KölnerLeben Dezember/Januar 2022/23
Gut informiert älter werden! √ Leben in Köln: Selbstverteidigung – Wie Sie brenzlige Situationen meistern √ Leben in Köln: Hospize - Am Lebensende gut begleitet √ Raus aus Köln: Silvester im Kloster - Besinnung statt Böllerei
Gut informiert älter werden! √ Leben in Köln: Selbstverteidigung – Wie Sie brenzlige Situationen
meistern √ Leben in Köln: Hospize - Am Lebensende gut begleitet √ Raus aus Köln: Silvester im Kloster - Besinnung statt Böllerei
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
16<br />
Leben in Köln<br />
Selbstverteidigung<br />
Auch die Stimme ist ei<br />
Selbstverteidigung – das klingt nach Kampfkunst,<br />
fliegenden Fäusten und rasanter Reaktionsfähigkeit.<br />
Um zu verhindern, Opfer eines Angriffs zu werden,<br />
kann man aber viel früher ansetzen.<br />
Ein fester Schritt, ein wachsames Auge auf die Umgebung<br />
und ein wenig Vorbereitung, so lassen sich die<br />
gängigen Ratschläge zusammenfassen, um brenzlige<br />
Situationen zu vermeiden. Fachleute sprechen gern<br />
von Selbstbehauptung, die bis ins hohe Alter hinein<br />
trainiert werden kann. Sie ist gewissermaßen die kleine<br />
Schwester der Selbstverteidigung und stärkt das<br />
eigene Sicherheitsempfinden, auch wenn die körperlichen<br />
Fähigkeiten nachlassen. Das gilt ebenso, wenn<br />
man sich plötzlich in einer unbehaglichen Situation<br />
wiederfindet. Denn auch hier hilft eine selbstsichere<br />
Ausstrahlung und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.<br />
Durchtrainiert muss man dafür nicht sein.<br />
Die Kölner Polizei begrüßt das auch bei älteren Menschen<br />
gestiegene Interesse an Selbstverteidigung und<br />
Selbstbehauptung. Christoph Gilles, Hauptkommissar<br />
und Pressesprecher der Kölner Polizei, gibt zu<br />
bedenken, dass das Training an die individuellen Fähigkeiten<br />
angepasst werden müsse. Eingeschränkte<br />
Fitness und nachlassende kognitive Fähigkeiten seien<br />
zu berücksichtigen. Ungeeignete Techniken und<br />
Selbstüberschätzung bergen Gefahren. Insbesondere<br />
vom Mitführen von Waffen wie Pfefferspray, Messern<br />
oder gar Gaspistolen rät die Polizei ab. Angreifer,<br />
die für ihre Taten eine gewisse „kriminelle Energie“<br />
mitbringen, würden die Waffen an sich reißen und<br />
gegen ihre Opfer einsetzen.<br />
Grundsätzlich empfiehlt die Polizei Vorsorge: Nicht<br />
zu viel Bargeld mitführen, nicht alleine Besorgungen<br />
bei der Bank machen, beim Geldabheben auf Fremde<br />
achten, nicht unnötig Wertgegenstände transportieren,<br />
Geld, Kredit- oder Scheckkarten in verschiedenen<br />
Taschen und möglichst dicht am Körper verstauen.<br />
Im Ernstfall sollten Ältere, so die Empfehlung<br />
der Polizei, auf Widerstand verzichten, wenn die<br />
Täter es beispielsweise auf eine Handtasche abgesehen<br />
haben. Die Gefahr, sich zu verletzen, sei groß.<br />
Gleichzeitig verweist Sprecher Gilles auf die seit<br />
Jahren sinkende Zahl von Taten, die die Polizei der<br />
Straßenkriminalität zurechnet. Auf Kölner Stadtgebiet<br />
wurde der Höchststand 2014 erfasst: 47.086<br />
Diebstähle, Raubüberfälle und ähnliche Delikte. 2021<br />
war diese Zahl auf 30.581 gesunken. Dabei gab es<br />
1.862 verletzte Menschen, 82 von ihnen schwer.<br />
Das defensive Denken ablegen<br />
Es gibt aber auch ältere Menschen, die sich nicht<br />
damit begnügen wollen, den möglichen Schaden zu<br />
begrenzen. Karl-Heinz Güldenberg steht im Krav-<br />
Maga-Institut in Poll. Seine 63 Jahre sieht man dem<br />
durchtrainierten ehemaligen Zeitsoldaten nicht an.<br />
Sicherer Stand, sicheres Auftreten und ein gesundes<br />
Selbstbewusstsein, das sind die Ziele der Kurse, die<br />
er für alle Altersgruppen anbietet. Er demonstriert,<br />
was das konkret heißt: Beine nebeneinander, schulterbreit<br />
auseinander und die Hände nach vorne. Er<br />
hält sie auf Brusthöhe, die Arme auf halbe Länge<br />
ausgestreckt. „Das wirkt beschwichtigend. Ich kann<br />
aber auch schnell reagieren, wenn mir jemand zu<br />
nahe kommt“, sagt er, stellt einen Fuß zurück, dreht<br />
sich kaum merklich und strahlt plötzlich deutlich<br />
wahrnehmbar eine erhöhte Bereitschaft aus. Angriff,<br />
Abwehr oder Flucht: Alles, außer zum Opfer zu werden,<br />
das sei der Geist hinter Krav Maga, einer aus<br />
Israel stammenden Verteidigungstechnik.<br />
„Wir wollen das defensive Denken ablegen“, sagt<br />
Trainer Güldenberg und meint damit auch die älteren<br />
unter seinen Teilnehmern. Jeder müsse „mit dem<br />
Arsenal arbeiten“, das ihm zur Verfügung stehe. Er<br />
demonstriert eine andere „Waffe“ und wird laut. Mit<br />
seiner Stimme und klaren Ansagen hält er einen fiktiven<br />
Angreifer auf Distanz. Der rechne insbesondere<br />
bei älteren Menschen gar nicht damit, auf Gegenwehr<br />
zu stoßen. Ausgestreckte Arme, ein Rollator, der ihm<br />
<strong>KölnerLeben</strong> Heft 6 | 22