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TEILEN I NEUE LEIHANGEBOTE
Bücher, Ideen und Erfahrungen mit anderen zu teilen. Und
da sind sie wieder: die Bibliotheken mit ihren Medienbeständen
– total „en vogue“ mit dem, was sie schon immer
gemacht haben.
Eine Bibliothek von allen für alle
Doch ist dieser Trend nicht auch ein Anlass, sich einmal
anzuschauen, was die „Konkurrenz“ gut (und vielleicht
besser) macht? Natürlich kann man jetzt anfangen, neben
Medien andere Gegenstände zu verleihen, was ja für viele
Bibliotheken etwa in den USA ganz normal ist. Doch vor
allem die genannten sozialen Aspekte könnten für Bibliotheken
von Interesse sein. Manche Einrichtungen sehen
sich ebenfalls als (ganz analoge) „Plattform“ und regen den
direkten Austausch der NutzerInnen untereinander an: zum
Beispiel, indem man dort Gruppenräume oder Gesprächszeit
mit ExpertInnen zu bestimmten Themen buchen kann.
Der Verein „Lebendige Bibliothek“ etwa verleiht als „lebendige
Bücher“ Menschen, die aus verschiedenen Gründen
von Vorurteilen und Diskriminierung betroffen sind.
In diesen Gesprächen kann man einen ganz
unmittelbaren Eindruck erlangen und
direkt Fragen stellen. Dieses Lernen
durch Kommunikation und Interaktion
mag in vielen Fällen
sogar wertvoller sein als die
Beschäftigung mit einem
Sachbuch. R. David Lankes
plädiert in seinem
FOTO: LORELYN MEDINA/SHUTTERSTOCK.COM
In öffentlichen
Bibliotheken wird
mehr als Literatur
geteilt
Literaturtipp
Christiane Müller: Bücher leihen, Ideen teilen – Bibliotheken in der
Sharing Economy. Simon Verlag 2016
inspirierenden Buch „The Atlas of New Librarianship“ unter
anderem dafür, den NutzerInnen die Möglichkeit zu geben,
in den Räumen der Bibliothek eigene Bestände (etwa eine
Vereinsbibliothek) unterzubringen und allen zugänglich zu
machen. Ähnlich wie auf den Sharing-Plattformen tragen die
NutzerInnen aktiv zum Angebot bei. Sie sind nicht mehr nur
passive EntleiherInnen, sondern gestalten die Bibliothek als
Community mit: eine Bibliothek von allen für alle.
Eine solche Öffnung bedeutet, dass man nicht so genau
weiß, wer sich da engagiert und was passiert. Auch das ist
Zeichen einer Plattform: dass sie mit den Aktivitäten ihrer
jeweils aktiven NutzerInnen wächst und dabei schon mal
ihr Gesicht ändert. Wichtig ist, dass die Infrastruktur (hier
also die Organisation der Bibliothek und ihre MitarbeiterInnen)
derartige Veränderungen zulässt. Im Gegenzug erhält
man eine absolut einzigartige Bibliothek – wie sie nur an
diesem einen Ort mit eben diesen NutzerInnen entstehen
kann. „Regional“ und „lokal“ setzen sich derzeit nicht nur
bei Lebensmitteln als neues altes Qualitätsmerkmal durch:
In einer Welt, in der vieles immer überall identisch verfügbar
ist, schätzt man wieder das, „was es so nur hier gibt“.
Wissen teilen und vermehren
Diese und andere Konzepte greifen die Bereitschaft und das
Bedürfnis der Menschen auf, zu teilen. Anders als bisher
steht nicht mehr die Versorgung des Einzelnen mit Medien
aus dem gemeinsam genutzten Bestand im Vordergrund;
vielmehr haben sie die Nutzerschaft als Ganzes im Fokus
und fördern den direkten Kontakt und Austausch. Solche
Sharing-Bibliotheken können Orte sein, wo man mehr teilt
als Medien – nämlich auch Wissen und Erfahrungen. Es ist
nämlich nicht nur das Glück, das sich verdoppelt, wenn man
es teilt.
Christiane Müller arbeitet an der Universitätsbibliothek Tübingen. Sie
hat an der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) ihr Bibliotheksreferendariat
absolviert und davor Arabistik und Rechtswissenschaften
mit dem Schwerpunkt Urheber- und Medienrecht studiert.
Büchereiperspektiven 1/19
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