E-Paper DB 5+6-22
Dental Barometer - Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik
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6<br />
IMPLANTOLOGIE<br />
Abb. 1: Ein minimalinvasives Verfahren: Die lappenlose Implantation kommt im Gegensatz zu konventionellen Verfahren ohne die Bildung eines Mukoperiostlappens aus.<br />
Minimalinvasive Implantation:<br />
Flapless-Ansatz auf dem Prüfstand<br />
Minimalinvasive Verfahren stehen auf der zahnmedizinischen Agenda generell ganz oben. Eine<br />
herausragende Rolle spielen sie in der Implantologie. Doch wie genau lässt sich der Begriff der<br />
Minimalinvasivität im implantologischen Umfeld deuten? Wie etwa können konventionelle Eingriffe<br />
nach Bildung eines Mukoperiostlappens in diesem Kontext eingeordnet werden und wie verhält es sich<br />
mit „Flapless“-Methoden? Im Folgenden wird dies mit Blick auf ausgewählte Studien ergründet.<br />
Text Prof. Dr. Ralf Rößler Bilder Champions Implants<br />
Generell bezieht sich eine minimalinvasive Implantologie auf<br />
jene Methoden und chirurgischen Techniken, die ein funktionelles<br />
und ästhetisches Ergebnis möglichst substanz- und gewebeschonend,<br />
schmerzarm und mit wenig Einschränkungen für<br />
das Leben des Patienten erzielen. Dieser Ansatz prägt immer<br />
häufiger die Erwartungshaltung an implantologische Eingriffe,<br />
denn zunehmend sind auch Patienten mit Begrifflichkeiten wie<br />
„minimalinvasive Therapie“ oder „Sofortimplantation/-belastung“<br />
vertraut. Somit wirken sich auch konkrete Patientenwünsche<br />
nach möglichst schmerz- und entzündungsarmen Vorgehensweisen<br />
auf das chirurgische Protokoll aus. Die Präferenzen<br />
von Patienten für minimalinvasive Optionen bei der Implantatversorgung<br />
zahnloser Kiefer untersuchten Pommer et al.<br />
mittels einer MEDLINE-Literaturrecherche (Daten bis zum Jahr<br />
2013). Betrachtet wurden die Aspekte Patientenzufriedenheit<br />
und Lebensqualität 1 . Die finale Auswahl umfasste 37 Studien<br />
zur minimalinvasiven Insertion von insgesamt 5.766 Implantaten<br />
bei 1.328 Patienten (648 zahnlose Ober- und 791 zahnlose<br />
Unterkiefer). Ergebnis: Die Patientenzufriedenheit lag bei Einsatz<br />
lappenloser Implantation im Durchschnitt bei 91 Prozent.<br />
Gerade bei komplexen Eingriffen ist es generell schwierig, die<br />
tatsächlichen Präferenzen der Patienten zu ergründen. Allerdings<br />
legen die Ergebnisse der vorliegenden Studie in Kombination<br />
mit den Erfahrungen der Autoren Folgendes nahe: Bei der<br />
Rehabilitation zahnloser Kiefer tendieren die Patienten generell<br />
zu einer Therapie ohne Knochentransplantate.<br />
Lappenlose Insertion mit Vorteilen<br />
bei Risikopatienten<br />
Das konventionelle chirurgische Vorgehen sieht zur Implantation<br />
jedoch nach wie vor die Bildung eines Mukoperiostlappens<br />
vor. Diese lässt sich dank fortschrittlicher Technik mittlerweile<br />
präziser, zeitsparender und konservativer durchführen 2,3 . Im<br />
Laufe der Zeit hat sich in der Praxis immer mehr auch die weniger<br />
invasive lappenlose Insertion durchgesetzt. Viele Studien<br />
bescheinigten dieser neben einem gesteigerten Patientenkomfort,<br />
etwa durch verringertes Schmerzempfinden post-OP 4 ,<br />
unter anderem auch positive Effekte hinsichtlich der krestalen<br />
Knochenresorption und Eindämmung von Entzündungsreaktionen<br />
5 . Moderne lappenlose Verfahren kombinieren die Vorzüge<br />
in der chirurgischen mit jenen in der prothetischen Phase,<br />
indem etwa die Wiedereröffnung der Gingiva vermieden wird.<br />
Dem damit verbundenen Risiko von Weich-/Hartgewebsabbau<br />
wird so vorgebeugt (siehe Infokasten). Der Verzicht auf<br />
die Bildung eines Mukoperiostlappens erscheint insbesondere<br />
dann naheliegend, wenn es sich um ästhetisch anspruchsvolle<br />
Fälle handelt. So evaluierten Cosyn et al. in einer prospektiven<br />
1-Jahres-Studie 6 die minimalinvasive Einzelimplantatbehandlung<br />
(engl. M.I.S.I.T. – Minimally Invasive Single Implant Treatment)<br />
bei parodontal gesunden Patienten mit einem extraktionswürdigen<br />
Zahn im Oberkiefer-Frontzahnbereich (15-25).<br />
Alle Patienten besaßen ein hohes Risiko für ästhetische Kom-<br />
DENTAL BAROMETER AUSGABE 5 + 6 I 20<strong>22</strong>