E-Paper DB 5+6-22
Dental Barometer - Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik Dental Barometer - Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik
36 PERSONALMANAGEMENT engagieren. Trotzdem rate ich ab, das persönliche Anspruchsniveau zu senken. Wenn man keine geeignete ZFA findet, sollte man die Personalbeschaffungsaktivitäten erhöhen, nicht aber den Ruf der Praxis durch drittklassige Mitarbeiterinnen schädigen. Vorstellungsgespräch: Teil „Qualifikation“ In diesem Gesprächsteil geht es darum, die Eignung der Bewerberin zu prüfen 9 . Infolgedessen gilt: Der Arbeitgeber fragt, die Bewerberin redet – und zwar möglichst ausführlich. Wobei weniger wichtig ist, was sie sagt. Mehr zählt, ob überhaupt und wie sie spricht, hierin zeigt sich Allgemeinkompetenz. Der Praxisinhaber frage sich selbstkritisch, ob er auch zu denjenigen gehört, die sich am liebsten selbst reden hören – umso mehr zwinge er sich bewusst dazu, nach der freundlichen Begrüßung und kurzem einleitenden Smalltalk in diesem Gesprächsteil der Bewerberin die weitaus meiste Redezeit zu gewähren 10 . Man überlege sich vorher einen – für alle Vorstellungsgespräche gültigen – Fragekatalog, um die spezifischen Kompetenzen abzuprüfen. Mehr Informationen gewinnt man allgemein mit „W-Fragen“ 17 , also „Wie-was-wo-warum…“; im Gegensatz zu den geschlossenen Ja/Nein-Fragen. Man kann hier auch kleine Rollenspiele exerzieren: „Was tun Sie, wenn…?“ Neben der Erfassung fachlicher Kenntnisse geht es also um allgemeine „Soft-Skills“ wie ist das Auftreten, die Gewandtheit, die Kommunikationsfähigkeit? Und man versuche, den Persönlichkeitstyp einzuschätzen (die Einteilung folgt in einem der nächsten Teile). Meiner Erfahrung nach ist es weniger wichtig, was die Bewerberin aktuell kann und weiß – es zählt mehr, wenn sie engagiert, motiviert, willig und fähig ist, sich die praxisspezifisch wichtigen Kompetenzen anzueignen. In dieser Gesprächsphase könnte man auch objektive Eignungstests vorsehen: Behandlungspläne alphabetisch heraus- und wieder zurücksortieren. Grob im Kopf überschlagen: Wieviel sind – ungefähr - sieben Prozent Mehrwertsteuer von 350 Euro? Wenn man eine ZMV-Bewerberin hat, soll sie hier und jetzt mit Hilfe von Gebührenordnungen einen HKP für eine Bruchreparatur oder Einzelkrone erstellen. Vorstellungsgespräch: Teil „Einstellung“ Im ungünstigsten Fall hat sich im vorangehenden Gesprächsabschnitt herausgestellt, dass die Kandidatin überhaupt nicht geeignet ist – dann wird man das weitere Gespräch abkürzen und die Dame freundlich „hinauskomplementieren“. Im hoffentlich häufigeren Fall erscheint die Bewerberin grundsätzlich geeignet, nun geht es unter der Überschrift „Einstellungsgespräch“ 9,14 zunächst darum, die Praxis vorzustellen und sodann wesentliche Konditionen auszuhandeln. Dieser Gesprächsabschnitt sollte aber sorgfältig vom ersten Teil „Qualifikation“ getrennt werden und erst danach erfolgen. Nun wechseln die Rollen, es spricht vermehrt der Praxisinhaber, er stellt seinen Betrieb vor. Mit etwas Routine kann man zuerst unbestimmt bleiben und darauf „lauern“, dass die Bewerberin präzise nachfragt – das zeigt erstens gewisse Kompetenz und zweitens insbesondere Interesse. Es geht also um die Praxisbesonderheiten: Geräte, Materialien, Instrumente, Arbeitsabläufe, Prozeduren, Wenn-dann-Szenarien. Weiterhin um die Zusammensetzung des Teams und die präzise Stellenbeschreibung: was sind die vornehmlichen Aufgaben? Sehr bewährt hat sich folgendes Vorgehen: das Gespräch an dieser Stelle zu unterbrechen – das wirkt zudem auflockernd – und die Bewerberin zu einem kurzen Praxisrundgang einzuladen. So lernt sie nicht nur die Örtlichkeiten kennen, sondern es ergeben sich erfahrungsgemäß etwa beim Öffnen der Schubladen immer wieder Details, die vorher nicht besprochen wurden. Das ist psychologisch vorteilhaft, weil die ZFA damit sozusagen unmerklich bereits „ins Boot geholt“ wird. Nach dem Praxisrundgang merkt man zumeist recht deutlich, ob die Bewerberin grundsätzlich eher interessiert oder „abgeschreckt“ ist. Nun erst geht es um die Erörterung der Rahmenbedingungen – Öffnungszeiten, Sprechstunden, Arbeitszeiten – das Gespräch geht über in die Diskussion der Konditionen: Gehalt, Urlaubsregelungen, sonstige Vergünstigungen. Nochmals sei betont: Der Chef, die Chefin wird vermutlich häufiger Vorstellungsgespräche führen, es rentiert sich daher, einen strukturierten, immer wieder verwendbaren Gesprächsleitfaden zu erstellen. Das bisher beschriebene Procedere entspricht dem seit jeher üblichen Ablauf von Vorstellungsgesprächen. In heutiger Zeit gewinnt zunehmend besondere Bedeutung die möglichst positive Selbstdarstellung der Praxis. Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden. Dr. med. Dr. med. dent. Bert L. Karl Nach Studium der Medizin und Zahnmedizin war er 30 Jahre hauptberuflich in eigener Zahnarztpraxis tätig, mit Schwerpunkt Zahnersatz. Nebenberuflich betrieb er eine allgemeinärztliche Privatpraxis. Zuletzt war er mehrere Jahre zahnärztlicher Leiter einer großen zahnärztlichen Tagesklinik. Von 1997 bis 2020 Tätigkeit als KZV-Gutachter für Zahnersatz und PAR. Seit 2002 leitet er als Dozent vielfältige zahnärztliche Fortbildungsseminare, hauptsächlich zu Themen der wirtschaftlichen Praxisführung und zum Generalthema „Psychologie in der Zahnarztpraxis“: unter anderem Patientenüberzeugung, Die zahnärztliche Führungsperson, Angstpatienten, Konflikte im Praxisteam, Aggression in der Zahnarztpraxis, Kommunikation und Körpersprache. — E-Mail: drbkarl@t-online.de DENTAL BAROMETER AUSGABE 5 + 6 I 2022
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