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Nr. 85 - Winter 2022-2023

Flusstourismus, Canal du Rhône à Sète, Pays de Gex, Astrotourismus, Notre-Dame de Paris, Picasso, Gâteau aux noix, Wein ... und viel mehr!

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Der Jupiter-Salon im Musée Picasso Paris und das Gemälde La Flûte de Pan, das der Künstler 1923 malte.<br />

gewalttätig. Das ist bekannt und gut belegt. Es ist gut<br />

belegt, da man sich schon früh mit der Biografie Picassos<br />

auseinandersetzte, und zwar nahezu exzessiv. Zahlreiche<br />

Historiker und Journalisten projizierten gewissermaßen<br />

die Faszination für eine in ihrer Einbildung herrschende<br />

Männlichkeit auf den Künstler, die dieser nur allzu gerne<br />

in Szene setzte. Mir erscheint es dagegen viel interessanter,<br />

diesen Mythos Picasso zu entkräften und angemessen<br />

zwischen Fantasien und erwiesenen Fakten zu unterscheiden.<br />

Auf diese Weise kann man ein Gleichgewicht<br />

finden, ohne auf der einen Seite in eine Verherrlichung<br />

zu verfallen oder ihn auf der anderen Seite schlicht und<br />

einfach moralisch zu verdammen. Und in diesem Kontext<br />

glaube ich, dass es hilft, die Komplexität von Picasso von<br />

allen Seiten zu beleuchten, indem man so viele Werke<br />

wie möglich ausstellt. Auf jeden Fall ist das die Rolle des<br />

Picasso-Museums.<br />

Sollte man auf die Kritik an Picasso nicht direkt in den sozialen<br />

Netzwerken antworten?<br />

Diese Frage habe ich mir gestellt. Allerdings glaube<br />

ich, dass es schwierig ist, « als Museum » direkt in diesen<br />

Medien zu antworten. Wir kämpfen nicht mit denselben<br />

Waffen. Wissen Sie, ich habe diese kritischen Inhalte intensiv<br />

analysiert, sowohl inhaltlich als auch formal. Viele<br />

Informationen, die dort zirkulieren, sind aus dem Zusammenhang<br />

gerissen, wurden verstümmelt und interpretiert,<br />

man könnte sagen, sie wurden « in einen anderen Sinnzusammenhang<br />

gestellt », durch Tonfall und Vokabular<br />

fehlgeleitet. Sie sind gemacht, um Aufmerksamkeit zu erregen,<br />

um schnell gelesen und geteilt zu werden. Internet<br />

funktioniert so, das kann ich nachvollziehen. In unserer<br />

Rolle als Institution und Kunsthistoriker ist es wichtig,<br />

diese Ausdrucks- und Kommunikationsweisen zu beobachten<br />

und zu verstehen, dennoch ist es unsere Pflicht,<br />

eine gewisse Zurückhaltung zu wahren, eine historische<br />

und ästhetische Vorgehensweise beizubehalten. Angesichts<br />

der aufgeworfenen Kritikpunkte liegt unsere Stärke<br />

in der intellektuellen Gewissenhaftigkeit und der Fähigkeit<br />

zuzuhören und reflektiert zu agieren. Wir müssen uns<br />

die notwendige Zeit für die Suche nach der richtigen Argumentation<br />

nehmen und gleichzeitig neue Perspektiven,<br />

die durch diese Diskussionen entstehen, einbeziehen. Es<br />

ist eine schwierige Aufgabe, aber sie ist notwendig. Und<br />

Sie können mir glauben, letztendlich ist es eine packende<br />

Aufgabe. Durch meine 25-jährige Berufserfahrung weiß<br />

ich, dass es das Wichtigste ist, sich mit dem Kern der<br />

Sache zu beschäftigen und vor allem Fachleute zu Wort<br />

kommen zu lassen, sodass auf diese Weise eine echte öffentliche<br />

Debatte entsteht. Eines Tages ist es vielleicht so<br />

weit, dass man auch soziale Netzwerke für Entgegnungen<br />

nutzt, aber zurzeit ist das noch viel zu früh. Zunächst geht<br />

es darum, zu beschwichtigen und zu einer differenzierteren<br />

Betrachtungsweise zurückzufinden.<br />

Cécile Debray, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Frankreich erleben · Herbst <strong>2022</strong> · 79

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