ART DE VIVRE Wein Chambord: auf dem Weg zum Weintourismus! Am 4. Juli <strong>2022</strong> herrschte in der Nähe des Schlosses Chambord (Loir-et- Cher) Aufregung. Genauer gesagt auf dem landwirtschaftlichen Gut des Anwesens, das direkt an der Ringmauer liegt und von wo aus man einen spektakulären Blick auf das Schloss hat. Nach umfangreichen und kostspieligen Bauarbeiten wurde dort in der Nähe der Reben der nagelneue Weinkeller von Chambord eingeweiht. Er hat die « bescheidene » Summe von rund 2,2 Millionen Euro verschlungen, die vom französischen Staat (dem Eigentümer des Schlosses), von Mäzenen aus dem Unternehmensbereich sowie von privaten Spendern finanziert wurde. Das Gebäude beherbergt derzeit 14 thermoregulierte Stahltanks sowie Barriquefässer aus Eichenholz aus den Wäldern von Chambord, in denen zukünftig der Wein aus den schlosseigenen Reben gekeltert wird. In der Folge sollen in dem ausgedehnten neuen Gebäude Ferienwohnungen und Gästezimmer entstehen, sodass Chambord – so der Wunsch der Verantwortlichen – ein « Ziel für Weintouristen » wird. Wenn schon, denn schon! Man muss wissen, dass der Wein auf Chambord eine lange Tradition hat: Als Franz I. (1494-1547) im Jahr 1519 mit dem Bau des Schlosses begann, ließ er noch im selben Jahr 80 000 Rebstöcke einer weißen Traubensorte aus Burgund, genauer gesagt aus der Stadt Beaune, kommen. Allerdings wollte der König wohl erst den Boden vor Ort « testen » und ließ die Reben vorsichtshalber 40 Kilometer vom heutigen Schloss entfernt pflanzen, nämlich im Dorf Romorantin (Loir-et-Cher), wo seine Mutter, Luise von Savoyen (1476-1531), ein Schloss besaß. Ein kleines Detail am Rande: Die ursprünglich aus Burgund stammende Rebsorte wurde in der Folge offiziell auf den Namen des Dorfes getauft. Die Rebsorte Romorantin wird nach wie vor sehr geschätzt und ist die einzige Rebsorte, die in der Appellation d’origine contrôlée (AOC) Cour-Cheverny angebaut wird. Letzten Endes war es aber ein anderer König, Ludwig XVI. (1754-1793), der den Weinanbau auf Château de Chambord einführte. 1787 eröffnete er dort nicht nur ein Gestüt, sondern ließ gleichzeitig Reben anpflanzen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich diese ausgezeichnet, wurden aber dann, wie so viele andere, Opfer der sich damals ausbreitenden Reblausplage. Es sollte bis 2015 dauern, bis auf Chambord wieder der Wein Einzug hielt. Im Hinblick auf den 500. Geburtstag des Schlosses im Jahr 2019 entschied der Geschäftsführer von Chambord, Jean d’Haussonville (der im Übrigen von 2007 bis 2009 Kulturbeauftragter der französischen Botschaft in Berlin war, bevor er 2010 die Stelle im Loire-Tal antrat), eine 14 Hektar große Fläche mit Reben zu bepflanzen. Bis 2019 wurden sukzessive fünf Rebsorten gepflanzt: Romorantin (4 Hektar), Spätburgunder (4 Hektar), Sauvignon (3 Hektar), Arbois (2 Hektar) und Gamay (1 Hektar). Daraus werden heute drei Weine produziert, die man auf Schloss Chambord verkosten und kaufen kann: der Rotwein Château de Chambord, AOC Cheverny (Assemblage aus 16 % Gamay und 84 % Spätburgunder) sowie die beiden Weißweine Domaine national de Chambord, (ein Vin de France, also ein Tafelwein aus 100 % Romorantin, die Reben entstanden durch Vermehrung von Stöcken, die noch aus der Zeit vor der Reblausplage stammen) und Domaine de Chambord, Indication géographique protégée (IGP) Val de Loire (überwiegend Sauvignon und ein kleiner Anteil Orbois). Neben dem Verkauf direkt auf Château de Chambord kann man die Weine auch in der Halle d’accueil sowie in einigen Geschäften in der Umgebung beziehen oder über die Website bestellen (Achtung: Versand nur in Frankreich!). Château de Chambord · 41250 Chambord · Telefon: +33 (0)2 54 50 40 00 www.chambord.org · Weine ab 20 € pro Flasche. 82 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2022</strong>
Frankreich erleben · Herbst <strong>2022</strong> · 83