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naturgucker Nr. 63

DAS MAGAZIN ZUR VOGEL- UND NATURBEOBACHTUNG Wir zeigen Ihnen die Natur von ihrer schönsten Seite! Blättern Sie durch unser aktuelles Heft, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt, die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen und Schmetterlinge. https://www.naturgucker-magazin.de

DAS MAGAZIN ZUR VOGEL- UND NATURBEOBACHTUNG
Wir zeigen Ihnen die Natur von ihrer schönsten Seite! Blättern Sie durch unser aktuelles Heft, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt, die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen und Schmetterlinge.

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Ausgabe <strong>63</strong> Nov. / Dez. 2022 Deutschland 4,50 € | Österreich 4,90 € | Schweiz 5,00 CHF | Italien 5,70 €<br />

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Ein roter Schwanz<br />

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Leben<br />

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<strong>63</strong><br />

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Liebe Leserinnen<br />

und liebe Leser !<br />

Der Natur- und Artenschutz hat es<br />

nicht leicht – an allen Fronten wird<br />

er kaputt gestutzt, durch die Energiekrise<br />

umso mehr. Wertvolle Brachflächen<br />

– so es sie überhaupt noch gibt – und<br />

extensiv genutztes Grünland sollen jetzt<br />

energiereichen Mais- und Rapsfeldern weichen.<br />

Dabei haben wir schon Agrarwüsten<br />

genug. Aber wie soll man mit dem Schutz<br />

von Kiebitz, Uferschnepfe, Braunkehlchen<br />

und Co. argumentieren, wenn auf der anderen<br />

Seite Millionen Menschen Angst vor<br />

den Heizkosten für den bevorstehenden<br />

Winter haben? Hoffen wir, dass sich Kompromisse<br />

finden lassen. Auch durch die<br />

Reduzierung der Mindest-Abstandsregeln<br />

zwischen Windrädern und den Horsten<br />

seltener Vogelarten droht uns ein neuerlicher<br />

Artenschwund ungeahnten Ausmaßes.<br />

Irgendwann ist die Energiekrise gelöst<br />

und der Klimaschutz beschleunigt, dafür<br />

gibt es dann aber vielleicht nicht mehr viel<br />

zu schützen, weil schützenswerte Arten<br />

bereits verschwunden sind. Die Dürre in<br />

Europa ist nach Einschätzung von EU-<br />

Experten vermutlich die schlimmste seit<br />

einem halben Jahrtausend.* Waldbrände<br />

und Wasserknappheit in fast allen Ländern<br />

machten der Natur teils schwer zu schaffen.<br />

Ob das der Klimawandel ist oder »nur«<br />

Wetter, wir wissen es nicht genau. Aber wir<br />

sollten darüber nachdenken, was wir erhalten<br />

und was wir vernichten.<br />

Denn trotz allem gebe ich den Glauben<br />

an die menschliche Vernunft – zumindest<br />

dort, wo sie noch existiert – nicht auf.<br />

Wir, das Team vom <strong>naturgucker</strong>-Magazin,<br />

versuchen, unseren bescheidenen Beitrag<br />

dazu zu leisten: Indem wir in jeder Ausgabe<br />

zeigen, wie wundervoll unsere Natur doch<br />

ist – noch. Wo es etwas zu sehen gibt, welche<br />

Tricks Tiere, Pflanzen und Pilze haben,<br />

um zu (über)leben, und zu welch erstaunlichen<br />

Erkenntnissen Forscherinnen und<br />

Forscher mit ihren Arbeiten kommen.<br />

Lesen Sie doch zum Beispiel mal den Text<br />

über die n den Birken- und Nadelwäldern<br />

Skandinaviens durch die Luft gleitende<br />

Flughörnchen gibt? Gehen Sie mit uns auf<br />

Entdeckungsreisen und durchstreifen Sie<br />

selbst die Natur. Es lohnt sich, immer noch!<br />

In diesem Sinne wünscht einen schönen<br />

Spätherbst,<br />

Robert Lücke<br />

Herausgeber<br />

*https://edo.jrc.ec.europa.eu/documents/<br />

news/GDO-EDODroughtNews202208_<br />

Europe.pdf<br />

Das<br />

faszinierende<br />

Porträt<br />

eines Vogels<br />

Heinrich Haller<br />

Der Kolkrabe –<br />

Totenvogel, Götterbote,<br />

tierisches Genie<br />

216 S., gebunden. Fadenheftung,<br />

ISBN 978-3-258-08257-8<br />

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INHALT<br />

INHALT<br />

30 08<br />

06 NATUR-SPAZIERGANG<br />

06 Wald der Spechte und Sperlingskäuze<br />

08 NATUR-SAISON<br />

08 Wärmeliebende Tiere auf dem Vormarsch<br />

12 NATURSCHUTZ<br />

12 Die Hunte – Sanfter Fluss voller Leben<br />

18<br />

18 NATUR-WISSEN<br />

18 Der Damhirsch<br />

24 Prächtige Falter in meinem Garten<br />

26 Der Hausrotschwanz –<br />

Ein roter Schwanz im rechten Licht<br />

44 Pilze – Die heimlichen Herrscher der Erde<br />

28 NATURGUCKER.DE<br />

28 Neue Naturreisen von und mit<br />

NABU | <strong>naturgucker</strong><br />

4<br />

17<br />

30 NATUR-REISE<br />

30 Der Naturpark Hohe Tauern –<br />

Bei Steinböcken und Murmeltieren<br />

36 NATUR-BESTIMMUNG<br />

36 Fitis und Zilpzalp – Zwei kleine Grüne<br />

40 Die Hörnchen Europas<br />

45 LESERSEITEN<br />

45 Ihre Briefe & Mails<br />

46 NATURGUCKER-RÄTSEL<br />

41<br />

16<br />

48 NATUR-KIND<br />

48 Blühendes Feuerwerk<br />

50 KLEINANZEIGEN<br />

& VORSCHAU<br />

Titelbild: Hausrotschwanz /<br />

Markus Varesvuo, naturepl.com


13<br />

10<br />

31<br />

36<br />

IMPRESSUM<br />

VERLAG<br />

Bachstelzen Verlag GbR<br />

Frankenplatz 23<br />

42107 Wuppertal<br />

www.<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

HERAUSGEBER<br />

Robert Lücke ( V.i.S.d.P.)<br />

robert.luecke@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

REDAKTION<br />

Julia Klinkusch, Nicole Lücke,<br />

Robert Lücke, Dieter Schneider, Sebastian Teichmann<br />

redaktion@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Ekaterina Baulina, Anke Benstem, Henk Bogaard, Jürgen<br />

Borris, Stefan Bosch, Helen Davies, Alain Ghignone, Markus<br />

Gläßel, Marc Guyt, Dieter Haas, Erich Junginger, Kai<br />

Kolodziej, Martin Kraft, Rita Lüder, Peter Lurz, Ralph<br />

Martin, Ewald Müller, Stefan Munzinger, Daniele Occhiato,<br />

Roland Prinzinger, Willi Rolfes, Franz Rothenhäuser, Iris<br />

Schaper, Aggi Schmid, Christopher Schmidt, Ran Scholz,<br />

Helge Sorensen, Andy Swash, Gill Swash, Roland Tichai,<br />

Markus Varesvuo, Hedwig Winter, Thea Wittmann<br />

GRAFIKDESIGN<br />

Christiane Püschel | pueschels.com<br />

ABOSERVICE<br />

T + 49 (0) 202 30 <strong>63</strong> 66<br />

abo@<strong>naturgucker</strong>-magazin.de<br />

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Frankenplatz 23<br />

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PARTNER<br />

www.<strong>naturgucker</strong>.de<br />

www.birdnet.de<br />

www.birdingtours.de<br />

www.dumanaturreisen.de<br />

Es gelten die Anzeigenkonditionen 2022. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Das Magazin und alle enthaltenen Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich<br />

zugelassenen Fälle ist eine Verwertung, auch auszugsweise,<br />

ohne Einwilligung des Hausgebers nicht gestattet. Für unverlangt<br />

eingesandtes Text und Bildmaterial wird keine Haftung<br />

übernommen.<br />

FACHBEIRAT<br />

FeldOrnithologie | Prof. Dr. Martin Kraft<br />

Vogelzug | Prof. Dr. Peter Berthold<br />

Physiologie der Vögel | Prof. Dr. Roland Prinzinger<br />

FeldEntomologie | Horst Schlüter<br />

Libellen | Hartwig Stobbe<br />

Allgemeine Botanik, Falter | Dieter Schneider<br />

Orchideen | Dr. Manfred Hennecke<br />

Naturschutzverbände | Maik Sommerhage<br />

Botanik, Pflanzenkunde, Pilze | Dr. Rita Lüder<br />

Fotografie | Bruno Dittrich<br />

ISSN 21955646<br />

FARBE, WIE<br />

INHALT<br />

DIE NATUR SIE<br />

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NATUR-SPAZIERGANG<br />

Wald der Spechte und<br />

SPERLINGSKÄUZE<br />

Ein Märchenwald voller Leben hat es Christopher Schmidt angetan.<br />

Text und Zeichnungen von Christopher Schmidt<br />

06<br />

Wälder wie diese hier zeigen<br />

durch ihre Ursprünglichkeit,<br />

wie durch Chaos ein<br />

Gleichgewicht entsteht, in dem die<br />

Veränderung das Normale und nichts<br />

Beängstigendes ist. Verrottendes ist<br />

ebenso gewährleistet wie Wachsendes.<br />

Diese Gegensätze sind es, die diesen<br />

Wald zu einem Märchenwald machen,<br />

aber auch die Unübersichtlichkeit, das<br />

Skurrile, das Schöne und Unbekannte<br />

sprechen Fantasie und die Sinne an.<br />

Die Undurchdringlichkeit dieses Gebirgswaldes<br />

im Nationalpark Berchtesgaden,<br />

die Moose, Flechten, Pilze<br />

und Vielfalt der Baumarten sowie die<br />

moosbewachsenen Steinblöcke tragen<br />

ebenso zu dem Eindrucke eines Märchenwaldes<br />

bei wie die Muster auf<br />

der Rinde, die kunstvollen Spuren der<br />

Käferlarven auf dem Totholz und die<br />

jungen Fichten, die auf umgestürzten<br />

Artgenossen wurzeln.<br />

Dreizehenspecht<br />

RUHE IM NEBEL<br />

Nässe, Kälte, der leichte Nebel und<br />

die Unwegsamkeit fokussieren meine<br />

Konzentration heute ganz auf das<br />

Wandern in diesem menschenleeren<br />

Bereich. Gelegentlich ruft eine Tannen-<br />

oder Haubenmeise, ein Wintergoldhähnchen<br />

oder Waldbaumläufer.<br />

Nur selten überfliegt mich ein Trupp<br />

Erlenzeisige oder Fichtenkreuzschnäbel.<br />

Insgesamt ist es eher ruhig, eine besondere<br />

Art von Ruhe, bei der es nicht<br />

wichtig ist, dass Besonderes die Situation<br />

verändert. Und trotzdem passiert<br />

es: Ganz unvermittelt, ganz unerwartet:<br />

Ein typischer, kurzer und harter<br />

Ruf eines Spechtes.


NATUR-SPAZIERGANG<br />

Es dauert eine Zeit, bis ich den Vogel<br />

entdecke, der zwar in regelmäßigen<br />

Abständen immer wieder ruft, der<br />

aber erstaunlich schwer zu entdecken<br />

ist. Das konsequente, vorsichtige Rufen<br />

weist mir letztlich den Weg, und<br />

obwohl die meisten Spechte weder<br />

klein noch besonders unauffällig sind,<br />

dauert es eine Weile, bis der Vogel sich<br />

zeigt. Aber nur von hinten – und wegfliegend!<br />

Trotzdem reicht dieser kurze<br />

Moment, um ihn als Dreizehenspecht<br />

zu bestimmen, und als er sich für einen<br />

kurzen Moment direkt seitlich<br />

an einen malerischen, abgestorbenen<br />

Stamm einer Fichte setzt, präsentiert<br />

er sich in all seiner Schönheit.<br />

APARTE BEGEGNUNG<br />

Es ist ein Männchen, das, vermutlich<br />

durch meine Präsenz in Aufregung<br />

versetzt, sein gelbliches Kopfgefieder<br />

sträubt, kurz in meine Richtung schaut<br />

und dann hinter dem Baumstamm verschwindet.<br />

Ein ganz typisches Verhalten<br />

für einen Dreizehenspecht und<br />

der Grund dafür, dass diese Spechtart<br />

generell nicht leicht zu entdecken ist.<br />

Dreizehenspecht-Beobachtungen sind<br />

in Deutschland immer etwas ganz Besonderes,<br />

und im Laufe dieses Nachmittages<br />

folge ich dem Vogel durch das<br />

Waldareal, bis meine Orientierungsfähigkeit<br />

mich an meine Grenzen bringt<br />

und ich letztendlich auf Umwegen wieder<br />

zu meinem schmalen, ursprünglichen<br />

Wanderweg zurückfinde.<br />

Normalerweise sollte so eine unglaublich<br />

glückliche Zufallsbeobachtung als<br />

unerwartete Belohnung für eine anstrengende<br />

Wanderung für einen Tag<br />

reichen, aber kurz bevor ich meinen<br />

Ausgangspunkt erreiche, thront auf<br />

der Spitze einer abgestorbenen Fichte<br />

eine kleine Eule, die mich mit ihren<br />

durchdringenden Augen anschaut. Ich<br />

bin im Revier der Sperlingskäuze!<br />

Alle Rechte an Text und Bildern<br />

bei Christopher Schmidt.<br />

Sperlingskauz<br />

07


NATUR-SAISON<br />

08<br />

Wärmeliebende Tiere<br />

AUF DEM<br />

VORMARSCH<br />

Auch in diesem Sommer gelangen trotz Dürre<br />

wieder viele spannende Beobachtungen.<br />

Von Dieter Schneider<br />

Nachdem auch der Spätsommer<br />

in den meisten Landesteilen<br />

von extremer Hitze und Dürre<br />

geprägt war, fielen im September endlich<br />

überall die lang ersehnten, erlösenden<br />

Regenfälle. Binnen weniger Tage<br />

ergrünten die ausgedorrten Landschaften<br />

wieder, wenn auch die Niederschläge<br />

für die Landwirte vielfach zu spät kamen<br />

– sie beklagen massive Ernteausfälle, vor<br />

allem bei den späten Kulturen wie Mais<br />

und Rüben. Allgemein war die Produktivität<br />

der Natur dürrebedingt sehr gering<br />

und auch auf den einsetzenden Vogelzug<br />

hatte die anhaltende Trockenheit spürbare<br />

Auswirkungen: So manches sonst<br />

bereits im Spätsommer stark frequentierte<br />

binnenländische Rastgebiet für ziehende<br />

Watvögel war in diesem Jahr zunächst<br />

ausgetrocknet und bis in den September<br />

nahezu verwaist.


NATUR-SAISON<br />

Vor etwa eineinhalb Jahren habe ich die<br />

Leserschaft an dieser Stelle dazu ermuntert,<br />

die Sukzession der mittlerweile<br />

überwiegend abgeräumten, riesigen Borkenkäferflächen<br />

in den Mittelgebirgen<br />

zu verfolgen und zu dokumentieren. Ich<br />

selbst habe dazu in diesem Sommer ein<br />

paar sehr interessante Beobachtungen<br />

machen können. Bei einer kleinen Wanderung<br />

im Westerwald nahe der Stadt<br />

Montabaur habe ich beispielsweise große<br />

entwaldete Flächen durchquert, auf<br />

denen vor wenigen Jahren noch dunkler<br />

Fichtenforst stockte. Die Flächen waren<br />

überwiegend von den typischen Hochstauden<br />

der Schlagfluren begrünt, etwa<br />

Fingerhut, Fuchs´sches Greiskraut sowie<br />

Himbeer- und Brombeersträucher und<br />

stellenweise erste aufkommende Jungbäume<br />

bildeten eine nahezu geschlossene<br />

Vegetationsdecke. Breite unbewachsene<br />

Wege und Rückeschneisen unterbrachen<br />

die Vegetation. Neuntöter hatten<br />

sich dort, wo noch etwas Strauchwuchs<br />

vorhanden ist, angesiedelt und die Wasserdostpflanzen<br />

am Wegesrand waren<br />

stellenweise bevölkert von Kaisermantel<br />

und Spanischer Flagge. Auf unbewachsenen<br />

und voll besonnten Wegen waren<br />

vereinzelt Blauflügelige Ödlandschrecken<br />

zu sehen, doch auf einem dieser<br />

staubtrockenen Wege erlebte ich eine<br />

faustdicke Überraschung: An einem<br />

westexponierten Hang umflatterten mich<br />

plötzlich mindestens drei frisch wirkende<br />

Magerrasen-Perlmutterfalter (Boloria<br />

dia)! Mit diesem Falter hätte ich in<br />

dieser Gegend als Allerletztem gerechnet<br />

– und in diesem Lebensraum schon<br />

ganz und gar nicht. Die Art kannte ich<br />

bislang ausschließlich von Trocken- und<br />

Halbtrockenrasen, und auch der deutsche<br />

Name weist ja darauf hin, dass in solchen<br />

Lebensräumen ganz klar der Verbreitungsschwerpunkt<br />

liegt.<br />

01 Die Blauflügelige Ödlandschrecke<br />

sucht neue Lebensräume. / Hedwig Winter<br />

02 An den Stausee Kelbra hatte sich ein<br />

Spitzschwanzstrandläufer verirrt. /<br />

Andy & Gill Swash, Agami<br />

03 Der Feldschwirl taucht immer öfter<br />

auf Borkenkäferflächen auf./ Markus<br />

Varesvuo, Agami<br />

04 Der Magerrasen-Perlmutterfalter<br />

wurde im Westerwald gesichtet. Deutlich<br />

außerhalb seines Lebensraums. / Franz<br />

Rothenhäuser<br />

AN RHEIN UND NAHE<br />

Eine Literaturrecherche nach der Beobachtung<br />

ergab jedoch, dass es durchaus<br />

Nebenvorkommen im Bereich von<br />

Wäldern geben kann – insofern war der<br />

Fund dann in dieser Hinsicht doch nicht<br />

so besonders, wie ich zunächst dachte.<br />

Allerdings ergab die Recherche auch,<br />

dass die nächsten bekannten Vorkommen<br />

der Art an den Hängen von Rhein,<br />

Nahe und Mosel auf der einen Seite, und<br />

im Bereich des Lahn-Dill-Berglandes bei<br />

Dillenburg auf der anderen Seite liegen<br />

und somit jeweils etwa 60 Kilometer von<br />

Montabaur entfernt. Für den gesamten<br />

Rheinland-Pfälzischen Westerwald finden<br />

sich in den einschlägig zugänglichen<br />

Verbreitungskarten ausschließlich<br />

Nachweise aus der Zeit vor 1900. Somit<br />

weist der aktuelle Fund auf eine bislang<br />

unbemerkt erfolgte Neu- oder Wiederbesiedlung<br />

hin, wobei der vermeintlich arttypische<br />

Lebensraum Magerrasen hier<br />

überhaupt keine Rolle zu spielen scheint,<br />

sondern vielmehr die neu entstandenen<br />

großen waldfreien Hänge auf den abgeräumten<br />

Borkenkäferflächen von Bedeutung<br />

sind. Dass die Art diese Habitate so<br />

schnell gefunden hat, deutet auf eine sehr<br />

gute Ausbreitungsfähigkeit hin. Es scheinen<br />

regelmäßig Tiere aus den Stammpopulationen<br />

abzuwandern und dabei<br />

teilweise auch weitere Strecken auf der<br />

Suche nach neuem Lebensraum zu überwinden.<br />

Wie lange sich die Art nun auf<br />

solchen Flächen halten kann, wird sich<br />

herausstellen müssen. Jedenfalls wird<br />

die Eignung des Lebensraumes für die<br />

Art mit zunehmender Wiederbewaldung<br />

sukzessive schwinden und irgendwann in<br />

nicht allzu ferner Zukunft wird Boloria<br />

dia dort ebenso wie die Ödlandschrecke<br />

und der Neuntöter auch wieder verschwunden<br />

sein. Das unterscheidet die<br />

Borkenkäferflächen von den Magerrasen,<br />

die ja menschengemachte Lebensräume<br />

sind und auch vom Menschen in ihrem<br />

Zustand erhalten werden. In einer theoretischen,<br />

vom Menschen unbeeinflussten<br />

Naturlandschaft ohne Magerrasen,<br />

wären vielleicht solche, durch Katastrophen<br />

wie Feuer oder Insektenkalamitäten<br />

entstandenen, Freiflächen im Wald<br />

der eigentliche Primärlebensraum des<br />

Kleinen Magerrasen-Perlmutterfalters<br />

gewesen. Wie auch immer: Auch wenn<br />

die großen kahlen Flächen oft einen traurigen<br />

Eindruck machen, ist bei näherer<br />

Betrachtung die spontane Entwicklung<br />

der Flora und Fauna auf ihnen höchst<br />

interessant.<br />

FUNDE MELDEN<br />

Seien Sie wachsam im nächsten Jahr<br />

und halten Sie vor allem im Bereich von<br />

süd- und westexponierten Borkenkäferflächen<br />

die Augen auf. Ich bin sicher, dass<br />

09


NATUR-SAISON<br />

der Magerrasen-Perlmutterfalter auch<br />

anderswo unbemerkt Einzug in den Wald<br />

gehalten hat. Melden Sie bitte Funde der<br />

Art – vor allem, wenn sie im Wald erfolgten<br />

– bei <strong>naturgucker</strong>.de. Und wenn Sie<br />

nicht fündig werden, dann entschädigen<br />

Sie bestimmt andere Profiteure der Situation,<br />

etwa Neuntöter oder Feldschwirl,<br />

deren Bestände im Bereich dieser Flächen<br />

vermutlich in den kommenden paar Jahren<br />

regelrecht explodieren werden.<br />

10<br />

LEBENSRAUM EROBERN<br />

Profiteure des Klimawandels sind ja in erster<br />

Linie die vielen wärmeliebenden Tierarten,<br />

die sich immer weiter auszubreiten<br />

vermögen. Seien es Gottesanbeterin,<br />

Blaue Holzbiene, Südliche Eichenschrecke,<br />

Grüne Reiswanze oder Vögel wie der<br />

Wiedehopf oder der Bienenfresser – sie<br />

alle erobern in jedem Jahr neue, früher<br />

noch für sie zu kühle Landstriche und<br />

können möglicherweise schon in absehbarer<br />

Zeit kaum mehr als besondere<br />

Beobachtungen gehandelt werden, manche<br />

der genannten sind es schon längst<br />

nicht mehr. Eine weitere Art, die eigentlich<br />

auch von der Erwärmung Mitteleuropas<br />

profitieren müsste, ist die Blauracke,<br />

die noch bis zum Beginn der 90er-Jahre<br />

ein vereinzelter Brutvogel in Sachsen war.<br />

Bei ihr ist aber in Europa trotz Klimaerwärmung<br />

keine Kehrtwende des anhaltend<br />

negativen Bestandstrends erkennbar.<br />

Umso erstaunlicher erscheint vor diesem<br />

Hintergrund die bei <strong>naturgucker</strong>.de hinterlegte<br />

Beobachtung eines erwachsenen<br />

Vogels am 5. September nahe dem sächsischen<br />

Torgau. Immer eine besondere<br />

Beobachtung ist auch die Sichtung eines<br />

Schreiadlers: Im südlich von Cuxhaven<br />

gelegenen Ahlenmoor gelangen einem<br />

Beobachter am 8. September der Nachweis<br />

und die Fotodokumentation eines<br />

jungen Tieres sehr weit ab von den letzten<br />

ostdeutschen Brutvorkommen. Im gleichen<br />

Gebiet hielt sich zur selben Zeit mit<br />

einem Rotfußfalken außerdem eine weitere<br />

Besonderheit auf. Der Durchzug des<br />

Mornellregenpfeifers hat ab Mitte August<br />

wieder viele Naturgucker in die Felder<br />

gelockt. Dabei gelang am 6. September<br />

die Beobachtung von sage und schreibe<br />

33 Tieren in der Feldflur zwischen Adlum<br />

05 Sichtungen der Nosferatu-Spinne sind<br />

seit Spätsommer sprunghaft angestiegen. /<br />

ErichJunginger<br />

06 Durch kurzfristige klimatische<br />

Veränderungen findet der Neuntöter neue<br />

Habitate. / Markus Varesvuo, Agami<br />

Bestellung online unter:


NATUR-SAISON<br />

und Kemme in der Hildesheimer Börde.<br />

Das absolute ornithologische Highlight<br />

wurde aber Anfang September am Stausee<br />

im Sachsen-Anhaltinischen Kelbra<br />

entdeckt. Hier hielt sich für mehrere<br />

Tage ein Spitzschwanzstrandläufer auf.<br />

Diese Art brütet ausschließlich in Ostsibirien<br />

und verbringt den Winter für<br />

gewöhnlich in Neuguinea, Australien<br />

und Neuseeland. Was den Vogel nach<br />

Deutschland verschlagen haben mag,<br />

bleibt wohl sein Geheimnis. Zuletzt sei<br />

noch auf einen mittlerweile alten Bekannten<br />

hingewiesen: Der Kaiseradler vom<br />

Randower Bruch in der brandenburgischen<br />

Uckermark hält dort weiterhin die<br />

Stellung und scheint sich bester Gesundheit<br />

zu erfreuen, wie ein Beobachtungseintrag<br />

vom 3. September nahelegt.<br />

NEUER MEDIEN-STAR<br />

All diese Beobachtungsmeldungen wären<br />

beinahe untergegangen in einer wahren<br />

Flutwelle von Meldungen zu einer einzigen<br />

anderen Tierart – nämlich denen zu<br />

Zoropsis spinimana. Hinter diesem wissenschaftlichen<br />

Namen verbirgt sich eine<br />

Tierart, dem die gewiss größte Medienaufmerksamkeit<br />

der letzten Jahre zu Teil<br />

wurde – die »Nosferatu-Spinne«. Wohl<br />

keine Zeitung, kein Magazin und keine<br />

Nachrichtenseite im Internet hat es<br />

versäumt, einen Beitrag über die rasche<br />

Ausbreitung der fremden Spinne mit<br />

dem ebenso publikumswirksamen wie<br />

furchterregenden Namen zu bringen.<br />

Die oft etwas reißerisch aufgemachten<br />

Beiträge erregten in der Bevölkerung<br />

eine sehr hohe Aufmerksamkeit, doch<br />

schürten sie auch oft die ohnehin schon<br />

bestehenden Ressentiments gegen Spinnen<br />

und verbreiteten eher Furcht und<br />

Schrecken, anstatt sachlich über den in<br />

Wahrheit völlig harmlosen achtbeinigen<br />

Neubürger zu berichten. Der auf<br />

die Welle der Pressemeldungen folgende<br />

Meldeaufruf des NABU Baden-Württemberg<br />

und von <strong>naturgucker</strong>.de stieß<br />

dann folgerichtig auf eine unglaubliche<br />

Resonanz in der Bevölkerung. Die Zahl<br />

der gemeldeten Nosferatus schnellte nach<br />

dem Aufruf vom 30. August binnen weniger<br />

Tage in schwindelerregende Höhen.<br />

Aber können diese Laienbeobachtungen<br />

tatsächlich verlässliche Daten zur aktuellen<br />

Verbreitung der ursprünglich nur<br />

im Mittelmeergebiet heimischen Art liefern?<br />

Diese Frage kann trotz eines nicht<br />

unbeträchtlichen Anteils fehlbestimmter<br />

Meldungen von etwa 15 Prozent eindeutig<br />

mit Ja beantwortet werden. Natürlich<br />

sind Meldungen ohne Bildbeleg – insbesondere<br />

aus Gegenden, in denen die<br />

Spinne bislang nicht bekannt war – als<br />

höchst kritisch einzustufen, doch kann<br />

man diese in der Auswertung auch getrost<br />

unberücksichtigt lassen. Allein die vielen<br />

tausend Meldungen mit korrekt bestimmtem<br />

Bildbeleg sollten genügend Hinweise<br />

auf neue Fundpunkte abseits der bislang<br />

bekannten Verbreitungsmuster geben.<br />

Aufgabe des Teams von <strong>naturgucker</strong>.de<br />

war es deshalb, nun die Spreu vom Weizen<br />

zu trennen und alle falsch bestimmten<br />

Bilder mit den dazugehörigen Meldungen<br />

aus dem Datenpool zu entfernen.<br />

Als häufigste Verwechslungsarten<br />

konnten dabei Haus-Winkelspinnen und<br />

Garten-Kreuzspinnen identifiziert werden.<br />

Die Auswertung des datenbereinigten<br />

Zeitraums der ersten beiden Wochen<br />

nach Melderuf ergab fotografisch belegbare<br />

Neunachweise für 472 Meßtischblätter,<br />

das sind topographische Karten<br />

im Maßstab 1:25.000, darunter auch solche,<br />

die teilweise weit abseits der bisher<br />

bekannten Verbreitungsgebiete liegen.<br />

Wir zeigen Ihnen die Natur<br />

VON IHRER SCHÖNSTEN SEITE!<br />

Lernen Sie unser Magazin kennen, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt,<br />

die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte<br />

über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen<br />

und Schmetterlinge. Natürlich stellen wir für Sie auch praktische Tipps zum Beobachten und<br />

Bestimmen zusammen, um Sie auf Ihrer Entdeckungsreise durch die Natur zu begleiten.<br />

Als Abo 24 Euro im Jahr innerhalb Deutschlands<br />

(inkl. Porto – ohne Vertragsbindung)<br />

Bestellung online unter:<br />

www.<strong>naturgucker</strong>-magazin.de/abo<br />

oder per Postkarte an: Bachstelzen Verlag GbR, Frankenplatz 23,<br />

42107 Wuppertal, Telefon 0049 (0) 202 30 <strong>63</strong> 66


NATUR-BESTIMMUNG<br />

DIE HÖRNCHEN<br />

EUROPAS<br />

Im ersten Teil unseres Bestimmungstextes stellen Stefan Bosch<br />

und Peter Lurz die Baum- und Flughörnchen vor.<br />

40<br />

Bei Hörnchen denkt man in Europa<br />

zuerst und fast ausschließlich<br />

an das bekannte Eichhörnchen<br />

mit rotbraunem Fell und buschigem<br />

Schwanz. Doch die Familie der Hörnchen<br />

hat weit mehr zu bieten! Zu der<br />

artenreichen und vielfältigen Tierfamilie<br />

der Hörnchen zählen zum jetzigen Stand<br />

weltweit 285 anerkannte Arten aus fünf<br />

Unterfamilien (Xerinae, Callosciurinae,<br />

Sciurinae, Sciurillinae und Ratufinae).<br />

Sie zeichnen sich durch unterschiedliches<br />

Aussehen und unterschiedliche Lebensund<br />

Ernährungsweisen aus. Baumhörnchen<br />

wie unser Eichhörnchen sind an das<br />

Klettern in Bäumen angepasst, Erdhörnchen<br />

wie Murmeltiere und Ziesel leben<br />

am Boden, in ihren selbst gegrabenen<br />

Höhlen. Eine Besonderheit sind die Flug-


NATUR-BESTIMMUNG<br />

oder Gleithörnchen, die mit zwischen<br />

den Vorder- und Hinterbeinen gespannten<br />

Flughäuten wie mit einem »wing-suit«<br />

elegant von Bäumen gleiten. Hörnchen<br />

leben tag-, aber auch nachtaktiv, haben<br />

ein breites und saisonal stark variierendes<br />

Nahrungsspektrum, und bei den meisten<br />

Arten kann man die Geschlechter nicht<br />

unterscheiden.<br />

Baumhörnchen sind mit sechs Arten in<br />

Westeuropa vertreten, wovon allerdings<br />

nur zwei ursprünglich hier heimisch sind.<br />

Am bekanntesten ist unser Eurasisches<br />

Eichhörnchen (Sciurus vulgaris). Sein<br />

Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom<br />

Atlantik im Westen Irlands über ganz<br />

Eurasien bis zur Insel Hokkaido in Japan<br />

und umspannt eine Vielzahl verschiedener<br />

Klimazonen, Lebensräumen und Artengemeinschaften,<br />

an die sich regionale<br />

Populationen im Laufe der Zeit angepasst<br />

haben. Es ist nicht verwunderlich,<br />

dass dies zu unterschiedlichen Formen,<br />

Fellfarben und Lebensweisen geführt<br />

hat und über 40 Unterarten beschrieben<br />

wurden. Eine davon in Italien: Das<br />

schwarze Kalabrische Hörnchen (Sciurus<br />

meridionalis) wird aufgrund neuer<br />

genetischer Erkenntnisse inzwischen<br />

als eigenständige Art betrachtet. Von<br />

den anderen vier in Westeuropa eingebürgerten<br />

Baumhörnchenarten gehören<br />

zwei der Gattung Sciurus an, und zwei<br />

sind asiatische Schönhörnchen (Gattung<br />

Callosciurus). Als Baumbewohner<br />

mit erwähnt sei auch das Sibirische Flugoder<br />

Gleithörnchen aus der Gattung Pteromys,<br />

der einzige heimische Vertreter<br />

dieser nachtaktiven Hörnchen.<br />

Vorsicht bei der<br />

Bestimmung<br />

Die Bestimmung von Kleinsäugern »auf<br />

den ersten Blick« kann schwierig sein<br />

und zu Fehlinterpretationen führen. Die<br />

Fellfarbe ist kein verlässlicher Ratgeber:<br />

Sie kann innerhalb einer Art und je nach<br />

01 Das olivgrün gefärbte Pallas-<br />

Schönhörchen ist tagaktiv. / erni, stock.<br />

adobe.com<br />

02 Grauhörnchen stammen aus Nordamerika.<br />

/ Helen Davies, stock.adobe.com<br />

03 Das Eichhörnchen ist hierzulande<br />

am bekanntesten. / Henk Bogaard, stock.<br />

adobe.com<br />

04 Das Kaukasische Eichhörnchen ist<br />

am grauen Rücken erkennbar. / Ekaterina<br />

Baulina, stock.adobe.com<br />

‣ 05 Das östliche Grauhörnchen ist<br />

doppelt so groß wie »unser« Eichhörnchen.<br />

/ Wirestock, stock.adobe.com<br />

Jahreszeit und Haarwechsel sehr variabel<br />

sein! Zudem kann sie je nach Beleuchtung<br />

sehr unterschiedlich wirken, und<br />

oft sieht man die Tiere nur wenige Sekunden.<br />

Zusätzliche beachtenswerte Details<br />

sind die Körpergröße, die Schwanzlänge<br />

im Verhältnis zu Kopf und Körper sowie<br />

die Größe und saisonale Behaarung der<br />

Ohrmuscheln. Manche Arten wie das<br />

Nordamerikanische Grauhörnchen haben<br />

zum Beispiel keine Ohrpinsel. Und<br />

natürlich geben der Lebensraum und das<br />

Verhalten weitere wertvolle Hinweise.<br />

Eichhörnchen (Sciurus vulgaris)<br />

Die bekannteste und in Europa und Asien<br />

am weitesten verbreitete Hörnchenart<br />

ist das Eichhörnchen. Als Nadelwaldspezialist<br />

bewohnt es ausgedehnte Nadelund<br />

Mischwälder, aber auch Gärten und<br />

Parkanlagen, sofern es dort hohe Bäume<br />

und Nahrung gibt. Eichhörnchen sind<br />

hervorragende Kletterer und Springer<br />

und daher mehr in den Wipfeln als am<br />

Boden anzutreffen. Sie ernähren sich vor<br />

allem von Baumsamen, etwa von Fichten,<br />

Kiefern und Buchen. Im Gegensatz<br />

zum Gemeinen Rothörnchen (Tamiasciurus<br />

hudsonicus) in Nordamerika<br />

legt unser Eichhörnchen kein zentrales<br />

41


Futterlager an, sondern versteckt Futtervorräte<br />

dezentral in kleinen Depots.<br />

Es ist tagaktiv und hält keinen Winterschlaf.<br />

In guten Jahren sind zwei Würfe<br />

im Frühling und Sommer normal, in<br />

Städten manchmal sogar ein dritter. Die<br />

Tragzeit beträgt 36 bis 42 Tage, gestillt<br />

werden die ein bis acht möglichen Jungen<br />

acht bis zehn Wochen lang. Eichhörnchen<br />

bauen kugelige Reisignester (Kobel)<br />

in Bäumen oder beziehen Baumhöhlen,<br />

in denen die Jungen aufgezogen werden<br />

und die als Schlafplatz dienen.<br />

Schlanke Gestalt<br />

Typische Merkmale sind die schlanke Gestalt,<br />

eine variable Fellfarbe von rotbraun<br />

bis nahezu schwarz und das weiße Bauchfell.<br />

Die langen Ohrpinsel im Winter<br />

und Frühjahr dünnen zum Sommer hin<br />

aus oder verschwinden ganz. Der lange<br />

buschig behaarte Schwanz dient zum<br />

Balancieren, Steuern bei Sprüngen und<br />

als Zudecke im Kobel. Im eurasischen<br />

Verbreitungsgebiet kommen circa sie-<br />

42<br />

‣ 06 Das asiatische Finlayson-Hörnchen<br />

ist inzwischen in Italien heimisch. /<br />

Supawit, stock.adobe.com<br />

07 Flughörnchen sind nachtaktiv. /<br />

Mihiro_Wildlife, stock.adobe.com<br />

08 Eichhörnchen knabbern am liebsten<br />

Baumsamen von Fichten oder Buchen. /<br />

Monikasurzin, stock.adobe.com


NATUR-BESTIMMUNG<br />

ben Unterarten des Eichhörnchens mit<br />

unterschiedlichen Merkmalen und Genen<br />

vor. Als eigene Art wurde jüngst das<br />

in Süditalien beheimatete dunkelfarbige<br />

Kalabrische Eichhörnchen (Sciurus meridionalis)<br />

anerkannt.<br />

Grauhörnchen<br />

(Sciurus carolinensis)<br />

Grauhörnchen stammen aus den Laubwäldern<br />

Nordamerikas und wurden auf<br />

den Britischen Inseln und Irland sowie in<br />

Norditalien eingebürgert. Dort verdrängen<br />

sie das ursprünglich heimische Eichhörnchen,<br />

da sie besser an Laubwälder<br />

angepasst sind. Auf den Britischen Inseln<br />

beschleunigt zudem eine von Grauhörnchen<br />

verbreitete Viruskrankheit das regionale<br />

Verschwinden der Eichhörnchen.<br />

Mit bis zu 700 Gramm Körpergewicht<br />

sind Grauhörnchen fast doppelt so groß<br />

wie Eichhörnchen und wirken robuster.<br />

Ihre Fellfarbe ist grau oder rotbraun an<br />

den Flanken, der Bauch grauweiß und um<br />

die Augen ist ein weißer Augenring zu<br />

erkennen. Die Ohrmuscheln tragen ganzjährig<br />

keine Haarpinsel.<br />

Hörnchen aus anderen Erdteilen<br />

lassen sich oft relativ leicht ansiedeln.<br />

Sofern sie günstige Lebensbedingungen<br />

vorfinden, reichen wenige Exemplare, um<br />

fortpflanzungsfähige Populationen zu<br />

begründen. Viele der hier vorgestellten<br />

Arten wurden so von Menschenhand im<br />

Tierhandel oder als Kuriosität eingeführt<br />

und verbreiteten sich weiter. Manchmal<br />

bleibt es bei einer nur punktuellen oder<br />

lokalen Verbreitung. Nicht so beim Grauhörnchen:<br />

Mit unserer Hilfe vermochte<br />

es in Europa sein Vorkommen erfolgreich<br />

auszudehnen – mit weitreichenden<br />

Folgen. Da es das Eichhörnchen durch<br />

sein Konkurrenzverhalten verdrängt,<br />

für Eichhörnchen tödliche Krankheitserreger<br />

verbreitet und Schäden in Forst<br />

und Landwirtschaft verursacht, ist es eine<br />

invasive Art, die in Europa regional erhebliche<br />

Probleme verursacht.<br />

Pallas-Schönhörnchen<br />

(Callosciurus erythraeus)<br />

Ein buntes Hörnchen ist das Pallas-<br />

Schönhörnchen, das aus subtropischen<br />

Bergwäldern in China, Taiwan, Malaysia,<br />

Hainan und Südostasien bis Nordostindien<br />

stammt. Es wurde in Europa<br />

ausgesetzt und bildet frei lebende Populationen<br />

in Frankreich, Belgien und den<br />

Niederlanden. Das tagaktive Baumhörnchen<br />

ist ein guter Kletterer, sehr stimmfreudig<br />

und ernährt sich von Baumsamen<br />

und Blüten, Blättern, Früchten, Knospen,<br />

Rinde und dem Saft von Bäumen sowie<br />

gelegentlich Insekten.<br />

Schönhörnchen sind so groß wie<br />

Eichhörnchen. Ihr Fell ist oberseits olivgrün,<br />

der Bauch leuchtend rot mit einem<br />

olivbraunen Zentralstreifen. Brust, Hals,<br />

Beine und Füße sind grau. Der körperlange<br />

Schwanz ist grau, buschig und trägt<br />

eine weiße Spitze. Allerdings besteht eine<br />

hohe Variabilität was die Fellfarbe der<br />

Unterarten in ihrem heimischen Verbreitungsgebiet<br />

angeht. Die Unterart C. e.<br />

buthanensis hat zum Beispiel eine dunkle<br />

Schwanzspitze, und bei C. e. erythraeus<br />

kann der Schwanz zu einem Drittel bis<br />

zur ganzen Länge dunkel sein.<br />

Finlayson-Hörnchen<br />

(Callosciurus finlaysonii)<br />

Ein weiteres »schönes Hörnchen« lebt in<br />

Italien, und wurde dort in den 1980er-<br />

Jahren in Acqui Terme (Piemont) in<br />

einem Park ausgesetzt. Die Art kommt<br />

ursprünglich in Myanmar, Thailand,<br />

Laos, Vietnam und Kambodscha vor,<br />

wo es Wälder und Kokosnussplantagen<br />

bewohnt. Der tagaktive Baumbewohner<br />

nagt Rinde, trinkt Baumsäfte und ernährt<br />

sich ähnlich wie das Pallas-Hörnchen von<br />

Früchten, Baumsamen, Knospen, Baumblüten<br />

und Insekten wie Ameisen.<br />

Finlayson-Hörnchen sind etwas<br />

kleiner als Eichhörnchen und haben eine<br />

sehr variable Fellfärbung, die von weiß<br />

bis rotbraun und schwarz reicht. Die<br />

Ohren sind klein und der Augenring ist<br />

manchmal weiß. Der Schwanz ist fast so<br />

lang wie der Körper.<br />

Kaukasisches oder<br />

Georgisches Eichhörnchen<br />

(Sciurus anomalus)<br />

Das Kaukasische Hörnchen wiegt 250<br />

bis 410 Gramm, ist so groß wie das Eichhörnchen<br />

und hat auffallend lange, dünne<br />

Vorderbeine. Sein Rücken ist braun-grau<br />

und wird zum Schwanz hin dunkler. An<br />

beiden Körperseiten fällt ein schwacher<br />

rötlicher Streifen auf. Der Bauch kann<br />

rotbraun bis graugelb sein. Im Winter<br />

tragen die Ohren kleine Haarpinsel. Der<br />

lange Schwanz macht mehr als die Hälfte<br />

der Kopf-Rumpf-Länge aus. Der Augenring<br />

ist bleich bis gelb.<br />

Am Bosporus und auf der Insel Lesbos<br />

sind die Hörnchen in Laub- und Nadelwäldern<br />

oder Olivenplantagen zuhause<br />

und haben ihr Nest in Baumhöhlen. Das<br />

tagaktive Tier lebt bodennah, ernährt<br />

sich hauptsächlich von Baumsamen,<br />

Knospen, Früchten und Pilzen sowie gelegentlich<br />

von Insekten und Vogeleiern.<br />

Es legt Nahrungsdepots an und flüchtet<br />

bei Gefahr in Bäume.<br />

Europäisches Flugoder<br />

Gleithörnchen<br />

(Pteromys volans)<br />

Der Flugkünstler unter den Hörnchen<br />

lebt in den Nadel- und Birkenwäldern<br />

Skandinaviens, mit einem Verbreitungsgebiet<br />

von Finnland und Estland über<br />

Sibirien bis nach Korea, Japan (Hokkaido),<br />

Nordost- und Zentral-China. In<br />

Skandinavien bevorzugt es Wälder mit<br />

alten Bäumen, kommt aber auch in Städten<br />

mit Baumbestand wie zum Beispiel<br />

in Helsinki vor. Es meidet offene Landschaften<br />

und ernährt sich von Knospen,<br />

Blütenpollen, Nadeln, Zapfen, Samen,<br />

Flechten und Blättern.<br />

Den Tag verbringt das nachtaktive<br />

Hörnchen in Spechthöhlen und Vogelnestern.<br />

Nachts klettert es behände<br />

an Stämmen und vermag mithilfe einer<br />

Membrane zwischen Vorder- und Hinterbeinen<br />

bis zu 40 Meter weit zu gleiten.<br />

Das Gleithörnchen ist unverwechselbar:<br />

Kleiner als ein Eichhörnchen, silbergraues<br />

Fell, buschiger Schwanz, runder Kopf<br />

mit großen Augen und kleine Ohren ohne<br />

Ohrpinsel.<br />

Zahlreiche Bilder und Sichtungen<br />

zu den einzelnen Arten finden Sie<br />

online auf <strong>naturgucker</strong>.de. Dort<br />

können Sie auch ein Gebiet eingeben<br />

und nachschauen, welche Tiere<br />

dort leben. Am besten tragen Sie<br />

auch Ihre Beobachtungen ein.<br />

43


NATURWISSEN<br />

DIE HEIMLICHEN<br />

HERRSCHER DER ERDE<br />

In einer Handvoll Boden stecken mehr Lebewesen als es Menschen<br />

auf der Welt gibt – vor allem Pilze! Text und Foto von Rita Lüder<br />

44<br />

Wer bestimmt eigentlich, wie<br />

unser Brot schmeckt? Oder<br />

unsere Erdbeeren? Wie intakt<br />

und resilient unsere Wälder sind und wie<br />

gesund unsere Wiesen? Wer oder was<br />

hält den »Mikrokosmos Boden« gesund<br />

und vital? Alles, was uns im wahrsten<br />

Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt<br />

begleitet, hängt vom Wirken der heimlichen<br />

Fadenwesen im Boden ab: den<br />

Pilzen! Gerade wenn Sie aus der Forstoder<br />

Landwirtschaft kommen, vergessen<br />

Sie einmal für eine halbe Stunde einfach<br />

alles, was Sie gelernt haben und schauen<br />

mit ganz neuem Blick auf unsere Umwelt.<br />

Tauchen Sie ein in die fabelhafte Welt<br />

dieses mystischen Lebens in der Erde.<br />

Kommen Sie mit auf Entdeckungsreise<br />

in eine verborgene, unterirdische Welt.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie sind einen Mikrometer,<br />

also ein Millionstel eines Meters,<br />

klein und graben sich von der Oberfläche<br />

eines unbewirtschafteten Bodens in<br />

die Tiefe hinein. Überall um Sie herum<br />

unzählige Fäden. Sie führen direkt zu<br />

den Wurzeln der Pflanzen, umspannen<br />

die Wurzelenden und in ihnen pulsierendes<br />

Leben. Es sind Pilzfäden, die<br />

Wasser mit den darin gelösten Nährsalzen<br />

zu Pflanzenwurzeln transportieren.<br />

Pflanzen liefern im Gegenzug Zucker für<br />

den Aufbau der Fruchtkörper der Pilze.<br />

Netzwerken<br />

Neben dem fein verwobenen Fadenmuster<br />

der Pilze gibt es dort unzählige weitere<br />

Geschöpfe. Regenwürmer, aus dieser<br />

Perspektive betrachtet, sind riesige Ungetüme,<br />

die den ganzen Boden zum Beben<br />

bringen – nicht minder imposant die Larven<br />

der Insekten. Doch die meisten unermüdlich<br />

umherwirbelnden Geschöpfe<br />

sind winzig wie Sie. In nur einer Handvoll<br />

Erde tummeln sich mehr Lebewesen<br />

als Menschen auf der gesamten Erdoberfläche<br />

leben – und Hunderte Kilometer<br />

von Pilzfäden. Sie sind die heimlichen<br />

Herrscher der Erde und bestimmen unsere<br />

Geschicke. Sie machen den Boden zu<br />

einem Ort voller Leben. Pilze vernetzen<br />

Pflanzen, ihr Fehlen oder Vorhandensein<br />

hat Einfluss auf die Qualität der Pflanzen,<br />

die auf dem Boden wachsen. Pilze<br />

gehören in jeden Lebensraum und sind<br />

selbst im Acker zu Hause, solange ihnen<br />

der Mensch dort nicht durch Bodenverdichtung,<br />

Pestizide oder Nährstoffeintrag<br />

vergrault. 95 Prozent all unserer Pflanzen<br />

leben in Symbiose mit Pilzen, vom Mais<br />

und Getreide bis zu Obst und Gemüse.<br />

Lebensraum erhalten<br />

Statt weiter Monokulturen ohne Vitalität<br />

und Resilienz zu erzeugen, sollten<br />

wir unseren Boden erhalten und regenerieren.<br />

Schauen wir, dass es den Pilzen<br />

gut geht, dann geht es auch uns gut. Mit<br />

schmackhaftem gesunden Gemüse, vielfältigen<br />

Lebensräumen voller Pflanzen,<br />

Pilze und Tiere. Sind wir uns nicht mehr<br />

wert, als Natur nach wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten zu betrachten?<br />

Mehr über die faszinierende Welt der<br />

Pilze von der Autorin in der NABU/<br />

<strong>naturgucker</strong> Akademie:<br />

artenwissen.online/goto.php?target=<br />

crs_461 oder auf www.kreativpinsel.de


LESERSEITE<br />

Unbekannte Hüpfer<br />

Hallo verehrtes Naturgucker-Team,<br />

heute wende ich mich als Abonnent Ihres tollen<br />

Magazins mit einem Foto an Sie.<br />

Trotz Recherche in diversen Insekten-Führern<br />

kann ich die Art nicht bestimmen. Zahlreiche<br />

dieser kleinen Hüpfer sind in meinem Garten<br />

zu sehen. Ist Ihnen die Art bekannt?<br />

Viele Grüße, Heiko Schweizer<br />

Dieter Schneider, NG-Fachbeirat:<br />

Das Bild zeigt eine noch ganz junge Larve<br />

der Gewöhnlichen Strauchschrecke –<br />

Pholidoptera griseoaptera. Die frühen Larvenstadien<br />

fallen durch den auffällig hellen<br />

Rücken auf. Mit jeder Häutung werden sie<br />

dunkler, als erwachsene Hüpfer erscheinen<br />

sie dann in schlichten Brauntönen. Die Art<br />

findet man häufig in Säumen von Hecken<br />

und anderen Gehölzen.<br />

Schief gewickelt?<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Naturfreunde,<br />

im Spätsommer sahen wir in einer<br />

Felsennische / -bucht einen ruhenden<br />

Falter (Länge circa 15 mm) auf Rührmichnichtan<br />

in der Nähe von Bad<br />

Urach, Schwäbische Alb, Baden-Württemberg.<br />

Leider ist es mir bisher noch<br />

nicht gelungen, diesen zu bestimmen.<br />

Deshalb bitte ich um Ihre Hilfe.<br />

Mit bestem Dank und freundlichen<br />

Grüßen, Hanna Henkenhaf<br />

Dieter Schneider, NG-Fachbeirat:<br />

Das Foto zeigt ein Weibchen des<br />

»Bräunlichen Obstbaumwicklers« –<br />

Archips podana. Entgegen seines<br />

deutschen Namens entwickeln<br />

sich die Raupen der Art nicht nur<br />

an Obstgehölzen, sondern an einer<br />

großen Palette von Laubhölzern,<br />

darunter Eschen,<br />

Ulmen, Birken und Hasel.<br />

Auch an krautigen Pflanzen<br />

sowie an Nadelhölzern wurde<br />

die Raupe ausnahmsweise<br />

schon gefunden. Die Art<br />

zeigt als Falter einen ausgeprägten<br />

Geschlechtsdimorphismus<br />

– die Männchen<br />

sehen völlig anders aus als<br />

das Weibchen auf dem Foto.<br />

Die Art ist in ganz Europa<br />

häufig und weit verbreitet.<br />

Welcher Vogel<br />

ist das?<br />

Hallo, können Sie mir bitte bei der<br />

Bestimmung dieses Vogels helfen?<br />

Ich habe den Vogel im Januar auf<br />

einem Feld bei Osnabrück gesehen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Jürgen Anders<br />

Martin Kraft, NG-Fachbeirat:<br />

Das ist eine Hausform der Moschusente,<br />

auch Warzenente genannt: Cairina<br />

moschata. Sie wird oft gehalten.<br />

Männchen<br />

oder Weibchen?<br />

Liebes Naturgucker-Team,<br />

ich habe kürzlich diesen Kammmolch fotografiert.<br />

Wir konnten uns nicht einigen, ob<br />

es sich dabei um ein Männchen,<br />

ein Weibchen oder ein Jungtier handelt. Vielleicht<br />

haben Sie jemanden, der es bestimmen<br />

kann? Danke im Voraus. Siegfried Knoll<br />

Kai Kolodziej, NG-Fachbeirat:<br />

Sie haben das Tier vollkommen richtig als<br />

Kammmolch (Triturus cristatus) bestimmt. Es<br />

dürfte sich um ein adultes Männchen in Landtracht<br />

handeln, die Kloake ist leicht geschwollen<br />

und auch die Zeichnung ist recht deutlich,<br />

sowie die Kämme recht ausgeprägt. Dies wäre<br />

bei einem weiblichen Exemplar nicht der Fall.<br />

Haben Sie bei Ihren Streifzügen durch die<br />

Natur auch etwas interessantes beobachtet<br />

oder brauchen Sie vielleicht Hilfe<br />

bei einer Bestimmung? Dann<br />

schreiben Sie uns, gerne mit<br />

Foto an: redaktion@<strong>naturgucker</strong>magazin.de<br />

45


RÄTSEL<br />

Gewinnen Sie mit dem <strong>naturgucker</strong>-<br />

Magazin ! Wenn Sie diese Ausgabe aufmerksam<br />

gelesen haben, können Sie<br />

unsere Frage problemlos beantworten:<br />

Naturbeobachtung ist der Band ein Muss.<br />

Wir verlosen ein Exemplar. Erschienen ist<br />

das Buch im Haupt Verlag.<br />

haupt.ch<br />

46<br />

»Mit welchen Arten kann die<br />

Nosferatu-Spinne am ehesten<br />

verwechselt werden?«<br />

Bitte senden Sie Ihre Lösung per E-Mail<br />

an kontakt@bachstelzen-verlag.de oder<br />

per Postkarte an: Bachstelzen Verlag<br />

GbR, Frankenplatz 23, 42107 Wuppertal<br />

Unsere Preise werden unter den richtigen<br />

Antworten verlost, die bis zum 30.<br />

November 2022 eingegangen sind. Der<br />

Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Das können Sie gewinnen:<br />

Ein Naturgucker-Fernglas von Kowa!<br />

Die neue »BD II XD«-Serie besticht durch<br />

ein auffällig großes Sehfeld. Die fünf<br />

Modelle der Serie können zu Recht als<br />

Weitwinkel-Ferngläser bezeichnet werden.<br />

Wir verlosen ein BD II 8x32 XD –<br />

in einer Entfernung von 1.000 Metern<br />

hat es ein Sehfeld von 154 Metern! Die<br />

Linsen bestehen aus ED-Glas (Extra Low<br />

Dispersion) in höchster Qualitätsstufe<br />

mit einem sehr hohen Anteil an Fluorit –<br />

dem aktuell besten Linsenmaterial, um<br />

eine möglichst hohe Lichtdurchlässigkeit<br />

(Transmission) zu erreichen und ein<br />

Bild mit hohem Kontrast bei bestmöglicher<br />

Reduzierung von Farbsäumen zu<br />

gewährleisten. Das robuste Gehäuse besteht<br />

aus einer Magnesiumlegierung mit<br />

einer schützenden Gummiarmierung. Jedes<br />

BD II XD ist vollständig wasserdicht.<br />

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Praxisbuch Naturgucken<br />

Als Leser oder Leserin unseres Magazins<br />

kennen Sie sicherlich die NABU| <strong>naturgucker</strong>-Akademie.<br />

Wussten Sie, dass es<br />

auch ein Buch für Naturfreunde gibt, mit<br />

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Es heißt »Praxisbuch Naturgucken«. Sie<br />

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verschiedener Arten und lernen<br />

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Maier haben dafür das geballte Wissen<br />

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Futterhaus für den Balkon<br />

Viele Experten empfehlen<br />

die Ganzjahresfütterung.<br />

Lassen Sie das Vogelhäuschen<br />

im Garten oder auf dem Balkon<br />

also stehen – bald wird dort reges<br />

Treiben herrschen. Wir verlosen<br />

ein schönes Holzhaus der Claus<br />

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schützt das Futter vor Nässe<br />

und kann direkt an der<br />

Wand befestigt werden. Die<br />

ersten Gäste werden sicherlich bald<br />

kommen. Denn eine hochwertige Futtermischung<br />

gibt's dazu. Damit keine Schalenreste,<br />

Beeren oder Fette zurückbleiben und<br />

Saaten nicht keimen, steckt darin ein hoher<br />

Anteil an bereits geschälten und gebrochenen<br />

Kernen und verschiedenen Saaten.<br />

claus-futter.com<br />

RÄTSELAUFLÖSUNG AUS DER LETZTEN AUSGABE<br />

Im letzten Heft hatten wir Sie ihr gute Sicht mit dem Naturbeobachter-Fernglas<br />

von Kowa. Hans-Rudolf<br />

gefragt: »Worauf sollten Sie beim<br />

Kauf von Erdbeeren achten?« Meier aus Hittnau in der Schweiz,<br />

Die Lösung lautet: Die Erdbeeren Jens Winter aus Erfurt und Andrea<br />

sollten nicht aus der spanischen Region<br />

Huelva stammen. Denn für ihren können sich einen gemütlichen Fern-<br />

Nouak aus Leonding in Österreich<br />

Anbau wird Wasser verwendet, das im sehabend machen mit der DVD »Birds<br />

Nationalpark Coto de Doñana fehlt & People« vom Tierfilmer Hans-Jürgen<br />

und das dadurch eines der wichtigsten Zimmermann. Mit dem Futterhaus<br />

Feuchtgebiete Europas austrocknet. für den Balkon kann Thomas Schütz<br />

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NATUR-KIND<br />

Blühendes<br />

Feuerwerk<br />

Schneeglöckchen, Traubenhyazinthen und Narzissen –<br />

sie alle wachsen aus Zwiebeln. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt,<br />

sie in die Erde zu stecken. Damit zauberst du im nächsten<br />

Frühjahr ein Farbspektakel.<br />

Von Thea Wittmann<br />

48<br />

Unter der Erde schlummern sie:<br />

Zwiebeln, Knollen und Rhizome<br />

– das sind die Wurzeln vieler<br />

Frühlingsblumen. Alle sind schon in<br />

den Startlöchern für das kommende<br />

Frühjahr. Kaum zu glauben, was<br />

für farbenfrohe Blumen aus den<br />

unscheinbaren braunen oder beigen<br />

Knollen wachsen. Das Besondere an<br />

Zwiebeln: Sie sind das Speicherorgan<br />

der Pflanze, so etwas wie Speisekammer<br />

und Lagerraum in einem.<br />

In der Blumenzwiebel ist in Miniaturformat<br />

nämlich schon alles drin,<br />

was die ausgewachsene Pflanze später<br />

braucht.<br />

Wo ist der Stempel?<br />

Das kannst du sehen, wenn du eine<br />

Blumenzwiebel durchschneidest:<br />

Ganz im Innern, in der Mitte, siehst<br />

du den Keimling, also die Blätter und<br />

die Blütenknospe. Bei manchen Arten<br />

kannst du sogar schon die Staubgefäße<br />

und den sogenannten Stempel<br />

erkennen. Diesen Keimling umgeben<br />

mehrere Schichten (dafür ist die<br />

Zwiebel ja bekannt), in denen die<br />

Nährstoffe sitzen.<br />

Echt nachhaltig<br />

Die Zwiebel braucht also eigentlich<br />

nur Wasser zum Wachsen. Alles<br />

andere hat sie bereits an Bord.<br />

Wenn die Temperaturen steigen,<br />

schießt sie daher schnell aus der<br />

Erde. Nach dem Blühen sind Zwiebelblumen<br />

großartige Recycler. Sie<br />

ziehen aus den Blättern die Nährstoffe<br />

wieder zurück und lagern<br />

sie ein, als Vorrat für das nächste<br />

Austreiben. Was im Frühjahr blühen<br />

soll, braucht die winterliche Kälte.<br />

Diese Blumenzwiebeln steckst du


deshalb im Herbst, ab Mitte Oktober bis<br />

Dezember, solange der Boden frostfrei ist,<br />

in die Erde. Die Schneeglöckchen sind die<br />

ersten, die ihre Köpfe durch die Schneedecke<br />

stecken. Dann kommen Krokusse, Winterling,<br />

Narzissen, Hyazinthen und natürlich Tulpen<br />

in allen Farben.<br />

Tipps & Tricks:<br />

Keine nassen Füße: Staunässe mögen Zwiebeln<br />

nicht. Sie faulen sonst in der Erde. In<br />

Pflanzgefäßen muss das Wasser gut abfließen<br />

können – Blumentöpfe brauchen also<br />

Löcher im Boden.<br />

Richtig einpflanzen<br />

Nimm eine kleine Schaufel, hebe ein Loch<br />

aus, das ungefähr doppelt so tief ist, wie die<br />

Blumenzwiebel oder Knolle dick. Die Spitze<br />

zeigt nach oben, der Wurzelkranz nach<br />

unten.<br />

Grüppchen bilden<br />

Am besten steckst du immer fünf bis sieben<br />

Zwiebeln oder Knollen, damit sie später als<br />

Tuff blühen.<br />

Frühlingsblumen im Glas!<br />

Und wenn du es im Januar gar nicht mehr<br />

erwarten kannst, dass endlich Frühling wird,<br />

holst du ihn dir einfach ins Haus:<br />

Du brauchst dazu nur ein paar Blumenzwiebeln,<br />

zum Beispiel Krokusse und<br />

Narzissen, Einmachgläser,<br />

und Kieselsteine.<br />

Fülle ein Glas etwa zur<br />

Hälfte mit Kieselsteinen<br />

auf. Setze ein bis drei<br />

Blumenzwiebeln mit der<br />

Spitze nach oben in das<br />

Kiesbett. Dann gießt du<br />

so viel Wasser ins Glas,<br />

bis die Unterseite der<br />

Blumenzwiebeln<br />

im Wasser steht.<br />

Stelle das Glas für<br />

etwa 2 Wochen an einen kühlen, dunklen<br />

Ort. Jetzt können die Zwiebeln wurzeln.<br />

Dann kannst du dein Blumenglas auf den<br />

Tisch oder auf deine Fensterbank stellen.<br />

Sorge dafür, dass die Zwiebeln immer<br />

genügend Wasser haben und nicht austrocknen<br />

– dann lassen die schönen Blüten<br />

nicht lange auf sich warten!<br />

01 Findest du so ein Blumenmeer toll? Auch Tulpen müssen<br />

jetzt in die Erde. / nakedking, stock.adobe.com<br />

02 Achte darauf, dass du die Zwiebeln mit der Spitze nach<br />

oben in die Erde setzt. / LianeM, stock.adobe.com<br />

03 Narzissen sind typische Frühlingsblumen. /<br />

jd-photodesign, stock.adobe.com<br />

04 Wenn du viele verschiedene Blumenzwiebeln pflanzt,<br />

erwarten dich im Frühjahr tolle Überraschungen im Garten. /<br />

emuck, stock.adobe.com<br />

‣ 05 Wenn ihr keinen Garten habt, kannst du Zwiebeln in<br />

Blumentöpfe setzen. Sieht das nicht toll aus? / Aggi Schmid,<br />

stock.adobe.com<br />

49


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Lesen Sie unter anderem:<br />

Ragwurzen, Affenorchis und Dingel<br />

Über besonders seltene Orchideen voller exotischer Farbenpracht und Gestalt<br />

berichtet Florian Fraaß.<br />

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EL<br />

DIE<br />

LEGENDE<br />

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