24.11.2022 Aufrufe

Die neue Herbst/Winterausgabe ist da

Nach unserer erfolgreichen Jahrestagung im September in Berlin haben wir die 3. Ausgabe des knw Journals zusammengestellt, mit vielen Informationen aus den Workshops und Impressionen von der Veranstaltung. In der neuen knw Journal stellen wir auch den frischgewählten Vorstand vor. Außerdem gibt es wieder viele aktuelle Informationen rund um Familien mit chronisch kranken Kindern und Jugendlichen von uns und aus dem Netzwerk. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Nach unserer erfolgreichen Jahrestagung im September in Berlin haben wir die 3. Ausgabe des knw Journals zusammengestellt, mit vielen Informationen aus den Workshops und Impressionen von der Veranstaltung. In der neuen knw Journal stellen wir auch den frischgewählten Vorstand vor. Außerdem gibt es wieder viele aktuelle Informationen rund um Familien mit chronisch kranken Kindern und Jugendlichen von uns und aus dem Netzwerk. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

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knw journal<br />

des Kindernetzwerk e.V.<br />

Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern<br />

und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen<br />

und Behinderungen<br />

Ausgabe 02 2022


Unser knw-journal<br />

Liebe Leser:innen,<br />

Sie öffnen hiermit die dritte Ausgabe unseres <strong>neue</strong>n digitalen Journals, <strong>da</strong>nke für Ihr<br />

Interesse <strong>da</strong>ran! Wir freuen uns sehr, <strong>da</strong>ss unser knw journal auch zunehmend gern<br />

innerhalb der Mitgliedsorganisationen geteilt wird – genau so soll es sein! Senden<br />

Sie uns bitte auch weiter Ihre Inhalte aus den Mitgliedsorganisationen direkt an<br />

jackel@kindernetzwerk.de – ganz herzlichen Dank! Übrigens auch Vorschläge, welche<br />

Themen wir als Kindernetzwerk (knw) gemeinsam mit Ihnen angehen sollten, egal ob<br />

politisch oder als Unterstützungsangebot für die Familien. <strong>Die</strong>se Anregungen sind<br />

unglaublich wertvoll für uns.<br />

Wir erleben derzeit, <strong>da</strong>ss viele Menschen in großer Sorge sind. Neben den alltäglichen<br />

Herausforderungen bei der Sorge um ein chronisch krankes Kind und der fort<strong>da</strong>uernden<br />

Pandemie sind nun die sozialen, psychologischen und ökonomischen Folgen<br />

in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg überall zu spüren, auch in den<br />

Familien, die sich an uns wenden. Unter diesen besonderen Bedingungen <strong>ist</strong> auch die<br />

Selbsthilfe sehr herausgefordert. Denn viele Menschen sind seelisch geschwächt,<br />

können sich aber nicht immer aufraffen, sich Hilfe zu holen bzw. finden manchmal<br />

nicht die Zeit, sich durch Selbsthilfe zu stärken.<br />

Wir konnten uns mit vielen von Ihnen und Euch auf unserer Mitgliederversammlung<br />

und der anschließenden Jahrestagung in Berlin am 16. und 17.09.22 im<br />

Hotel Aquino hierzu austauschen. <strong>Die</strong> Rückmeldungen unserer Teilnehmer:innen aus<br />

den Workshops, wie wir die Selbsthilfe „fit machen für die Zukunft“ und dies unter<br />

den besonderen Bedingungen, werten wir derzeit intensiv aus. <strong>Die</strong>ses Wochenende war<br />

etwas Besonderes für uns, denn so konnten wir endlich wieder unseren Mitgliedern<br />

begegnen und hören, wo es Probleme gibt, derer wir uns annehmen sollten.<br />

Auch <strong>da</strong>s gemeinsame Rahmenprogramm haben wir sehr genossen.<br />

Nun hoffen wir, <strong>da</strong>ss Sie wieder eine Reihe von Artikeln finden, die Sie und Euch<br />

interessieren!<br />

Alles Liebe für Sie und Ihre Familien!<br />

Ihr knw journal-Re<strong>da</strong>ktionsteam


Inhaltsverzeichnis<br />

3 Aus dem Kindernetzwerk<br />

25 Aus Politik & Gesellschaft<br />

37 Aus dem Gesundheitswesen<br />

41 Buchtipps<br />

43 Für unsere „very special children“<br />

48 Unsere Glosse „zu guter Letzt“<br />

49 Impressum


Aus dem Kindernetzwerk


4<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Wir haben eine <strong>neue</strong> Adresse:<br />

Kindernetzwerk e.V.<br />

Benzstraße 2<br />

63741 Aschaffenburg<br />

Wir mussten umziehen, dies <strong>ist</strong> die <strong>neue</strong> Adresse<br />

unserer Geschäftsstelle.<br />

<strong>Die</strong> Berliner Adresse unseres Hauptstadtbüros<br />

bleibt bestehen.<br />

Save the <strong>da</strong>te: Wir feiern unser 30. Jubiläum<br />

vom 15.-17.09.2023<br />

Hiermit weisen wir Sie schon heute auf unsere<br />

Jubiläumstagung vom 15.-17. September 2023 hin.<br />

Merken Sie sich dieses Wochenende bitte bereits<br />

jetzt vor!<br />

Wir möchten 30 Jahre Kindernetzwerk e.V. mit<br />

Ihnen und Euch gebührend feiern. Seit nunmehr<br />

drei Jahrzehnten setzt sich <strong>da</strong>s Kindernetzwerk als<br />

Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit betroffenen<br />

Kindern oder jungen Erwachsenen für<br />

Ihre und Eure Belange ein. <strong>Die</strong> Einladung mit den<br />

Details zu Inhalten und Ort senden wir Ihnen rechtzeitig<br />

zu.


Aus dem Kindernetzwerk<br />

5<br />

Bericht zu unserer knw-Mitgliederversammlung<br />

Am Freitag, 16.09.2022, fand von 16 bis 19 Uhr im<br />

schönen Berliner Hotel Aquino unsere Mitgliederversammlung<br />

statt, die moderiert und geleitet wurde<br />

von der Geschäftsführerin des Kindernetzwerks<br />

Dr. Henriette Högl.<br />

Hier finden Sie eine Zusammenfassung zur Mitgliederversammlung:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/de/agen<strong>da</strong>/<br />

News/2022/knw-Mitgliederversammlung.php<br />

Als <strong>neue</strong>r Vorstand wurde von der Mitgliederversammlung<br />

nach deren Vorstellung gewählt:<br />

Dr. Annette Mund (1. Vorsitzende)<br />

Dr. Richard Haaser (stellvertretender Vorsitzender)<br />

Susann Schrödel (stellvertretende Vorsitzende)<br />

Als Beisitzende wurden folgende Personen wieder-<br />

bzw. neu gewählt:<br />

Lars Glöckner<br />

Elke Hauke<br />

Volker Koch<br />

Dr. Johannes Oepen<br />

Dr. Gabriele Trost-Brinkhues<br />

Elfriede Zoller<br />

Sie finden weiter unten Interviews zu den Vorständen<br />

in <strong>neue</strong>n Funktionen.


6<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Bericht von unserer Jahrestagung<br />

Endlich konnten wir mal wieder eine Jahrestagung<br />

in Präsenz abhalten! Obwohl <strong>da</strong>s Thema rein auf<br />

die Selbsthilfe bezogen war und somit der Personenkreis<br />

eng eingegrenzt, hatten sich knapp 50<br />

Personen zu unserer Jahrestagung angemeldet,<br />

welche wir im Vorfeld breit beworben hatten. Dank<br />

der Förderung der Veranstaltung durch die „GKV<br />

Gemeinschaftsförderung Selbsthilfe auf Bundesebene“<br />

konnten wir diese gut durchführen.<br />

Um 9 Uhr ging es los mit einer herzlichen Begrüßung<br />

durch die Kndernetzwerk-Vorsitzende Dr. Annette<br />

Mund und die Moderatorin Kathrin Jackel-Neusser<br />

(Geschäftsführerin des knw).<br />

Dann sprach Dr. Chr<strong>ist</strong>opher Kofahl vom Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf, Institut für<br />

Medizinische Soziologie (IMS), stellvertretender<br />

Direktor und Koordinator Patientenorientierung<br />

und Selbsthilfe, zum Thema: „Welche Rolle hat die<br />

Selbsthilfe in unserer heutigen Gesellschaft? Sind<br />

die Ansätze der klassischen Selbsthilfeorganisation<br />

noch zeitgemäß?“<br />

Seinen Vortrag können Sie hier nachlesen.<br />

Anschließend sprach die studierte Erziehungswissenschaftlerin<br />

Merve Mutluhan (Mina e.V) zum<br />

Thema: „Rollenmuster in den Familien und ihre<br />

(kultursensitive) Reflexion“. Sie schilderte eindrucksvoll,<br />

wie es der Organisation Mina e.V. gelungen<br />

<strong>ist</strong>, türkisch- und arabischsprachige bzw.<br />

aus diesem Kulturraum stammende Menschen mit<br />

chronisch kranken oder behinderten Kindern in<br />

ihre Organisation einzubinden und für die Selbsthilfe<br />

zu bege<strong>ist</strong>ern. Dabei zeigte sie, wie durch<br />

niedrigschwellige Angebote (gemeinsames Grillen,<br />

Kochen, Basteln) erst die Frauen, <strong>da</strong>nn die ganzen<br />

Familien und später zusätzlich separat die Männer<br />

<strong>da</strong>zu aktiviert wurden, Gruppen der Selbsthilfe zu<br />

eröffnen. Dabei berichtete sie, <strong>da</strong>ss die Väter so in<br />

der Gruppe gestärkt lernten, ihre Unsicherheit zu<br />

überwinden und allein barrierefreie Aktivitäten mit<br />

ihren Kindern zu planen, so <strong>da</strong>ss der Zusammenhalt<br />

mit diesen wuchs und die Mütter sich in der<br />

Zeit gut erholen konnten.<br />

Den dritten Vortrag des Vormittages hielt Benita<br />

Eisenhardt (Referentin Projekte und Entwicklung<br />

beim knw) zum Thema: „Selbsthilfe und Partizipation<br />

– <strong>Die</strong> Rolle der Selbsthilfe chronisch kranker<br />

Kinder im Kontext gesetzlicher Entwicklungen hin


Aus dem Kindernetzwerk<br />

7<br />

zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe“.<br />

Ihren Vortrag können Sie hier nachlesen...<br />

Anschließend wurde <strong>da</strong>s Videostatement zum<br />

Thema Partizipation von Kerstin Held, Bundesverband<br />

behinderter Pflegekinder e.V., übertragen,<br />

die an diesem Tag leider nicht persönlich zugegen<br />

sein konnte. Ihrem Rat folgend wird <strong>da</strong>s knw nun<br />

einen wiederkehrenden Think Tank zur Begleitung<br />

des Gesetzesprozesses der Inklusiven Lösung etablieren.<br />

Zu dessen genauer Umsetzung und den<br />

Terminen werden Sie bald ein Anschreiben von uns<br />

erhalten.<br />

Im Anschluss begann nach einer Kaffeepause<br />

die Arbeit in den Workshops der Jahrestagungs-<br />

Zukunftswerkstatt.<br />

Programm der Jungen Selbsthilfe zur Jahrestagung<br />

<strong>Die</strong> Junge Selbsthilfe im Kindernetzwerk war den<br />

Vormittag über im Bundestag und konnte sich <strong>da</strong>s<br />

Gebäude sowie die Reichstagskuppel ansehen und<br />

einen Vortrag anhören. <strong>Die</strong> Reise- und Hotelkosten<br />

wurden <strong>da</strong>nk der Förderung der Jahrestagung vom<br />

knw übernommen.<br />

der Kinderkommission) aus. Thema war vor allem<br />

<strong>da</strong>s Forderungspapier der Jungen Selbsthilfe zum<br />

Thema Inklusion in Schule, Ausbildung, Uni und auf<br />

dem Arbeitsmarkt.<br />

<strong>Die</strong>ses Forderungspapier wird nun auch fortlaufend<br />

in den Politikgesprächen des knw vorgestellt und<br />

wurde bereits zahlreichen Politiker:innen zugesendet.<br />

Nach einer Mittagspause ging es weiter mit dem<br />

Workshop der Jungen Selbsthilfe, geleitet von Volker<br />

Koch und Lisa Warmo vom knw: In ihm tauschten<br />

sich die jungen Selbsthilfe-Mitglieder mit der<br />

Bundestagsabgeordneten Nina Stahr (Bildungspolitische<br />

Sprecherin der Grünen im Bundestag<br />

und Mitglied im Familien-Ausschuss und (stellv.) in<br />

In den anderen Workshops wurde ebenso intensiv<br />

gearbeitet mit wunderbaren Ergebnissen, die wir<br />

derzeit noch zusammenfassen und zeitnah hier<br />

veröffentlichen und allen Mitgliedern zusenden<br />

werden.


8<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Im Workshop 1, geleitet von Dr. Annette Mund und<br />

Dr. Henriette Högl, wurde Folgendes erarbeitet:<br />

„Zukunft der Selbsthilfe“ (Mitgliedergewinnung, Finanzierungssituation,<br />

strukturelle Be<strong>da</strong>rfe klären)<br />

Im Workshop 2, geleitet von Benita Eisenhardt,<br />

ging es um die „Bedeutung der Netzwerkarbeit für<br />

die Zukunft der Selbsthilfe“.<br />

Im Workshop 3, geleitet von Merve Mutluhan<br />

& Kathrin Jackel Neusser, ging es um <strong>da</strong>s Thema:<br />

„Familienmitglieder in ihren Bedürfnissen erkennen<br />

und gezielt (kultursensitiv) stärken“.<br />

Hier finden Sie die drei Mindmaps, die als Ergebnis<br />

dieses Workshops erstellt wurden und die Sie alle<br />

gerne weiter ausfüllen und mit Leben füllen können:<br />

Ideen, wie man Männer/Väter besser für die Selbsthilfe<br />

bege<strong>ist</strong>ert:<br />

https://padlet.com/heinrich51/48hizayfqulxnvfe<br />

Ideen, wie man Menschen mit Einwanderungsgeschichte<br />

besser für die Selbsthilfe bege<strong>ist</strong>ert:<br />

https://padlet.com/heinrich51/h172zxgiyrbp0pk1<br />

Ideen, wie man Jugendliche/junge Erwachsene<br />

besser für die Selbsthilfe bege<strong>ist</strong>ert:<br />

https://padlet.com/heinrich51/570sjx3v0yw2f1mx<br />

Bald finden Sie eine Zusammenfassung aller Ergebnisse<br />

hier:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/de/agen<strong>da</strong>/Politikportal/2022/Zukunft-der-Selbsthilfe.php<br />

<strong>Die</strong>se Veranstaltung wurde gefördert durch:<br />

Unsere Junge Selbsthilfe trifft sich digital


Aus dem Kindernetzwerk<br />

9<br />

In der Regel am letzten <strong>Die</strong>nstag im Monat ab 19<br />

Uhr und digital treffen sich die Mitglieder unserer<br />

Jungen Selbsthilfe aus unseren Mitgliedsorganisationen.<br />

Organisiert werden diese Treffen von unserer<br />

Ass<strong>ist</strong>entin Lisa Warmo (Studierende der sozialen<br />

Arbeit) und unserem Vorstandsmitglied Volker<br />

Koch, der die Junge Selbsthilfe im Kindernetzwerk<br />

ins Leben gerufen hatte.<br />

Unsere Junge Selbsthilfe dient <strong>da</strong>bei als gemeinsame<br />

Plattform zum Vernetzen und Austauschen,<br />

bringt aber immer auch gemeinsame Forderungspapiere<br />

hervor, wo es Schnittmengen aller gibt.<br />

Hier mehr:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/de/aktiv/Junge-<br />

Selbsthilfe/Junge-Selbsthilfe-im-knw.php<br />

Interview mit Susann Schrödel,<br />

der <strong>neue</strong>n stellvertretenden Vorsitzenden im knw


10<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Liebe Frau Schrödel,<br />

erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Wahl in<br />

den Vorstand des Kindernetzwerks!<br />

Können Sie ein paar Worte zu sich sagen?<br />

Wie kamen Sie in die Selbsthilfe?<br />

Vielen Dank für die Chance, mich hier vorstellen zu<br />

können. Und vielen Dank für jede einzelne Stimme,<br />

mit der mir <strong>da</strong>s Vertrauen geschenkt <strong>ist</strong>, den Vorstand,<br />

<strong>da</strong>s Kindernetzwerk, seine Mitgliedorganisationen<br />

und letztendlich jede ihrer Familien tatkräftig<br />

vertreten und unterstützen zu dürfen. Das <strong>ist</strong><br />

mir ein großer Ansporn, den begonnen Weg mutig<br />

fortzusetzen.<br />

Ich bin Susann Schrödel. Ich bin 53 Jahre, verheiratet<br />

und habe zwei wunderbare Söhne. Würde man<br />

meine Familie fragen, würde sie sagen, <strong>da</strong>ss ich<br />

mich liebevoll bestimmend für Kinder und Jugendliche<br />

und insbesondere für solche mit chronischer<br />

Erkrankung einsetze. Würde man Freunde fragen,<br />

würden sie hervorheben, <strong>da</strong>ss ich oft sehr kreative<br />

Wege gehe und <strong>da</strong>bei Menschen und Ideen verknüpfe.<br />

Außenstehende bemerken me<strong>ist</strong> meine<br />

ungewöhnlichen Fragen, mit denen ich Dingen auf<br />

den Grund gehen möchte. Alle gemeinsam würden<br />

sicher die Vielfältigkeit meines Engagements unterstreichen.<br />

Meine Reise in der Selbsthilfe begann Ende 2018.<br />

Wir hatten zuvor mit einem meiner Söhne und als<br />

Familie einen heftigen Lebenssturm me<strong>ist</strong>ern müssen.<br />

Heute bin ich so <strong>da</strong>nkbar, <strong>da</strong>ss ich einerseits<br />

auf meine systemische Ausbildung zurückgreifen<br />

konnte und zum anderen gute Freunde an meiner<br />

Seite hatte. So konnten wir in unbekanntes Land segeln.<br />

<strong>Die</strong>se Erfahrungen und <strong>da</strong>s gewonnene Wissen<br />

setze ich seit 2018 für Kinder, Jugendliche und<br />

junge Erwachsene mit Hypophysen – und Nebennierenerkrankungen<br />

und deren Familien ein.<br />

Ich leite die Regionalgruppe Rhein-Main für Jugendliche<br />

und junge Erwachsene mit Hypophysenund<br />

Nebennierenerkrankungen und deren Familien<br />

im Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen<br />

e.V. Mir liegt besonders am Herzen,<br />

Kinder und Jugendliche in ihrem Umfeld so zu unterstützen,<br />

<strong>da</strong>ss sie mit ihrer Erkrankung selbstbewusst,<br />

selbstverantwortlich und achtsam umgehen<br />

lernen. Familien unterstütze ich, mit einer Diagnose<br />

umgehen zu lernen, herausfordernde Zeiten zu<br />

me<strong>ist</strong>ern und als Familie stark zu bleiben.<br />

<strong>Die</strong> 2018 begonnen Reise setze ich seitdem fort –<br />

quasi Seemeile für Seemeile. Ich freue mich deshalb<br />

sehr auf die Arbeit im und mit dem knw.<br />

Wie kam es, <strong>da</strong>ss Sie sich im knw engagieren<br />

wollten? Was verbindet Sie mit dem knw?<br />

Ich möchte bei dem Bild der Reise bleiben. Eine Reise<br />

wird <strong>da</strong>nn zu etwas Besonderem, wenn man mit<br />

Gleichgesinnten in einer neugierigen, wohlwollenden<br />

und unterstützenden Reisegruppe reisen kann,<br />

die vielfältige Stärken auf ein Ziel bündelt. Das Kindernetzwerk<br />

habe ich genauso kennen und vor allem<br />

schätzen gelernt.<br />

Sie haben sich auf der Mitgliederversammlung<br />

unter anderem mit einer liebevoll vorbereiteten<br />

Illustration (siehe oben) vorgestellt. Sind Sie oft so<br />

kreativ?<br />

Kreativität begleitet mich täglich. Ich bezeichne<br />

mich gern als Kreativschaffende, bin me<strong>ist</strong> mit Stift,<br />

Papier oder digital mit meinem IPad unterwegs. So<br />

halte ich Emotionen, Ereignisse und Begegnungen<br />

fest und drücke mich <strong>da</strong>mit aus. Im Beruf setze ich


Aus dem Kindernetzwerk<br />

11<br />

es ein, um <strong>da</strong>s Gesprochene in Workshops oder<br />

Sitzungen bildlich <strong>da</strong>rzustellen und Menschen <strong>da</strong>mit<br />

zu helfen, sich besser zu verstehen und <strong>neue</strong><br />

Ideen zu entwickeln. Ich mache Worte sichtbar.<br />

Das hilft mir und Ratsuchenden auch in der Peer-<br />

Beratung. Einerseits können wir abgleichen, ob bei<br />

den Gesprächspartner:innen die gleichen Bilder im<br />

Kopf sind und alle von demselben sprechen. Andererseits<br />

können Handlungsweisen aufgezeichnet<br />

besser vereinbart werden.<br />

Ich habe gemerkt, <strong>da</strong>ss es gerade Kindern oft viel<br />

leichter fällt, sich mit dem Stift auszudrücken, und<br />

es ihnen so besser gelingt, auf ihre Bedürfnisse hinzuweisen.<br />

Daraus habe ich einen Workshop entwickelt,<br />

mit dem Kinder eine ganz einfache bildliche<br />

Ausdrucksform erlernen können z.B. in der Kommunikation<br />

mit Eltern oder Behandlern. Stift, Papier<br />

und Kreativität sind etwas sehr Kraftvolles und<br />

Magisches.<br />

Welche Themen liegen Ihnen besonders am<br />

Herzen, was möchten Sie gerne im knw erreichen?<br />

Strukturen, aber auch zwischen Gesundheits- und<br />

Bildungssystem und der Politik. Ich bin absolut sicher,<br />

<strong>da</strong>ss es im knw und seinen Mitgliedsorganisationen<br />

einen riesigen Wissens- und Erfahrungsschatz<br />

gibt, an dem wir alle noch besser partizipieren können,<br />

wenn uns Vernetzung und Kommunikation<br />

noch besser gelingen.<br />

Auf der Jahrestagung haben wir <strong>da</strong>s Thema Zukunftsfähigkeit<br />

der Selbsthilfe gemeinsam beleuchtet.<br />

Auch mir <strong>ist</strong> es ein besonderes Anliegen, Ideen<br />

mitzuentwickeln. Schaue ich <strong>da</strong>bei auf meine Regionalgruppe<br />

für Kinder und Jugendliche, so beginnt<br />

die Zukunftsfähigkeit <strong>da</strong>mit, <strong>da</strong>ss ich die Beteiligten<br />

frage, welche Themen sie interessieren, wie Kommunikation<br />

gestaltet werden soll, <strong>da</strong>mit sie wahrgenommen<br />

wird, wie Unterstützung angenommen<br />

werden kann. Ich habe gelernt, neugierig zuzuhören<br />

und mir viel Neues beibringen zu lassen. Ich<br />

bin ehrlich stolz, <strong>da</strong>ss meine Vertretung eine nun<br />

18-jährige junge Frau <strong>ist</strong> und wir uns gegenseitig<br />

wunderbar ergänzen. Das <strong>ist</strong> für mich ein erster<br />

Schritt hin zur Zukunftsfähigkeit.<br />

Meine Visualisierung (siehe Bild) macht die vier<br />

Punkte, die ich im Kindernetzwerk einbringen und<br />

weiter voranbringen möchte, sichtbar.<br />

An erster Stelle steht die konkrete Unterstützung<br />

für chronisch kranke und behinderte Kinder und<br />

Jugendliche und deren Familien. Das knw hat bereits<br />

viele konkrete Hilfsangebote: der knw-Lotse,<br />

die persönlichen Peer-Berater:innen und diverse<br />

Schulungsformate sowie die junge Selbsthilfe.<br />

<strong>Die</strong>se zu unterstützen, zu verstetigen und <strong>neue</strong><br />

Impulse zu setzen, <strong>ist</strong> mein Fokus.<br />

Dafür braucht es ein stabiles Netzwerk zwischen<br />

einzelnen Menschen, zwischen Mitgliedsorganisationen<br />

und den dort bereits gut etablierten<br />

Das Kleeblatt meines Engagements komplettiert<br />

der Dialog, denn „Kommunikation <strong>ist</strong> alles, ohne<br />

Kommunikation <strong>ist</strong> alles nichts!“ (Chr<strong>ist</strong>ine Lindenthaler).<br />

Der Dialog zur Vermittlung von Bedürfnissen,<br />

Interessen und Sichtweisen. Ebenso der<br />

stetige Dialog zu Themen, die sich oftmals großartig<br />

anhören, aber in der Praxis noch immer kaum<br />

angekommen sind wie z.B. Inklusion, Nachteilsausgleich,<br />

<strong>da</strong>s Recht auf Bildung und Teilhabe, um nur<br />

einige zu nennen.<br />

In der Jahrestagung des knw haben wir uns gefragt:<br />

Wie machen wir die Selbsthilfe fit für die<br />

Zukunft? Wie <strong>ist</strong> diese zeitgemäß? Was haben Sie<br />

mitgenommen?


12<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Selbsthilfe <strong>ist</strong> für mich mehr als nur der Fokus auf<br />

eine Erkrankung oder Behinderung, mehr als nur<br />

der verständlichere Austausch über Diagnosen und<br />

medizinische Fachbegriffe. Es gibt für mich auch<br />

nicht die eine Definition, die Selbsthilfe allgemeingültig<br />

beschreibt. Im Kern <strong>ist</strong> Selbsthilfe so bunt und<br />

vielfältig, wie wir Menschen sind. Sie wird getragen<br />

von Leitge<strong>da</strong>nken wie z.B. Selbsthilfe <strong>ist</strong> eine Lernwerkstatt<br />

mit vielfältigen Angeboten, in der man<br />

fürs Leben von und mit anderen lernen kann, sie <strong>ist</strong><br />

auf Augenhöhe, vom Prinzip der Gleichheit und der<br />

bedingungslosen Unterstützung getragen.<br />

<strong>Die</strong>se Leitge<strong>da</strong>nken gilt es neu auszugestalten und<br />

zu leben. Dafür braucht es Menschen, die diese<br />

Vielfalt zulassen, flexibel und offen sind sowie<br />

Menschen, die Fehler als helFer verstehen.<br />

<strong>Die</strong> Fragen stellte Kathrin Jackel-Neusser<br />

(knw-Geschäftsführerin)<br />

Kontakt zu Susann Schrödel<br />

Email: schroedel@kindernetzwerk.de<br />

Telefon / WhatsApp / Threema / Signal / Telegram:<br />

0172-7028082<br />

Auch auf Xing / LinkIn / Facebook zu erreichen<br />

Instagram: @glandinchen<br />

Interview mit Lars Glöckner,<br />

neu gewähltes Mitglied des<br />

erweiterten knw-Vorstandes<br />

Lieber Herr Glöckner, wir gratulieren Ihnen zur<br />

Wahl in den erweiterten Vorstand des Kindernetzwerks!<br />

Können Sie ein paar Worte zu sich sagen?<br />

Erst einmal ganz herzlichen Dank an die Mitgliederversammlung<br />

für <strong>da</strong>s ausgesprochene Vertrauen.<br />

Ich bin seit fast 10 Jahren ehrenamtlich aktiv<br />

in der Deutsche(n) Klinefelter-Syndrom Vereinigung<br />

e.V. als 1. Vorsitzender. Ich stehe gern in der<br />

Öffentlichkeit und berichte über die Selbsthilfearbeit,<br />

unterstütze Familien oder helfe, die richtigen<br />

Ansprechpartner:innen und Ärztinnen und Ärzte zu<br />

finden. Mit diesem Bündel an Erfahrungen glaube<br />

ich, auch im knw in vielen Bereichen unterstützen<br />

und Themen voranbringen zu können.<br />

Wie hat die Selbsthilfe Ihr eigenes Leben verändert?<br />

Vor 24 Jahren war ich selbst auf der Suche nach<br />

Hilfe, nachdem ich die Diagnose 47,xxy Klinefelter-<br />

Syndrom erhalten habe. Der Urologe, der mir eigentlich<br />

Informationen bereitstellen sollte, was <strong>da</strong>s<br />

Klinefelter-Syndrom genau <strong>ist</strong>, hinterließ mich mit<br />

meinen <strong>da</strong>maligen 18 Jahren eher ratlos. Ich bekam<br />

die Info: „Sie müssen Testosteron nehmen und eigene<br />

Kinder sind nicht möglich.“ Das war für mich<br />

nur sehr schwer zu verkraften. Ich suchte nach Hilfe<br />

und fand die Deutsche Klinefelter-Syndrom Vereinigung<br />

e.V. - einige Betroffene, die mich aufklärten<br />

über all <strong>da</strong>s, was ich wissen wollte, und mich auf ein<br />

erstes Treffen mit anderen Betroffenen eingeladen<br />

haben. Nach einigen Jahren hatte ich die richtige


Aus dem Kindernetzwerk<br />

13<br />

Therapie und fühlte mich wohl. Mein Leben hatte<br />

sich durch die richtigen Menschen und Informationen<br />

sehr positiv verändert. Ich beschloss, etwas<br />

„zurückzugeben“ von diesen positiven Erfahrungen,<br />

und begann, mich in die Selbsthilfearbeit einzubringen.<br />

Seit dieser Zeit <strong>ist</strong> Selbsthilfe für mich<br />

ein wichtiges Thema und ich freue mich, immer<br />

wieder <strong>neue</strong> Menschen für die Selbsthilfearbeit<br />

bege<strong>ist</strong>ern zu können und <strong>da</strong>mit die Möglichkeit<br />

zu haben, gemeinsam mit anderen <strong>da</strong>s Leben von<br />

Menschen mit chronischen Erkrankungen zu verbessern.<br />

Sie haben in Ihrer Vorstellungsrede auf der Mitgliederversammlung<br />

gesagt, Ihnen liegen europäische<br />

Themen am Herzen. Wie kann die Selbsthilfe<br />

sich hier besser verzahnen, unter den möglichen<br />

Rahmenbedingungen und Ressourcen?<br />

In vielen europäischen Ländern gibt es die gleichen<br />

oder ähnliche Probleme: Menschen suchen nach<br />

dem Zugang zu gut aufbereiteten medizinischen Informationen<br />

oder wollen sich mit anderen Betroffenen<br />

und Familien austauschen. Im Rahmen meiner<br />

Selbsthilfearbeit bin ich in Verbindung mit der Organisation<br />

Eurordis, die versucht, Brücken zwischen<br />

europäischen Ländern zu erbauen, die Betroffene<br />

gleicher Krankheitsbilder nutzen können, um sich<br />

auszutauschen und europaweit Mediziner:innen<br />

mit guten Kenntnissen im jeweiligen Bereich zu finden.<br />

Unabhängig von dieser krankheitsspezifischen<br />

inhaltlichen Arbeit bietet die europäische Zusammenarbeit<br />

von verschiedenen Gruppen und Vereinen<br />

die große Chance, die Selbsthilfearbeit zu verbessern<br />

und mit gemeinsamen Aktionen wie z.B.<br />

dem Rare Disease Day eine viel größere Sichtbarkeit<br />

zu erlangen, als dies innerhalb Deutschlands<br />

möglich <strong>ist</strong>.<br />

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen,<br />

was möchten Sie gerne weiter im knw erreichen?<br />

Ich möchte gern die Unterstützung von Kindern<br />

und Jugendlichen im Schulalltag verbessern. Ich<br />

finde, wir müssen <strong>da</strong>bei helfen, für die verschiedenen,<br />

teils auch oftmals unbekannten Erkrankungen<br />

und Syndrome <strong>da</strong>s Wissen rund um Nachteilsausgleiche<br />

und geeignete Hilfsmittel besser zu kommunizieren.<br />

Hierzu könnten weitere Ergänzungen<br />

in die Hilfsmittel- und Maßnahmenkataloge der<br />

gesetzlichen Krankenkassen eine erste Verbesserung<br />

erzeugen. Da Ausbildung in Kindergarten und<br />

Schulen in den jeweiligen Bundesländern verankert<br />

<strong>ist</strong>, gibt es <strong>da</strong>zu viele große regionale Unterschiede.<br />

Jedes Kind muss gute Chancen für den Schulalltag<br />

erhalten, um auch mit persönlichen Einschränkungen<br />

lernen zu können, es ohne Ausgrenzung zu<br />

erfahren.<br />

In der Jahrestagung des knw haben wir uns gefragt:<br />

Wie machen wir die Selbsthilfe fit für die<br />

Zukunft? Wie <strong>ist</strong> diese zeitgemäß? Was haben Sie<br />

mitgenommen?<br />

Selbsthilfe <strong>ist</strong> nicht der sprichwörtliche alte Hut,<br />

den man heute nicht mehr benötigt. Selbsthilfe<br />

steht in unserer Zeit für den Austausch und die<br />

Hilfe von Patient:innen für Patient:innen mit medizinischen<br />

Selbsterkenntnissen auf Augenhöhe mit<br />

der Medizin. Menschen, die sich in die Selbsthilfe<br />

einbringen, können Veränderungen bewirken: im<br />

Freundeskreis, in der Landespolitik oder auch im<br />

Austausch mit Ärzt:innen und bei der Erforschung<br />

<strong>neue</strong>r Heilungsverfahren. Auch in Zeiten von Facebook,<br />

Instagram, WhatsApp und YouTube <strong>ist</strong> es<br />

wichtig, mit modernen Formaten Kinder, Jugendliche<br />

und Eltern zu erreichen und zu zeigen: Du b<strong>ist</strong>


14<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

mit Deinen Sorgen und Deinen Problemen nicht allein.<br />

Hier sind Menschen, die Dir helfen. Und wenn<br />

Du später einmal etwas von dieser Hilfe zurückgeben<br />

möchtest, <strong>da</strong>nn unterstütze uns mit Deinem<br />

Beitrag zur Selbsthilfe, um wieder anderen Menschen<br />

zu helfen. Denn Glück <strong>ist</strong> bekanntlich <strong>da</strong>s<br />

Einzige was sich verdoppelt, wenn man es teilt.<br />

<strong>Die</strong> Fragen stellte Kathrin Jackel-Neusser<br />

(knw-Geschäftsführerin)<br />

Kontakt zu Lars Glöckner<br />

Email: lars.gloeckner@dksv.de<br />

Threema/Telegram/WhatsApp: +49 172 3692369<br />

Interview mit<br />

Dr. med. Richard Haaser,<br />

dem <strong>neue</strong>n stellvertretenden<br />

knw-Vorsitzenden<br />

Lieber Herr Haaser, auch Ihnen herzlichen Glückwunsch<br />

zur Wiederwahl in den Vorstand des Kindernetzwerks!<br />

Sie waren ja schon <strong>da</strong>rin tätig, als<br />

Schriftführer. Können Sie ein paar Worte zu sich<br />

sagen? Wir kamen Sie in <strong>da</strong>s Kindernetzwerk?<br />

Und welche Funktionen hatten Sie bisher?<br />

Ich bin jetzt 71 Jahre alt und war 35 Jahre als Kinder-<br />

und Jugen<strong>da</strong>rzt in der Nähe von Nürnberg niedergelassen.<br />

Über Raimund Schmid und Hubertus<br />

v. Voss bin ich vor 12 Jahren zum knw gekommen,<br />

war über 10 Jahre Kassenwart und seither Schriftführer.<br />

Was <strong>ist</strong> <strong>da</strong>s Besondere am knw?<br />

Es hat sich aus einer sehr kompetenten Beratungsstelle<br />

zu einem schlagkräftigen Dachverband entwickelt,<br />

der die Interessen der Mitglieder auch politisch<br />

sehr gut vertritt.<br />

Sie waren bis vor sechs Jahren als Kinder- und<br />

Jugen<strong>da</strong>rzt tätig. Gibt es etwas, <strong>da</strong>s Ihnen in der<br />

Arzt-Patienten-Kommunikation wichtig war?<br />

Zwei Punkte waren – und sind – mir wichtig und<br />

haben meinen Umgang mit den Kindern und Jugendlichen<br />

und deren Eltern bestimmt: Zum einen,<br />

<strong>da</strong>ss ich - wann immer möglich - auf tatsächlicher<br />

Augenhöhe mit den Kleinen gesprochen habe -<br />

mein höhenverstellbarer Stuhl hat mir <strong>da</strong>bei gute<br />

<strong>Die</strong>nste gele<strong>ist</strong>et. Und <strong>da</strong>ss ich von Anfang an medizinische<br />

Fremdwörter vermieden, also z.B. nicht<br />

von Paroxysmaler Tachycardie, sondern von Anfallsweisem<br />

Herzrasen gesprochen habe. Mit dem<br />

Ergebnis, <strong>da</strong>ss ich im Lauf der Jahre gelegentlich<br />

auch selbst medizinische Begriffe nachschlagen<br />

musste um zu verstehen, wovon meine Kolleg:innen<br />

in Vorträgen oder Fachartikeln eigentlich sprachen.<br />

Haben Ihrer Ansicht nach die me<strong>ist</strong>en Ärzt:innen<br />

die Selbsthilfe mittlerweile gut auf dem Schirm<br />

und kennen den besonderen Wert dieser?


Aus dem Kindernetzwerk<br />

15<br />

Leider <strong>ist</strong> ja <strong>da</strong>s Bild der Selbsthilfe in vielen Köpfen<br />

(nicht nur von Ärzt:innen!) noch immer <strong>da</strong>s des<br />

Stuhlkreises, in dem sich Betroffene gegenseitig ihr<br />

Leid vorjammern. <strong>Die</strong> Kolleg:innen, die selbst in<br />

ihrer Praxis oder Klinik vom knw vertretene Menschen<br />

betreuen, haben durch deren erlebte Kompetenz<br />

sicher eine ganz andere Sicht auf den Wert<br />

einer Selbsthilfe-Organisation.<br />

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen,<br />

was möchten Sie gerne weiter im knw erreichen?<br />

Intern kann die Kommunikation, der Austausch und<br />

die Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedsorganisationen<br />

noch deutlich verbessert werden. Ich verstehe,<br />

<strong>da</strong>ss diese oft schon am Limit ihrer personellen<br />

und finanziellen Ressourcen arbeiten und z.B.<br />

ein Feedback auf Anfragen der Geschäftsstelle oder<br />

des Vorstandes belastend sein kann. Dennoch und<br />

gerade für die kleineren Selbsthilfe-Gruppen und<br />

-Verbände <strong>ist</strong> wichtig, <strong>da</strong>ss sie von Informationen<br />

und Aktionen des Dachverbands und anderer Mitglieder<br />

erfahren und ihre eigenen Erfahrungen und<br />

Wünsche mittteilen.<br />

Für unsere weitere Arbeit <strong>ist</strong> es entscheidend, <strong>da</strong>ss<br />

<strong>da</strong>s knw mit seinen vielfältigen Aktivitäten im Interesse<br />

seiner Mitglieder in Politik und Gesellschaft<br />

noch mehr bekannt und fester verankert wird z.B.<br />

durch Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht im<br />

GBA.<br />

In der Jahrestagung des knw haben wir uns gefragt:<br />

Wie machen wir die Selbsthilfe fit für die<br />

Zukunft? Wie <strong>ist</strong> diese zeitgemäß? Was haben Sie<br />

mitgenommen?<br />

Sie schreiben regelmäßig eine Glosse für <strong>da</strong>s Kindernetzwerk,<br />

zur Mitgliederversammlung haben<br />

Sie abends ein Kabarett entwickelt. War <strong>da</strong>s schon<br />

immer so, <strong>da</strong>ss Sie so ein sprachliches und humor<strong>ist</strong>isches<br />

Talent hatten?<br />

Ja – manchmal zum Schrecken meiner Familie<br />

(„Papa, Du b<strong>ist</strong> mal wieder peinlich…“)<br />

<strong>Die</strong> Fragen stellte Kathrin Jackel-Neusser<br />

(knw-Geschäftsführerin)<br />

Der leider oft überstrapazierte Begriff „Vernetzung“<br />

<strong>ist</strong> auch für <strong>da</strong>s knw <strong>da</strong>s Wichtigste. Im Außenbereich<br />

sind wir in den letzten Jahren schon gut vorangekommen<br />

z.B. durch die erst vor kurzem verwirklichte<br />

Vollmitgliedschaft im neu gegründeten<br />

Bündnis für Kinder- und Jugendgesundheit.<br />

Kontakt zu Dr. med. Richard Haaser<br />

Per Mail an haaser@kindernetzwerk.de


16<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Aktive Väter in der Selbsthilfe<br />

Erstes Beispiel:<br />

Interview mit Uwe Engelmann<br />

vom 5p-minus-Syndrom e.V.<br />

Uwe Engelmann <strong>ist</strong> 42 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt<br />

und unterstützt nach der Arbeit seine Frau mit den<br />

drei gemeinsamen Kindern sowie dem Familienhund,<br />

wo er kann. In seiner Familie sei immer etwas<br />

los, berichtet er selbst. Zudem wurde seine älteste<br />

Tochter mit einem seltenen Gendefekt – dem 5pminus-Syndrom<br />

– geboren, welches die Familie tagtäglich<br />

vor viele weitere Herausforderungen stellt.<br />

Kinder, die mit diesem Gendefekt geboren werden,<br />

sind bei der Geburt me<strong>ist</strong> unterentwickelt. <strong>Die</strong>s ändert<br />

sich jedoch oftmals mit dem Heranwachsen<br />

und <strong>ist</strong> auch nicht bei allen Kindern gleich ausgeprägt.<br />

Häufig <strong>ist</strong> ihr Kopf kleiner als der von Kindern<br />

ohne Gendefekt und sie und leben mit erheblichen<br />

Verzögerungen der motorischen, sprachlichen und<br />

ge<strong>ist</strong>igen Entwicklung. Jedoch tritt auch dies bei jedem<br />

Kind in anderer Ausprägung auf. Zudem haben<br />

diese Kinder im Neugeborenen- und Kleinkind-Alter<br />

einen für den Gendefekt charakter<strong>ist</strong>ischen Schrei.<br />

Im Verein 5p-minus-Syndrom e.V. versucht Uwe Engelmann<br />

als Vorstand anderen Eltern, deren Kinder<br />

die gleiche Diagnose erhalten haben, zusätzlich zu<br />

helfen und Kraft zu geben. Auch seine Facebook-<br />

Gruppe nur für Väter soll bei der Vernetzung der<br />

Selbsthilfe unterstützen.<br />

Doch wie lebt es sich als Vater mit behindertem<br />

Kind und warum sind Väter in der Selbsthilfe me<strong>ist</strong><br />

unterrepräsentiert? Über all <strong>da</strong>s sprach er nun in<br />

einem Interview mit dem knw:<br />

Wie kamen Sie zu der Idee, eine Facebook-Väter-<br />

Gruppe zu gründen?<br />

Ich habe schon zuvor nach Möglichkeiten gesucht,<br />

mich mit anderen Vätern, die Ähnliches erlebt<br />

haben, auszutauschen. Nur – diese zu finden <strong>ist</strong><br />

praktisch unmöglich. In normalen Vätergruppen<br />

geht es oftmals um Trennungen, Namensfindungen<br />

oder <strong>da</strong>rum, welches Familienauto <strong>da</strong>s nächste<br />

wird. <strong>Die</strong> können mit unseren Themen nicht so viel<br />

anfangen. Das Einzige, was man <strong>da</strong> bekommt, <strong>ist</strong><br />

Mitleid. Als wir <strong>da</strong>s erste Mal bei einer Familienkur<br />

waren, hatte ich ein Gespräch mit der Psychologin.<br />

<strong>Die</strong> meinte <strong>da</strong>nn: „Warum machen Sie nicht was<br />

Eigenes?“. Und ich habe <strong>da</strong>nn die freie Zeit genutzt,<br />

um es einfach zu machen. <strong>Die</strong> Gruppe <strong>ist</strong> sehr langsam<br />

gewachsen und viele Väter, die ich persönlich<br />

kennengelernt habe, sagten immer, sie seien nicht<br />

auf Facebook. Also kam ich an die nicht ran. So<br />

habe ich Spiegel-Online einfach mal angeschrieben<br />

und die haben <strong>da</strong>nn auch ein Interview gemacht –<br />

Da heißt die Überschrift aber „Väter von kranken<br />

Kindern“, weil „kranke Kinder“ leider mehr triggert<br />

als „behinderte Kinder“. Obwohl ich gesagt habe,<br />

meine Tochter <strong>ist</strong> nicht krank, haben sie es leider<br />

trotzdem in der Überschrift gelassen. „Krank“ suggeriert<br />

irgendwie immer Heilung – Behinderung<br />

nicht. Meine Tochter hat einen Gendefekt. Wie soll<br />

man den heilen?


Aus dem Kindernetzwerk<br />

17<br />

Herr Engelmann nahm zudem auch schon an einem<br />

anderen Format der Selbsthilfe nur für Väter<br />

teil. So besuchte er bereits den Typen-Stammtisch<br />

des knw-Mitgliedsvereins „Mein Herz lacht“. Hier<br />

treten Väter mit Kindern, die eine Behinderung<br />

oder chronische Erkrankung haben, in Austausch<br />

und erhalten neben Alltagsgesprächen auch die<br />

Möglichkeit, über ihre Sorgen und Bedürfnisse zu<br />

sprechen sowie gemeinsam nach Lösungen und<br />

Ressourcen für eigene und familiäre Probleme zu<br />

suchen.<br />

Welche Eindrücke haben Sie vom Typen-Stammtisch<br />

von „Mein Herz lacht“ erhalten?<br />

Ich war einmal mit <strong>da</strong>bei und würde auch gerne<br />

häufiger teilnehmen. Es <strong>ist</strong> aber eine Frage der Zeit.<br />

Zu dem Zeitpunkt, zu dem der stattfindet, gehen<br />

leider meine Kinder ins Bett. Und wenn bei uns<br />

drei Kinder gleichzeitig ins Bett müssen, <strong>ist</strong> bei uns<br />

eben auch ein bisschen was los. Deswegen fällt es<br />

mir schwer, immer teilzunehmen. Aber ich habe<br />

<strong>da</strong>s definitiv im Fokus. Als ich mit <strong>da</strong>bei war, war es<br />

richtig toll und hat Spaß gemacht! An dem Tag war<br />

es ein Online-Stammtisch und es ging um ein konkretes<br />

Thema. Da waren nicht so viele Väter <strong>da</strong>bei,<br />

weshalb es für mein Empfinden an diesem Tag relativ<br />

tiefgreifend war. Ich glaube, es <strong>ist</strong> schwierig –<br />

gerade für <strong>neue</strong> Väter - , sich direkt zu öffnen. Meiner<br />

Meinung nach auch heute noch Männer und<br />

Jungs nicht <strong>da</strong>zu erzogen, mit ihren Gefühlen umzugehen.<br />

Wenn sich ein Vater zum Beispiel vor der<br />

Geburt der eigenen Kinder ausmalt, was man mit<br />

seinen Kindern alles machen könnte, was vielleicht<br />

auch in der eigenen Kindheit verpasst wurde, und<br />

man <strong>da</strong>nn ein Kind hat, mit dem <strong>da</strong>s nie möglich<br />

sein wird, weil es eine Behinderung hat, können<br />

<strong>da</strong>s viele nie richtig verarbeiten, <strong>da</strong> sie nie gelernt<br />

haben <strong>da</strong>rüber zu sprechen.<br />

Laut dem Verband der Privaten Krankenversicherung<br />

(PKV) und dem Forschungszentrum Generationenverträge<br />

wird die Pflege von Angehörigen<br />

zu rund 66 Prozent von Frauen gele<strong>ist</strong>et. So wird<br />

deutlich, <strong>da</strong>ss ein Großteil der Pflege von Kindern<br />

durch die Mütter erledigt wird. Fühlt man sich als<br />

Vater, der sich auch in der Pflege einbringt, gesellschaftlich<br />

wertgeschätzt?<br />

Nein, gar nicht. Wir ex<strong>ist</strong>ieren doch gar nicht. Weil<br />

immer gesellschaftlich die Mutter für die Pflege<br />

verantwortlich gemacht wird. In der Pflege braucht<br />

es eine Emanzipation des Mannes. Auch seine Gefühle<br />

sollten hier Platz haben, denn man kann sich<br />

mit pflegebedürftigem Kind auch mit niemandem<br />

austauschen, weil niemand <strong>da</strong>mit Berührungspunkte<br />

hat. Selbst Fachleute wie Ärzt:innen kennen<br />

sich mit der Behinderung nicht immer aus. Als meine<br />

Tochter ihre Ver<strong>da</strong>chtsdiagnose bekam, wurden<br />

wir komplett allein gelassen, weil niemand mit der<br />

Situation auf der Intensivstation und in völliger Ungewissheit<br />

umgehen konnte. Erst nach der Diagnose<br />

kam <strong>da</strong>nn mal eine Psychologin, die selbst eine<br />

weinerliche Stimme hatte. <strong>Die</strong>ses Gespräch war<br />

total unangenehm und wurde leider nur mit der<br />

Familie gemacht, aber nicht auch mit mir allein. In<br />

dem Moment, wenn man die eigene Frau zusammenbrechen<br />

sieht, fange ich nicht auch noch an,<br />

über mich selbst zu reden, sondern versuche, für<br />

sie der Fels in der Brandung zu sein. Das heißt, ich<br />

mache <strong>da</strong>s alles mit mir selbst aus.<br />

Dann geht es noch <strong>da</strong>rum, einen Pflegegrad und<br />

Behindertenausweis zu beantragen. Da kommen<br />

wir zum nächsten Punkt: Wer macht <strong>da</strong>nn die Pflege?<br />

Bei der Pflegekasse kann man natürlich beide<br />

Eheleute eintragen. Das würde aber bedeuten,<br />

<strong>da</strong>ss meine Frau, die aufgrund unserer Betreuungssituation<br />

nicht arbeiten gehen kann, Einbußen bei<br />

den Rentenpunkten bekommt. Also trägt sie sich


18<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

komplett für die Pflege ein. Wenn ich arbeiten bin,<br />

macht sie natürlich tagsüber die Pflege und begleitet<br />

unsere Tochter zu Therapien etc. Dennoch<br />

beschäftigt auch mich <strong>da</strong>s Thema die ganze Zeit.<br />

Ich lebe jeden Tag mit der unterschwelligen Angst,<br />

nicht ausfallen und meinen Job verlieren zu dürfen,<br />

weil sonst unser ganzes Konstrukt zusammenbricht.<br />

Das <strong>ist</strong> ein enormer psychischer Druck, den<br />

niemand sieht, und die Probleme, die wir haben,<br />

belasten mich auch auf der Arbeit. Trotzdem muss<br />

ich auch dort meine Le<strong>ist</strong>ung bringen. Außerdem<br />

sind es meiner Meinung nach die Mütter, die häufiger<br />

nach vorne gehen und sich politisch engagieren.<br />

Was aber alle vergessen: Während die Mutter<br />

sich politisch engagiert, kümmert sich der Vater<br />

oftmals um die Pflege.<br />

Darüber hinaus fällt man nach der Diagnose seines<br />

Kindes erstmal in ein tiefes Loch, aus dem man sich<br />

selbst herausarbeiten muss. Wenn man <strong>da</strong>s nicht<br />

allein kann, hat man Pech gehabt. Das <strong>ist</strong> nach meinem<br />

Empfinden <strong>da</strong>nn nur gut für die Pflegekasse,<br />

denn die hat <strong>da</strong>nn Geld gespart. Man hat auch<br />

nicht <strong>da</strong>s Gefühl, <strong>da</strong>ss <strong>da</strong>s irgendwen interessiert.<br />

Von heute auf morgen <strong>ist</strong> man ausgegrenzt, weil<br />

keiner mit dem Thema umgehen kann.<br />

Wie könnte man Väter besser erreichen?<br />

Ich glaube ganz ehrlich, <strong>da</strong>ss man Väter nie so richtig<br />

erreichen wird. Das Wichtigste wäre aus meiner<br />

Sicht, <strong>da</strong>ss man dieses Konstrukt bei der Pflegekasse<br />

ändern muss. So sollten beide Ehepartner<br />

eingetragen werden, ohne <strong>da</strong>ss irgendjemand <strong>da</strong>durch<br />

finanzielle Einbußen hat. Väter müssen auch<br />

einfach mal ernstgenommen werden - auch von<br />

Müttern. Ich engagiere mich auch in der Selbsthilfe.<br />

Dort sind viele Frauen und, wenn man mal als<br />

Mann seine Meinung sagt, wird man nicht gehört,<br />

weil Frauen nicht wirklich verstehen, was in uns<br />

vorgeht.<br />

Danke für Ihre Antworten!<br />

Das Interview führte Michèle Luthardt,<br />

Mitarbeiterin im Kindernetzwerk e.V.<br />

Aktive Väter in der Selbsthilfe<br />

Zweites Beispiel:<br />

Interview mit Dr. Ulrich Priester,<br />

Prader-Willi-Syndrom Vereinigung<br />

Deutschland e.V.<br />

Ihr Sohn hat <strong>da</strong>s Prader-Willi-Syndrom. Möchten<br />

Sie uns erzählen, was <strong>da</strong>s <strong>ist</strong> und wie Sie <strong>da</strong>s herausgefunden<br />

haben?<br />

Ursache für <strong>da</strong>s Prader-Willi-Syndrom <strong>ist</strong> ein Defekt<br />

auf dem Chromosom 15. <strong>Die</strong>se Schädigung greift<br />

tief in den Muskelaufbau, den Hormonhaushalt


Aus dem Kindernetzwerk<br />

19<br />

und in die ge<strong>ist</strong>ige Entwicklung ein. Wichtige Symptome<br />

sind Muskelschlaffheit und Trinkschwäche im<br />

Frühgeborenenalter, später <strong>da</strong>nn ein unbändiges<br />

Verlangen nach Essen, eine ge<strong>ist</strong>ige Retardierung<br />

und Verhaltensprobleme insbesondere bei Änderungen<br />

in den Strukturen.<br />

Festgestellt wurde <strong>da</strong>s Syndrom bei unserem Kind<br />

im Alter von fünf Monaten durch den scharfen Blick<br />

einer Oberärztin, untermauert durch eine Blutanalyse.<br />

Ist <strong>da</strong>s me<strong>ist</strong>ens so, <strong>da</strong>ss dies relativ früh herausgefunden<br />

wird?<br />

In der heutigen Zeit werden schon Neugeborene<br />

diagnostiziert, früher war <strong>da</strong>s für viele Eltern ein<br />

langer Irrweg von 10 bis 15 Jahren.<br />

auf Narkosen reagieren und eine Biopsie, die oft<br />

der erste Diagnoseschritt <strong>ist</strong>, verhängnisvoll verlaufen<br />

kann. Unser Kinder- und Jugen<strong>da</strong>rzt kannte <strong>da</strong>s<br />

Krankheitsbild zwar generell, aber <strong>da</strong>s <strong>ist</strong> nicht immer<br />

gewährle<strong>ist</strong>et. Viele Ärzt:innen erkennen dieses<br />

Syndrom noch nicht bei Neugeborenen.<br />

Wie geht es Ihrem Sohn heute, hilft die Therapie<br />

gut?<br />

Tobias hat seine Liebe zu Sport und Bewegung entdeckt<br />

und hält sich <strong>da</strong>durch gesund. Er arbeitet in<br />

einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />

und zählt dort zu den motivierten Mitarbeitern. Er<br />

fährt jeden Morgen fröhlich zur Arbeit.<br />

Was macht er denn für Sport?<br />

Was erzählen die Eltern in Ihrer Vereinigung über<br />

diese belastende Zeit?<br />

Das war für die me<strong>ist</strong>en ein Gang von Pontius zu<br />

Pilatus mit vielen Vorwürfen, die sie sich selbst<br />

machten oder die ihnen durch andere gemacht<br />

wurden. Auch gab es außer der Stan<strong>da</strong>rdfrühförderung<br />

keine spezifische Therapie. Auch <strong>da</strong>s war ein<br />

Hemmnis.<br />

Was müsste sich ändern, <strong>da</strong>mit seltene Erkrankungen<br />

noch verlässlicher und früher diagnostiziert<br />

werden können?<br />

Da <strong>da</strong>s Prader-Willi-Syndrom nur durch einen spezifischen<br />

Test und nicht durch normale Chromosomenanalyse<br />

herausgefunden werden kann, müssen<br />

Ärzt:innen <strong>da</strong>für sensibilisiert werden, <strong>da</strong>ss sie bei<br />

den entsprechenden Symptomen auch an <strong>da</strong>s Prader-Willi-Syndrom<br />

denken. Übrigens <strong>ist</strong> es wichtig<br />

zu wissen, <strong>da</strong>ss diese Menschen sehr empfindlich<br />

Zu seinem Programm zählen Reiten, Hanteltraining,<br />

Schwimmen und Ergometer-Fahren, auch wandert<br />

er gerne. Gerade beim Schwimmen <strong>ist</strong> es ihm immer<br />

wichtig zu zeigen, <strong>da</strong>ss er mehr le<strong>ist</strong>en kann als<br />

ich. Das gelingt ihm auch.<br />

Gehen Sie oft zusammen mit ihm schwimmen?<br />

Zweimal die Woche, seit ich im Ruhestand bin. Das<br />

<strong>ist</strong> für uns beide ein Höhepunkt in der Woche.<br />

Sie sind ein sehr aktiver Vater. Wie <strong>ist</strong> <strong>da</strong>s bei Ihnen<br />

im Verein. Sind <strong>da</strong> sehr viele Väter, die so aktiv<br />

sind?<br />

Den me<strong>ist</strong>en Vätern <strong>ist</strong> bewusst, <strong>da</strong>ss ihr Einsatz<br />

und ihr Verhalten zum Wohl und Gedeihen ihrer<br />

Kinder beitragen. Sie kümmern sich <strong>da</strong>her aktiv um<br />

ihre Kinder und kommunizieren mit anderen Eltern.<br />

Daraus haben sich bei uns im Verein echte Freundschaften<br />

entwickelt, die wir nicht missen möchten.


20<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Das knw hat sich den Schwerpunkt gesetzt, mehr<br />

Männer für die Selbsthilfe bege<strong>ist</strong>ern zu wollen.<br />

Was hilft, um mehr Männer in die aktive Selbsthilfearbeit<br />

zu bekommen?<br />

Wir haben in unserer Region im Süd-Westen ein<br />

regelmäßiges Treffen für Väter, Großväter und Onkel<br />

der Kinder mit Prader-Willi-Syndrom ins Leben<br />

gerufen, wo wir gemeinsam in unterschiedlichen<br />

Städten und Regionen etwas unternehmen und<br />

uns, wo es ansteht, auch um Einzelfälle kümmern.<br />

So konnten wir viele Väter gewinnen, die sich in die<br />

aktive Vereinsarbeit einbringen, sei es bei der Organisation<br />

von Familienwochen oder im Vorstand.<br />

Bei uns im Verein <strong>ist</strong> es mittlerweile eher so, <strong>da</strong>ss<br />

wir Frauen für den Vorstand suchen.<br />

Müssen Männer manchmal unter sich sein? Wie<br />

handhaben Sie <strong>da</strong>s bei sich im Verein?<br />

Dass wir als Männer ein Wochenende allein unterwegs<br />

sind, hat <strong>da</strong>mit zu tun, <strong>da</strong>ss unsere Frauen<br />

uns <strong>da</strong>s vorgemacht haben. Das <strong>ist</strong> einfach eine<br />

nette Ergänzung.<br />

Was wünschen Sie sich für eine bessere Unterstützung<br />

von Selbsthilfeorganisationen von der<br />

Politik?<br />

Aus unserer Sicht <strong>ist</strong> wichtig, <strong>da</strong>ss Themen nicht an<br />

den Landesgrenzen scheitern. Speziell beim Thema<br />

Wohnen schaut jedes Bundesland nur auf die<br />

Landesgrenzen und Kinder, die nur zehn Kilometer<br />

weiter wohnen, kommen nicht zum Zuge. <strong>Die</strong>s als<br />

ein Beispiel von vielen.<br />

Vielen Dank für <strong>da</strong>s Gespräch!<br />

<strong>Die</strong> Fragen stellte Kathrin Jackel-Neusser,<br />

Geschäftsführerin des Kindernetzwerk e.V.<br />

Kontakt zu Dr. Ulrich Priester<br />

Prader-Willi-Syndrom Vereinigung Deutschland e.V.<br />

Email: ulrichpriester@prader-willi.de<br />

https://prader-willi.de/<br />

Was <strong>ist</strong> aus Ihrer Sicht wichtig für gut funktionierende<br />

Partnerschaften bei Eltern mit einem Kind,<br />

<strong>da</strong>s eine Erkrankung oder Behinderung hat?<br />

Wichtig <strong>ist</strong>, <strong>da</strong>ss man die Erkrankung oder Behinderung<br />

annimmt und sich nicht selbst oder gegenseitig<br />

zerfleischt. Dann <strong>da</strong>rf es in der Strategie und<br />

im gemeinsamen Vorgehen nach einer geführten<br />

Diskussion keine unterschiedlichen Auffassungen<br />

mehr geben, <strong>da</strong>mit <strong>da</strong>s Kind klare Strukturen und<br />

Regeln hat.<br />

Wichtig <strong>ist</strong> auch, <strong>da</strong>ss man als Paar Freiräume hat,<br />

um Zeit füreinander zu haben.


Aus dem Kindernetzwerk<br />

21<br />

Gemeinsam gegen eine seltene Erkrankung:<br />

<strong>Die</strong> Prader-Willi-Syndrom-Vereinigung<br />

Deutschland e.V.<br />

Wenn Eltern erfahren, <strong>da</strong>ss ihr Kind <strong>da</strong>s Prader-<br />

Willi-Syndrom hat, haben sie vor allem zwei Dinge:<br />

sehr viele Fragen – und Angst, was diese Diagnose<br />

eigentlich genau für ihr Kind bedeutet. Es tut gut,<br />

wenn man <strong>da</strong>nn auf die Erfahrung und <strong>da</strong>s Wissen<br />

von anderen Eltern zählen kann, die bereits länger<br />

mit der Erkrankung in ihrer Familie leben. Genau<br />

<strong>da</strong>s ermöglicht die Prader-Willi-Syndrom-Vereinigung<br />

Deutschland e.V. als Selbsthilfeorganisation<br />

mit mittlerweile mehr als 750 Mitgliedern – denn<br />

<strong>da</strong>s Prader-Willi-Syndrom (PWS) zählt zu den seltenen<br />

Erkrankungen. Nur jedes 15.000ste Baby<br />

kommt mit dieser seltenen genetischen Erkrankung<br />

zur Welt, deren Ursache in einem Defekt des Chromosoms<br />

15 liegt.<br />

Das PWS hat viele Gesichter und kann sehr unterschiedlich<br />

ausgeprägt sein, denn <strong>da</strong>s beschädigte<br />

Chromosom bewirkt eine Veränderung der Prozesse<br />

im Hypothalamus. Dort werden nicht nur die<br />

Nahrungsaufnahme gesteuert, sondern auch Körpertemperatur,<br />

Blutdruck, Atmung, <strong>da</strong>s Sexual- und<br />

Gefühlsverhalten sowie die Schlafrhythmik. Auch<br />

wann welche Menge Hormon gebildet wird z.B.<br />

zum Wachsen, regelt diese wichtige Schaltstelle im<br />

Gehirn. Zu den Hauptmerkmalen des PWS zählen<br />

deshalb unter anderem ein fehlendes Sättigungsgefühl<br />

und eine hohe Ess-Lust, herausforderndes Verhalten<br />

und psychische Veränderungen ebenso wie<br />

Muskelhypotonie, Kleinwuchs und eine sehr hohe<br />

Schmerzschwelle. Auch kognitive Beeinträchtigungen<br />

sind möglich.<br />

Durch die Vielzahl und Bandbreite der möglichen<br />

Symptome <strong>ist</strong> die Behandlung des PWS genauso<br />

komplex wie die Erkrankung selbst – und deren<br />

Auswirkungen auf <strong>da</strong>s Leben von Familien mit PWS.<br />

Durch frühzeitige medizinische und therapeutische<br />

Hilfe und gezielte Förderung kann die Lebensqualität<br />

von Menschen mit PWS und ihren Angehörigen<br />

deutlich verbessert werden. Deshalb arbeitet die<br />

Prader-Willi-Syndrom-Vereinigung eng mit vielen<br />

renommierten Spezial<strong>ist</strong>en für <strong>da</strong>s PWS zusammen.<br />

<strong>Die</strong>se begleiten beispielsweise Workshops,<br />

Veranstaltungen oder Eltern-Kind-Treffen, in denen<br />

Eltern mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommen<br />

und sich austauschen können.<br />

Je mehr Menschen die seltene Erkrankung PWS<br />

kennen, desto kürzer <strong>ist</strong> der Weg zur Diagnose:<br />

Deshalb hat die PWSVD es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

auch in der Öffentlichkeit Aufklärungsarbeit<br />

zu le<strong>ist</strong>en und <strong>da</strong>s PWS und seine Behandlungsmöglichkeiten<br />

bekannter zu machen. Darüber hinaus<br />

fördert der Verein Projekte zur Verbesserung<br />

der Therapiemaßnahmen und treibt die Errichtung<br />

und den Erhalt von Wohngruppen und Wohneinrichtungen<br />

für Menschen mit PWS voran.<br />

Wenn Sie mehr über die Materialien und Aktivitäten<br />

des Vereins erfahren möchten, schauen Sie<br />

doch einmal auf unserer Webseite www.praderwilli.de<br />

vorbei. Hier können Sie auch zahlreiche<br />

Broschüren zu vielen Themen rund um <strong>da</strong>s PWS bestellen.<br />

Und wenn Sie uns in unserer Arbeit unterstützen<br />

möchten: Wir freuen uns über jede Spende!<br />

Kontakt: E-Mail: info@prader-willi.de<br />

Tel: 0221/84561875


22<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Unsere Projekte<br />

Das Kindernetzwerk realisiert viele bewährte, aber auch <strong>neue</strong> Projekte, die wir mit Hilfe<br />

unserer Förderer verwirklichen konnten. Sie finden die aktuelle Übersicht wie gehabt auf unserer<br />

Homepage: http://kindernetzwerk.de/de/aktiv/News/Projekt_Uebersicht.php<br />

Informationsseite für ukrainische Geflüchtete mit<br />

chronischen Erkrankungen und Behinderungen:<br />

medizinisch-therapeutische Versorgung<br />

Das knw als Dachverband der Selbsthilfe von<br />

Familien mit Kindern, Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und<br />

Behinderungen nimmt mit größter Sorge Anteil an<br />

der aktuellen Situation in der Ukraine. Daher versuchen<br />

wir, gerade die geflüchteten Eltern mit beeinträchtigten<br />

Kindern, die an einer Behinderung<br />

oder seltenen Erkrankung leiden, bestmöglich zu<br />

unterstützen:<br />

Aus unserem Netzwerk haben wir Hilfs- und Unterstützungsangebote<br />

in Deutschland zusammen-<br />

gestellt, die sich in erster Linie auf spezielle medizinische<br />

Versorgung von geflüchteten ukrainischen<br />

Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

mit chronischen und seltenen Erkrankungen konzentrieren:<br />

<strong>Die</strong>se Übersichtsseite liefert die <strong>neue</strong>sten Informationen<br />

rund um medizinische und psychosoziale<br />

Versorgung, auch ohne Krankenversicherung und<br />

Aufenthaltsstatus: https://www.kindernetzwerk.<br />

de/de/agen<strong>da</strong>/Themenportal/2022/Grosse-Sorgeum-Fluechtende-mit-Behinderungen.php<br />

Spenden an <strong>da</strong>s Kindernetzwerk?<br />

Wenn Sie unsere Arbeit für die Betroffenen unterstützen<br />

wollen, freuen wir uns sehr über Spenden,<br />

auf die wir dringend angewiesen sind. Vielleicht<br />

könnte eine Firma in Ihrem Umfeld für <strong>da</strong>s Kindernetzwerk<br />

spenden oder Fördermitglied werden?


Aus dem Kindernetzwerk<br />

23<br />

Unsere Mitglieder im<br />

Kindernetzwerk<br />

Hier stellen wir wieder eine Mitgliedsorganisation aus<br />

unseren Reihen vor sowie im Anschluss unsere <strong>neue</strong>n Mitglieder.<br />

ASBH Podcast #5:<br />

<strong>Die</strong> Zukunft der Selbsthilfe.<br />

Im Gespräch mit Ute Noack.<br />

<strong>Die</strong> Selbsthilfe <strong>ist</strong> im Wandel. Ebenso die Menschen,<br />

für die Selbsthilfe Rat, Austausch und Unterstützung<br />

bietet. <strong>Die</strong> Zukunft der Selbsthilfe hängt<br />

stark <strong>da</strong>von ab, engagierte Menschen zu gewinnen,<br />

sie zu halten und die Selbsthilfe weiter zu entwickeln.<br />

In diesem Podcast geht es unter anderem um<br />

Motive für <strong>da</strong>s Engagement, um Anerkennungskultur<br />

und um Vernetzung.<br />

Auf die Motive junger Menschen achten!<br />

Selbsthilfe hat im Großen und Ganzen eine gut ausgeprägte<br />

Anerkennungskultur. Auch wenn es sich<br />

klassisch nur um Geburtstagskarten handelt, <strong>da</strong>rf<br />

man dieses nicht unterschätzen. Für Ute Noack beinhaltet<br />

Anerkennungskultur in der Zukunft mehr.<br />

Es heißt, sichtbar werden zu dürfen, seine Meinung<br />

zeigen zu dürfen und zu ermöglichen sich einzubringen.<br />

Es muss deutlich werden, <strong>da</strong>ss die Person<br />

einen Mehrwert hat und „<strong>da</strong>für Schulterklopfen<br />

kriegt“.<br />

Junge Menschen haben Lust sich zu engagieren,<br />

aber <strong>da</strong>s Motiv hat sich geändert. Sie wollen sich<br />

nicht aufopfern und keine jahrelange Stammtischmitgliedschaft.<br />

Damit die Selbsthilfe die jungen<br />

Menschen nicht an die stetig steigende Konkurrenz<br />

verliert, muss die Selbsthilfe ihre Motive kennen.<br />

Ute Noack geht ausführlich <strong>da</strong>rauf ein, welche Motive<br />

junge Menschen haben, wie diese befriedigt<br />

werden können, und unterlegt dies mit vielen Beispielen.<br />

„Anerkennungskultur sollte mehr sein als die silberne<br />

Ehrennadel zum 25jährigen Jubiläum!“<br />

„Geht in euch! Wie <strong>ist</strong> es eigentlich bei euch?“<br />

Ein Fehler, den SHG machen, <strong>ist</strong> zu sagen, sie brauchen<br />

etwas, können aber nicht sagen wofür. Wie<br />

fühlt sich eine am Ehrenamt interessierte Person<br />

in so einer Situation? <strong>Die</strong>ses macht Ute Noack an<br />

einem Beispiel deutlich: „Wie soll denn jemand anderer,<br />

der an der Tür steht, sagen, in welches Zimmer<br />

er denn gehen soll und mit wem spreche ich<br />

denn?“, um im Anschluss zu zeigen, wie diese Hürde<br />

gelöst werden kann.<br />

Den Podcast der ASBH finden Interessierte auf<br />

https://asbh.de/podcast/ und auf den Podcast-Portalen<br />

Deezer, Spotify, Apple Music, Google Podcast.


24<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Ute Noack <strong>ist</strong> Diplom-Psychologin, Personal- &<br />

Organisationsentwicklerin. Seit 2014 <strong>ist</strong> sie bundesweite<br />

Lernortberaterin „Lernort Selbsthilfe“<br />

(www.lernort-selbsthilfe.de) und qualifiziert Selbsthilfegruppen<br />

und Selbsthilfeverbände in Personalund<br />

Organisationsprozessen.<br />

Unsere <strong>neue</strong>n<br />

Mitgliedsorganisationen<br />

Gesundheitscamp Kirchhundem<br />

Das Gesundheitscamp Kirchhundem bietet Plätze<br />

für eine Vollstationäre Behandlung für Kinder mit<br />

Adipositas. Das Therapiekonzept umfasst Sportstunden<br />

sowie anderen Therapieeinheiten.<br />

Im Gesundcamp soll <strong>da</strong>s Therapiekonzept <strong>da</strong>für<br />

sorgen, <strong>da</strong>ss Gewicht nachhaltig zu reduzieren und<br />

normalisieren. Hierfür steht ein hochmotiviertes<br />

und kompetentes Team von Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern aus den Bereichen Medizin, Psychologie,<br />

Sport, Ernährungswissenschaft, Pä<strong>da</strong>gogik.<br />

Weitere Informationen und Kontakt:<br />

https://gesundheitscamp-kirchhundem.de/<br />

Josef-Gockeln-Straße 21<br />

57399 Kirchhundem<br />

+49 (0) 27 64 21 530 13<br />

kirchhundem@gesundcamp.de


Aus Politik & Gesellschaft


26<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

Unser politischer Einsatz für<br />

unsere Mitglieder<br />

Austausch mit der Pflegebeauftragten<br />

und Beteiligung am NAP<br />

Am 19. September 2022 konnten die knw-Vorsitzende<br />

Dr. Annette Mund und Kathrin Jackel-Neusser<br />

sich mit der aufgeschlossenen und empathischen<br />

Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung Claudia<br />

Moll austauschen. Dabei äußerten sie ihre Kriitik<br />

zur Umsetzung des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz<br />

(IPReG) und zu den negativen<br />

Auswirkungen der General<strong>ist</strong>ik in der Pflege, aber<br />

auch viele konstruktive Ge<strong>da</strong>nken zur Verbesserung<br />

der Situation von Familien mit chronisch kranken<br />

und behinderten Kindern und Jugendlichen.<br />

Danach konnte Kathrin Jackel-Neusser ihren Input<br />

geben beim Start der Beteiligung am Nationalen<br />

Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“<br />

(NAP) des Bundesmin<strong>ist</strong>eriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), wobei sie<br />

auch auf die Staatssekretärin Ekin Deligöz traf.<br />

<strong>Die</strong> Veranstaltung des BMFSFJ richtete sich an<br />

Akteur:innen aus der Kinder- und Familienpolitik<br />

und der Zivilgesellschaft. Mit diesem NAP setzt<br />

Deutschland die Ratsempfehlung zur Einführung<br />

einer Europäischen Kindergarantie um. Ziel <strong>ist</strong>,<br />

von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten<br />

Kindern und Jugendlichen den Zugang und die Teilhabe<br />

in den Bereichen Erziehung und Betreuung,<br />

Bildung, Gesundheit, Ernährung und Wohnraum zu<br />

gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

Im ersten Teil der Veranstaltung wurden <strong>da</strong>s weitere<br />

Verfahren, die geplante Arbeitsstruktur sowie<br />

die Service- und Monitoringstelle zur Umsetzung<br />

des Nationalen Aktionsplans vorgestellt. Darüber<br />

hinaus kommen in einem Panel Vertreter von<br />

Bund, Ländern, Kommunen und NGOs zu Wort.<br />

Im zweiten Veranstaltungsteil bestand in fünf parallelen<br />

Workshops die Gelegenheit, auf Basis der Ergebnisse<br />

des Digitalen Kick-Offs Themenvorschläge<br />

für die Agen<strong>da</strong> des NAP-Ausschusses zu erarbeiten.<br />

<strong>Die</strong>ser NAP-Ausschuss soll als zentrales Arbeitsgremium<br />

unter aktiver Mitwirkung der Akteur:innen<br />

aus den unterschiedlichen Bereichen die Umsetzung<br />

des Aktionsplans begleiten.<br />

Das Kindernetzwerk wird sich hierbei weiter intensiv<br />

beteiligen und hat auch vor Ort gemerkt, <strong>da</strong>ss<br />

Wert und Bedeutung der Selbsthilfe (noch) nicht<br />

ausreichend im Bewusstsein der Veranstalter verankert<br />

war. Auch dies versucht <strong>da</strong>s knw durch seine<br />

Beteiligung zu ändern.


Aus Politik & Gesellschaft<br />

27<br />

Unser Einsatz gegen die Auswirkungen<br />

des Intensivpflege und Rehabilitationsstärkungsgesetz<br />

(GKV-IPReG)<br />

Einen Schwerpunkt unserer politischen Arbeit stellt<br />

der Einsatz des knw gegen die negativen Auswirkungen<br />

des GKV-IPReG <strong>da</strong>r, den wir an der Seite<br />

unserer Mitglieder führen.<br />

Unsere zahlreichen Aktionen können Sie im Detail<br />

hier nachlesen:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/de/agen<strong>da</strong>/Politikportal/2022/Unser-Einsatz-im-Think-Tank.php<br />

Im Juli 2020 wurde <strong>da</strong>s GKV-IPReG verabschiedet<br />

und im März 2022 trat die zugehörige Richtlinie für<br />

außerklinische Intensivpflege (AKI-RL) in Kraft. In<br />

der Folge müssen nun alle Verordnungen zur außerklinischen<br />

Intensivpflege zum 01. Januar 2023<br />

nach der <strong>neue</strong>n Richtlinie ausgestellt werden. <strong>Die</strong>s<br />

gilt auch für beatmete und tracheotomierte Kinder<br />

und Jugendliche, für die der Gesetzesbeschluss eigentlich<br />

eine eigene Richtlinie vorgesehen hatte,<br />

die jedoch vom Gemeinsamen Bundesausschuss<br />

(G-BA) nicht umgesetzt wurde. Zahlreiche knw-<br />

Mitgliedsorganisationen zeigten sich sehr besorgt<br />

in Hinblick auf die Verordnungs- und Versorgungssicherheit<br />

für Kinder und Jugendliche, die auf außerklinische<br />

Intensivpflege angewiesen sind. Das<br />

Kindernetzwerk hat <strong>da</strong>her sowohl den Gesetzgebungsprozess<br />

als auch die Entwicklungen rund um<br />

die AKI-Richtlinie und deren Umsetzung im Blick<br />

behalten und sich für die Interessen der Familien<br />

mit intensivpflegebedürftigen Kindern, Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen eingesetzt.<br />

Unser Einsatz im GKV-IPReG ThinkTank<br />

Das Kindernetzwerk entsendet seit rund zwei<br />

Jahren ein Mitglied in den regelmäßig tagenden<br />

GKV-IPReG ThinkTank, der zum ersten Mal am 29.<br />

September 2020 tagte. (Wir berichteten.) Der GKV-<br />

IPReG ThinkTank hat wesentliche Informationen<br />

zum Themenfeld auf seiner Homepage zusammengestellt,<br />

hier der Link <strong>da</strong>zu: https://www.cody.care/<br />

gkv-ipreg-thinktank/<br />

Unsere Befürchtungen, <strong>da</strong>ss die Versorgungssicherheit<br />

von intensivpflegebedürftigen jungen Patienten<br />

bei der Umsetzung der AKI-Richtlinie zum<br />

Jahreswechsel 2023 gefährdet <strong>ist</strong>, konkretisierte<br />

sich im Rahmen der fachlichen Diskussionen von<br />

Patientenvertreter:innen und Expert:innen im<br />

GKV-IPReG ThinkTank. Da die ambulanten Strukturen<br />

für die vor einer AKI-Verordnung verpflichtende<br />

Überprüfung des Entwöhnungspotenzials<br />

bei beatmeten Kindern und Jugendlichen bundesweit<br />

noch nicht flächendeckend vorhanden sind,<br />

werden auf die Versorgungsstrukturen für intensivpflegebedürftige<br />

junge Patient:innen bei gleichzeitig<br />

hohem Fachkräftemangel wesentliche Änderungen<br />

zukommen. Auch sei laut Rückmeldungen<br />

aus der Selbsthilfe vielen der bisher verordnenden<br />

Hausärzt:innen noch nicht bekannt, <strong>da</strong>ss sich die<br />

Regelungen zur Verordnung von Außerklinischer<br />

Intensivpflege mit dem Jahreswechsel grundlegend<br />

ändern werden und sie verpflichtend mit den


28<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

potenzialerhebenden Strukturen kooperieren müssen,<br />

bevor sie eine Verordnung zur außerklinischen<br />

Intensivpflege ausstellen können.<br />

Moratorium notwendig!<br />

Das Kindernetzwerk setzt sich intensiv für die Berücksichtigung<br />

der pädiatrischen Versorgungslage<br />

bei der Ausgestaltung und Umsetzung der AKI-<br />

Richtlinie ein und unterstützte <strong>da</strong>her die Forderung<br />

des GKV-IPReG ThinkTank nach einem Moratorium<br />

und einer evaluierenden Umsetzungsbegleitung<br />

der AKI-Richtlinie.<br />

Hier der Link zur Forderung des GKV-IPReG Think-<br />

Tank nach einem Moratorium: https://www.cody.<br />

care/2021/12/07/memorandum-gvk-ipreg-thinktank/<br />

Auch unterstützten wir die Verbreitung der wichtigen<br />

Anfrage von Henriette Cartolano von INTEN-<br />

SIVkinder zuhause e.V., die vom Bundesmin<strong>ist</strong>erium<br />

für Gesundheit konkrete Zahlen erfragt hatte.<br />

Zahlen zum Personenkreis von Kindern und Jugendlichen<br />

mit AKI-Be<strong>da</strong>rf? Fehlanzeige!<br />

Jugendliche nicht flächendeckend vorhanden sind.<br />

Eine Folgenabschätzung aufgrund valider Daten <strong>ist</strong><br />

im Gesetzgebungsverfahren allerdings unterblieben.<br />

Aber auch die gesetzlich festgeschriebene<br />

Evaluation, die bis Ende des Jahres 2026 vorgesehen<br />

<strong>ist</strong>, be<strong>da</strong>rf zunächst einer Erhebung des Ist-<br />

Zustandes, sprich der bundesweiten Anzahl aller<br />

entsprechenden aktuellen Le<strong>ist</strong>ungsfälle der GKV.<br />

Leider konnte die Bitte um Angaben zur aktuellen<br />

Anzahl und Entwicklung der Le<strong>ist</strong>ungsfälle aller<br />

Minderjährigen, die Hauskrankenpflege (HKP) als<br />

spezielle Krankenbeobachtung nach Ziffer 24 erhalten,<br />

durch <strong>da</strong>s Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Gesundheit<br />

nicht beantwortet werden.<br />

So hatte Henriette Cartolano vom Bundesmin<strong>ist</strong>erium<br />

für Gesundheit die Antwort erhalten: „keine<br />

Zahlen vorhanden, bitte wenden Sie sich an den<br />

GKV“: https://www.kindernetzwerk.de/de/agen<strong>da</strong><br />

/News/2022/Gesetz-ohne-genaue-Datenlage.php<br />

Man sollte meinen, <strong>da</strong>ss vor der Verabschiedung<br />

eines so weitreichenden Gesetzes wie des GKV-IP-<br />

ReG und der zugehörigen Richtlinie zur Außerklinischen<br />

Intensivpflege (AKI-RL) ein umfassendes Bild<br />

des betroffenen Personenkreises eingeholt wurde.<br />

Zumal die Versorgungsstrukturen für die nun verpflichtende<br />

Potenzialerhebung vor der Verordnung<br />

der Außerklinischen Intensivpflege für Kinder und<br />

Insbesondere auch, weil bisher keine Zahlen zum<br />

Umfang des Personenkreises vorliegen und <strong>da</strong>her<br />

unklar <strong>ist</strong>, mit welchen Kapazitäten die <strong>neue</strong>n<br />

Potenzialerhebungsstrukturen für Kinder und Jugendliche<br />

ausgestattet sein müssen, hatte sich <strong>da</strong>s<br />

Kindernetzwerk in einem Brief an Vertreter des GKV-<br />

Spitzenverbandes gewandt, mit der Bitte um Auskunft<br />

im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes


Aus Politik & Gesellschaft<br />

29<br />

(IFG). Abgestimmt mit INTENSIVkinder zuhause e.V.<br />

und IntensivLeben e.V. Kassel wurde nach der aktuellen<br />

Anzahl der beatmeten oder tracheotomierten<br />

Kinder und Jugendlichen in außerklinischer Versorgung<br />

sowie der Anzahl von nicht beatmeten Kindern<br />

und Jugendlichen, die Le<strong>ist</strong>ungen nach § 37<br />

Abs. 2 SGB V, „spezielle Krankenbeobachtung“ nach<br />

Ziffer 24, zulasten der GKV erhalten haben, gefragt.<br />

Und auch die Privaten Krankenversicherer (PKV)<br />

wurden um Auskunft zu Le<strong>ist</strong>ungsfällen nach Ziffer<br />

24 HKP zwischen 0 und 18 Jahren sowie der Entwicklung<br />

dieser Le<strong>ist</strong>ungsfälle in den vergangenen<br />

fünf Jahren gebeten.<br />

Hier die Links zu den Briefen und deren Antwortschreiben:<br />

Unser Brief an die GKV: https://www.kindernetzwerk.de/downloads/Brief_knw_GKV_Zahlen_Personenkreis_220628_0.pdf<br />

<strong>Die</strong>ser Brief ging <strong>da</strong>nn so ähnlich an alle Mitglieder<br />

des Bundesverbandes der PKV. <strong>Die</strong> Antworten<br />

werten wir derzeit aus und stellen sie bald zur<br />

Verfügung. Alle Antworten, die bislang vorliegen,<br />

finden Sie hier: https://www.kindernetzwerk.de/<br />

de/agen<strong>da</strong>/Politikportal/2022/Unser-Einsatz-im-<br />

Think-Tank.php<br />

Das Kindernetzwerk setzte sich <strong>da</strong>rüber hinaus<br />

schriftlich und in Gesprächen für die Berücksichtigung<br />

der besonderen Versorgungslage von intensivpflegebedürftigen<br />

Kindern und Jugendlichen ein.<br />

Denn die fehlenden Potentialerhebungsstrukturen<br />

sowie mangelnde flächendeckende Kapazitäten<br />

der vorgesehen medizinischen Fachkräfte stellen<br />

die Gefahr einer Unterversorgung von betroffenen<br />

Kindern und Jugendlichen <strong>da</strong>r.<br />

Unser Austausch mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />

(KBV)<br />

Kathrin Jackel-Neusser (Kindernetzwerk-Geschäftsführerin)<br />

und Henriette Cartolano (2. Vorsitzende<br />

INTENSIVkinder zuhause e.V.) hatten einen Video-<br />

Austausch mit Dr. Eve Craigie (Expertin der KBV im<br />

Dezernat Ärztliche und Veranlasste Le<strong>ist</strong>ungen).<br />

Hierbei wurde klar, <strong>da</strong>ss die KBV genau wie <strong>da</strong>s knw<br />

skeptisch <strong>ist</strong>, ob eine Umsetzung des Gesetzes bis<br />

Anfang 2023 gelingen wird.<br />

Unser Austausch mit der Deutschen Krankenhaus<br />

Gesellschaft (DKG)<br />

Bei diesem Termin hatten Kathrin Jackel-Neusser,<br />

Henriette Cartolano und Markus Behrendt (Vorsitzender<br />

von IntensivLeben e.V.) eine Video-<br />

Telefonkonferenz mit Dr. med. Michael Brenske<br />

(Geschäftsbereichsleiter VI – Evidenzbasierte medizinische<br />

Versorgung und G-BA, Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />

e. V.) am 19.08.2022. Hier konnten<br />

wir ausführlich unsere Bedenken zur Umsetzung<br />

bis Januar 2023 erläutern und stießen auch hier auf<br />

Verständnis. Auch die DKG hält ein Moratorium für<br />

sinnvoll.<br />

Unser Austausch mit dem Berufsverband der<br />

Kinder- und Jugendärzte (BVKJ)<br />

Des Weiteren hatten Kathrin Jackel-Neusser (Kindernetzwerk-Geschäftsführerin)<br />

und Henriette<br />

Cartolano (2. Vorsitzende INTENSIVkinder zuhause<br />

e.V.) einen Video-Austausch mit Dr. Thomas Fischbach<br />

(Präsident des BVKJ). Hierbei wurde klar, <strong>da</strong>ss<br />

der BVKJ nicht <strong>da</strong>von ausgeht, <strong>da</strong>ss eine Umsetzung<br />

des Gesetzes und eine Gewährle<strong>ist</strong>ung der<br />

Strukturen zum Jahresbeginn 2023 erfolgen kann.<br />

Daher hat der BVKJ sich ebenfalls an die KBV und<br />

den G-BA gewendet.


30<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

Unsere Forderungen, die wir überall vorbrachten:<br />

1. Angemessene Vorkehrungen zur Umsetzung<br />

des GKV-IPReG und der AKI-Richtlinie für den Personenkreis<br />

intensivpflegebedürftiger Kinder und<br />

Jugendlicher zu treffen. Gegebenenfalls sollte<br />

überlegt werden, im Rahmen einer flankierenden<br />

Machbarkeitsstudie Kennzahlen einzuholen, die<br />

Aussagen zu den Kapazitäten und den Möglichkeiten<br />

der Umsetzung umfassen, um sachbezogene<br />

Einschätzungen vornehmen zu können. Weiterhin<br />

halten wir es für erforderlich, die Realisierung der<br />

<strong>neue</strong>n, teilweise noch nicht geschaffenen Voraussetzungen<br />

für die Verordnung von außerklinischer<br />

Intensivpflege deutlich schneller als bisher vorgesehen<br />

zu evaluieren. Für die mit dem GKV-IPReG im<br />

§ 40 SGB V eingeführten Änderungen der Rehabilitationsversorgung<br />

<strong>ist</strong> erstmals zum 30.06.2022 und<br />

anschließend jährlich vom GKV-Spitzenverband ein<br />

Bericht beim Bundesgesundheitsmin<strong>ist</strong>erium vorzulegen,<br />

um die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen<br />

Verordnung von geriatrischer Rehabilitation<br />

bewerten zu können. <strong>Die</strong> Wirkung der mit einer<br />

deutlich höheren Regelungsdichte und Eingriffsintensität<br />

verbundenen Neuordnung der Verordnungspraxis<br />

für außerklinische Intensivpflege soll<br />

<strong>da</strong>gegen erstmalig vier Jahre nach Inkrafttreten<br />

bis Ende des Jahres 2026 evaluiert werden. Folgeprüfungen<br />

sind nicht vorgesehen. <strong>Die</strong>s <strong>ist</strong> nicht<br />

nachzuvollziehen, gefährdet die ggf. notwendigen<br />

Revisionsmöglichkeiten und verhindert eine zeitgerechte<br />

Reaktionsmöglichkeit zur Sicherstellung der<br />

Versorgung. <strong>Die</strong> Auswirkungen auf die Versorgung<br />

und die flächenhafte Entwicklung der für die Erhebung<br />

und Verordnung verfügbaren Fachärztinnen<br />

und Fachärzte im Bereich der AKI-Versorgung müssen<br />

ebenfalls mindestens jährlich überprüft und<br />

dokumentiert werden, um die Verordnungs- und<br />

Versorgungssicherheit gewährle<strong>ist</strong>en zu können.<br />

Angesichts der heute bereits unzureichenden Kapazitäten<br />

in der pflegerischen und medizinischen<br />

Versorgung dieser Patientengruppe be<strong>da</strong>rf auch<br />

die Umsetzung des Anspruchs auf außerklinische<br />

Intensivpflege und die Berücksichtigung der berechtigten<br />

Wünsche der Versicherten zum Le<strong>ist</strong>ungsort<br />

einer engmaschigen Überprüfung.<br />

2. Verlängerung der Übergangsfr<strong>ist</strong> in der HKP-RL<br />

nach §37 SGB V über den 1.1.23 hinaus und Kopplung<br />

des Stichtages für die verbindliche Umsteuerung<br />

aller HKP-Verordnungen/Ziffer 24 auf AKI an<br />

flächendeckend gesicherte Strukturen zur Verordnung<br />

und Potenzialerhebung, insbesondere auch<br />

für Kinder und Jugendliche.<br />

3. Anpassung der AKI-RL bezüglich der Qualifikation<br />

für die pädiatrische Potenzialerhebung. <strong>Die</strong><br />

geforderte 18monatige Ausbildung in einem zertifizierten<br />

Weaningzentrum kann keine Voraussetzung<br />

für die Zulassung pädiatrischer Fachärzt:innen<br />

durch die KBV sein, <strong>da</strong> es für Kinder keine solchen<br />

Beatmungsentwöhnungszentren gibt. <strong>Die</strong> Kinder<br />

sollen weiterhin von den klinischen Spezial<strong>ist</strong>:innen<br />

untersucht werden, die sich bisher um diesen Personenkreis<br />

bemüht haben. Nicht allein für eine<br />

sorgfältige Prüfung eventueller Beatmungsentwöhnungspotenziale<br />

oder Potenziale zur Dekanülierung,<br />

sondern insbesondere auch für die Therapiekontrolle<br />

und -optimierung zur Verbesserung<br />

der Lebensqualität <strong>ist</strong> unbedingt eine fachärztliche<br />

Expertise erforderlich.<br />

<strong>Die</strong>se Forderungen sandten wir auch an den<br />

maßgeblich zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss<br />

(G-BA). Unser Brief an den G-BA war<br />

schließlich von Erfolg gekrönt.


Aus Politik & Gesellschaft<br />

31<br />

So hatte uns G-BA Vorsitzender Prof. Hecken am<br />

10. Oktober 2022 geantwortet: „Auch die fachlich<br />

zuständigen Gremien im Gemeinsamen Bundesausschuss<br />

sehen <strong>da</strong>s von Ihnen vorgetragene Erfordernis<br />

einer Gewährle<strong>ist</strong>ung der Versorgungssicherheit<br />

in der außerklinischen Intensivpflege als<br />

vordringlich an und haben unverzüglich die Beratungen<br />

aufgenommen, um auch unter Beachtung<br />

Ihrer Hinweise zu den besonderen Belangen von<br />

Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen Lösungswege<br />

zu entwickeln, die diesem Anliegen gerecht<br />

werden.<br />

Da die Le<strong>ist</strong>ungsberechtigten als besonders vulnerable<br />

Patientengruppe zwingend auf eine verlässliche<br />

Versorgung angewiesen sind und mögliche Engpässe<br />

in der Versorgung vermieden werden sollen,<br />

entscheidet nunmehr <strong>da</strong>s Plenum am 20. Oktober<br />

2022 in öffentlicher Sitzung über eine Anpassung<br />

der bestehenden Übergangsregelung zur außerklinischen<br />

Intensivpflege in § 1a Satz 1 der Häuslichen<br />

Krankenpflege-Richtlinie (siehe TOP 8.5.1).“<br />

Im Ergebnis kam es <strong>da</strong>nn wie gefordert zu einer<br />

Verschiebung!<br />

Wie in einer Pressemeldung am 20.10.2022 verkündet<br />

hat der Gemeinsame Bundesausschuss<br />

(G-BA) heute seine Regelung zur Verordnung von<br />

Le<strong>ist</strong>ungen für Patient:innen angepasst, die Be<strong>da</strong>rf<br />

an außerklinischer Intensivpflege haben. Ziel <strong>ist</strong> es,<br />

den Übergang des bisherigen auf den künftigen<br />

Le<strong>ist</strong>ungsanspruch bei diesen komplexen und individuell<br />

abzustimmenden Le<strong>ist</strong>ungen noch mehr zu<br />

erleichtern.<br />

Um Engpässe in der Versorgung der betroffenen<br />

Patientinnen und Patienten gar nicht erst aufkommen<br />

zu lassen, hat der G-BA nun entschieden, <strong>da</strong>ss<br />

Verordnungen von Le<strong>ist</strong>ungen zur außerklinischen<br />

Intensivpflege nach der Richtlinie zur häuslichen<br />

Krankenpflege auch nach dem 31. Dezember 2022,<br />

nämlich bis einschließlich 30. Oktober 2023 weiterhin<br />

möglich sind. Schon bisher gilt: Verordnungen,<br />

die vor dem 1. Januar 2023 nach den Regelungen<br />

der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege ausgestellt<br />

sind, gelten auch im <strong>neue</strong>n Jahr weiter. Sie<br />

verlieren erst ab dem 31. Oktober 2023 ihre Gültigkeit.<br />

Quelle: https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1079/<br />

Beschluss zu dieser Pressemitteilung: Häusliche<br />

Krankenpflege-Richtlinie - Anpassung der Übergangsregelung<br />

zur außerklinischen Intensivpflege:<br />

https://www.g-ba.de/beschluesse/5677/<br />

Das Kindernetzwerk bleibt im Interesse seiner<br />

Mitglieder hier dran!<br />

Danke auch an Henriette Cartolano, Benita Eisenhardt<br />

und Kathrin Jackel-Neusser (Kindernetzwerk<br />

e.V.) sowie Markus Behrendt für den stets sehr<br />

engen und konstruktiven Austausch zum IPReG<br />

und an viele weitere Mitunterstützende!


32<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

Parlamentarisches Frühstück zum Thema<br />

„Herausforderungen bei der Versorgung mit<br />

Kinderarzneien“<br />

Am 11. Mai 2022 konnten wir bei unserem parlamentarischen<br />

Frühstück in einer 30köpfigen Runde<br />

mit zahlreichen Teilnehmenden aus dem Bundestag<br />

und dem Bundesgesundheitsmin<strong>ist</strong>erium<br />

besprechen, wie komplex die Entwicklung und<br />

Erforschung von Kinderarzneimitteln <strong>ist</strong> und welche<br />

Probleme sich für Kinder und Jugendliche mit<br />

seltenen und chronischen Erkrankungen bei der<br />

Verwendung von sogenannten Off-Label-Medikamenten<br />

ergeben. Denn im Interesse der jungen<br />

Patient:innen und deren Familien <strong>ist</strong> dieser Austausch<br />

auf allen Ebenen – zwischen Politik, Herstellern,<br />

Ärzt:innen, Betroffenen, Selbsthilfeorganisationen<br />

u.v.m. – wichtig.<br />

Außerdem gaben wir eine „Wunschl<strong>ist</strong>e“ mit sehr<br />

konkreten Forderungen von den pflegenden Eltern<br />

weiter, die wir als knw vertreten. <strong>Die</strong>sen Forderungskatalog<br />

können Sie hier downloaden...<br />

Es referierten Kathrin Jackel-Neusser, die Geschäftsführerin<br />

des knw, aus Sicht der betroffenen<br />

Familien, Dr. Nicole Armbrüster, Bundesverband<br />

der Pharmazeutischen Industrie (BPI), aus Sicht der<br />

Hersteller sowie PD Dr. Burkhard Rodeck, Generalsekretär<br />

der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und<br />

Jugendmedizin e.V. (DGKJ), aus dem Blickwinkel der<br />

Pädiatrie. Das Frühstück wurde freundlicherweise<br />

gesponsort durch Astra Zeneca, den BDI, Novartis<br />

und Sanofi.


Aus Politik & Gesellschaft<br />

33<br />

Veranstaltung mit dem vfa zum<br />

Thema Kinderarzneien<br />

Für Kinder und Jugendliche mit seltenen und chronischen<br />

Erkrankungen und Behinderungen <strong>ist</strong> es<br />

nicht leicht: Obwohl die Therapiemöglichkeiten immer<br />

besser werden, gibt es bei der medizinischen<br />

Versorgung noch immer gravierende Mängel. Man<br />

spricht <strong>da</strong>her auch von den Waisen der Medizin.<br />

Ein Grundproblem stellt der häufige Off-Label-<br />

Gebrauch <strong>da</strong>r: Arzneimittel sind me<strong>ist</strong>ens nur an<br />

Erwachsenen getestet – 90 Prozent der verabreichten<br />

Medikamente beispielsweise in der Neonatologie<br />

sind vor Verabreichung nie an Kindern getestet<br />

worden.<br />

Der sogenannte Off-Label Gebrauch <strong>ist</strong> leider gängige<br />

Praxis: Ärzt:innen schätzen eine „geringere“<br />

Dosierung eines Medikamentes für Kinder und<br />

Jugendliche fallabhängig selbstständig ab – ohne<br />

wissenschaftlich fundierte Empfehlungen, <strong>da</strong> es an<br />

klinischen Studien mit Kindern und Jugendlichen<br />

fehlt.<br />

In der Onlineveranstaltung, die am 3. Mai vom Kindernetzwerk<br />

und den forschenden Pharma-Unternehmen<br />

(vfa) veranstaltet und von Kathrin Jackel-<br />

Neusser, Geschäftsführerin des knw, moderiert<br />

wurde, ging es um den aktuellen Sachstand dieser<br />

Problemlage mit folgendem Programm:<br />

Martina Stamm Fibich, MdB (SPD), Ausschuss für<br />

Gesundheit, zuständig u.a. für Arzneimittel, Medizinprodukte,<br />

Patientenrechte, Heil- und Hilfsmittel<br />

sowie seltene Erkrankungen, referierte aus der<br />

Sicht der Politik und bemängelte, <strong>da</strong>ss trotz politischer<br />

Reformen kranke Kinder auf dem Arzneimittelmarkt<br />

noch immer viel zu kurz kämen. Für eine<br />

frühe Nutzungsbewertung würden breite Studien<br />

gemacht, die aber leider häufig nicht mit Kindern<br />

durchgeführt würden – <strong>da</strong>her seien die Ergebnisse<br />

eben auch nicht auf Kinder übertragbar. Auch bei<br />

Produkten, die bereits im Markt seien, tue sich wenig.<br />

15 Jahre nach Einführung der PUMA-Zulassung<br />

sei <strong>da</strong>s Ergebnis enttäuschend. In den letzten drei<br />

Jahren sei keine einzige PUMA-Zulassung durchgeführt<br />

worden – die Verordnungen zur Regelung<br />

von klinischen Studien mit Kindern seien ihrer<br />

Meinung nach zu strikt. Eine Lösung könnten Sonderzulassungen<br />

für reine pädiatrische Arzneimittel<br />

sein, die analog zum jetzigen Orphan-Drug-Status<br />

ausgestaltet wären. Unternehmen hätten so einen<br />

wirtschaftlichen Anreiz zur Entwicklung von Arzneimitteln,<br />

die dezidiert in der Pädiatrie eingesetzt<br />

werden könnten. So könnte zum Beispiel die Zahl<br />

der Medikamente in der Kinder-Onkologie, wo es<br />

derzeit nur sehr wenige für Kinder zugelassene Behandlungsoptionen<br />

gibt, erhöht werden. Martina<br />

Stamm Fibich (SPD) <strong>ist</strong> seit 2014 Mitglied des Deutschen<br />

Bundestags, seit 2018 Patientenbeauftragte<br />

und für die SPD Berichterstatterin für die Themen<br />

Seltene Erkrankungen, GBA-Reformen, Heil- und<br />

Hilfsmittel, Arzneimittel sowie Patientenrechte.<br />

Von 2006 bis zu ihrer Wahl in den Bundestag war<br />

sie Betriebsrätin bei Siemens Healthcare in Erlangen.<br />

Anne Hawranke, Mitglied der knw-Mitgliedsorganisation<br />

Leona e.V. und erfolgreiche Bloggerin<br />

(www.<strong>da</strong>sbewegteleben.wordpress.com), schilderte<br />

die Herausforderungen bei der Einnahme von ca.<br />

14 verschiedenen Medikamenten zu 9 verschiedenen<br />

Zeiten ihres 14jährigen Kindes.


34<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

<strong>Die</strong> Verabreichung erfolgt über: Inhalation, Mund,<br />

Magensonde, Dünn<strong>da</strong>rmsonde, Blasenspülung.<br />

Zugrunde lagen dem Vortrag sowohl eigene Erfahrungen<br />

als auch Erfahrungen von weiteren Leona<br />

e.V.-Mitgliedern. Mit ihrem Vortrag rückte sie die<br />

Veranstaltung in den Alltag von betroffenen Familien<br />

und erläuterte sehr anschaulich diverse Probleme<br />

bei der Medikamentengabe, für die sie auch<br />

gleich Lösungsvorschläge aufzeigte.<br />

Hier kann dieser Vortrag nachgelesen werden:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/downloads/Aus_<br />

Gross_mach_Klein_-_Warum_braucht._Netzversion.pdf<br />

Kathrin Vogler, MdB (DIE LINKE), Obfrau im Gesundheitsausschuss,<br />

zuständig u.a. für Patientenrechte<br />

sowie für Arzneimittel und Apotheken:<br />

Als Obfrau im Gesundheitsausschuss, zuständig<br />

u.a. für Patient:innenrechte sowie für Arzneimittel<br />

und Apotheken, kritisierte Frau Vogler, <strong>da</strong>ss<br />

kranke Kinder „Waisenkinder der Medizin“ seien.<br />

<strong>Die</strong>se kleine Zielgruppe rechne sich offenbar<br />

nicht für die Industrie, es sei ein ethisches „Motivationsproblem“,<br />

denn es gäbe für die Pharmaindustrie<br />

keinen großen finanziellen Anreiz, für<br />

diese Gruppe zu forschen. Politische Reformen<br />

stießen an ihre Grenzen. Sie hätte sich von der<br />

PUMA-Zulassung mehr erwartet. Frau Vogler plädierte<br />

für einen internationalen Forschungsfonds,<br />

um Geld für Studien bereitzustellen, <strong>da</strong> man es<br />

nicht allein der Privatwirtschaft überlassen dürfe,<br />

für kranke Kinder zu forschen. Auf die Frage aus<br />

dem Plenum, was man tun könne, wenn Fortentwicklungen<br />

eines Erwachsenenmedikaments<br />

auf eine Kinderanwendung „unter den Tisch“ fielen,<br />

antwortete Vogler, <strong>da</strong>ss es politisch <strong>da</strong>zu keine<br />

Regulatorien gäbe. Hielte sich eine Firma nicht an<br />

vereinbarte Wiederbewertungsvorschriften, gäbe<br />

es keine Sanktionen. Das erleichtere es den Firmen,<br />

„sich einen schlanken Fuß“ zu machen, wenn sich<br />

<strong>da</strong>s Medikament nicht rechne. Hier gäbe es Handlungsbe<strong>da</strong>rf.<br />

Hier wurde aus dem Publikum von<br />

Herrn Franken entgegnet, <strong>da</strong>ss nur die europäische<br />

Ebene Erfolgsaussichten brächte. Zum Vortrag von<br />

Frau Hawranke merkte Kathrin Vogler an, <strong>da</strong>ss all<br />

diese Problemfelder für alle Patient:innen gelten<br />

würden. Sie setze sich beispielsweise schon jetzt<br />

für eine Vereinfachung der Verschreibung von Medikamenten<br />

ein. <strong>Die</strong> Hinweise von Frau Hawranke<br />

seien für sie zum Teil neu, aber so plausibel, <strong>da</strong>ss<br />

sie diese in ihre politische Arbeit mitaufnehmen<br />

wolle. Kathrin Vogler <strong>ist</strong> Mitglied des Deutschen<br />

Bundestages, seit 2021 gesundheitspolitische Sprecherin<br />

der Fraktion DIE LINKE im Bundestag sowie<br />

stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend.<br />

Dr. Andreas Franken, Geschäftsführer der Initiative<br />

Arzneimittel für Kinder (IKAM), nahm auf der Veranstaltung<br />

gleich auf den Vortrag von Frau Hawranke<br />

Bezug und griff ihren Wunsch nach mehr Medikamenten<br />

in Form von Säften auf: Eine Saftentwicklung<br />

koste beispielsweise 500 000 Euro. Seiner<br />

Meinung nach müssten Gesundheitssysteme die<br />

Finanzierungen der Forschungen anteilig zurückerstatten.<br />

<strong>Die</strong> Kostenminimierungsverfahren der Gesundheitssysteme<br />

seien <strong>da</strong>bei nicht vereinbar mit


Aus Politik & Gesellschaft<br />

35<br />

einer freiwilligen Forschung zur Deckung therapeutischer<br />

Lücken.<br />

Hier der ganze Vortrag zum Nachlesen:<br />

> Herausforderungen aus Sicht eines pharmazeutischen<br />

Unternehmens<br />

Dr. Andreas Franken, Geschäftsführer Initiative Arzneimittel<br />

für Kinder (IKAM)<br />

Unsere Vorsitzende Dr. Annette Mund gab noch einen<br />

umfassenden Einblick zur Thematik aus Sicht<br />

der Eltern und der Betroffenen, den Sie ebenfalls<br />

hier nachlesen können:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/downloads/<br />

Mund_vfa_Mai_2022.pdf<br />

Aus dieser gemeinsamen Veranstaltung von vfa<br />

und knw ging eine umfangreiche barrierefreie Dokumentation<br />

hervor:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/downloads/vfa-<br />

DokumentationKinderarzneien080822-barrierefrei.pdf<br />

Danke an den vfa für die Unterstützung, mit der <strong>da</strong>s<br />

gemeinsame Format umgesetzt werden konnte!<br />

Frühe Hilfen sind auszubauen!<br />

<strong>Die</strong> Vorsitzende des Beirats der Bundesstiftung<br />

Frühe Hilfen, Frau Prof. Thyen, und die Vorsitzende<br />

des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen, Frau<br />

Prof. Böllert, haben sich mit dem nachfolgenden<br />

Schreiben (s.u.) an die Mitglieder der Ausschüsse<br />

für Gesundheit und Familien des Deutschen Bundestages<br />

gewendet und die Notwendigkeit der<br />

Mittelerhöhung des Fonds Frühe Hilfen betont. Der<br />

Beirat unterstützt den Bundesratsbeschluss vom<br />

10.6.2022 (https://www.bundesrat.de/Shared<br />

Docs/drucksachen/2022/0201-0300/217-22(B).<br />

pdf?__blob=publicationFile&v=1), die Mittel für<br />

die Frühen Hilfen schrittweise zu erhöhen, um den<br />

gesteigerten Be<strong>da</strong>rfen von Familien gerecht zu<br />

werden und die von den Kommunen umgesetzten<br />

Maßnahmen Früher Hilfen <strong>da</strong>uerhaft auf einem<br />

bundesweit vergleichbaren und be<strong>da</strong>rfsgerechten<br />

Niveau sicherstellen zu können.<br />

In einer Empfehlung vom März 2022 an die<br />

Bundesfamilienmin<strong>ist</strong>erin und den Bundesgesundheitsmin<strong>ist</strong>er<br />

hat der Beirat bereits dringend <strong>da</strong>rauf<br />

hingewiesen, <strong>da</strong>ss die derzeit zur Verfügung stehenden<br />

Mittel schon heute keine be<strong>da</strong>rfsdeckende<br />

Versorgung mit Angeboten der Frühen Hilfen<br />

gewährle<strong>ist</strong>en. https://www.fruehehilfen.de/<strong>da</strong>snzfh/beirat/impulspapier-zum-koalitionsvertragund-zum-krieg-in-der-ukraine/<br />

<strong>Die</strong>s betrifft insbesondere den erfolgreichen Einsatz<br />

von Familienhebammen und Familien-, Gesundheits-<br />

und Kinderkrankenpflegenden (FGKIKP)<br />

in den Familien. Deutschlandweit kann der Be<strong>da</strong>rf<br />

an diesem Angebot in weniger als jeder dritten<br />

Kommune gedeckt werden, weil die notwendigen<br />

finanziellen Mittel langfr<strong>ist</strong>ig fehlen: Etwa jede<br />

fünfte Kommune benötigt hierfür Mittel in mehr<br />

als doppelter Höhe als bisher. Besonders eklatant<br />

<strong>ist</strong> die Unterdeckung in den ostdeutschen Bundesländern.<br />

Um deutschlandweit ein annähernd


36<br />

Aus Politik & Gesellschaft<br />

gleiches Qualitätsniveau sicherzustellen, braucht<br />

es <strong>da</strong>her dringend eine Erhöhung der Mittel, um<br />

die notwendige Hilfe für alle Eltern und ihre Kinder<br />

– ungeachtet ihres Wohnortes – zu gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

Sozialindikatoren weisen <strong>da</strong>rauf hin, <strong>da</strong>ss die Zahl<br />

der Familien, die Unterstützung benötigen, weiter<br />

steigt. Damit geht auch ein erhöhter Be<strong>da</strong>rf an Frühen<br />

Hilfen einher. So <strong>ist</strong> zwischen 2010 und 2019<br />

die Armutsgefährdungsquote von Kindern nicht<br />

zurück gegangen, obwohl dies konjunkturstarke<br />

Jahre waren. Deren Familien hatten somit keine<br />

angemessene Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung.<br />

In Zeiten der Pandemie scheint sich die<br />

Lage gerade für psychosozial belastete Familien<br />

weiter verschärft zu haben. In der aktuellen Situation<br />

gibt es zahlreiche Bemühungen, Entlastungen<br />

zu schaffen. Trotzdem <strong>ist</strong> zu befürchten, <strong>da</strong>ss sich<br />

der Druck auf ressourcenschwache Familien weiter<br />

erhöhen wird. Auch die Versorgung psychosozial<br />

belasteter Familien in strukturschwachen Regionen<br />

wird in Zukunft eine noch größere Herausforderung<br />

sein.<br />

Stärkung <strong>ist</strong> wichtig in Zusammenhang mit Inklusiver<br />

Lösung!<br />

Hinzu kommt, <strong>da</strong>ss mit der Verabschiedung des<br />

Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) die<br />

Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen<br />

zuständig werden wird (inklusive Lösung), <strong>da</strong>s<br />

heißt, perspektivisch sollen durch die Frühen Hilfen<br />

im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe auch alle<br />

Eltern mit behinderten Kindern verstärkt adressiert<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Frühen Hilfen haben insbesondere in der Corona-Pandemie<br />

gezeigt, <strong>da</strong>ss sie sich durch ihre<br />

flächendeckende, systemübergreifende Netzwerkstruktur<br />

sehr schnell auf die veränderten Bedingungen<br />

einstellen und die Angebote für sozial benachteiligte<br />

Familien aufrechterhalten konnten.<br />

Um genau diese Qualität beizubehalten, be<strong>da</strong>rf es<br />

dringend einer Erhöhung der Mittel!<br />

Weitere Informationen<br />

Der Beirat besteht aus über 40 Mitgliedern der für<br />

die Belange von Familien und ihren Kindern relevanten<br />

Verbände, Institutionen und wissenschaftlichen<br />

Disziplinen: https://www.fruehehilfen.de/<br />

<strong>da</strong>s-nzfh/beirat/mitglieder-des-beirats/<br />

Kontakt zum Nationalen Zentrum Frühe Hilfen<br />

(NZFH) in der Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung (BZgA)<br />

Maarweg 149-161<br />

50825 Köln<br />

E-Mail: beirat@nzfh.de<br />

www.fruehehilfen.de/beirat<br />

Sie haben ein politisches Anliegen?<br />

Immer her <strong>da</strong>mit!<br />

Wenn Sie einen Vorschlag haben, welche Themen<br />

aus Ihrer Selbsthilfegruppe <strong>da</strong>s knw in ein politisches<br />

Gespräch „mitnehmen“ soll, können Sie <strong>da</strong>s<br />

unserer Geschäftsführerin Kathrin Jackel-Neusser<br />

mailen an jackel@kindernetzwerk.de.


Aus dem Kindernetzwerk<br />

1<br />

Aus dem Gesundheitswesen


38<br />

Aus dem Gesundheitswesen<br />

Häusliche<br />

Palliativversorgung für<br />

Kinder, Jugendliche<br />

und junge Erwachsene<br />

Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht – gemeinsam gehen fällt oft leichter.<br />

<strong>Die</strong> Diagnose einer lebenslimitierenden Erkrankung<br />

trifft ins Mark. Wenn eine Heilung nicht mehr möglich<br />

<strong>ist</strong>, wird gemeinsame und selbstbestimmte Zeit<br />

zu Hause für die betroffenen Familien noch wertvoller.<br />

Junge Menschen, die an einer nicht heilbaren<br />

Krankheit mit einer begrenzten Lebenserwartung<br />

leiden, haben besondere Bedürfnisse und<br />

benötigen häufig eine zeitintensive und komplexe<br />

Versorgung.<br />

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben<br />

einen Anspruch auf die spezialisierte ambulante<br />

Palliativversorgung (SAPV), wenn sie an einer<br />

Krankheit leiden, bei der es keine real<strong>ist</strong>ische<br />

Hoffnung auf Heilung gibt, und eine reduzierte Lebenserwartung<br />

vorliegt. Im Gegensatz zur reinen<br />

Erwachsenen-Palliativversorgung leidet nur ca. ein<br />

Drittel der Betroffenen unter Krebserkrankungen.<br />

Neurologische Erkrankungen mit schwerwiegenden<br />

Beeinträchtigungen (z.B. schwere Anfallsleiden,<br />

Hirnfehlbildungen, Stoffwechselerkrankungen),<br />

angeborene Muskelerkrankungen, schwere<br />

Herzfehler oder Komplikationen nach einer Frühgeburt<br />

sind häufige Krankheitsbilder bei jüngeren<br />

SAPV-Patient:innen. Auch bei irreversiblen Erkrankungen,<br />

bei denen regelhaft Komplikationen auftreten,<br />

z.B. bei schwerem Sauerstoffmangel bei Geburt<br />

oder nach Unfällen (z.B. Beinahe-Ertrinken),<br />

kann eine SAPV unterstützen.<br />

Der Aussage „Wir können nichts mehr tun“ widersprechen<br />

Palliativversorger vehement. Behandlung<br />

und Verhindern von Symptomen (z.B. Schmerzen,<br />

Luftnot, Krampfanfälle, Erbrechen), ein offenes Ohr<br />

ohne Zeitdruck, Dasein und schwierige Situationen<br />

gemeinsam me<strong>ist</strong>ern – für die Betroffenen <strong>ist</strong> dies<br />

eine große Unterstützung.<br />

<strong>Die</strong> Palliativversorgung für Erwachsene setzt me<strong>ist</strong><br />

erst am Lebensende ein; im Gegensatz <strong>da</strong>zu kann<br />

in der Kinderpalliativversorgung bereits ab der Diagnosestellung<br />

eine Mitversorgung erfolgen. Kinderpalliativteams<br />

sind Lebensbegleiter; sei es als<br />

Anlaufstelle nach Diagnosestellung oder als langjährige<br />

Begleiter in Krisensituationen, aber natürlich<br />

auch am Lebensende. Viele Familien werden<br />

über Jahre begleitet, teilweise kontinuierlich, teilweise<br />

nur in Krisensituationen.<br />

Kinderpalliativteams bieten im Rahmen der SAPV<br />

eine multiprofessionelle ärztliche und pflegerische<br />

Versorgung und psychosoziale Unterstützung zu<br />

Hause. Ziel <strong>ist</strong> es, die Lebensqualität zu erhalten<br />

und zu verbessern sowie ungewünschte Krankenhausaufenthalte<br />

zu vermeiden. Hierzu erfolgen<br />

regelmäßige Hausbesuche und Telefonate, um die<br />

Familien zu medizinischen, pflegerischen und sozialmedizinischen<br />

Fragen und Problemstellungen<br />

zu beraten und anzuleiten. Behandlungspläne und<br />

Hilfsmittel werden be<strong>da</strong>rfsgerecht angepasst und<br />

optimiert.


Aus dem Gesundheitswesen<br />

39<br />

Mit Entlastungs- und Gesprächsangeboten wird<br />

die gesamte Familie bei der Krankheitsbewältigung<br />

und Trauer unterstützt und begleitet. Nach<br />

dem Versterben der Patient:innen kann die Familie<br />

durch Gespräche unterstützt werden. Oft werden<br />

die Teams durch psychosoziale Fachkräfte oder<br />

Psychologen ergänzt. Durch eine enge Kooperation<br />

mit den Kinder- und Jugend- oder Hausärzten, dem<br />

ambulanten Pflegedienst, dem ambulanten Kinderhospizdienst,<br />

Therapeuten, Kindertagesstätten,<br />

Schulen und anderen Kooperationspartnern wird<br />

ein individuelles, den Bedürfnissen angepasstes<br />

Versorgungsnetzwerk auf- oder ausgebaut. Eine<br />

vorausschauende Be<strong>da</strong>rfsplanung hilft, Krisensituationen<br />

vorzubeugen bzw. die Patienten und ihr<br />

Umfeld auf schlechte Phasen vorzubereiten.<br />

Zunächst mag es schwer sein, sich mit dem weiteren<br />

Krankheitsverlauf auseinanderzusetzen. Me<strong>ist</strong>ens<br />

<strong>ist</strong> es aber für die Familien hilfreich, im Voraus<br />

über mögliche Notfallsituationen gesprochen zu<br />

haben. Im Rahmen eines Advance Care Planning<br />

(ACP) Prozesses können Therapieziele gemeinsam<br />

festgelegt und ggf. eine Vorausverfügung und ein<br />

Notfallplan erstellt werden. Das Kinderpalliativteam<br />

<strong>ist</strong> zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar,<br />

auch an Wochenenden und Feiertagen. Bei Problemen<br />

wie Schmerzen, Atemnot, Angst, Krampfanfällen<br />

oder anderen akuten Notfällen kann immer ein<br />

spezialisierter Arzt und eine Fachpflegekraft unterstützen,<br />

die <strong>da</strong>s Kind und die Familie kennen. Bei<br />

vielen Teams kann auch jederzeit ein Hausbesuch<br />

zur Krisenintervention erfolgen.<br />

In der letzten Lebensphase unterstützen Kinderpalliativteams<br />

medizinisch und pflegerisch und helfen<br />

die Situation gemeinsam zu tragen, um ein würdevolles<br />

symptomkontrolliertes Sterben im häuslichen<br />

Umfeld zu ermöglichen. <strong>Die</strong> individuellen Bedürfnisse<br />

und Wünsche der Patient:innen und ihrer<br />

Familien stehen in jeder Phase der Versorgung im<br />

Mittelpunkt.<br />

<strong>Die</strong> SAPV <strong>ist</strong> ein ergänzendes Angebot. Bereits bestehende<br />

Unterstützungsangebote werden nicht<br />

reduziert oder ersetzt. (Ausnahme: Eine sozialpädiatrische<br />

Nachsorge kann nicht zeitgleich mit einer<br />

SAPV erfolgen.) Das Pflegegeld bleibt von der SAPV<br />

unberührt. Eine SAPV <strong>ist</strong> auch bei Vorhandensein<br />

eines 24-h Pflegedienstes zu Hause oder in einer<br />

Intensivpflegeeinrichtung möglich.<br />

<strong>Die</strong> Le<strong>ist</strong>ungen der SAPV werden von den gesetzlichen<br />

Krankenkassen übernommen. Bei privaten<br />

Krankenversicherungen sollte die Kostenübernahme<br />

mit diesen besprochen werden, bevor eine<br />

SAPV beginnt. <strong>Die</strong> SAPV muss durch einen Kinderund<br />

Jugen<strong>da</strong>rzt oder Hausarzt oder den entlassenden<br />

Arzt eines Krankenhauses verordnet werden.<br />

<strong>Die</strong> Kinderpalliativteams versorgen unterschiedlich<br />

große Umkreise. Einsätze am Rande des Versorgungsgebietes<br />

werden unter den angrenzenden<br />

Kinderpalliativteams me<strong>ist</strong> abgesprochen. Teilweise<br />

sind die Träger von Kinderpalliativteams Kinderkliniken,<br />

Hospizvereine, gGmbHs oder Hilfsorganisationen.<br />

Viele Kinderpalliativteams bieten auch Beratungen<br />

in Kliniken sowie Palliativberatungen rund um eine<br />

anstehende Geburt an. Nach der vorgeburtlichen<br />

Diagnosestellung einer lebensverkürzenden Erkrankung<br />

benötigen betroffene Eltern zur Entscheidungsfindung<br />

unabhängige Informationen über<br />

alle Optionen und Unterstützungsangebote.<br />

Ob <strong>da</strong>s Angebot einer SAPV für die eigene Situation<br />

passt, kann mit dem Kinder- und Jugen<strong>da</strong>rzt, mit<br />

der Spezialambulanz oder direkt mit dem zuständigen<br />

Kinderpalliativteam besprochen werden. Oft<br />

be<strong>da</strong>uern Familien, <strong>da</strong>ss sie „erst so spät“ von den<br />

Unterstützungsmöglichkeiten durch ein Kinderpalliativteam<br />

erfahren haben. <strong>Die</strong> Teams freuen sich<br />

über eine frühzeitige Kontaktaufnahme.<br />

Das lokal zuständige Kinderpalliativteam finden Sie<br />

z.B. unter www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.<br />

de/de/angebote/kinder_jugendliche .


40<br />

Aus dem Kindernetzwerk<br />

Was bedeutet Palliativversorgung?<br />

„Unter Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen<br />

versteht man die aktive und umfassende Versorgung,<br />

die Körper, Seele und Ge<strong>ist</strong> des Kindes gleichermaßen<br />

berücksichtigt und die Unterstützung<br />

der betroffenen Familie gewährle<strong>ist</strong>et. Sie beginnt<br />

mit Diagnosestellung und <strong>ist</strong> unabhängig <strong>da</strong>von, ob<br />

<strong>da</strong>s Kind eine Therapie mit kurativer Zielsetzung erfährt.<br />

Es <strong>ist</strong> Aufgabe der professionellen Helfer, <strong>da</strong>s<br />

Ausmaß der physischen, psychischen wie sozialen<br />

Belastung des Kindes zu erkennen und zu minimieren.<br />

Wirkungsvolle pädiatrische Palliativversorgung<br />

<strong>ist</strong> nur mithilfe eines breiten multidisziplinären<br />

Ansatzes möglich, der die Familie und öffentliche<br />

Ressourcen mit einbezieht. Sie kann auch bei nur<br />

geringen Ressourcen erfolgreich implementiert<br />

werden. Pädiatrische Palliativversorgung kann in<br />

Krankenhäusern der höchsten Versorgungsstufe,<br />

auf kommunaler Ebene und zu Hause bei/m Patienten/in<br />

erbracht werden.” (Arbeitsgruppe der Europäischen<br />

Gesellschaft für Palliative Care)<br />

Kontakt:<br />

Dr. med. Vera Vaillant<br />

Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin<br />

Zusatzbezeichnung Hämostaseologie und Palliativmedizin<br />

Tel.: (0641) 985-57825<br />

E-Mail: Vera.Vaillant@paediat.med.uni-giessen.de<br />

Antragspaket zum Download:<br />

Cannabis als Medizin<br />

Schwerwiegend kranken Menschen, die nicht oder<br />

nur unzureichend auf die etablierten und Richtlinienbasiert<br />

empfohlenen Medikamente ansprechen<br />

oder diese aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen<br />

nicht einnehmen können, haben nun eher<br />

die Möglichkeit, Cannabis als Medizin zu Lasten der<br />

GKV verordnet (und bezahlt) zu bekommen. Nach<br />

dem §31 Abs. 6 SGB V (Gesetzesänderung 2017)<br />

sollen die gesetzlichen Krankenkassen die Kostenübernahme<br />

für den Einsatz von Cannabis in der<br />

Schmerzmedizin übernehmen. Leider spricht <strong>da</strong>s<br />

Gesetz von „sollen“, weshalb manche Krankenkasse<br />

dennoch Anträge zum Antrag auf Kostenübernahme<br />

ablehnen. Mit einer guten Vorbereitung gehen<br />

diese in der Mehrzahl durch. Wir haben <strong>da</strong>her ein<br />

paar Stichpunkte zusammengestellt, mit denen Ihr<br />

Antrag erfolgreich sein sollte.<br />

Siehe hier auf unserer Seite:<br />

https://www.kindernetzwerk.de/de/agen<strong>da</strong>/<br />

News/2022/Cannabis-als-Medizin.php<br />

<strong>Die</strong> CRPS Selbsthilfe hat zudem ein sehr interessantes<br />

Infoportal, auf dem sie ein Infopaket (Zip-Datei,<br />

4MB) mit wichtigen Dokumenten zum Cannabis-<br />

Antrag zusammengestellt hat, welches man über<br />

den nachfolgendenden link herunterladen kann:<br />

https://crpsselbsthilfe.de/willkommen/merkblaetter-und-formulare/


Buchtipps<br />

41<br />

Buchtipps<br />

Verena Sophie‘s Bücherblog LUKE UND LENA<br />

Zwei schwerstnormale Zwillinge im Freizeitpark von Lin<strong>da</strong> Sprenger und Nele Junghanns<br />

Es <strong>ist</strong> eines der großen Highlights für wohl fast jedes<br />

Kind. Auch die Zwillinge Luke und Lena freuen<br />

sich auf ihren Tag im Freizeitpark seit langem. <strong>Die</strong><br />

Zwillinge sind fast immer einer Meinung und die<br />

wilden Fahrten in der Achterbahn sind genau ihr<br />

Ding. Und Luke hat eine körperliche Behinderung<br />

und <strong>ist</strong> für längere Strecken auf einen Rollstuhl und<br />

jemand, der diesen schiebt, angewiesen. Aber im<br />

Park versucht er, <strong>da</strong>s Me<strong>ist</strong>e mit seinem Walker,<br />

einer Gehhilfe, auf eigene Faust zu erkunden. Fast<br />

wäre Lena um den Spaß gekommen, denn als ihre<br />

innig geliebte Puppe Nelly im Auto bleiben soll,<br />

wollte sie fast nicht mitkommen.<br />

Dann dürfen wir die beiden mit ihren Eltern bei<br />

ihrem tollen Tag im Freizeitpark begleiten. Dabei<br />

zieht Luke einige Blicke auf sich. Denn er bekommt<br />

beim gemeinsamen Picknick sein Essen über eine<br />

Magensonde und spricht mit Unterstützung eines<br />

Talkers. <strong>Die</strong>ses Tablet bedient er mit seiner Hand<br />

und kann so auch direkt mit den Kindern reden, die<br />

sich über ihn erkundigen. Er lädt sie gleich zum Toben<br />

ein und hat große Freude auf dem Riesenrad.<br />

Er <strong>ist</strong> zwar bei manchen Dingen auf Unterstützung<br />

angewiesen, aber Luke <strong>ist</strong> aufmerksam und weiß<br />

sich mitzuteilen. So <strong>ist</strong> der Einzige, der merkt, <strong>da</strong>ss<br />

ihnen etwas Wichtiges abhandengekommen <strong>ist</strong>.<br />

Dafür wird Luke auch als Held des Tages gefeiert.<br />

Ein tolles Buch, <strong>da</strong>s nebenbei zeigt, wie einfach Teilhabe<br />

aussehen kann und Kinder als Kinder wahrgenommen<br />

werden wollen. Eben vorrangig als „der<br />

Luke“ und nicht „der Junge mit der Behinderung“.<br />

Wer genau hinsieht, entdeckt noch ein Detail, <strong>da</strong>s<br />

auch als Statement für mehr Inklusion und Teilhabe<br />

zu lesen <strong>ist</strong>. Und mit der klaren Botschaft: Geht auf<br />

Kinder mit Behinderung ganz normal zu. Me<strong>ist</strong> verbindet<br />

uns mehr, als uns trennt.<br />

<strong>Die</strong> bunten Aquarelle zeigen die Hilfsmittel von<br />

Luke detailgetreu. Sie werden am Ende des Buches<br />

zusätzlich erläutert. Nicht nur die Illustratorin @anders_gluecklich<br />

- auch die Autorin Lin<strong>da</strong> Sprenger<br />

<strong>ist</strong> pflegende Mutter.<br />

Fazit - Sehr empfehlenswert!<br />

Renidere Verlag<br />

Am Felsenkeller 26<br />

63477 Maintal<br />

Tel.: 0172-7820440<br />

E-Mail: meinWunsch@renidere-verlag.de<br />

Internet: www.renidere-verlag.de


42<br />

Buchtipps<br />

Ich bin anders als du - Ich bin wie du<br />

Das große Bilderbuch zum Vor- und Mitlesen von Constanze von Kitzing<br />

<strong>Die</strong>s <strong>ist</strong> ein reichhaltiges, zu Gesprächen anregendes<br />

Bilderbuch, <strong>da</strong>s alle Kinder <strong>da</strong>rin unterstützt,<br />

im wahrsten Sinne des Wortes selbstbewusst zu<br />

sein.<br />

Hier begegnen sich viele Kinder und stellen an sich<br />

Gemeinsamkeiten und Unterschiede fest. Doch aufgepasst,<br />

was augenscheinlich für die Leser:innen<br />

beim schnellen Betrachten als gleich oder anders<br />

gilt, gilt für die Protagon<strong>ist</strong>:innen selbst noch lange<br />

nicht. Jedes Umblättern wird ein Aha-Erlebnis<br />

und allmählich spüren die großen und kleinen<br />

Leser:innen, wie wichtig es <strong>ist</strong>, mit Be<strong>da</strong>cht wahrzunehmen<br />

und offen zu bleiben für <strong>da</strong>s Kennenlernen.<br />

Und wer gut zuhört, der wird all diese Kinder,<br />

die hier viel von sich erzählen, etwas näher kennenlernen.<br />

Ein Wende-Bilderbuch über Vielfalt mit Bild-Wort-<br />

Texten ab 4 Jahren. Farbig illustriert. Gebundene<br />

Ausgabe mit 96 Seiten - Verlag Carlsen (ISBN 978-3-<br />

551-17124-5) 16.00 €<br />

https://www.constanzevonkitzing.de/ich-bin-anders-als-du-bilderbuch<br />

Das beliebte kleine Papp-Wende-Buch jetzt als<br />

großformatiges Vorlesebilderbuch mit viel mehr<br />

Text und spielerisch eingestreuten bunten Bild-<br />

Wörtern für ein gemeinsames Leseerlebnis. <strong>Die</strong>ses<br />

Buch macht Spaß und weckt die Neugier. Alle können<br />

mitmachen, egal ob und wie sicher ein Kind<br />

bereits Texte lesen kann. Hier ein Beispiel aus dem<br />

Buch.<br />

Erstmal steht <strong>da</strong> immer der angefangene Satz „Ich<br />

bin anders als du, weil…“ - und <strong>da</strong>nn folgt <strong>da</strong>s Umblättern.<br />

Ein dunkelhäutiges Mädchen und ein hellhäutiger<br />

Junge sind zu sehen. Was <strong>ist</strong> aber der wirklich<br />

wichtige Unterschied zwischen den beiden?<br />

Richtig: Eine mag Pizza lieber, der andere Spaghetti!


Unsere Kinderseiten<br />

43<br />

Für unsere „very special<br />

children“: Unsere Kinderseiten<br />

Eine Geschichte nur für Euch<br />

Unsere Vorsitzende Annette Mund hat für Euch wieder eine Geschichte über Erdferkel, die in<br />

den Eichhörnchenwald einziehen wollten geschrieben und eine Zeichnung für Euch gemalt.<br />

Eichhörnchen und Erdferkel<br />

Im Wald herrschte große Aufregung. Schnell verbreitete<br />

sich die Nachricht, <strong>da</strong>ss die Erdferkel in<br />

den Eichhörnchenwald einziehen wollten.<br />

Der Wald summte und brummte vor lauter Gerede.<br />

“Was wollen die hier? Igitt, igitt, Erdferkel! <strong>Die</strong> sind<br />

doch so schwarz und die stinken ganz schrecklich;<br />

und was wollen die überhaupt hier – sollen die<br />

doch in ihrer Gegend bleiben!“


44<br />

Unsere Kinderseiten<br />

Ja, warum kamen die Erdferkel eigentlich? Nun, es<br />

war eine ganz tragische Geschichte.<br />

<strong>Die</strong> Erdferkel lebten in einer schönen grünen Ebene,<br />

die alles hatte, was Erdferkel lieben. Es gab tiefe<br />

Erdgruben, in denen sie mollern konnten, und<br />

einen reinen Bach, der in vielen Kurven durch die<br />

Ebene floss. Wenn die Erdferkel morgens im Matsch<br />

gespielt hatten, gingen sie gemeinsam baden. Sie<br />

plantschten und spritzen und genossen es, wieder<br />

sauber zu werden, denn sie waren sehr reinliche<br />

Tiere. Wenn sie <strong>da</strong>nn genug gebadet hatten, legten<br />

sie sich in die Sonne, dösten etwas und genossen<br />

die Wärme, die Gemeinschaft, <strong>da</strong>s Leben. Abends<br />

lagen sie zusammen, fraßen Eicheln und andere<br />

Delikatessen und erzählten sich wunderschöne Geschichten.<br />

Ja, die Erdferkel lebten ein schönes Leben<br />

und friedlich war es auch.<br />

Eines Tages aber begann die Erde zu beben. In<br />

der Luft lag ein tiefes, brummendes Geräusch und<br />

rundherum ertönte <strong>da</strong>s schreckliche Knacken umstürzender<br />

Bäume. Alle Erdferkel waren in Aufruhr.<br />

Was war los? Was passierte <strong>da</strong>? Und was war mit<br />

dem Bach? Er war nicht mehr sauber und klar, sondern<br />

braun und voller Erde. Alle waren entsetzt.<br />

Niemand wusste, was geschah, aber alle wussten,<br />

<strong>da</strong>ss etwas Schreckliches im Gange war. Und auf<br />

einmal sahen sie es. Riesige Bulldozer schoben große<br />

Erdhaufen vor sich her. Ohne anzuhalten, knickten<br />

sie Bäume, schütteten die schönen Mollergruben<br />

zu und schoben Erde und Steine in den Bach.<br />

„Zu Hilfe! Rettet Euch! <strong>Die</strong> Maschinen sind so groß,<br />

die Fahrer sehen Euch gar nicht. Und wehe, wenn<br />

so eine Maschine Euch überrollt, <strong>da</strong>s überlebt Ihr<br />

nicht!“ Mit weit aufgerissenen Augen und voller<br />

Panik liefen alle Erdferkel durcheinander, bevor sie<br />

<strong>da</strong>nn alle schnell wegrannten.


Unsere Kinderseiten<br />

45<br />

Seit diesem Tag waren die Erdferkel auf der Flucht.<br />

Überall mussten sie Bulldozern und Baumaschinen<br />

weichen, denn die Menschen wollten anscheinend<br />

auf jedem Fleckchen Natur etwas bauen. Und kamen<br />

die Erdferkel in ein noch von Menschen unberührtes<br />

Stück Natur, wurden sie von den Tieren, die<br />

dort lebten, weggejagt. Dabei wollte sie doch nur in<br />

Frieden leben und sich ein <strong>neue</strong>s Leben aufbauen.<br />

Nun waren sie kurz vor dem Eichhörnchenwald.<br />

Wie so oft zuvor, waren sie auch hier nicht gern<br />

gesehen. <strong>Die</strong> Eichhörnchen wollten die Erdferkel<br />

nicht. Sie wollten keine fremden Tiere in ihrem<br />

Wald. Denn die würden ihnen sicherlich viel Futter<br />

wegfressen und den ganzen Wald mit ihrem Geruch<br />

verderben.<br />

Karli Eichhorn war der Schlimmste. “Wir wollen die<br />

Erdferkel nicht! Wenn die erst mal hier einziehen,<br />

wird der Wald bald nichts mehr wert sein!“<br />

„Genau!“ schrie Fritz Finger. Er hieß so, weil er besonders<br />

schnell im Nüsse Sammeln war. „Wir müssen<br />

uns <strong>da</strong>gegen wehren. Wäre ja auch noch schöner,<br />

wenn wir unser Recht auf einen erdferkelfreien<br />

Wald nicht durchsetzen könnten. Wisst Ihr was?<br />

Wir werden eine Demonstration machen!“<br />

„Au ja!“ rief Willi Wisch „was <strong>ist</strong> eine Demontion?“<br />

„Eine Demonstration! Das <strong>ist</strong> ein langer Zug von<br />

uns allen, bei dem wir Schilder tragen, auf die wir<br />

unsere Meinung geschrieben haben. Wir ziehen<br />

<strong>da</strong>nn durch den Wald und rufen immer: ‚Wir wollen<br />

die Erdferkel nicht!‘ oder ‚Raus mit den Erdferkeln!‘.<br />

Das wird bestimmt toll!“<br />

Alle waren bege<strong>ist</strong>ert und machten sich sofort ans<br />

Werk. Am übernächsten Tag ging es los. In einem<br />

langen Zug zogen die Eichhörnchen durch den<br />

Wald, allen voran Karli Eichhorn. Er trug ein großes<br />

Schild, auf dem „Erdferkel raus!“ stand. Dazu schrie<br />

er immer wieder „Der Wald gehört den Eichhörnchen“.<br />

Alle riefen bege<strong>ist</strong>ert mit. Den ganzen Tag<br />

hörte man nichts anderes als Schreien und wüstes<br />

Gelärme im Wald.<br />

<strong>Die</strong> Erdferkel hatte sich stumm alles aus der Ferne<br />

angesehen. Sie waren traurig, meinten aber, <strong>da</strong>ss<br />

man von solch dummen Tieren wie den Eichhörnchen,<br />

die den ganzen Tag völlig sinnlos auf den<br />

Bäumen herumhüpften, wohl nichts anderes zu erwarten<br />

habe. Aber schade war es doch, denn gerne<br />

hätten die Erdferkel mit den Eichhörnchen friedlich<br />

zusammengelebt. Und so richteten sie sich am Boden<br />

des Waldes ein. Sie wussten, <strong>da</strong>ss sie ungeliebt<br />

waren, und immer wieder gab es Demonstrationen<br />

gegen sie, aber an sich lebten die beiden Gruppen<br />

aneinander vorbei.<br />

<strong>Die</strong> Erdferkel machten viele Dinge ganz anders als<br />

die Eichhörnchen. Sie feierten andere Feste und<br />

vor allen Dingen aßen sie völlig andere Dinge. Nahrungsmittel,<br />

von denen die Eichhörnchen noch<br />

nicht einmal gehört hatten.<br />

Karli Eichhorn, der ungeheuer neugierig war und<br />

wissen wollte, was die Erdferkel den ganzen Tag so<br />

trieben, beobachtete sie streng von seinem Posten<br />

im hohen Baum. Eigentlich schienen diese anderen<br />

ganz nett zu sein und was sie kochten – hmmm –<br />

<strong>da</strong>s roch immer so gut. Dabei vergaß Karli beinahe,<br />

<strong>da</strong>ss die Köche ja Erdferkel waren.<br />

Auch Willi Wisch beobachtete die Fremden neugierig.<br />

Es gab bei ihnen Vieles, was ihm gut gefiel. Er<br />

konnte eigentlich gar nicht mehr verstehen, warum<br />

die Eichhörnchen sich nicht mit den Erdferkeln vertragen<br />

wollten. Er fand sie mittlerweile nur noch<br />

nett. Vor allem ein Erdferkelmädchen. Es hieß Else<br />

und hatte wunderschöne braune Augen.<br />

Willi wusste nicht, wie er es anstellen sollte, mit ihr<br />

in Kontakt zu kommen, aber <strong>da</strong>nn nahm er sich ein<br />

Herz und sprach sie einfach an.<br />

Zuerst war Else ein wenig scheu, aber langsam<br />

freundete sie sich mit diesem netten Eichhörnchenjungen<br />

an. <strong>Die</strong> anderen aus den beiden Gruppen<br />

schauten sie immer misstrauisch an, aber <strong>da</strong>s<br />

kümmerte weder Else noch Willi. Es war ihnen egal,<br />

ob die Erdferkel oder die Eichhörnchen über sie


46<br />

Unsere Kinderseiten<br />

redeten. Hauptsache, sie verstanden sich gut.<br />

Eines Tages hatte Else eine gute Idee. „Weißt Du<br />

was?“ fragte sie Willi. „Wir machen einfach ein großes<br />

Fest. Wir laden alle, alle <strong>da</strong>zu ein. Dazu kochen<br />

wir alle guten Dinge und jeder kann alles probieren,<br />

<strong>da</strong>s was er kennt und auch <strong>da</strong>s, was er nicht kennt.<br />

Dann kann auch jeder mal mit jedem reden und<br />

vielleicht entstehen so ja <strong>neue</strong> Freundschaften?<br />

Wer <strong>da</strong>bei nicht mitmachen will, <strong>ist</strong> selbst schuld!<br />

Was meinst Du, Willi?“<br />

Willi wusste erst nicht so recht, ob ihm die Idee<br />

gefiel oder nicht, aber <strong>da</strong>nn war er einverstanden.<br />

Er lief sofort los, um alle Eichhörnchen einzuladen,<br />

und Else lief zu den Erdferkeln, um <strong>da</strong>s Gleiche zu<br />

tun.<br />

Anfangs waren ja nicht alle bege<strong>ist</strong>ert, doch beim<br />

Fest wollte <strong>da</strong>nn doch niemand fehlen.<br />

Es wurde ein wunderschönes Fest. <strong>Die</strong> Eichhörnchen<br />

stellten fest, <strong>da</strong>ss die Erdferkel zwar ganz anders<br />

aussahen als sie selbst und <strong>da</strong>ss sie andere<br />

Gewohnheiten hatten, aber sie waren weder faul<br />

noch unsauber.<br />

<strong>Die</strong> Erdferkel stellten fest, <strong>da</strong>ss die Eichhörnchen<br />

gar nicht so böse und mies waren, wie sie geglaubt<br />

hatten, und <strong>da</strong>ss sie sich nur aus Angst vor dem<br />

Fremden so unfreundlich verhalten hatten. Alle<br />

waren glücklich und feierten bis zum nächsten<br />

Morgen. Es wurde getanzt, gelacht, gegessen und<br />

getrunken. Es war wunderschön und alle wussten,<br />

<strong>da</strong>ss niemand diesen Tag und dieses Fest vergessen<br />

würde.<br />

Heute leben Eichhörnchen und Erdferkel friedlich<br />

im Wald zusammen und niemand kann sich vorstellen,<br />

<strong>da</strong>ss es je anders war!


Unsere Kinderseiten<br />

47<br />

Ein Spiel für Euch<br />

von unserer stellvertretenden Kindernetzwerk-Vorsitzenden Susann Schrödel<br />

zum Ausprobieren – viel Spaß!


48<br />

Unsere Glosse „zu guter Letzt“<br />

Inclousion<br />

Dr. med. Richard Haaser<br />

Nicht jeder kann mit seinen Gaben<br />

am Gesellschaftsleben (an)teilhaben,<br />

weil ihm gerade jene fehlen,<br />

die zu den notwendigen zählen,<br />

<strong>da</strong>ss andere ihn anerkennen<br />

und nicht „Zappelphillip“ nennen,<br />

wie Ordnungssinn, Gelassenheit,<br />

Aus<strong>da</strong>uer und Beständigkeit.<br />

Im Zeitmanagement nicht verlässlich,<br />

bei Aufgaben gerne vergesslich,<br />

sprunghaft - <strong>da</strong>s nicht nur motorisch –<br />

wenig empathisch und notorisch<br />

blank und unterfinanziert<br />

er sich nach außen präsentiert.<br />

Weil er, wenn ein andrer spricht,<br />

gerne einfach unterbricht,<br />

häufig – und me<strong>ist</strong> ungefragt -<br />

zu allem seine Meinung sagt<br />

(und <strong>da</strong>s oft noch gut begründet),<br />

er nur selten Freunde findet.<br />

Wer ihn kennenlernen könnte,<br />

sähe auch seine Talente,<br />

die ihn ganz besonders machen:<br />

Er kämpft gerne für die Schwachen,<br />

setzt statt auf Solidität<br />

lieber auf Soli<strong>da</strong>rität.<br />

Ihm kommen ganz <strong>neue</strong> Ge<strong>da</strong>nken,<br />

die Fantasie kennt keine Schranken,<br />

auch wenn die Kreativität<br />

uns manchmal auf die Nerven geht.<br />

Neid und Geiz sind ihm ganz fremd:<br />

Er gibt für Dich sein letztes Hemd.<br />

Und wenn ihn etwas interessiert,<br />

vertieft er sich ganz konzentriert,<br />

findet Lösungen für Probleme,<br />

auf die so schnell kein andrer käme,<br />

wobei er Grenzen überschreitet<br />

und <strong>neue</strong> Wege vorbereitet.<br />

Dass er stets auf Mitleid pfeift,<br />

einfach jede Chance ergreift,<br />

seine Besonderheit zu leben,<br />

sollte uns zu denken geben.<br />

Wir woll´n uns die Erkenntnis merken:<br />

ADHS - Auch Du Hast Stärken.<br />

(Das gilt unter dem gleichen Namen<br />

nicht nur für Herren, auch für Damen.)


Impressum<br />

Kindernetzwerk e.V.<br />

Benzstraße 2, 63741 Aschaffenburg<br />

Telefon 06021-454400, Telefax 06021-12446<br />

Hauptstadtbüro:<br />

Schiffbauer<strong>da</strong>mm 19, 10117 Berlin, Telefon 030-25765960<br />

info@kindernetzwerk.de | www.kindernetzwerk.de<br />

Geschäftsführerinnen:<br />

Dr. med. Henriette Högl, Kathrin Jackel-Neusser<br />

Herausgeber: Kindernetzwerk e.V.<br />

Re<strong>da</strong>ktionelle Leitung: Kathrin Jackel-Neusser<br />

Re<strong>da</strong>ktionsteam: Dr. med. Richard Haaser,<br />

Dr. med. Henriette Högl, Dr. Annette Mund<br />

Lektorat: Dr. med. Richard Haaser<br />

Gestaltung: design|BÜROSTICH, Pots<strong>da</strong>m<br />

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