, ist seit Januar 2020<br />

CEO von Archroma. Sie ist überzeugt,<br />

Kleidungsstücke und Verpackungen<br />

können einen entscheidenden Beitrag<br />

zur Verbesserung der <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

beitragen, etwa durch Färbetechniken<br />

und chemische Behandlungen.<br />

«Der Druck von Stakeholdern zur<br />

Verringerung des negativen Fussabdruckes<br />

der Industrie wächst. Ich bin<br />

sehr stolz darauf, dass Archroma mit<br />

seiner 125-jährigen Geschichte eine<br />

wichtige treibende Kraft im Bereich<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> in unseren Branchen<br />

ist.<br />

Wir haben kontinuierlich in<br />

Forschung und Entwicklung (F&E)<br />

investiert, und verfügen heute über<br />

zahlreiche nachhaltigere Produkte<br />

wie anilinfreies* Indigo für Jeansstoffe,<br />

fluorfreie* wasserabweisende<br />

Smartrepel®-Technologie oder die<br />

aus Kräuter- und Lebensmittelabfällen<br />

erzeugten EarthColors®.<br />

Die Übernahme der Textile-Effects-Abteilung<br />

von Huntsman, die<br />

einen Standort in Basel beinhaltet,<br />

wird voraussichtlich 2023 abgeschlossen<br />

sein. Der Ankauf schafft<br />

komplementäre Expertise und<br />

Portfolios, die es uns ermöglichen,<br />

unserer Kundschaft innovative<br />

Lösungen anzubieten, um Energieund<br />

Wasserverbrauch, CO₂-<br />

Fussabdruck sowie die entsprechenden<br />

Kosten zu reduzieren. So tragen<br />

wir als Schweizer Unternehmen<br />

dazu bei, eine nachhaltigere Welt zu<br />

gestalten.»<br />

*Unterhalb der Nachweisgrenze<br />

gemäss branchenüblicher Testmethoden.<br />

www.archroma.com<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 37


European Food Trends Report<br />

Die grosse<br />

Verstrickung<br />

Wie ernährt sich die Menschheit<br />

heute und morgen? Der European<br />

Food Trends Report des Gottlieb<br />

Duttweiler Instituts befasst sich<br />

mit diesem existenziellen Thema.<br />

Christine Schäfer*<br />

Ausgelaugte Böden, multiresistente<br />

Keime, umgekippte Gewässer: Das<br />

ist längst keine Dystopie mehr,<br />

sondern eine Schattenseite der<br />

industriellen Landschaft – bedrohlich<br />

für die Lebensmittelversorgung.<br />

Eine Versorgung, die bereits wegen<br />

Klimawandel und globalen Konflikten<br />

unter Druck ist. Kehrt gar der<br />

Hunger zurück? Oder wird uns mit<br />

modernen Technologien wie der<br />

Herstellung von Laborfleisch,<br />

digitaler Präzisionslandwirtschaft,<br />

vertikalen Farmen, genetisch<br />

veränderten, robusteren Sorten und<br />

einer nachhaltigeren wie gerechteren<br />

Landwirtschaft die Trendumkehr<br />

gelingen?<br />

Der Mensch als Ökosystem<br />

Dass sich die Umwelt um uns herum<br />

erholen kann, ist in unserem ureigenen<br />

Interesse: nicht nur, weil wir von<br />

ihren Ressourcen abhängig sind,<br />

sondern auch, weil wir selbst ein Teil<br />

dieser Natur sind – und zwar in einem<br />

viel grösseren Ausmass, als wir das<br />

bisher angenommen haben. Auch der<br />

Mensch mit seinen vielen Billionen<br />

Mikroben ist ein Ökosystem. Sie<br />

wohnen in den Därmen, kleben in den<br />

Schleimhäuten, leben auf der Haut.<br />

Ohne sie sind wir nichts –<br />

oder viel weniger, bestimmt aber<br />

nicht überlebensfähig.<br />

Diese Bakterien und Pilze bestimmen<br />

nämlich nicht nur unseren Stoffwechsel.<br />

Vielmehr beeinflussen sie auch<br />

unsere Gesundheit. Mehr noch: Die<br />

Urlebewesen, die schon lange vor uns<br />

auf diesem Planeten waren, stehen in<br />

direkter Verbindung zu unserem<br />

Gehirn und können so auch unsere<br />

Launen, unser Wesen beeinflussen.<br />

Wir können nicht genau sagen, wo der<br />

Mensch aufhört und die Mikrobe<br />

anfängt. Wir sind verwoben.<br />

Damit wird unser Selbstverständnis,<br />

das lange Zeit auf einer Trennung von<br />

Körper und Geist, von Mensch und<br />

Natur beruhte, auf die Probe gestellt.<br />

Entwicklungen in der modernen<br />

Gentechnologie, der synthetischen<br />

Biologie, aber auch neue Technologien<br />

in der Lebensmittelproduktion<br />

zeigen zudem, dass auch die Grenze<br />

zwischen Biologie und Technik<br />

zunehmend verschwimmt.<br />

Mit der Erforschung des Mikrobioms<br />

haben wir einen mächtigen<br />

Schlüssel zu unserem Wohlergehen<br />

und unserer Gesundheit gefunden.<br />

Welche Mikroben sich bei uns zu<br />

Hause fühlen, hat mit unserem<br />

Kontakt zur Umwelt, mit unserem<br />

Verhalten, aber natürlich vor allem<br />

mit unserer Ernährung zu tun.<br />

Schliesslich nehmen wir mit jeder<br />

Mahlzeit ein bisschen «Umwelt» in<br />

uns auf.<br />

Die «Inwelt»-Zerstörung<br />

Dadurch spiegelt sich in unserem<br />

Innern das Aussen. So wie der<br />

Artenreichtum um uns herum<br />

zurückgeht, so schrumpft auch die<br />

Vielfalt in unserem Mikrobiom.<br />

Heute besitzen Menschen in industrialisierten<br />

Gegenden nur noch halb<br />

so viele Mikrobenarten wie Menschen,<br />

die kaum mit der westlichen<br />

Zivilisation in Berührung gekommen<br />

sind. Es gibt neben der Umweltzerstörung<br />

also auch eine «Inwelt»-<br />

Zerstörung. Sie wird von Mikrobiologinnen<br />

und -biologen mit vielen<br />

Zivilisationskrankheiten und<br />

modernen Autoimmunerkrankungen<br />

in Verbindung gebracht.<br />

In einer Welt, die verstrickt ist,<br />

müssen wir in Zusammenhängen<br />

denken, wenn wir Hunger, Krankheit<br />

und Umweltzerstörung gleichzeitig<br />

bekämpfen wollen. Damit wir<br />

die wachsende Weltbevölkerung<br />

gesund ernähren und dabei die<br />

Ökosysteme um uns herum und in<br />

uns drin erhalten oder gar wiederbeleben<br />

können. Mehr zum Thema<br />

erfahren Sie im aktuellen «European<br />

Food Trends Report» des Gottlieb<br />

Duttweiler Instituts, der online<br />

kostenfrei bezogen werden kann.<br />

*Researcher Gottlieb Duttweiler<br />

Institut (Gastbeitrag)<br />

38 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


CO₂ 6%<br />

19%<br />

Food Waste ist für 6% der weltweiten<br />

Treibhausgasemissionen<br />

verantwortlich.<br />

1%<br />

Heute ist 1% der Welt eine kaum<br />

bewohnbare Hochtemperaturzone.<br />

Bis 2070 könnte sich<br />

dieser Anteil auf 19% erhöhen.<br />

Zwischen 720 und 811 Millionen<br />

Menschen auf der Welt waren<br />

im Jahr 2020 von Hunger betroffen.<br />

Rund 660 Millionen<br />

Menschen könnten 2030 immer<br />

noch Hunger leiden, was zum<br />

Teil auf die anhaltenden Auswirkungen<br />

der COVID-19-Pandemie<br />

zurückzuführen ist.<br />

70 Prozent des weltweit<br />

abgezweigten Süsswassers<br />

wird für die Landwirtschaft<br />

verwendet.<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 39


Nachhaltige Fischzucht<br />

Frischer Fisch<br />

aus Birsfelden<br />

Beim Schweizer Fisch gibt es viel<br />

Potenzial für <strong>Nachhaltigkeit</strong>.<br />

Anstatt zu importieren, kann<br />

Fisch auch in Aquakulturen<br />

gezüchtet werden. Die Migros hat<br />

vor zwei Jahren so eine Anlage in<br />

unserer Region eröffnet.<br />

Patrick Herr<br />

Die Nachfrage nach Fisch aus Schweizer<br />

Gewässern steigt seit Jahren stetig.<br />

Und gleichzeitig soll dieser Fisch auch<br />

aus nachhaltiger Produktion kommen.<br />

Demgegenüber steht die Tatsache,<br />

dass die Schweizer Gewässer zu<br />

sauber sind und den Fischen zu wenig<br />

Nährstoffe bieten. Die Folge: In den<br />

Netzen bleibt weniger hängen, denn<br />

der Fischbestand sinkt und es muss<br />

immer mehr Fisch importiert werden.<br />

Fast alle Fische und Meeresfrüchte, die<br />

auf Schweizer Tellern landen, werden<br />

importiert. 2021 wurden laut dem<br />

Statistik-Portal Statista 76 400 Tonnen<br />

aus dem Ausland eingeführt.<br />

Das ist nicht nachhaltig und das ist<br />

auch nicht, was die Konsumenten<br />

wünschen. Was also tun? Die Migros<br />

hat vor zwei Jahren eine ebenso<br />

ungewöhnliche wie nachhaltige<br />

Lösung gefunden. Sie hat in Birsfelden<br />

begonnen, selber Fische zu züchten.<br />

Das Ziel ist, ganzjährig Fisch aus<br />

nachhaltigen Quellen zu produzieren,<br />

mit einem möglichst kleinen ökologischen<br />

Fussabdruck.<br />

Die Aquakulturanlage wurde im<br />

September 2020 in Betrieb genommen,<br />

nach insgesamt fünf Jahre<br />

Planungsarbeit. Die Migros bezeichnete<br />

diese anlässlich der Eröffnung als<br />

Pionierprojekt. In der Aquakultur<br />

Birsfelden werden Felchen produziert.<br />

Migros-Sprecher Patrick Stöpper:<br />

«2021 konnten wir leider etwa erst 30<br />

Tonnen ernten. Die Werte für <strong>2022</strong><br />

werden sich auf vergleichbarem<br />

Niveau bewegen. Zukünftig planen<br />

wir mit 240 Tonnen Biomasse pro<br />

Jahr, was mit einer angestrebten<br />

Ausbeute von 50 Prozent<br />

120 Tonnen Felchenfilets ergeben<br />

wird.»<br />

36 Becken für tausende Fische<br />

Im Untergeschoss von Swiss Aqua<br />

stehen 36 Becken und in jedem<br />

schwimmen mehrere tausend Fische.<br />

Dank dieser Kreislaufanlage kommen<br />

wieder mehr Schweizer Felchen aus<br />

heimischer Zucht. Von da, wo die<br />

Konsumenten daheim sind. Lange<br />

Transportwege können so vermieden<br />

werden. Aber nicht nur das. Dank<br />

dieser Kreislaufanlagen können ein<br />

gesunder Bestand und Produktquali-<br />

40 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Die Aquakulturanlage liegt im Untergeschoss eines Industriegebäudes der Migros-Tochter Delica in Birsfelden.<br />

FOTO: MIGROS<br />

tät sichergestellt werden. Ein ausgeklügeltes<br />

System garantiert zudem<br />

einen schonenden Umgang und eine<br />

optimale Nutzung natürlicher<br />

Ressourcen wie Wasser, Wärme und<br />

Platz, erklärt die Migros. Die Becken<br />

in Birsfelden sind so konstruiert, dass<br />

sie selbstreinigend sind. Das Wasser<br />

wird laufend von Feststoffen und<br />

gelösten Stoffen gereinigt und<br />

abgeführt. In Trommelfiltern werden<br />

alle festen Materialien aus dem<br />

Wasser entfernt. Das Wasser mit den<br />

gelösten Verunreinigungen kommt<br />

anschliessend in einen Biofilter, wo es<br />

durch Bakterien gereinigt wird.<br />

Die Migros setzt ausschliesslich<br />

Fische aus eigener Zucht ein. Die<br />

Fische werden in Ostdeutschland in<br />

einer Zuchtanlage, die zu Migros<br />

Industries gehört, reproduziert und<br />

aufgezogen. Sie werden in einer<br />

kontrollierten Umgebung reproduziert,<br />

sodass die natürlichen Bestände<br />

nicht bedroht werden, betont die<br />

Migros. Nach vier bis sechs Monaten<br />

kommen die Tiere nach Birsfelden in<br />

die grossen, blubbernden Becken.<br />

Hier sind sie, wie in der Natur, in<br />

Schwärmen unterwegs, erhalten<br />

laufend Frischwasser und bewegen<br />

sich in optimalen Temperatur- und<br />

Sauerstoffbedingungen. So erreichen<br />

sie nach weiteren drei bis vier<br />

Monaten ihr Zielgewicht von rund<br />

300 Gramm. Und wenn es so weit ist,<br />

werden die Fische schliesslich auch<br />

vor Ort verarbeitet.<br />

Die Felche ist anspruchsvoll<br />

Der Aufbau der Aquakultur von<br />

Felchen gestaltet sich herausfordernd,<br />

sagt Migros-Sprecher<br />

Patrick Stöpper: «Die Felche ist eine<br />

Diva und die Zucht entsprechend<br />

anspruchsvoll, was auch Auswirkungen<br />

auf die Produktion hatte,<br />

welche zum Teil unter den Erwartungen<br />

blieb. Mittlerweile sind wir<br />

aber sehr zufrieden und können die<br />

geplanten Mengen erzeugen. Wir<br />

sind nach wie vor überzeugt von<br />

unserem Konzept, haben die<br />

Weichen gestellt und sind auf<br />

Kurs.». Die Resonanz der Kundschaft<br />

sei durchwegs positiv, stellt<br />

die Migros fest: «Kürzlich hatten<br />

wir eine Aktion mit unseren<br />

Felchen in der Migros und waren<br />

vom Absatz überwältigt: Der<br />

gesamte Fisch wurde verkauft und<br />

wir hätten noch viel mehr verkaufen<br />

können.»<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 41


Swiss Sustainability Challenge<br />

Ein Award für<br />

Sustainability<br />

Seit 2017 schreibt die Fachhochschule<br />

Nordwestschweiz (FHNW)<br />

die Swiss Sustainability Challenge<br />

(SSC) aus. Im Corona-Jahr 2020<br />

gingen über 40 Projekte ein – und<br />

auch in diesem Jahr wird der<br />

Award für soziale und ökologische<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>sprojekte<br />

wieder vergeben.<br />

Daniel Schaub<br />

Der Aufruf zur Teilnahme an der<br />

Swiss Sustainability Challenge (SSC)<br />

richtet sich an Einzelpersonen oder<br />

Teams, die sich mit einem Projekt<br />

für soziale und ökologische <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

einsetzen möchten,<br />

unabhängig davon, ob es sich um ein<br />

Start-up oder ein Non-Profit-Projekt<br />

handelt und ob die Projekte noch<br />

ganz am Anfang stehen oder bereits<br />

die ersten Schritte in Richtung<br />

Umsetzung gegangen sind. Während<br />

der Fokus früher als Swiss Student<br />

Sustainability Challenge primär auf<br />

Studierenden lag, steht die heutige<br />

SSC allen jungen Menschen und<br />

ihren Ideen offen.<br />

Die Teilnehmenden werden<br />

dabei aktiv unterstützt, ihre Ideen<br />

zu Projekten auszuarbeiten und sie<br />

anschliessend erfolgreich umzusetzen.<br />

Sie profitieren von individuel-<br />

42 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


len Coachings durch erfahrene<br />

Expertinnen und Experten, von der<br />

kostenlosen Teilnahme an Seminaren<br />

und Workshops sowie von der<br />

Möglichkeit, sich mit anderen Teams<br />

zu vernetzen. Die drei überzeugendsten<br />

Projekte werden von einer<br />

Jury jeweils mit dem Pax Sustainability<br />

Award ausgezeichnet.<br />

Das Bewertungsschema der<br />

Swiss Sustainability Challenge ist an<br />

den von der FHNW entwickelten<br />

Sustainable Innovation Canvas<br />

angelehnt, der Elemente und Erkenntnisse<br />

aus bereits bestehenden<br />

Instrumenten zusammenführt. Der<br />

Sustainable Innovation Canvas ist<br />

ein Instrument zur systematischen<br />

(Weiter-) Entwicklung junger<br />

Organisationen in verschiedenen<br />

Entwicklungsphasen und mit<br />

unterschiedlichen Geschäftsmodellen<br />

(z.B. Non-Profit, For-Profit,<br />

Social Start-ups) und rückt insbesondere<br />

die ökologische und gesellschaftliche<br />

Wirkung der Vorhaben in<br />

den Fokus.<br />

«<strong>Nachhaltigkeit</strong>sorientierte<br />

Entrepreneurs sind in einem hohen<br />

Masse altruistisch orientiert. Dieser<br />

Begriff wird heute selten verwendet,<br />

meist ist von einer ‹ethischen<br />

Motivation› die Rede. Ich finde aber,<br />

dass es gerade die dezidierte Uneigennützigkeit<br />

ist, die nachhaltige<br />

Entrepreneurs ausmacht», sagt<br />

Projektleiter Prof. Dr. Claus-Heinrich<br />

Daub, Dozent für nachhaltige<br />

Unternehmensführung an der<br />

Hochschule für Wirtschaft der<br />

FHNW.<br />

Die Swiss Sustainability Challenge<br />

stellt den Teilnehmenden Leistungen<br />

im Gegenwert von rund<br />

70 000 Franken bereit, wovon<br />

20 000 Franken als Preisgelder für<br />

die besten drei Projekte ausgeschüttet<br />

werden. Teilnehmende profitieren<br />

von einem umfassenden Betreuungsprogramm,<br />

wobei sie je nach Ihrem<br />

individuellen Wissensstand und<br />

ihren Bedürfnissen frei entscheiden<br />

können, von welchen Angeboten sie<br />

Gebrauch machen möchten. Alle<br />

Betreuungsangebote sind für die<br />

teilnehmenden Teams kostenlos.<br />

Was ist eigentlich <strong>Nachhaltigkeit</strong>?<br />

«Sustainability» – <strong>Nachhaltigkeit</strong> – ist<br />

weit mehr als einfach «nur» Klimaschutz.<br />

Um ihre materiellen und immateriellen<br />

Bedürfnisse zu befriedigen,<br />

brauchen Menschen wirtschaftliches<br />

Wohlergehen und eine auf Solidarität<br />

basierende Gesellschaft. Deshalb<br />

stützt sich das Konzept der <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

auf drei Säulen: Soziales, Wirtschaft<br />

und Ökologie. Nachhaltige Entwicklung<br />

kann nur durch das<br />

gleichzeitige und gleichberechtigte<br />

Umsetzen von Zielen in allen drei Teilbereichen<br />

Realität werden.<br />

www.sustainabilitychallenge.ch<br />

Soziale <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Die Qualität des menschlichen Lebens<br />

und Zusammenlebens zu verbessern ist<br />

oberstes Ziel einer nachhaltigen,<br />

Entwicklung. Zu den Themen gehören<br />

unter anderem Menschenrechte, Gesundheit,<br />

Gleichberechtigung und Inklusion.<br />

Wirtschaftliche <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Das Wohlergehen von Menschen kann nur<br />

gesteigert werden, wenn eine wirtschaftliche<br />

Entwicklung gefördert<br />

wird, die höheren Wohlstand ermöglicht,<br />

ohne soziale, ökologische und kulturelle<br />

Aspekte der Gemeinschaft negativ zu<br />

beeinflussen.<br />

Ökologische <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Ein verantwortungsvoller und effizienter<br />

Umgang mit natürlichen Ressourcen<br />

sichert die ökologischen Lebensgrundlagen<br />

von Menschen heute und in Zukunft.<br />

Wirtschaftliche, soziale und ökologische<br />

Prozesse sind eng miteinander<br />

verknüpft. Die Swiss Sustainability<br />

Challenge fördert daher gezielt Projekte,<br />

Initiativen und Startups, die alle<br />

drei Dimensionen im Blick behalten und<br />

somit einen wirkungsvollen Beitrag zu<br />

einer nachhaltigen Entwicklung leisten.<br />

Quelle: Swiss Sustainability Challenge<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 43


Baustoff Holz<br />

Nachhaltig und<br />

zukunftsweisend<br />

Der Einsatz von Holz im Bauwesen<br />

ist energie- und klimapolitisch<br />

sinnvoll. Bäume entziehen<br />

der Luft CO₂ und geben gleichzeitig<br />

Sauerstoff zurück. Der im<br />

Baum gebundene Kohlenstoff<br />

bleibt jahrzehntelang gespeichert,<br />

wenn Holz für Bauten und<br />

Holzwerkstoffe verwendet wird.<br />

Delia Pfirter<br />

Was kommt Ihnen beim Begriff Holz<br />

in den Sinn? Möglicherweise gemütliche<br />

Stunden in den Bergen in einem<br />

urchigen Holzchalet oder, ganz<br />

einfach, der herrliche Duft des Waldes.<br />

Holz ist vor allem ein wichtiger<br />

Baustoff – und hat im Gegensatz zu<br />

anderen Baumaterialien gewichtige<br />

Vorteile: Bäume brauchen nur Sonnenstrahlung,<br />

Nährsalze und Regen,<br />

um zu gedeihen, das Holzwachstum<br />

erfordert keine zusätzliche Energie.<br />

Ausserdem werden bei der «Herstellung»<br />

keine Schadstoffe produziert,<br />

im Gegenteil: Holz bindet, während es<br />

wächst, Kohlendioxid aus der Luft,<br />

was angesichts des Klimawandels eine<br />

enorme Bedeutung hat. Jeder Kubikmeter<br />

Holz setzt den Kohlenstoff aus<br />

ungefähr einer Tonne CO₂ fest.<br />

Klimaschädliche Baustoffe<br />

ersetzen<br />

Der bewirtschaftete Schweizer Wald<br />

ist eine natürliche CO₂-Abbaustätte:<br />

Jahr für Jahr absorbiert er ungefähr<br />

zehn Prozent der gesamtschweizerischen<br />

CO₂-Emissionen. Wird<br />

geerntetes Holz in langlebige<br />

Produkte wie Parkett, Fassaden oder<br />

in ganze Holzbauten umgewandelt,<br />

bleibt der vom Baum gebundene<br />

Kohlenstoff dem natürlichen<br />

Kreislauf für Jahrzehnte entzogen.<br />

Aber: Der nachhaltigste Nutzen<br />

aus der Verwendung von Holz besteht<br />

im Ersatz konventioneller Baustoffe.<br />

Generell benötigt die Herstellung der<br />

meisten Holzprodukte markant<br />

weniger Energie als die Fertigung<br />

anderer gängiger Baumaterialien,<br />

wodurch der Ausstoss von Treibhausgasen<br />

erheblich minimiert wird. Da<br />

in den Herstellungsprozess von<br />

Holzprodukten generell weniger<br />

Energie gesteckt werden muss, steht<br />

dieser Baustoff im direkten Vergleich<br />

mit anderen industriell erzeugten<br />

Baustoffen, die energieaufwendiger<br />

sind, viel besser da. «Wird das<br />

anfallende Restholz konsequent<br />

thermisch verwertet, spart jeder<br />

zusätzlich verbrauchte Kubikmeter<br />

fester Holzmasse im Bauwesen in der<br />

Schweiz nochmals rund eine Tonne<br />

Kohlendioxid ein», erklärt Michael<br />

Meuter, Informationsverantwortlicher<br />

von Lignum, der Dachorganisation<br />

der Schweizer Wald- und<br />

Holzwirtschaft.<br />

Bauten für 24 Prozent der CO₂-<br />

Emissionen verantwortlich<br />

Bauen mit Holz und die Bevorzugung<br />

von Holz und Holzwerkstoffen<br />

44 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


für den konstruktiven Holzbau,<br />

Innenausbau, Möbel und Bodenbeläge<br />

sind deshalb effiziente Massnahmen<br />

zugunsten des Klimaschutzes.<br />

Michael Widmer, Geschäftsführer<br />

Holzwerkstoffe Schweiz,<br />

erklärt: «Holz als Baustoff gewinnt<br />

enorm an Bedeutung und dies zu<br />

Recht: Aus ökologischer und ästhetischer<br />

Sicht hat Holz viel zu<br />

bieten.» Die Schweiz möchte bis<br />

2050 klimaneutral sein. Um dieses<br />

ambitionierte Ziel erreichen zu<br />

können, muss die Bauwirtschaft<br />

zwingend ökologischer werden.<br />

Ganze 45 Prozent des schweizerischen<br />

Primärenergieverbrauchs<br />

gehen heute zulasten des Baus und<br />

des Betriebes von Gebäuden. Hinzu<br />

kommt, dass der Bau und der<br />

Betrieb von Gebäuden noch immer<br />

24 Prozent der Treibhausgas-Emissionen<br />

der Schweiz verursachen.<br />

Vielfältiger Einsatz von Holz<br />

In den nächsten Jahren werden in<br />

der Schweiz voraussichtlich sehr<br />

viele Neubauten entstehen. Hinzu<br />

kommen unzählige Altbauten, die<br />

energetisch nachgerüstet werden<br />

müssen, damit sie die Anforderungen<br />

der Schweizer Energie- und<br />

Klimavorgaben erfüllen. Die<br />

Verwendung von Holz reduziert<br />

hierbei den Anteil grauer Energie in<br />

einem Bau, eben weil die Produktion<br />

des Rohstoffs nicht eigens Energie<br />

wie beispielsweise die Herstellung<br />

von Beton oder anderen Baumaterialien<br />

verbraucht. Michael Widmer<br />

erklärt: «Gerade im Bereich der<br />

Holzwerkstoffe sind der Vielfalt<br />

kaum Grenzen gesetzt. Auch durch<br />

die problemlose Kombination mit<br />

anderen Materialien wird Holz zu<br />

einem universellen Baustoff, der fast<br />

allen Anforderungen gerecht<br />

werden und andere Baustoffe<br />

substituieren kann.»<br />

Wird Holz zudem lokal gewonnen,<br />

verarbeitet und verbaut, kommt<br />

ein weiterer Pluspunkt bezüglich<br />

Grauenergie hinzu: Die Transportwege<br />

sind besonders kurz. Hölzer,<br />

BILD: ZVG MICHAEL MENTER, ZÜRICH/LIGNUM<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 45


die aus der Schweiz kommen, können<br />

mit dem «Label Schweizer Holz»<br />

gekennzeichnet werden. Die Schweizer<br />

Herkunft steht für einen verantwortungsvollen,<br />

nachhaltigen<br />

Umgang mit Holz und Wald. Seit<br />

2012 wird das Label auf der gesamten<br />

Waldfläche der Schweiz angewendet.<br />

Leider gibt es aber immer<br />

weniger Hersteller von Holzwerkstoffen<br />

in der Schweiz und man ist<br />

bei diesen Produkten stark auf<br />

Importe angewiesen.<br />

FSC und PEFC bürgen für<br />

nachhaltiges Holz<br />

Doch wie erkennt man sonst noch,<br />

ob das gekaufte Holz wirklich<br />

umweltverträglich bereitgestellt<br />

wurde? Hierfür gibt es nebst dem<br />

Label Schweizer Holz zwei weitere<br />

etablierte Gütesiegel: Die Zertifizierungssysteme<br />

FSC und PEFC bürgen<br />

für die umweltverträgliche Herkunft,<br />

Gewinnung und Weiterverarbeitung<br />

zum Endprodukt. Ziel ist<br />

es, die Wälder für kommende<br />

Generationen zu erhalten und eine<br />

verantwortungsvolle Waldwirtschaft<br />

unter Berücksichtigung<br />

wirtschaftlicher, sozialer und<br />

ökologischer Aspekte zu fördern.<br />

«<strong>Nachhaltigkeit</strong> ist uns sehr wichtig,<br />

alle unsere fünf Standorte sind<br />

FSC- und PEFC-zertifiziert», so<br />

Philipp Leibundgut, stellvertretender<br />

CEO der Woodpecker Group AG.<br />

Das Holz-Grosshandelsunternehmen<br />

ist familiengeführt und gehört<br />

zu den grössten und erfahrensten<br />

Holzhandelsfirmen auf dem Schweizer<br />

Markt. Leibundgut ergänzt, dass<br />

Holz auch bezüglich der Einhaltung<br />

energetischer Minergie-Standards<br />

sehr gut abschneidet, da der Baustoff<br />

mit seiner geringen Wärmeleitfähigkeit<br />

schon von Natur aus eine<br />

positive Energiebilanz aufweise.<br />

«Auch für die Energieeffizienz ist es<br />

sehr sinnvoll, vermehrt Holz zu<br />

nutzen und damit energieintensive<br />

konventionelle Baustoffe zu ersetzen»,<br />

so Philipp Leibundgut.<br />

Herausforderung<br />

Kreislaufwirtschaft<br />

Damit Baumaterialien jedoch auf<br />

Dauer wirklich nachhaltig sind,<br />

müssen sie möglichst lange im<br />

Kreislauf erhalten bleiben. In einer<br />

nachhaltigen Kreislaufwirtschaft<br />

werden Materialien so lange wie<br />

möglich wiederverwendet, aufgearbeitet<br />

oder recycelt. Dies ist die<br />

nächste Herausforderung für<br />

Industrie und Bauwirtschaft.<br />

Momentan fehlt der gesamtheitliche<br />

Blick in der Praxis oft noch, da<br />

der Rückbau schon in der Planungsphase<br />

berücksichtigt werden<br />

muss, was mit finanziellem<br />

Aufwand verbunden ist. Für eine<br />

kreislauffähige Konstruktion<br />

braucht es eine saubere Schichtentrennung<br />

und möglichst einfache,<br />

reversible Verbindungen. Verarbeitet<br />

man Holz, benötigt man oft<br />

Klebeleim, was beim Abriss für die<br />

Rohstofftrennung eine Schwierigkeit<br />

sein kann. Generell verfügt<br />

Holz jedoch über Eigenschaften,<br />

die sich für die Kreislaufwirtschaft<br />

gut eignen. Das Projekt «circular-<br />

WOOD» der Hochschule Luzern<br />

geht den Bedingungen für einen<br />

Paradigmenwechsel in Richtung<br />

zirkulärer Wirtschaft im Holzbau<br />

auf den Grund.<br />

BILD: COOP VERSCIO TI-PLANUNGSBÜRO BAUTAKT AG


BILD: EINFAMILIENHAUS, STALLIKON-WERKSTATT GMBH


Schweizer Salinen<br />

Salinen geben Natur<br />

etwas zurück<br />

Wenn ein Gebiet für den Salzabbau<br />

ausgeschöpft ist, geben<br />

die Schweizer Salinen das Land<br />

wieder so zurück, wie sie es<br />

angetroffen haben. Zudem<br />

haben die Salinen den Naturfonds<br />

«Salzgut» eingerichtet.<br />

Reto Anklin<br />

Die Schweizer Salinen bauen auf<br />

Solfeldern im Baselbiet in Pratteln<br />

und Muttenz und im angrenzenden<br />

Aargau in Rheinfelden und Möhlin<br />

Salz ab. Sie bohren die in bis zu<br />

400 Meter Tiefe liegende Steinsalzschicht<br />

an und pumpen Wasser<br />

hinunter, um das Salz zu lösen. Die<br />

so entstandene Salzsole wird wieder<br />

hochgepumpt und in der Saline<br />

eingedampft. Es entsteht das<br />

körnige Salz, wie es in den Salzstreuern<br />

auf den Tischen der<br />

Konsumentinnen und Konsumenten<br />

landet oder auch auf den winterlichen<br />

Strassen.<br />

Ist ein Solfeld nach einigen<br />

Jahren oder Jahrzehnten erschöpft,<br />

wird es renaturiert. «Wir haben den<br />

Auftrag, den ‹Status quo ante›<br />

wiederherzustellen. Das heisst, so<br />

wie die Salinen das Land angetreten<br />

haben, so werden die Salinen an das<br />

Land wieder zurückgeben», sagt<br />

Carlo Habich, Delegierter für<br />

Soleförderung und <strong>Nachhaltigkeit</strong>,<br />

bei den Schweizer Salinen.<br />

In den allermeisten Fällen sei<br />

dies Landwirtschaftsland. Dafür,<br />

dass der Bohrplatz in seinen ursprünglichen<br />

Zustand zurückversetzt<br />

wird, sorgt eine Klausel im<br />

Dienstbarkeitsvertrag, den die<br />

Salinen mit allen Grundeigentümerinnen<br />

und Grundeigentümern<br />

abschliessen, bevor sie ein Solfeld<br />

einrichten.<br />

Naturfonds «Salzgut»<br />

In seltenen Fällen, wenn der Bohrplatz<br />

durch die Aktivitäten der<br />

Salinen für die Natur und deren<br />

Biodiversität an Wert gewonnen hat,<br />

verzichten die Salinen bei einem<br />

Bohrplatz auf eine Renaturierung.<br />

«Dies geschieht aber nur mit Einwilligung<br />

des Grundeigentümers», sagt<br />

Habich.<br />

Die Möglichkeiten für eine weitergehende<br />

Renaturierung sind also<br />

beschränkt. «Um dennoch eine<br />

Aufwertung der Natur durch die<br />

Laugungstätigkeit zu bewerkstelligen,<br />

haben die Schweizer Salinen vor zwei<br />

Jahren den Naturfonds ‹Salzgut›<br />

eingerichtet», sagt Habich. Der<br />

grundlegende Gedanken sei, dass die<br />

Salinen Salz wegnehmen und am Ort<br />

des Abbaus der Umwelt etwas zurückgeben.<br />

Konkret ist dies 1 Franken pro<br />

geförderter Tonne Salz.<br />

Die Projekte, die der Naturfonds<br />

«Salzgut» unterstützt, liegen im<br />

Perimeter des Salzabbaus, in erster<br />

Priorität in den Abbaugemeinden.<br />

«Salzgut» fördert aber auch Projekte<br />

in den umliegenden Kantonsgebieten,<br />

so ein Vorhaben der Bürgergemeinde<br />

Aesch, die zusammen mit<br />

dem Forstrevier Angenstein 15 ehemalige<br />

Stein-, Lehm- und Tongruben<br />

aufwerten und so ein ganzes<br />

Netz neuer Lebensräume für seltene<br />

und gefährdete Tierarten schaffen<br />

will.<br />

«Bei einer Jahresproduktion von<br />

400 000 bis knapp 650 000 Tonnen<br />

Salz, je nach Winter, kommt ein<br />

schöner jährlicher Betrag in den<br />

Naturfonds, der für Naturschutzprojekte<br />

zur Verfügung steht», sagt<br />

Habich. Zwei Mal im Jahr würden<br />

Projekte eingereicht und von einem<br />

professionellen Expertenrat beurteilt.<br />

Nachsorgekonzepte<br />

Mit der Wiederherstellung des<br />

ursprünglichen Zustands an der<br />

Oberfläche ist es nicht getan. Das<br />

Nachsorgekonzept der Schweizer<br />

Salinen sieht vor, dass Kavernen<br />

und Bohrlöcher auch viele Jahre<br />

nach der Sole-Gewinnungsphase<br />

kontrolliert und überwacht werden.<br />

Momentan werden im ehemaligen<br />

Solfeld «Sulz» in Muttenz umfassende<br />

Abklärungen mithilfe neuester<br />

Messmethoden durchgeführt.<br />

Die Messungen helfen den Schweizer<br />

Salinen, die bestehende Datenlage<br />

zu aktualisieren und zu bereinigen<br />

sowie die Geologie in den<br />

Abbaugebieten noch besser zu<br />

verstehen.<br />

www.salz.ch<br />

48 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


Der Naturfonds «Salzgut» der Schweizer Salinen unterstützt auch ökologische Aufwertungsmassnahmen im Rebbaugebiet Aesch. FOTO: ZVG<br />

Die Saline Riburg im aargauischen Rheinfelden mit dem historischen Bohrhaus Nr. 7 und dahinter dem Saldome 1.<br />

FOTO: ZVG<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 49


<strong>Baselland</strong> Entdeckerland<br />

Nachhaltig unterwegs<br />

im Entdeckerland<br />

<strong>Baselland</strong> ist Entdeckerland.<br />

Denn kaum eine andere Region<br />

bietet derart viele Highlights,<br />

die es abseits der grossen<br />

Touristenströme zu entdecken<br />

gibt. Und die kleinen und<br />

grossen Bijous können ohne<br />

Hektik und auf eine umweltverträglichere<br />

Art entdeckt<br />

werden.<br />

Michael Kumli<br />

Sei es beim Transport mit der kostenlosen<br />

Nutzung des öffentlichen<br />

Verkehrs in der ganzen Region oder<br />

auf einer abwechslungsreichen<br />

E-Bike-Tour über «Bärg und Täli»,<br />

<strong>Baselland</strong> Tourismus und die<br />

regionalen Leistungsträger entwickeln<br />

Angebote, damit die Gäste ihre<br />

Erlebnisse mit einem möglichst<br />

geringen ökologischen Fussabdruck<br />

geniessen können. Heute, wie auch<br />

morgen.<br />

Die Natur geniessen und<br />

verstehen<br />

Warum ist eine Wiese eine Wiese?<br />

Was ist der Unterschied zwischen<br />

einer Wiese und einer Weide? Wer<br />

die beiden Baselbieter Wiesentouren<br />

Arboldswil–Titterten und Dittingen–<br />

Laufen unter die Füsse nimmt, wird<br />

bei den verschiedenen Informationsposten<br />

mit diesen Fragen konfrontiert<br />

– und erhält natürlich auch die<br />

Antworten dazu. Neben der Sensibili-<br />

50 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


sierung für die Natur verzaubern die<br />

beiden Wandertouren mit wunderbaren<br />

Landschaften und feinen regionalen<br />

Produkten, die es unterwegs bei<br />

Landwirtschaftsbetrieben, Dorfläden<br />

oder Ausflugrestaurants zu geniessen<br />

gibt. Was gibt es Schöneres, als ein<br />

feines «Plättli» mit Produkten zu<br />

geniessen, die direkt vom Hof von<br />

nebenan stammen? Ein absolutes<br />

Highlight ist die «Knabber-Kiste», die<br />

jeweils vorbestellt werden kann.<br />

<strong>Baselland</strong> umweltfreundlich<br />

«erfahren»<br />

Das E-Bike eignet sich hervorragend,<br />

um die Landschaft im Baselbiet<br />

entspannt und umweltfreundlich zu<br />

«erfahren». Denn diese Landschaft<br />

aus «Bärg und Täli» ist dafür wie<br />

geschaffen. Auf den vielseitigen<br />

Thementouren im E-Bike-Land<br />

Nordwestschweiz entdecken die<br />

E-Bikerinnen und -Biker Überraschendes,<br />

tauchen in vergangene<br />

Zeiten ein und verbinden Kultur mit<br />

Sport. Damit kein Akku vor dem Ziel<br />

schlappmacht, steht ein ausgeklügeltes<br />

Ladestationen-Netz bereit. Die<br />

Ladestationen versorgen den Akku<br />

kostenlos, bei jeder Witterung und<br />

ohne eigenes Ladekabel mit Energie.<br />

Die Ladestationen befinden sich stets<br />

in unmittelbarer Nähe zu einem<br />

Restaurant oder einer kulturellen<br />

Einrichtung. So wird aus dem Tankauch<br />

ein Genussstopp.<br />

Nachhaltige <strong>Baselland</strong>-Tipps:<br />

Engagiert beim Programm Swisstainable<br />

<strong>Baselland</strong> Tourismus nimmt aktiv am<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>sprogramm Swisstainable<br />

des Schweizer Tourismus<br />

teil. Die Tourismusorganisation<br />

will einerseits selber einen<br />

aktiven Beitrag zu einem nachhaltigeren<br />

Tourismus leisten und<br />

verfolgt andererseits das Ziel, laufend<br />

weitere Betriebe aus dem Baselbiet<br />

für das <strong>Nachhaltigkeit</strong>sprogramm<br />

Swisstainable zu gewinnen.<br />

Weitere Informationen und Erlebnisse<br />

unter: www.entdeckerland.ch<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 51


Waldenburgerbahn<br />

Das «Waldeburgerli»<br />

kehrt zurück<br />

Die Waldenburgerbahn nimmt<br />

am 11. Dezember <strong>2022</strong> als<br />

BLT-Linie 19 wieder ihren Betrieb<br />

auf. Die runderneuerte<br />

Bahn setzt auf <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

in allen Bereichen.<br />

Reto Anklin<br />

Nicht mehr im traditionellen<br />

rot-weiss, sondern in den BLT-Farben<br />

gelb-rot nehmen am kommenden<br />

11. Dezember die Züge der<br />

neuen Waldenburgerbahn (WB) den<br />

fahrplanmässigen Betrieb wieder<br />

auf. Mit dem Farbwechsel beginnt<br />

nach der mehr als ein Jahr dauernden<br />

Bauzeit, bei der kein Schotterstein<br />

auf dem anderen geblieben ist,<br />

im Waldenburgertal ein neues<br />

Eisenbahnzeitalter an. Dabei spielt<br />

die <strong>Nachhaltigkeit</strong> eine grosse Rolle.<br />

Zu dieser trägt das digitale<br />

Zugsteuerungs- und Zugsicherungssystem<br />

CBTC bei. Die Abkürzung<br />

steht für «Communication-based<br />

Train Control» oder «kommunikationsbasierte<br />

Zugkontrolle». Auffälligstes<br />

Merkmal der neuen Technik:<br />

Es stehen keine Signale mehr<br />

entlang der Bahnstrecke. Ein Display<br />

im Führerstand zeigt den führenden<br />

Personen alle nötigen Informationen<br />

und Signalbefehle an. Dies reduziert<br />

die Unterhaltskosten, da an der<br />

Bahnstrecke keine Signale mehr zu<br />

warten sind. CBTC bietet aber noch<br />

weitere Vorteile: Die Züge fahren<br />

gleichmässig und schonend. Dies<br />

52 <strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong>


eduziert den Elektrizitätsverbrauch<br />

und bewahrt Gleise und<br />

Räder vor übermässigem Verschleiss<br />

durch zu starkes Bremsen<br />

oder Beschleunigen.<br />

Höhere Energieeffizienz<br />

Mit nachhaltiger Technik ausgestattet<br />

sind auch die auf einer breiteren<br />

Fahrspur als bisher verkehrenden,<br />

neuen Tramlink-Fahrzeuge des<br />

Schweizer Herstellers Stadler-Rail.<br />

Bremsen die Fahrzeuge ab, wird die<br />

dabei entstehende Bremsenergie<br />

zurück ins Fahrleitungsnetz gespiesen<br />

und kann beim Anfahren wieder<br />

genutzt werden. Möglich macht dies<br />

ein moderner Hochleistungsspeicher,<br />

ein Superkondensator, am<br />

WB-Standort Bachmatten.<br />

Ökologisch und ressourcenschonend<br />

präsentieren sich auch der<br />

neue Bahnhof und die Betriebsgebäude<br />

in Waldenburg. Die Pelletheizung<br />

sorgt dort in der kalten<br />

Jahreszeit für eine angenehme<br />

Raumtemperatur und die Solaranlage<br />

auf dem Dach für warmes<br />

Wasser. Zudem produzieren Photovoltaik-Anlagen<br />

auf dem Bahnhofdach<br />

sowie auf den Dächern der<br />

Technikkabinen entlang der Strecke<br />

Elektrizität. Mit der PV-Anlage im<br />

Bahnhof Waldenburg kann die BLT<br />

zwischen 50 und 70 Prozent des<br />

Strombedarfs der Bahnhofanlage<br />

abdecken, bei den Technikkabinen<br />

ist es rund die Hälfte des Strombedarfs.<br />

Gedimmte Beleuchtung<br />

Passagieren, die in der Nacht die<br />

Waldenburgerbahn benutzen, zeigt<br />

sich das nachhaltige Betriebskonzept<br />

mit der bedarfsgerechten<br />

Beleuchtung: Sind keine Personen<br />

auf dem Perron, leuchten die<br />

Lampen nur mit fünf Prozent ihrer<br />

Leuchtkraft. Sobald sich eine Person<br />

oder die Bahn dem Bahnsteig<br />

nähert, sorgen Bewegungssensoren<br />

dafür, dass die Beleuchtung heller<br />

wird. Entfernen sich die Person und<br />

die Bahn, wird die Beleuchtung<br />

automatisch wieder auf das Minimum<br />

gedimmt. Die bedarfsgerechte<br />

Beleuchtung spart nicht nur Energie,<br />

sondern reduziert auch die<br />

Lichtverschmutzung. Davon profitieren<br />

nachtaktive Insekten und<br />

Falter.<br />

Für die ausgedienten Züge der<br />

Waldenburgerbahn hat die BLT<br />

ebenfalls eine nachhaltige Lösung<br />

gefunden. Die sieben Triebwagen<br />

«BDe 4/4» und die zehn Steuerwagen<br />

«Bt Schindler» sind nicht auf<br />

dem Schrottplatz gelandet, sondern<br />

transportieren in der Slowakei<br />

weiterhin Fahrgäste. Die Bahngesellschaft<br />

«Čiernohronská železnica»<br />

aus «Čierny Balog» hat das alte<br />

WB-Rollmaterial erworben. Dieses<br />

wurde im April vergangenen Jahres<br />

inklusive Ersatzteile in die Slowakei<br />

transportiert.<br />

www.blt.ch/wb<br />

BILD: BLT ARCHIV<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 53


gv.ch


Impressum<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong><br />

Wirtschaftsguide<br />

Region Basel-Landschaft<br />

<strong>Special</strong> «<strong>Nachhaltigkeit</strong>»<br />

November <strong>2022</strong><br />

Auflage: 22 500 Exemplare<br />

(<strong>Deutsch</strong> und Englisch)<br />

Herausgeberin<br />

Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong><br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong><br />

Haus der Wirtschaft<br />

Hardstrasse 1<br />

CH-4133 Pratteln<br />

Tel. 061 927 64 64<br />

info@kmu.org<br />

Gesamtkonzept<br />

Christoph Buser,<br />

Direktor Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong><br />

Daniel Schaub,<br />

Projekt- und Redaktionsleitung<br />

Redaktion<br />

Daniel Schaub (Leitung)<br />

Patrick Herr,<br />

Loris Vernarelli,<br />

Delia Pfirter,<br />

Reto Anklin<br />

Grafisches Konzept,<br />

Layout und Prepress<br />

Marco Pendt<br />

Korrektorat<br />

Birgit Althaler<br />

Übersetzungen<br />

Robert Conrad<br />

Druck<br />

Birkhäuser+GBC AG, Reinach BL<br />

www.birki.ch<br />

Inserate und Paid Content<br />

IWF AG, 4133 Pratteln<br />

inserate@iwf.ch<br />

Die Verwendung von textlichem und<br />

illustrativem Inhalt dieses<br />

Magazins bedarf der ausdrücklichen<br />

Genehmigung durch die Herausgeberin.<br />

© Wirtschaftskammer <strong>Baselland</strong>, <strong>2022</strong><br />

Die Herausgabe dieses Magazins in<br />

deutscher und englischer Sprache wird<br />

unterstützt von der Standortförderung<br />

<strong>Baselland</strong>.<br />

www.economy-bl.ch<br />

<strong>Baselland</strong> <strong>Business</strong> 55


inanzen<br />

Sicher und nachhaltig: Wir sind die<br />

zukunftsorientierte Bank der Schweiz.<br />

Wir sind eine sichere Bank – und nachhaltig dazu:<br />

Seit über 150 Jahren da für Mensch, Gesellschaft und Umwelt.<br />

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