Nr. 85 - Winter 2022-2023
Flusstourismus, Canal du Rhône à Sète, Pays de Gex, Astrotourismus, Notre-Dame de Paris, Picasso, Gâteau aux noix, Wein ... und viel mehr!
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c’est très fin, ça se mange sans faim (Das schmeckt gut, das<br />
schmeckt sehr gut, das isst man, selbst wenn man keinen<br />
Hunger hat) oder C’est cela, oui … (So ist es, ja …) fallen,<br />
dann erntet man umgehend ein Lächeln oder gar eine<br />
Lachsalve. Vor allem aber erweckt man beim Gesprächspartner<br />
den Eindruck, zum « Club » derer zu gehören, die<br />
diesen absonderlichen Film kennen, den die Menschen im<br />
Hexagon erstaunlicherweise ins Herz geschlossen haben.<br />
Um was geht es nun aber genau in den 90 Minuten,<br />
dass Le Père Noël est une ordure einen derartigen Kultstatus<br />
erreicht hat? Die Geschichte als<br />
solche ist relativ bedeutungslos und<br />
sehr theatralisch: Pierre (Thierry<br />
Lhermitte) und Thérèse (Anémone)<br />
haben am 24. Dezember Dienst bei<br />
der Telefonseelsorge SOS détresse<br />
amitiés. Abgesehen von den Anrufen<br />
der Menschen, die in dieser besonderen<br />
Weihnachtsnacht verzweifelt<br />
sind, erhalten sie überraschende<br />
Besuche diverser verdrehter Personen:<br />
eine arme schwangere Frau<br />
(Marie-Anne Chazel), die von ihrem<br />
Lebensgefährten (Gérard Jugnot) –<br />
der an diesem Abend vor den Schaufenstern<br />
großer Kaufhäuser den<br />
Weihnachtsmann spielt –, geschlagen<br />
wird und sich auf der Straße<br />
wiederfindet, ein von seiner Familie<br />
verstoßener Transvestit (Christian<br />
Clavier), der sich umbringen will, ein<br />
bulgarischer Nachbar (Bruno Moynot)<br />
… Alles wird immer wieder vom Hin und Her der<br />
Leiterin der Vereinigung (Josiane Balasko) unterbrochen,<br />
die zwischendurch im Aufzug des Gebäudes feststeckt …<br />
Im Grunde genommen eine Handlung also, die nichts revolutionär<br />
Neues bietet, was eine solche Begeisterung der<br />
Franzosen für den Film rechtfertigen würde.<br />
Das Interessante sind die Dialoge und die Fähigkeit<br />
der Franzosen, sich über alles lustig zu machen, auch über<br />
Dinge, die das a priori gar nicht sind: Denn die Situationen<br />
bringen zum Lachen, obwohl sie vordergründig eher<br />
verletzend erscheinen. Als ob Lachen es ein paar Minuten<br />
lang ermöglichen würde, die eigenen Probleme zu vergessen.<br />
« Man lacht immer auf Kosten anderer », scheint das<br />
Motto des Films zu sein. Manchmal mit einer gewissen<br />
– aber bewusst in Kauf genommenen – Grausamkeit, die<br />
über das hinausgeht, was man landläufig unter Humor<br />
versteht. Eines ist sicher: Es ist gewagt, beispielsweise den<br />
Weihnachtsmann als einen Frauen gegenüber gewalttätigen<br />
Alkoholiker mit einem gut gefüllten Vorstrafenregister<br />
zu präsentieren! Oder sich solche<br />
Gags auszudenken, wie mit einem<br />
Typen, der alleine und verzweifelt<br />
ist und sich eine Kugel in den Kopf<br />
schießt, während Thérèse mit einem<br />
« Rufen Sie mich nochmals aus einer<br />
Telefonzelle an, die funktioniert »<br />
auflegt. <strong>2022</strong> erschien anlässlich<br />
des 40. Geburtstags des Films ein<br />
Artikel im Magazin Le Point in dem<br />
Christian Clavier erklärt: « Es ist<br />
überspitzter Humor. Ich weiß nicht,<br />
ob man all das heute nochmals schreiben<br />
könnte […] Wir überschritten<br />
Grenzen. Der Film setzte sich mit<br />
Grenzen auseinander. Heute gibt es<br />
keine mehr. Wir sind in die Selbstzensur<br />
abgeglitten. » Eines ist auf<br />
jeden Fall sicher: Die Franzosen lieben<br />
diese Art von Humor und sitzen<br />
daher jedes Jahr an Weihnachten zu<br />
Millionen vor dem Fernseher, um<br />
diesen Film – den sie ja im Grunde genommen bereits<br />
auswendig kennen – aufs Neue auszukosten. Der Humor<br />
des Films Le Père Noël est une ordure ist nicht einfach zu<br />
verstehen und mag – vor allem Ausländer – verwirren.<br />
Aber es ist ein wahres Vergnügen, am Jahresende einen<br />
Franzosen zum Lächeln zu bringen, wenn man augenzwinkernd<br />
einen der Kultsätze des Films zu ihm sagt:<br />
Joyeux Noël Félix! An diesem Lächeln erkennt man, wie<br />
sehr er sich darüber freut!<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt,<br />
die sich in fast jedem französischen Haushalt<br />
befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />
Nationalheiligtümer sind. In den letzten<br />
Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und<br />
Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse<br />
(<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54),<br />
Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56),<br />
Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58),<br />
Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker »<br />
(<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61),<br />
Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine<br />
(<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64),<br />
Zitronenpresse aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65),<br />
Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Ricard aux plantes fraîches<br />
(<strong>Nr</strong>. 67), Eau de Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de<br />
Poche (<strong>Nr</strong>. 69), Gemüsepassiergerät Moulinex<br />
(<strong>Nr</strong>. 70), Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac<br />
(<strong>Nr</strong>. 72), L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte,<br />
« das meistgelesene Magazin im Tierbau » (<strong>Nr</strong>.<br />
74), Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75), das gelbe Ölzeug<br />
von Guy Cotten (<strong>Nr</strong>. 76), die Künstlerfarben<br />
Lefranc Bourgeois (<strong>Nr</strong>. 77), der Parapluie de<br />
Cherbourg (<strong>Nr</strong>. 78), der Briefkasten « Made in<br />
Alsace » für Frankreichfans (<strong>Nr</strong>. 79), Meteor,<br />
die größte der kleinen Brauereien Frankreichs<br />
(<strong>Nr</strong>. 80), Chanel N°5, die berühmteste Nummer<br />
in der Welt der Düfte (<strong>Nr</strong>. 81), Lunii, « der<br />
Geschichtenerzähler » (<strong>Nr</strong>. 82), der Senf Louit<br />
Frères (<strong>Nr</strong>. 83) und Terre de Sommières (<strong>Nr</strong>. 84).<br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2022</strong> · 95