KnapsackSPIEGEL 5/2022
Das Magazin des Chemieparks Knapsack
Das Magazin des Chemieparks Knapsack
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NACHHALTIGKEIT KONKRET:<br />
EIN VIERTEL WENIGER STROM<br />
Die Abwasseraufbereitung spart mit einer Vielzahl von Maßnahmen<br />
Über Nachhaltigkeit reden ist gut, machen ist besser … zum Beispiel in der Kläranlage des<br />
Chemieparks Knapsack. Denn zur Verwandlung von Abwasser in gereinigtes Wasser braucht<br />
es viel Strom. Wie sich dabei durch clevere Ideen sparen lässt, erklärt Christoph Schneiders,<br />
Leiter Standortbetrieb-Anlagen von YNCORIS.<br />
S<br />
chneiders hat mit Abstand die<br />
meisten Mitarbeiter*innen im<br />
Chemiepark. Denn sie sind nicht<br />
nur menschlicher, sondern auch bakterieller<br />
Natur. Letztere leben im sogenannten<br />
„Belebungsbecken“, wo sie<br />
organische Bestandteile im Abwasser<br />
in ihre Einzelteile verstoffwechseln.<br />
Um gut arbeiten zu können, benötigen<br />
die Bakterien vor allem eines: Sauerstoff.<br />
Ihn erhalten sie in der Knapsacker<br />
Anlage über die Abwässer sowie<br />
vier Mammutrotoren® pro Becken, die<br />
wie bei einem Schaufelraddampfer<br />
Luft ins Wasser bringen. Die Rotoren<br />
werden durch große Elektromotoren<br />
angetrieben – mit einem entsprechend<br />
großen Stromhunger. Schon seit einigen<br />
Jahren arbeitete das Team der<br />
Abwasser aufbereitung deshalb an<br />
verschiedenen Einsparmaßnahmen.<br />
Dazu maßen die Kolleg*innen den<br />
Sauerstoffgehalt in den Becken und<br />
regelten per Hand nach. Doch erst mit<br />
einer modernen Automatisierung und<br />
optimierter Anlagentechnik kam der<br />
Durchbruch. „Wir sparen nun rund ein<br />
Viertel des Stromverbrauchs von 2016“,<br />
sagt Schneiders. „Gerade wenn wir<br />
mit Teillast fahren, können wir jetzt<br />
deutlich schneller reagieren.“ Denn die<br />
Kunst liegt in der richtigen Sauerstoffmenge.<br />
Sie muss hoch genug sein, dass<br />
die Bakterien möglichst viele Schmutzteilchen<br />
verstoffwechseln und damit<br />
eine möglichst hohe Reinigungsleistung<br />
erbringen können. Gleichzeitig<br />
sollten die Rotoren nur wenn nötig<br />
laufen und möglichst wenig ins Wasser<br />
eintauchen. Denn so bleibt der Widerstand<br />
und damit der Stromverbrauch<br />
7<br />
BEZAHLBARE<br />
SAUBERE ENERGIE<br />
Die Vereinten Nationen haben<br />
17 Ziele für eine nachhaltige<br />
Entwicklung (Sustainable<br />
Development Goals, SDGs)<br />
definiert. Eines davon ist<br />
„Bezahlbare und saubere<br />
Energie“. Die Aktivitäten der<br />
Abwasseraufbereitung zahlen<br />
auf dieses Ziel ein.<br />
gering. Durch die Regelung mit Messsonden<br />
in den Klärbecken und Anpassung<br />
der Eintauchtiefe ist das nun viel<br />
genauer möglich.<br />
ZIEL: KLIMANEUTRALITÄT<br />
Doch damit nicht genug. „Irgendwann<br />
möchten wir klimaneutral sein“, so<br />
Schneiders. Er denkt dabei an die sich<br />
selbst „ernährende“ Kläranlage. Die ersten<br />
großen kommunalen Kläranlagen<br />
kommen der Idee schon nahe. Dort liefern<br />
unter anderem die in den Faultürmen<br />
entstehenden Faulgase die nötige<br />
Energie. „Das Abwasser im Chemiepark<br />
Knapsack enthält jedoch andere Inhaltsstoffe,<br />
die uns vor deutlich größere<br />
Herausforderungen stellen. Unser<br />
Ziel ist es trotzdem, unser Abwasser zu<br />
reinigen, ohne dafür Energie von außen<br />
einspeisen zu müssen.“ Auch wenn<br />
dies noch Zukunftsmusik ist, plant das<br />
Die Abwasserreinigung im Werksteil Knapsack<br />
Geplante<br />
Strom einsparung:<br />
Jahresbedarf von<br />
200 Vier-Personen-<br />
Haushalten<br />
Team bereits weitere Optimierungsmaßnahmen.<br />
So sollen beispielsweise<br />
Solarflächen in beiden Kläranlagen<br />
Strom produzieren. Die erste soll im<br />
nächsten Jahr am Rand der Abwasseraufbereitung<br />
in Knapsack entstehen.<br />
„Das bringt uns zwischen 200.000 und<br />
300.000 Kilowattstunden pro Jahr – so<br />
viel wie etwa 25 Solaranlagen auf Einfamilienhäusern“,<br />
schätzt Schneiders.<br />
Durch den Einbau neuester Membranbelüftungstechnik<br />
in der Abwasseranlage<br />
im Werksteil Hürth erhofft<br />
sich Schneiders Stromeinsparungen in<br />
Höhe von weiteren 500.000 Kilowattstunden<br />
pro Jahr. Das entspricht rund<br />
zehn Prozent des Gesamtstromverbrauchs.<br />
Auch Fördermittel vom Bund<br />
wurden für die Umsetzung beantragt.<br />
Bis spätestens März nächsten Jahres<br />
soll das Projekt verwirklicht sein.<br />
KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 9<br />
Illustrationen: United Nations (SDG) und gaga vastard – stock.adobe.com