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Büchereiperspektiven 2/19: Lesen – Erlesen. Wissen aneignen und Welten erweitern

Egal aus welcher Perspektive man es betrachtet: Lesen bietet ungeheures Potenzial. Ob man nun durch Lektüre Wissen erlangt oder unbekannte Erfahrungen fassbar werden – die eigene Welt wird erweitert. In dieser Ausgabe der Büchereiperspektiven finden Sie Lektüreanregungen und Beispiele, wie Sie NutzerInnen zum Lesen animieren können!

Egal aus welcher Perspektive man es betrachtet: Lesen bietet ungeheures Potenzial. Ob man nun durch Lektüre Wissen erlangt oder unbekannte Erfahrungen fassbar werden – die eigene Welt wird erweitert. In dieser Ausgabe der Büchereiperspektiven finden Sie Lektüreanregungen und Beispiele, wie Sie NutzerInnen zum Lesen animieren können!

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LESEN – ERLESEN I LITERATUR AUS ÖSTERREICH

Junge Stimmen aus Österreich

Das Bücherjahr 2019 hat den Fokus auf neue schriftstellerische Talente gelenkt. Ihre Gemeinsamkeit? Sie sind jung,

weiblich und aus Österreich. Dass dieser Stempel nicht nur biografisch, sondern auch literarisch verstanden werden

kann, zeigen drei exemplarische Titel des letzten Jahres.

Von Christina Pfeiffer-Ulm

Vielleicht ist der Eindruck ein subjektiver, aber mit

Blick auf diverse Buch- und Literaturpreise scheint

sich gerade eine neue Riege Schriftstellerinnen zu

formieren: Junge Österreicherinnen wie Angela Lehner,

Tanja Raich oder Raphaela Edelbauer erobern gegenwärtig

Buchmarkt und Feuilleton und schreiben sich mit ihren Werken

nicht nur in die österreichische Literaturgeschichte ein,

sondern diese auch fort – mit besonderer Akzentuierung.

der Einweisung Eva Grubers nach „Steinhof“, oder präziser:

ins „Otto-Wagner-Spital“. Eva Gruber soll als Kind

missbraucht worden sein, soll eine Kindergartengruppe

erschossen haben, soll generell höchst irr gehandelt haben.

Vor jede dieser Begebenheiten müsste korrekterweise ein

„vermeintlich“ gesetzt werden, denn Eva ist eine unzuverlässige

Ich-Erzählerin par excellence. Die Dechiffrierung ihres

lakonisch, durchaus auch komödiantisch vorgetragenen

Büchereiperspektiven 2/19

10

Ja und Amen

Tanja Raich, geboren 1986 in Meran, beginnt ihren

Debütroman sozusagen im verlängerten Österreich, also

dem titelgebenden Lieblingsurlaubsziel: „Jesolo“. Dort, wo

Reihe um Reihe bunte Schirme Konformität markieren.

Die junge Andi richtet ihre Erzählung an ein „Du“, an ihren

Freund, so wie sie all ihre Handlungen an jemand anderen

richtet oder sogar ausrichtet. Der Urlaub von der Stange

mündet in einem Leben von der Stange und schnell findet

sich Andi ungefragt in einem typischen Lebenslauf wieder:

Sie ist schwanger und ihre Träume wurden verdrängt von

„den Plänen, die für unser Leben gedacht sind.“ Tanja Raich

erzählt folgend sehr nüchtern von endlosen Kompromissgeburten:

Verlobungsring, Kredit, zweites Auto, Ultraschall.

„Mit jedem Ja rutsche ich weiter in die Scheiße hinein“, resümiert

Andi und verschreibt ihre Identität ganz entsprechend

der besonderen Erzählperspektive der Passivität. Ihr ganzes

Handeln ist maximal noch Reaktion auf die ihr zugeschriebene

Rolle. Damit wird „Jesolo“ zu einem höchst subjektiven

Roman über die höchst objektivierende Typisierung gebärfähiger

Frauen: „Das ist, was es heißt, hierzubleiben: Wir fügen

uns ein. Wir fallen nicht auf. Wir haben: 1 Haus, 2 Autos, 1

Kind“, heißt es an einer Schlüsselstelle.

Wie wenig die Außenwahrnehmung einer Figur mit ihrem

Gefühl zu tun hat, zeigt auch die 1987 in Klagenfurt geborene

Angela Lehner. Ihre Protagonistin sagt zwar nicht zu

allem „Ja“, seziert aber das „Amen“ in patriarchalen und

katholisch sozialisierten Strukturen. Der Text setzt ein mit

FOTO: PAULA WINKLER

FOTO: KURT FLEISCH

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