Büchereiperspektiven 2/19: Lesen – Erlesen. Wissen aneignen und Welten erweitern
Egal aus welcher Perspektive man es betrachtet: Lesen bietet ungeheures Potenzial. Ob man nun durch Lektüre Wissen erlangt oder unbekannte Erfahrungen fassbar werden – die eigene Welt wird erweitert. In dieser Ausgabe der Büchereiperspektiven finden Sie Lektüreanregungen und Beispiele, wie Sie NutzerInnen zum Lesen animieren können!
Egal aus welcher Perspektive man es betrachtet: Lesen bietet ungeheures Potenzial. Ob man nun durch Lektüre Wissen erlangt oder unbekannte Erfahrungen fassbar werden – die eigene Welt wird erweitert. In dieser Ausgabe der Büchereiperspektiven finden Sie Lektüreanregungen und Beispiele, wie Sie NutzerInnen zum Lesen animieren können!
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LESEN – ERLESEN I LEKTÜREANREGUNGEN
FOTO: BVÖ/JUDITH OLIVA
Die Welt von gestern
In die Welt der Wikinger entführen auch Jan Ove Ekeberg
mit einer Trilogie über den norwegischen König Harald Hardråde
(„Kriegerjahre“, Heyne 2019) und Bjørn Andreas Bull-
Hansen mit seiner „Jomswikinger-Saga“ (Penguin 2019).
Diese Geschichte über Torstein Tormodson, einen Jungen,
der sich auf eine Reise auf die Orkney-Inseln, nach England,
Dänemark und Vendland begibt und schließlich ins Heer der
Jomswikinger aufgenommen wird, lässt Lesende ins späte
10. Jahrhundert eintauchen.
Das mittelalterliche Erbe spielt in Lars Myttings historischem
Roman „Die Glocke im See“ (Insel Verlag 2019)
ebenfalls eine Rolle. Bei der Lektüre begibt man sich in ein
abgelegenes Tal im 19. Jahrhundert, in dem die 700 Jahre
alte Stabkirche abgerissen und in Dresden wiederaufgebaut
werden soll. Vor diesem Hintergrund entfaltet sich die
Geschichte der jungen Astrid Hekne, die mehr vom Leben
erwartet, als zu heiraten, Kinder zu kriegen und schließlich
im Tal zu sterben, ohne jemals etwas von der Welt gesehen
zu haben.
Mit Simon Strangers „Vergesst unsere Namen nicht“ (Eichborn
2019) wird die neuere Geschichte Norwegens aufgearbeitet.
Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges erzählt der Autor die
auf wahren Begebenheiten basierende Familiengeschichte
seiner Frau sowie das Leben des norwegischen Nationalsozialisten
Henry Rinnen.
Erik Fosnes Hansen befasst sich in „Ein Hummerleben“
(Kiepenheuer&Witsch 2019) anhand des Niedergangs eines
Hotels in den norwegischen Bergen mit der Finanzkrise der
1980er-Jahre.
Die Welt von heute
Umwelt und Klima beschäftigen die Medien thematisch spätestens
seit den Streiks von Greta Thunberg und finden auch
in die norwegische Literatur Einzug. In John Kåre Raakes
„The Ice“ (Goldmann 2019) entspinnt sich ein internationaler
Machtkampf um arktische Ressourcen und Maja Lunde hat
mit „Die Geschichte der Bienen“ (btb 2017) ein Romanquartett
rund um das Thema Umwelt begonnen. Der Roman,
der zunächst in Norwegen und dann international für Furore
sorgte, befasst sich mit dem Bienensterben in drei verschiedenen
Handlungssträngen und Zeitebenen. Dieses Erfolgsrezept
verfolgte die Autorin mit „Die Geschichte des Wassers“
(btb 2018) weiter. Nun ist rechtzeitig zur Buchmesse
im Oktober 2019 „Die Letzten ihrer Art“ (btb) erschienen,
in dem Lunde das Aussterben der Arten beleuchtet. Drei
Literaturtipps
Weitere literarische Empfehlungen aus Norwegen finden Sie in den
Literaturlisten zur Fortbildung „Perlen sammeln: Neue Belletristik
im Fokus“ unter: www.bvoe.at/aus-_und_fortbildung/fortbildung/
herbstlesen
Familien stehen im Zentrum des Romans, über verschiedene
Zeiten und Länder verteilt: Von St. Petersburg in der Zarenzeit
über Deutschland während des Zweiten Weltkriegs bis
hin zu einem Norwegen der nahen Zukunft.
In der norwegischen Kinder- und Jugendliteratur werden
gleichermaßen brisante Themen verhandelt: In „Zu cool, um
wahr zu sein“ (Hummelburg 2019) von Mina Lystad wird
die Außenseiterin Marie durch ein Social-Media-Projekt für
ihre Schule über Nacht berühmt, muss aber bald feststellen,
dass Popularität ihren Preis hat. Der Roman, mit dem die
Autorin unter anderem die Schattenseiten von Social Media
behandeln möchte, war 2018 für den norwegischen Kinderbuchpreis
nominiert.
Samische Literatur – nur eine Randnotiz?
Die Sámi sind ein indigenes Volk im Norden Skandinaviens
und eine ethnische Minderheit in Norwegen. Bei der Frankfurter
Buchmesse gab es im Gastland-Pavillon jeden Tag
Programmpunkte rund um samische Literatur. Leider gibt
es bislang nur wenige Werke in samischer Sprache, die auch
in Übersetzung vorliegen. Auf Englisch wurden etwa Werke
von Nils-Aslak Valkeapää und Máret Ánne Sara übersetzt; auf
Deutsch vermittelt der Sammelband „Worte verschwinden,
fliegen zum blauen Licht. Samische Lyrik von Joik bis Rap“
(Samica 2019) einen Eindruck der samischen Dichtkunst.
Norwegische Literatur ist also mitnichten nur „Morden in
Fjorden“, wie Johannes Kößler die skandinavischen Krimis in
der Fortbildungsreihe „Perlen sammeln: Neue Belletristik im
Fokus“ des BVÖ so schön beschrieben hat, sondern vielfältig
und reich an Geschichte.
Judith Oliva ist Mitarbeiterin des Büchereiverbandes Österreichs und
in der Aus- und Fortbildung tätig.
Büchereiperspektiven 2/19
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