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Zerstörungsfreie Werkstoff- und Bauteilprüfung

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<strong>Werkstoff</strong>technik<br />

Prof. Dr.-Ing. G. Kötting<br />

Prof. Dr. J. Peterseim<br />

Dipl.-Ing. J. Schifter<br />

Schifter-VERS-11.DOC 01.05<br />

1. Gr<strong>und</strong>lagen<br />

• Zweck der zerstörungsfreien Prüfung<br />

Praktikum-Versuch Nr.11<br />

„<strong>Zerstörungsfreie</strong> <strong>Werkstoff</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bauteilprüfung</strong>“<br />

Die Verfahren der zerstörungsfreien Prüfung sind nicht als <strong>Werkstoff</strong>prüfung im engeren Sinne, sondern<br />

eher als Werkstückprüfung zu bezeichnen. Nur in Ausnahmefällen ist die Ermittlung von<br />

<strong>Werkstoff</strong>eigenschaften das Ziel der zerstörungsfreien Prüfung. In der Regel gilt es, Fehler eines Bauteiles<br />

rechtzeitig vor Inbetriebnahme oder auch während des Betriebes zu erkennen. Dabei sollen Fehler an der<br />

Oberfläche <strong>und</strong> im Innern des Werkstückes erfaßt werden.<br />

Die zerstörungsfreien Prüfverfahren können in vier Gruppen aufgeteilt werden:<br />

- Kapillarverfahren,<br />

- magnetische <strong>und</strong> induktive Verfahren,<br />

- Schallverfahren,<br />

- Strahlenverfahren.<br />

• Farbeindringverfahren (Kapillarverfahren)<br />

Farbeindringverfahren dienen zum Nachweis von Oberflächenfehlern, z.B. Haarrisse, feinste Poren.<br />

Farbeindringverfahren können für alle <strong>Werkstoff</strong>e, also auch unmagnetisierbare Metalle, angewandt<br />

werden. Prinzipiell wird eine erste Flüssigkeit mit sehr geringer Oberflächenspannung aufgebracht. Sie<br />

dringt (5 bis 10 Minuten) in die Risse ein. Nach dem Säubern (Abwischen, evtl. Spülen) der Werkstücke von<br />

der ersten Flüssigkeit, sie verbleibt in den Rissen, wird eine zweite Flüssigkeit aufgetragen. Sie hat eine<br />

große Affinität zur ersten Flüssigkeit <strong>und</strong> saugt diese aus den Rissen hervor. Durch Kontrastfarben oder<br />

ultraviolette Beleuchtung kann dann der Fehler deutlich gemacht werden.<br />

• Magnetpulververfahren<br />

Als magnetisierbares Pulver dient reines Eisenpulver, das<br />

aufgestreut oder in Mineralöl aufgeschlämmt (Magnetöl)<br />

wird. Zum besseren Erkennen wird gefärbtes Eisenpulver<br />

oder Magnetöl mit fluoreszierenden Zusätzen verwendet.<br />

Für die Magnetisierung der Werkstücke sind unterschiedliche<br />

Geräte entwickelt worden: Polmagnetisierungsgeräte<br />

[Querrisse], (Bild 2a), Geräte mit Wechselstromdurchflutung<br />

[Längsrisse], (Bild 2b), Stoßmagnetisierungsgeräte <strong>und</strong><br />

kombinierte Magnetisierungsgeräte.<br />

Die Magnetpulverprüfung dient zum Nachweis von Rissen,<br />

Fremdkörpereinschlüssen <strong>und</strong> Lunkern in oder nahe der Oberfläche<br />

von magnetisierbaren Werkstücken (Bild 1).<br />

Die magnetischen Feldlinien magnetisierter Werkstücke werden an den<br />

Fehlstellen abgelenkt <strong>und</strong> gehen durch die Luft, wenn sich die Fehlstellen<br />

nahe genug an der Werkstückoberfläche befinden. Dadurch wird auf das<br />

Werkstück aufgebrachtes magnetisierbares Pulver über den Fehlstellen<br />

festgehalten <strong>und</strong> deren Vorhandensein <strong>und</strong> Verlauf gekennzeichnet.


• Ultraschallprüfung (DIN 54 126)<br />

- 2 -<br />

Ultraschall, meist im Bereich f = 0,5 bis 12 MHz, kann zur zerstörungsfreien Prüfung von <strong>Werkstoff</strong>en auf<br />

Innenfehler, wie z.B. Risse, Lunker, Doppelungen <strong>und</strong> <strong>Werkstoff</strong>trennungen, herangezogen werden. Von einem<br />

auf die Prüfteile aufgesetzten Schallgeber (piezoelektrischer Wandler) ausgehend, breitet sich der Schall linear<br />

im Prüfkörper als Longitudinalwelle (senkrecht zur Prüfoberfläche arbeitende Normalschallköpfe) oder<br />

Transversalwelle (Winkelschallköpfe) aus. Die Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen beträgt in Stahl<br />

5900 m/s, Eisengußwerkstoffen etwa 4600 m/s, Aluminium 6300 m/s, Wasser 1483 m/s <strong>und</strong> Luft 330 m/s. Der<br />

Schall wird an Grenzflächen nach den Gesetzen der Brechung in seiner Laufrichtung verändert, in Longitudinal-<br />

<strong>und</strong> Transversalwellen aufgespalten <strong>und</strong> auch gespiegelt, was neben dem Sendestrahl eine Reihe anderer<br />

Schallstrahlen im Werkstück zur Folge hat.<br />

Die Schallgeber <strong>und</strong> Empfänger (piezoelektrische Wandler aus Bariumtitanat oder Bleizirkonat -<br />

bruchempfindlich!) müssen mit einer Koppelflüssigkeit, Wasser oder Öl, schall-leitend mit dem zu prüfenden<br />

Werkstück verb<strong>und</strong>en werden.<br />

Große Prüffrequenzen geben eine gute Fehlererkennbarkeit auch kleinerer Fehler, aber eine schlechtere<br />

Fehler-<br />

auflösung im Nahbereich. Auch muß der <strong>Werkstoff</strong> relativ feinkörnig <strong>und</strong> homogen sein, damit der Schall nicht<br />

zu stark an den Komgrenzen gestreut wird. Gußeisen muß daher wegen der Graphitlamellengröße mit niednger<br />

Frequenz mit 0,5 bis 2 MHz, Beton sogar mit Frequenzen unter 0,2 MHz geprüft werden. Die üblichen Prüf-<br />

frequenzen liegen für Stähle zwischen 4 <strong>und</strong> 6 (10) MHz. Prüfbare <strong>Werkstoff</strong>dicken liegen von einigen<br />

Millimetern bis zu mehreren Metern Schallweg.<br />

Normalschallköpfe (Longitudinalwellen) senden den Schall senkrecht zur Werkstückoberfläche ein, während<br />

Winkelschallköpfe (Transversalwellen) den Schall unter einem Winkel einsenden.<br />

Neben dem sog. Durchschallungsverfahren -<br />

Schallgeber auf einer Werkstückseite <strong>und</strong><br />

getrennter Schallaufneh-<br />

mer auf der anderen Werkstückseite - bei dem<br />

lediglich die gegenüber der eingestrahlten<br />

Schallenergie ankommende Restenergie<br />

gemessen wird <strong>und</strong> Fehler im Schallweg diese<br />

Restenergie drastisch reduzieren, hat sich<br />

insbesondere das “Impuls-Echo-Verfahren‘<br />

eingeführt. Dabei wird ein piezoelektnscher<br />

Wandler nur sehr kurze Zeit von etwa 1 bis 10<br />

ps zur Aussendung eines Schallimpulses als<br />

Schallgeber benutzt <strong>und</strong> dann als<br />

Schallaufnehmer geschaltet. Die Laufzeit des<br />

Schallimpulses durch das Werkstück bis zu<br />

seiner Rückankunft wird auf einem<br />

Oszillographenbildschirm angezeigt. Die Laufzeit<br />

ist proportional zur zurückgelegten<br />

Gesamtwegstrecke, s = c x t. Je nachdem wie<br />

oft ein Schallimpuls den gleichen Weg nach<br />

mehrfacher Reflexion zurückgelegt hat,<br />

erscheinen auf dem Anzeigebildschim<br />

Mehrfachechos. Bild 3 zeigt diese Verhältnisse<br />

in einem fehlerfreien Werkstück für einen<br />

senkrecht einschallenden Normalschallkopf.<br />

Befindet sich ein Fehler senkrecht zur Schallausbreitungsrichtung, so wird das Fehlerecho entsprechend den<br />

Wegverhältnissen abgebildet, Bild 4. Bei komplizierten Teilen ist es nicht einfach, die Anzeigenbilder richtig zu<br />

deuten <strong>und</strong> eventuelle Fehlerechos zu lokalisieren. Es sind Vorstellungen über den tatsächlichen Schallweg <strong>und</strong><br />

die mögliche Fehlerlage <strong>und</strong> Erstreckungsrichtung notwendig.


- 3 -<br />

Winkelschallköpfe senden Transversalwellen unter einem Winkel in das Werkstück aus, Bild 5, wobei die<br />

Schallgeschwindigkeit der Transversalwellen niedriger als die der Longitudinalwellen ist, z.B. Ctransversal für Stahl<br />

3230 m/s, für Aluminium 3130 m/s <strong>und</strong> für Eisengußwerkstoffe 2200 bis 3100 m/s.<br />

Nach einer Eichung kann am Oszillographen-Monitor der Abstand zwischen Fehler <strong>und</strong> Oberfläche des<br />

Prüfstückes angezeigt werden. Winkelschallköpfe werden zum Aufsuchen von Fehlern eingesetzt, die von<br />

Normalschallköpfen wegen schlechter Zugänglichkeit der Prüfstellen oder einer dafür ungeeigneten<br />

Fehlerausbreitungsrichtung nicht gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nachgewiesen werden können. Beispielsweise werden<br />

senkrecht zur Oberfläche des Werkstückes liegende Risse in Schweißnähten wegen der bei<br />

Normalschallköpfen dann parallel zur Rißausbreitung liegenden Schallrichtung nicht erfaßt.<br />

-<br />

- -<br />

-<br />

• Röntgenprüfung<br />

Kurzwellige elektromagnetische Strahlen (Röntgenstrahlen oder auch Gammastrahlen) durchdringen<br />

auch Metalle. Dabei werden sie je nach <strong>Werkstoff</strong>, Bauteildicke <strong>und</strong> Wellenlänge abgeschwächt. Die<br />

Reststrahlung hinter dem Bauteil wird auf Fotomaterial (Röntgenfilm, Gammafilm) registriert.<br />

Befindet sich in dem Bauteil eine <strong>Werkstoff</strong>trennung mit nennenswerter Ausdehnung parallel zur<br />

Strahlenrichtung, so werden die Strahlen dort nicht abgeschwächt. Die Intensität der Strahlung hinter dem<br />

Bauteil ist folglich in diesen Bereichen höher (Bild 6), <strong>und</strong> die Defekte werden durch stärkere Schwärzung<br />

des Films abgebildet.


- 4 -<br />

Damit Fehler gut erkennbar sind, müssen<br />

Strahlungsintensität, Wellenlänge, Dicke des<br />

Bauteils <strong>und</strong> Belichtungszeit aneinander<br />

angepaßt sein. Zum Überprüfen der<br />

Abstimmung <strong>und</strong> Bestimmen der Bildgüte dienen<br />

amtlich geprüfte Drahtstege nach DIN 54109.<br />

Die Drahtstege werden so auf das Bauteil<br />

gelegt, daß sie ebenfalls auf dem Film<br />

abgebildet werden. Der dünnste, gerade noch<br />

erkennbare Draht kennzeichnet die Bildgüte <strong>und</strong><br />

damit die Fehlererkennbarkeit.<br />

Das Durchdringungsvermögen von Röntgen- oder Gammastrahlen ist um so besser, je kleiner die<br />

Wellenlänge, d.h., je höher die Frequenz ist. Andererseits nehmen mit zunehmender Frequenz die<br />

Kontraste ab, so daß kleine Fehler schlechter erkennbar werden. Ebenso wie die Ultraschallprüfung hat<br />

auch die zerstörungsfreie Prüfung mit hochfrequenten elektromagnetischen Strahlen besondere Bedeutung<br />

bei der Prüfung von Schweißnähten (DIN 54 111 Teil 1).<br />

Bei der Durchführung von Röntgen- oder Gammaprüfungen sind umfangreiche Strahlenschutzregeln<br />

(DIN 54 115) zu beachten.<br />

2. Aufgaben <strong>und</strong> Durchführung des Praktikum-Versuchs<br />

• Magnetpulver- <strong>und</strong> Farbeindringverfahren<br />

Die Durchführung dieser Verfahren wird an Beispielen demonstriert.<br />

• Ultraschallprüfung<br />

Nach Erläuterung des Ultraschallgerätes soll ein vorhandenes Werkstück auf Fehler hin untersucht werden:<br />

Eine Skizze des Werkstücks <strong>und</strong> der Fehlerlage sind anzufertigen<br />

• Röntgenprüfung<br />

Die Durchführung der Röntgenprüfung <strong>und</strong> Ergebnisse von Durchstrahlungsprüfungen werden an<br />

verschiedenen Objekten erläutert. Anschließend soll anhand einer Röntgenaufnahme eine Fehlerbewertung<br />

(Bildgütebewertung) durchgeführt werden.<br />

Bei der Durchführung aller praktischen Versuche ist zu beachten:<br />

1. vorherige Einweisung durch das Laborpersonal;<br />

2. Einhaltung der Laborordnung (Sicherheitsunterweisung);<br />

3. den für den jeweiligen Versuch wichtigen Betriebsanweisungen<br />

ist unbedingt Folge zu leisten!!!<br />

Die Betriebsanweisungen befinden sich im besonders<br />

gekennzeichneten Sicherheitsordner in jeweiliger Laboretage.

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