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Hier keimt die Vielfalt
Die Bücherei Assling bietet seit März 2019 einen einzigartigen Service: Die Asslinger LeserInnen können nicht nur
Medien entlehnen, sondern in der neuen Saatgutbibliothek auch den Spelzhafer „Schatz der Berge“ oder die Stangenbohne
„vom Tantelle“ mit nach Hause nehmen.
Von Brigitte Vogl-Lukasser und Christian Vogl
Büchereiperspektiven 1/19
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Eine einzigartige Kooperation engagierter Initiativen
der Gemeinde Assling setzt sich für ein gemeinsames
Ziel ein: für den Erhalt und die nachhaltige Entwicklung
bedrohter Kulturpflanzen und biologischer Vielfalt.
Gemeinsam für mehr biologische Vielfalt
Beteiligt am Projekt BioColAlp (ITAT 4044, Interreg-Projekt
mit Partnern im Belluno) sind die Umweltgruppe, der Obstund
Gartenbauverein und die Bücherei Assling. Diese Gruppen
haben mit Unterstützung der Universität für Bodenkultur
über ein Jahr daran gearbeitet, beliebte Sorten traditioneller
Kulturarten wie Mohn, Ackerbohne, Herbstrübe
oder Erbse in Osttirol zu sammeln. Sorten dieser Kulturarten
wurden auch im Sortenarchiv der Arche Noah oder in
der Genbank Nordtirols, in denen Bestände aus Osttirol
lagern, aufgestöbert. Die zum Teil sehr kleinen verfügbaren
Saatgutpartien wurden in Assling gemeinsam vermehrt,
gereinigt, beschrieben und in Säckchen abgefüllt, die nun
in der Bücherei lagern – darunter sogar ein Weizen aus der
Osttiroler Gemeinde Strassen aus dem Jahr 1922. Gesammelt
und vermehrt wurden auch Kulturarten und Sorten, die
in Asslinger Gärten noch nicht so lange wachsen, aber in
Assling sehr beliebt sind, wie die Tomate „Schneewittchen“.
Lokale Sorten und Wissen darüber erhalten
Aber nicht nur das materielle Kulturerbe der Region (das
heißt Kulturpflanzen, die vor Ort angebaut und vermehrt
werden), sondern auch das lokale Erfahrungswissen zu diesen
Kulturpflanzen, das immaterielle Kulturerbe, wurde in
dem Projekt gesammelt. In der Bücherei Assling können
eingetragene LeserInnen nicht nur die zum Teil längst vergessenen
Kulturpflanzenarten ausleihen. Zu den Säckchen
mit den Samen leiht man sich ein kleines, im Rahmen des
Projektes eigens verfasstes Buch aus. Darin sind einige
Aspekte des lokalen Erfahrungswissens zu dieser Kulturpflanze
beschrieben, aber auch eine Anleitung, wie man
Saatgut vermehrt. Damit erhalten die NutzerInnen alles, um
selbst zur Erhaltung dieses Saatgutes beizutragen. Gelingt
die Übung, gibt man im Herbst nicht nur das Buch an die
Bücherei zurück, sondern auch ein Säckchen mit den selbst
vermehrten Samen. So verbreiten sich alte Sorten Schritt
für Schritt weiter, zugleich wird das Wissen um ihren Wert
und ihren Schutz weitergegeben.
Pflanzensamen und Erfahrungen teilen
Mit dem Projekt sollen weder Geld verdient noch Höchsterträge
erzielt werden. Es geht darum, das Handwerk der
Saatgutvermehrung zu üben, im Umgang mit der Saatguterhaltung
Erfahrungen zu sammeln, die Kulturgeschichte,
die mit diesen Sorten verbunden ist, weiterzuerzählen
und gemeinsam die Vielfalt der Kulturpflanzen zu fördern.
Begleitet wird das Projekt durch zahlreiche Aktivitäten rund
um den biologischen Gartenbau und den Erhalt der biologischen
Vielfalt: In Bücherei-Cafés, Abendveranstaltungen