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Ausbau Eisenbahnachse München - Verona ... - MplusM

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Kurzfassung<br />

<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong><br />

Brennerbasistunnel<br />

Martin OBEX, Klaus GILLARDUZZI, Robert WEBER<br />

Die Achse <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> ist eine der wichtigsten europäischen Verkehrsachsen. Aus<br />

diesem Grund hat der Europäische Rat den <strong>Ausbau</strong> der <strong>Eisenbahnachse</strong> Brenner in die Liste<br />

der 14 vorrangigen TEN-Projekte aufgenommen. Als Basis für alle künftigen grenzüberschreitenden<br />

Vermessungsarbeiten waren folgende geodätische Grundlagen zu erbringen:<br />

Die Erhebung bestehender und relevanter vermessungstechnischer Daten im Projektgebiet.<br />

Das Beobachten eines vorgegebenen geodätischen Grundlagennetzes mit GPS. Die Auswertung<br />

der Messdaten und das Bereitstellen von Transformationsparametern zwischen<br />

dem GPS - Referenzrahmen ITRF und den österreichischen (MGI, Bessel, Gauß-Krüger)<br />

und italienischen (Roma 40, Hayford, Gauß-Boaga) Landeskoordinaten.<br />

Das Ermitteln von Höhenkoten aller Punkte des Rahmennetzes im System der österreichischen<br />

und italienischen Gebrauchshöhen.<br />

Das Ermitteln einer allfälligen Niveaudifferenz zwischen den österreichischen und italienischen<br />

Gebrauchshöhen und in der Folge das Beobachten eines Präzisionsnivellements vom<br />

Brenner bis Neustift bei Brixen.<br />

Die GPS-Messung und Auswertung vorgegebener Passpunkte für die Luftbildauswertung<br />

im Projektgebiet.<br />

Die Erhebung, Prüfung und Dokumentation der verfügbaren Geoidmodelle, sowie ihrer<br />

Unterschiede im Grenzbereich.<br />

1 Grundlagendokumentation<br />

Zur Leistungserbringung des gegenständlichen Auftrages und für die Festlegung der künftigen<br />

Detailarbeitsprogramme waren alle relevanten Grundlagen zu erheben und zu dokumentieren.<br />

Es sind das:<br />

1) Die Erhebung und Dokumentation aller bestehenden hochpräzisen GPS-Messpunkte<br />

und Messdaten und deren Einbindung in internationale Netze bzw.<br />

Projekte.<br />

2) Die Erhebung und Dokumentation aller derzeit bestehenden Präzisionsnivellements<br />

und Nivellements 1. Ordnung in Nord- und Südtirol samt deren Einbindung<br />

in internationale Netze bzw. Projekte.


2<br />

Martin Obex, Klaus Gillarduzzi, Robert Weber<br />

3) Die Erhebung und Dokumentation aller derzeit verfügbaren Schwereinformationen<br />

in Nord- und Südtirol samt deren Einbindung in internationale Netze bzw.<br />

Projekte.<br />

4) Die Erhebung und Dokumentation aller für künftige Lage- und Höhenvermessungsarbeiten<br />

relevanten Festpunkte, Anschlusspunkte und der zugehörigen<br />

Unterlagen.<br />

2 Geodätisches Grundlagennetz<br />

2.1 Allgemeines<br />

Entsprechend den Normen (z.B. ÖN2203 Untertagebauarbeiten) hat die Bereitstellung des<br />

erforderlichen Festpunktnetzes unabhängig von den übergeordneten Landessystemen<br />

(Netze des BEV und IGM) zu erfolgen. Für die Aktualisierung der Planung des Brennerbasistunnels<br />

musste daher ein spannungsfreies, grenzüberschreitendes, geodätisch homogenes<br />

GPS Rahmennetz erstellt werden, das durch präzisionsnivellitische Höhenmessungen zu<br />

ergänzen war.<br />

Dieses Rahmennetz war die Grundlage zur Ermittlung aller Transformationsparametersätze<br />

zwischen dem gewählten Referenz- und Projektionssystem und den tatsächlichen<br />

Gebrauchsnetzen in Nordtirol und Südtirol. Weiters ist das GPS-Netz die Basis für alle zukünftigen<br />

und notwendigerweise grenzüberschreitenden Vermessungsarbeiten für Erkundung,<br />

Planung und Ausführung des Brennerbasistunnels und der Zwischenangriffe.<br />

2.2 GPS-Messungen – geodätisches Rahmennetz<br />

Auf Grund der Erfahrung vom GPS Rahmennetz der Brenner Eisenbahn GmbH (BEG) im<br />

Unterinntal erkundeten bzw. stabilisierten das Amt der Tiroler Landesregierung (Abteilung<br />

Vermessung und Geologie), das Amt für geodätische Vermessungen (Autonome Region<br />

Trentino- Südtirol) und die Abteilung Forstwirtschaft (Autonome Provinz Bozen- Südtirol)<br />

28 Messpunkte.<br />

In Nordtirol wurde, soweit verfügbar, auf bestehende Scheibensignale zurückgegriffen. In<br />

Südtirol waren - mehrheitlich in der selben Bauart - vorwiegend neue Punkte zu stabilisieren.<br />

Für ausgewählte Messpunkte wurden zusätzlich transportable Pfeileraufsätze zur Verbesserung<br />

der Genauigkeit und Stabilität zur Verfügung gestellt.<br />

Bei der Errichtung des Rahmennetzes wurde versucht eine Basislinienlänge von ca. 10 km<br />

einzuhalten und ein Verhältnis von zwei Neupunkten zu einem hochpräzisen Altpunkt zu<br />

erreichen.<br />

2.3 Bestehende GPS-Messnetze Nordtirol<br />

AREF/AGREF: ist das neue mit GPS im Rahmen internationaler und nationaler Beobachtungskampagnen<br />

realisierte österreichische Netz höchster Homogenität und Genauigkeit. Es<br />

umfasst über 300 Punkte mit einer Genauigkeit von besser als +/-10 mm in der Lage und


<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> Brennerbasistunnel 3<br />

besser als +/-20 mm in der Höhe (ellipsoidische Höhe!). Die Lagerung erfolgte im ITRF94<br />

zur Epoche 1996.45.<br />

Seitens der GPS-ZT-GmbH wird die Erlaubnis zum Gebrauch der AREF-Punktkoordinaten<br />

im Rahmen von Nutzungsverträgen erteilt.<br />

BEG: Das BEG-Netz wurde im Auftrag der Brenner Eisenbahn GmbH von der Arge Obex-<br />

Pfeifer-Augustin 1998 erstellt. Dieses homogene, spannungsfreie GPS-Netz von über 80<br />

Punkten erstreckt sich von Kundl bis Mils bei Hall in Tirol. Die Lagerung erfolgte durch<br />

Anbindung an das österreichische GPS-Grundnetz AREF/AGREF.<br />

TIREF: Das TIREF-Netz stellt eine Verdichtung des bestehenden bundesweiten AREF-<br />

Netzes im Bundesland Tirol dar und wurde in Zusammenarbeit vom Amt der Tiroler Landesregierung,<br />

von Ingenieurkonsulenten und der TIWAG 1999 geschaffen. Es umfasst etwa<br />

100 Punkte.<br />

BBT: Das Rahmennetz Brennerbasistunnel musste ebenfalls in das bestehende AREF-Netz<br />

gelagert werden, um eine möglichst gute Übereinstimmung mit den oben beschriebenen<br />

bestehenden Netzen zu erhalten. Für die Nutzung der AREF-Punktkoordinaten gibt es ein<br />

schriftliches Übereinkommen mit der GPS-ZT-GmbH.<br />

2.4 Bestehendes GPS-Messnetz Südtirol<br />

Das Hauptnetz umfasst neu erstellte Punkte und bereits bestehende Vermarkungen des Katasters<br />

der Region und des I.G.M., davon drei Punkte erster Ordnung. Einige Punkte wurden<br />

mit Nivellementfestpunkten verbunden. Im Laufe der nachfolgenden Messungen fügten<br />

die Techniker der Region stufenweise alle Vermarkungen erster Ordnung in das offizielle<br />

geodätische Aufnahmenetz der Region unter Beachtung des Standards IGM95 ein. Zur Zeit<br />

besteht das Hauptnetz im Gebiet der Region und in den angrenzenden Zonen aus 185<br />

Punkten, von denen 86 Punkte dem IGM95 angehören und 99 Punkte von den Technikern<br />

der Region eingefügt wurden.<br />

Der Vergleich zwischen den Werten der in Bozen berechneten Koordinaten WGS84 und<br />

denen der I.G.M. – Techniker hat nur bei wenigen Punkten Klaffungen ergeben, die zudem<br />

immer unter 5 cm liegen. Weitere unabhängige Kontrollmessungen haben bestätigt, dass<br />

das neue GPS - Netz eine hohe Präzision aufweist.<br />

Ein weiterer Vergleich zwischen den Koordinaten (AGREF und AREF1) mit denen des<br />

regionalen Netzes hat die hohe Präzision desselben bestätigt.<br />

3 Durchführung GPS-Messung<br />

3.1 Technische Spezifikation des GPS-Rahmennetzes<br />

Bei den einzusetzenden GPS-Empfängern war zur Einhaltung der hohen Qualitätsanforderungen<br />

eine Einschränkung auf Zweifrequenzgeräte (L1 und L2) der Firmen Leica oder<br />

Trimble vorgeschrieben. Da seitens der Auftragnehmer selbst vier GPS-Empfänger der Serie<br />

Leica 500 und zwei Sensoren der Serie Leica300 zur Verfügung standen, wurden sämtliche<br />

Beobachtungen mit Leica Geräten durchgeführt. 24 zusätzliche Sensoren ( in Summe


4<br />

Martin Obex, Klaus Gillarduzzi, Robert Weber<br />

wurden 30 Empfänger für 28 Punkte und zwei Reserven benötigt) wurden von verschiedenen<br />

Firmen und Institutionen ausgeliehen. Letztlich waren 10 Geräte der Serie Leica 500<br />

und 20 Geräte der Serie Leica 300 bereitgestellt.<br />

Größte Aufmerksamkeit wurde auch auf die Zentrierung und Horizontierung der GPS Sensoren<br />

auf den Messpfeilern und Stativen, sowie auf die Funktionstüchtigkeit aller eingesetzten<br />

Komponenten gelegt. So wurden vor der Beobachtungsserie folgende Kontrollen<br />

durchgeführt:<br />

• Überprüfung der Dreifüße und deren Lote.<br />

• Überprüfung der Vollständigkeit der GPS-Ausrüstung und des Zubehörs.<br />

• Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der GPS-Ausrüstung und des Zubehörs.<br />

• Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Energieversorgung.<br />

• Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Kommunikationsmittel (Mobiltelefone).<br />

• Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Fahrzeuge.<br />

3.2 Beschreibung Messvorgang – 2000<br />

Zur Anwendung kam die Methode der relativ-statischen Punktbestimmung. Bei dieser<br />

Methode bleibt der Empfänger in den Referenzpunkten und in den Neupunkten für die<br />

Dauer der Messung stationär. Zur sicheren Lösung der Phasenmehrdeutigkeiten (Ambiguities)<br />

wird je nach Distanzbereich eine Mindestbeobachtungszeit benötigt, die von der Anzahl<br />

der verfügbaren Satelliten, ihrer Verteilung, sowie den zur Messzeit herrschenden<br />

ionosphärischen und troposphärischen Refraktionsbedingungen abhängt.<br />

Betreffend der Messdauer wurden somit seitens des Auftraggebers BBT-EWIV in der Ausschreibung<br />

genaue Richtlinien vorgegeben. Unter anderem waren Nachtmessungen<br />

verlangt, um den ionosphärischen Fehlereinfluss möglichst gering zu halten.<br />

Für die Beobachtungen selbst wurde ein Geräte- und Personaleinsatzplan erarbeitet. Der<br />

Bedarf an Personal und Fahrzeugen konnte innerhalb der Arge abgedeckt werden. Es waren<br />

mit den Punkten des Rahmennetzes und der großräumigen Einbindung in Ost-Westrichtung<br />

28 Stationen zweimal gleichzeitig zu beobachten. Die durchgehende Messdauer war mit 2 x<br />

16 Stunden für die Mehrzahl der Rahmennetzpunkte, und mit 2 x 23 ± 0,5 Stunden für vier<br />

Hauptpunkte (Obergurgl, Stallersattel, Schmuders, Spinges) anzusetzen.<br />

Bei der Einsatzplanung wurden folgende zentrale Beobachtungsfenster (MESZ) festgelegt:<br />

Für die Hauptpunkte:<br />

11.9.2000, 10:00 Uhr bis 12.9.2000 10:00 Uhr und<br />

13.9.2000, 10:00 Uhr bis 14.9.2000 10:00 Uhr.<br />

Für die weiteren Rahmennetzpunkte:<br />

11.9.2000, 18:00 Uhr bis 12.9.2000 10:00 Uhr und<br />

13.9.2000, 18:00 Uhr bis 14.9.2000 10:00 Uhr.<br />

Die Empfänger wurden dreimal (eine halbe Stunde nach dem Einschalten, zwischen 22:00<br />

und 24:00 Uhr und am Folgetag zwischen 6:00 und 7:00 ) kontrolliert. Es wurde eine


<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> Brennerbasistunnel 5<br />

Messdokumentation nach den Vorgaben des Auftraggebers angelegt. Die Update Rate der<br />

Messdaten betrug 15 Sekunden.<br />

Die nach jeder Messperiode ausgelesen Daten wurden mit der Auswertesoftware Leica<br />

SKI-PRO einer ersten Plausibilitäts- und Vollständigkeitsüberprüfungen unterzogen. Nach<br />

den Prüfungen wurden sämtliche Daten im RINEX-Format auf CD gebrannt und somit<br />

gesichert.<br />

In beiden Messperioden wurde das gleiche Beobachtungsschema mit den jeweils selben<br />

Geräten und Aufstellungsarten auf den einzelnen Punkten eingehalten. Insgesamt wurde auf<br />

allen Punkten die vorgesehene Mindesteinsatzdauer erreicht. Es hat keine Ausfälle gegeben<br />

und sämtliche Daten waren, wie anlässlich der Auswertung an der TU Wien später auch<br />

festgestellt wurde, in Ordnung.<br />

4 Auswertung GPS-Messung<br />

4.1 Beschreibung Auswertevorgang – Rahmennetz 2000<br />

Die Messdaten aller Messpunkte (29 Messpunkte/57 Aufstellungen; davon 7 AREF Punkte<br />

und die Referenzstation Bozen) wurden im RINEX 2 Format noch am 14.09.2000 an die<br />

Technische Universität nach Wien (Abteilung Höhere Geodäsie) gebracht. Am Abend des<br />

selben Tages begann gemeinsam mit Dr. Weber die Auswertung mit der Berner-Software.<br />

Die Auswertung der Satellitendaten erfolgte vorerst im geozentrischen, kartesischen System<br />

ITRF94 zur Epoche 1996,45. Diese Wahl des Referenzrahmens erlaubte eine<br />

spannungsfreie Anbindung an das österreichische GPS-Grundnetz AREF/AGREF.<br />

Die erste Berechnungstätigkeit umfasste somit die Prüfung der aus dem AREF-Grundnetz<br />

bekannten Koordinaten der Referenzpunkte zur Aufdeckung etwaiger Verschiebungen. Es<br />

wurden schlussendlich die AREF-Grundnetzkoordinaten der Punkte A125 (30-147-A1) und<br />

A128 (21-148-B1) als Fixpunkte für die weiteren Berechnungen übernommen, während die<br />

restlichen AREF-Punkte mit starken Koordinatenzwängen (constraints) in die Auswertung<br />

eingeführt wurden. Die Koordinaten des Punktes Bozen wurden aus den Beobachtungen<br />

übergeordneter IGS Stationen neu bestimmt und ebenfalls festgehalten.<br />

Die Berechnung der Massenpunkte erfolgte in 2 Tagessessionen und weist folgende<br />

Charakteristika auf:<br />

a) Satellitenbahndaten: IGS präzise Ephemeriden<br />

b) minimaler Höhenwinkel (cut-off): 15 Grad. Die Wahl von 15 Grad stellt eine Optimierung<br />

des Problems der Phasenexzentrizitäten dar. Ein geringerer cut-off Winkel<br />

verbessert einerseits den mittleren Fehler der errechneten Höhenkomponenten,<br />

führt dagegen andererseits zu systematischen Höhendifferenzen zwischen Punktbestimmungen<br />

mit verschiedenen Antennentypen. Die Phasenexzentrizitäten<br />

wurden der offiziellen IGS-Datei entnommen.


6<br />

Martin Obex, Klaus Gillarduzzi, Robert Weber<br />

c) Mehrdeutigkeiten: Lösung über Wide- und Narrow-Lane L5 / L3(N1). Die Einrechnung<br />

erfolgte über jeweils alle in der Session zur Verfügung stehenden<br />

Referenzpunkte des AREF-Rahmens.<br />

d) Troposphärische Zenitkorrekturen wurden relativ zum Neupunkt in 2-Stunden-intervallen<br />

in der Berechnung bestimmt. Für sehr kurze Distanzen wurden dagegen<br />

zur Vermeidung systematischer Maßstabsfehler keine troposphärischen Zenitkorrekturen<br />

geschätzt.<br />

Die Genauigkeit der Lagekomponenten der berechneten Punkte liegt nach einer Multiplikation<br />

der ausgewiesenen formalen Fehler der GPS-Auswertung mit dem Faktor 10 bei<br />

+/- 3 mm. Die Genauigkeit der Höhenkomponente bei +/- 7 mm. Eine Erweiterung der<br />

formalen Fehler von GPS-Auswertungen mit Faktoren 5-10 ist international durchaus üblich<br />

und basiert auf der derzeit noch inadäquat modellierten hohen Korrelation benachbarter<br />

GPS-Epochenmessungen.<br />

4.2 Transformation in das Landessystem, Geoidundulationen<br />

Die Transformation der ITRF-Koordinaten in ein dem Landessystem naheliegendes spannungsfreies<br />

Netz erfolgte mittels einer 7-Parameter Ähnlichkeitstransformation über den<br />

aus AREF-Punkten bestimmten Projektparametersatz (Transformationsmodell von Bursa-<br />

Wolf). An die ellipsoidischen Höhen wurden zur Umrechnung in orthometrische Höhen<br />

vorerst die dem europäischen Geoid EGG97 entnommenen Geoidundulationen angebracht.<br />

Dieses an der Universität Hannover berechnete europäische Geoidmodell stützt sich im<br />

langwelligen Bereich auf das Geopotentialmodell EGM96 (NASA/NIMA; Grad und Ordnung<br />

360). Die kurzwelligen Anteile wurden durch verfügbare Schweremessungen und digitalen<br />

Geländemodelle eingebracht. EGG97 liefert vorerst Quasigeoidhöhen im von der<br />

IAG empfohlenen ‚Zero-Tide’ System (man beachte: die ITRF-Koordinaten entsprechen<br />

nicht exakt dieser Empfehlung) bezogen auf das geozentrisch gelagerte GRS80 Ellipsoid.<br />

Daraus können bei Kenntnis der orthometrischen Punkthöhe und der Lotlinienmittelwerte<br />

der theoretischen und wahren Schwere genähert Undulation errechnet werden. Die Urheber<br />

des EGG97 sprechen von einer Genauigkeit des Undulationsmodells von +/-1-5cm über<br />

10km in Gebieten mit ausreichend verfügbarer lokaler Schwerefeldinformation. In Österreich<br />

dürfte die Genauigkeit auf Grund der, in Europa fast einzigartigen, restriktiven Politik<br />

in der Veröffentlichung von g-Messungen allerdings etwas darunter anzusiedeln sein.<br />

Nichtsdestotrotz stellte das EGG97 Modell die zur Zeit der Auftragsabwicklung genaueste<br />

verfügbare Geoidinfomation dar.<br />

5 GPS Messung und Auswertung der Passpunkte<br />

Für eine Befliegung im Bereich Innsbruck – Brixen wurden an den Rändern der vorgesehenen<br />

Längsstreifen Doppelpasspunkte ausgewählt und signalisiert.<br />

Die Planung der Punktverteilung erfolgte durch das Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung<br />

für Vermessung und Geologie, die Signalisierung der Punkte durch das selbe Amt<br />

und durch das Forstamt der Provinz Bozen.


<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> Brennerbasistunnel 7<br />

Es waren in einem Bereich von 63 x 40 km zwischen Innsbruck, Brixen und Meran 72<br />

Passpunktgruppen mit zwei Punkten, 2 Passpunktgruppen mit vier Punkten und eine Passpunktgruppe<br />

mit drei Punkten mit GPS einzumessen. Für die Beobachtungen wurden Passpunktgruppen<br />

so zusammengestellt, dass im Abstand von maximal 10 km zumindest ein<br />

besetzter Netzpunkt als Referenzpunkt zur Verfügung stand.<br />

Die Punkte wurden nach der Methode der schnellen relativ-statischen Bestimmung beobachtet.<br />

Die Messdauer war mit mindestens 20 Minuten je Punkt festgelegt. Aus Gründen<br />

der Sicherheit wurde eine Aufzeichnungsrate von 10 Sekunden gewählt.<br />

Die Auswertung der Messungen erfolgte mit dem Softwarepaket Leica SKI-PRO. Aus der<br />

Berechnung resultieren kartesische Punktkoordinaten, bezogen auf das GPS-Rahmennetz.<br />

Für die Transformation der WGS84-Koordinaten in die lokalen Gebrauchskoordinaten<br />

wurde eine strenge 7-Parameter Transformation (Helmert-Transformation) angewendet.<br />

Der Übergang von ellipsoidischen Höhen auf quasi-orthometrische Höhen erfolgte wieder<br />

über das europäische Geoidmodell.<br />

6 Höhenmessungen<br />

Die Ermittlung der Höhen aller Triangulierungspunkte des Rahmennetzes und der Netzerweiterung<br />

- zusätzlich zu den Punkten der bestehenden Nivellements - war zur Berechnung<br />

eines präzisen Projektgeoides gefordert. Das Rückgrat zu dieser Arbeit bildeten die Präzisionsnivellements<br />

des BEV von Innsbruck bis Brenner und jenes des IGM vom Brenner bis<br />

Neustift bei Brixen.<br />

6.1 Nivellitische Höhenmessungen<br />

Für den Abschnitt in Südtirol hat sich die Projektleitung der BBT zu einer Neubestimmung<br />

der nivellitischen Höhen entschlossen, weil einerseits in dieser Zone tektonische Veränderungen<br />

vermutet werden und anderseits von der Linie des IGM seit der letzten Revision im<br />

Jahre 1960 viele Punkte verloren gingen und damit für die vorgesehenen Schweremessungen<br />

die gegebene Punktdichte zu gering war. Die noch vorhandenen Punkte des IGM wurden<br />

gesucht und freigelegt, sowie dazwischen weitere Vermarkungen im Abstand von etwa<br />

1000 m stabilisiert. Miteinbezogen wurden die letzten vier österreichischen Punkte vor der<br />

Grenze.<br />

Zum Einsatz kamen zwei Messtrupps, jeweils mit Leica Präzisionsnivellieren und Invar-<br />

Codelatten ausgerüstet. Die Hin- und Rückmessungen als fliegender Höhenzug wurden mit<br />

einem Ausgleichsverfahren mit den österreichischen Punkten als Passpunkte ausgewertet<br />

und die Ergebnisse mit den gegebenen Höhen des IGM verglichen. Somit war es möglich,<br />

die Differenz der Höhenniveaus zwischen Österreich und Italien zu ermitteln.<br />

Die Linie hat eine Länge von 47 km und eine Höhendifferenz von 780 m.<br />

Der letzte Punkt weist eine Signifikanz von s = ± 3,3 mm auf.<br />

Der Niveauunterschied zwischen den österreichischen und italienischen Gebrauchshöhen<br />

wurde mit 125 mm ermittelt.


8<br />

Martin Obex, Klaus Gillarduzzi, Robert Weber<br />

6.2 Trigonometrische Höhenmessungen<br />

Für die zum Teil weit ab der Nivellementlinien stabilisierten Punkte des GPS-Rahmennetzes<br />

und der Netzverdichtung waren, wie erwähnt, orthometrische oder genähert orthometrische<br />

Höhen zu bestimmen. Bei den gegebenen großen Distanzen und Höhenunterschieden,<br />

man denke nur an den Punkt in Aberstückel im hinteren Sarntal oder jenem bei der<br />

Seapenalm in Navis auf etwa 2200 m, stellt das trigonometrische Nivellement eine sehr<br />

wirtschaftliche und hinreichend verlässliche Messmethode dar.<br />

Die unberechenbarste Fehlerquelle, die Refraktion, wird üblicherweise mit Standardmodellen<br />

über den Aufbau der Atmosphäre eliminiert. Allerdings bleiben dabei Einflüsse, wie<br />

z.B. die Temperaturinversion oder über den Tagesverlauf wechselnde Bedingungen, wie sie<br />

im Hochgebirge auftreten, nicht berücksichtigt. Es ist deshalb unerlässlich, nicht nur<br />

zwangszentriert aufzustellen, sondern quasisimultan, d.h. in möglichst kurzen zeitlichen<br />

Abständen mit zwei Theodoliten die Distanzmessung und die Beobachtung der Zenitdistanzen<br />

einer Teilstrecke auszuführen.<br />

Mit modernen digitalen Ingenieurtheodoliten ist bei der zwei- bis dreifachen Wiederholung<br />

der Beobachtung, jeweils in zwei Lagen, eine Signifikanz des Mittels des gewonnenen<br />

wahrscheinlichsten Wertes für die Zenitdistanz von ± 0,3 mGon ohne weiteres erreichbar.<br />

Damit ergibt sich für die einseitig ermittelte Höhendifferenz eine Signifikanz von σT = ±<br />

4,7 mm je km und für die gegengleich ermittelte Höhendifferenz, wie im vorliegenden Fall,<br />

eine Signifikanz von σTkm = ± 3,3 mm je km. Die endgültige, von der gesamten Streckenlänge<br />

der Höhenübertragung abhängige, Signifikanz der Punkthöhe errechnet sich nach<br />

dem Fehlerfortpflanzungsgesetz mit σP = σTkm n km .<br />

Ein weiterer Einfluss auf die Signifikanz der Höhendifferenz ist durch die Unsicherheit der<br />

Streckenmessung gegeben. Mit den eingesetzten zertifizierten Tachymetern Leica<br />

TCA1800 wird eine Signifikanz der doppelt beobachteten Strecke von σ S = ± 0,6 + 0,6 mm<br />

für einen km erreicht. Auch bei steilen Strecken beeinflussen davon maximal ± 0,5 mm die<br />

Höhe und sind damit vernachlässigbar.<br />

Diese theoretischen Überlegungen sind keineswegs zu optimistisch angesetzt, sondern decken<br />

sich mit Ergebnissen aus Dreiecks- und somit überbestimmten Beobachtungen verschiedenster<br />

Distanzen und der langjährigen positiven Erfahrung.<br />

Die Auswertung der Messdaten erfolgte mit der Software „Geosi“. Um ein dem geometrischen<br />

Nivellement vergleichbares Ergebnis zu erhalten, wurden die gemessenen EDM Strecken<br />

dabei lediglich bezüglich der atmosphärischen Einflüsse, nicht jedoch bezüglich der<br />

Seehöhe und der Projektionsverzerrung korrigiert.<br />

Es wurden insgesamt Höhenübertragungen über 131 km durchgeführt.<br />

7 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Brennerbasistunnel EWIV verfügt mit dem Rahmennetz, den Verdichtungspunkten und<br />

den Höhenpunkten über ein dichtes Gerüst an Punkten für die weitere Projektierung.


<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> Brennerbasistunnel 9<br />

Die Schwereverhältnisse im Zusammenhang mit der enormen Gebirgsüberdeckung erfordern<br />

eine sorgfältige Abklärung der geodätischen Maßnahmen für eine fachmännische Höhenübertragung<br />

im Tunnel. Weiters gehört der mediterrane Teil Europas zu den geotektonisch<br />

aktivsten Zonen der Erde und es scheint das Projektgebiet von der sich nordwärts<br />

bewegenden afrikanischen Platte betroffen zu sein.<br />

Sowohl die aktive Alpenhebung von etwa 1mm/a als auch die von der Kontinentaldrift verursachte<br />

jährliche Bewegung der eurasischen Platte von 2.5 cm im ITRF-Rahmen erreichen<br />

eine Größenordnung, die bezogen auf die lange Projektierungs- und Lebensdauer dieses<br />

Bauwerkes, nicht zu vernachlässigen ist.<br />

Mit der Beschreibung eines eigenen Projektgeoides wurden die beiden Institute TU Graz<br />

und Politecnico Milano in einem eigenem Arbeitsprogramm beauftragt. Für das Geoid ist<br />

eine Präzision von ungefähr 5 cm vorgesehen, die eine gute Ermittlung der orthometrischen<br />

Höhen aus den elliptischen Höhen der GPS-Messung erlaubt.<br />

Literatur<br />

Brunner F.K., R.Weber,Konzept der hierarchischen Netzstruktur für AREF<br />

ÖZf Vermessung & Geoinformation; Heft 2/1998 ; pp. 78-83<br />

Denker H., D. Behrend, W. Torge, The European Gravimetric Quasigeoid EGG96,<br />

IAG Symposia, Proceed.of GraGeoMar96, Tokyo, 1996, Springer Verlag<br />

Albert Grimm Pitzinger, Vergleichende Untersuchungen zur Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

der Präzisionshöhenmessung im Gebirge. Dissertation 1984<br />

Abschlussbericht, <strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong>, Brennerbasistunnel Geodätische<br />

Grundlagenvermessung, Arge Obex-Pfeifer-Tiwag, 2001.<br />

Weber R., G.Walter, St.Klotz, GPS-relevante Koordinatensysteme und deren Bezug zum<br />

Österreichischen Festpunktfeld, ÖZf Vermessung & Geoinformation;<br />

Heft 4/1995 ; pp. 190-199


10<br />

0125-030-<br />

147<br />

Martin Obex, Klaus Gillarduzzi, Robert Weber<br />

1121-2105-<br />

148<br />

1116-296-<br />

148<br />

1122 MAIE<br />

Geodätisches<br />

Rahmennetz<br />

Rete geodetica di<br />

riferimento<br />

0128-021-<br />

148<br />

1108 JAUF<br />

1110 ABER<br />

Auszug aus der Österreichischen Karte des BEV<br />

0960-107-148<br />

1101 GIGG<br />

Abb. 1: Geodätisches Rahmennetz ( s. auch Farbtafel #, S. # )<br />

0760-0000-118<br />

0129-071-118<br />

1112 PFON<br />

1102 SCHM<br />

1109 PENS<br />

1113 NANO<br />

1114 NASU<br />

1104 NIED<br />

1115 NAVI<br />

1119-265-148<br />

1117-315-148<br />

1118-308-148<br />

1103 GROS<br />

1105 PLAN<br />

1106 SPIN<br />

1107 MILL


Abb. 2: Präzissionsnivellement<br />

<strong>Ausbau</strong> <strong>Eisenbahnachse</strong> <strong>München</strong> – <strong>Verona</strong> Brennerbasistunnel 11<br />

Auszug aus der Österreichischen Karte des<br />

BEV<br />

Präzisionsnivellement<br />

der BBT<br />

Livellazione di alta<br />

precisione della BBT

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