Nr. 85 - Winter 2022-2023
Flusstourismus, Canal du Rhône à Sète, Pays de Gex, Astrotourismus, Notre-Dame de Paris, Picasso, Gâteau aux noix, Wein ... und viel mehr!
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BRIGITTE GIRAUD<br />
Vivre vite<br />
Flammarion, 206 Seiten, 20 €, ISBN 978-2080207340<br />
CLOÉ KORMAN<br />
In dieser engagierten und sehr sensibel<br />
geschriebenen Erzählung geht die Autorin auf den<br />
Tod ihres Lebensgefährten ein, der 20 Jahre zuvor<br />
bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Im Stil einer<br />
polizeilichen Untersuchung nimmt Brigitte Giraud die einzelnen<br />
Umstände, die zu dem Drama führten, nacheinander unter der<br />
Lupe: « Wenn es an diesem Dienstag geregnet hätte? », « Wenn die<br />
Ampel nicht auf Rot geschaltet hätte? », « Wenn ich ein Mobiltelefon<br />
gehabt hätte? » … « Ich komme auf die Litanei dieser ‹Wenn› zurück,<br />
die mich in all den Jahren verfolgt und die aus meinem Leben eine<br />
Realität im Konjunktiv der Vergangenheit gemacht hat », erläutert sie.<br />
Damit konfrontiert sie uns alle mit dem so menschlichen Bedürfnis,<br />
zu analysieren, zu verstehen, um auf diese Weise den Tod eines<br />
Nahestehenden vielleicht besser zu akzeptieren. Ein ruhiges Buch,<br />
das gleichzeitig eine starke Wirkung erzielt. Ein Buch, das durch die<br />
Fähigkeit erstaunt, den Leser im Innersten zu treffen, ohne deswegen<br />
rührselig zu sein. Ein sehr nützlicher Erfahrungsbericht über Resilienz<br />
und die Notwendigkeit, die Vergangenheit zu analysieren, um sich in<br />
die Zukunft projizieren zu können.<br />
Les Presques Sœurs<br />
Seuil, 254 Seiten, 19 €, ISBN 978-2021427639<br />
Themen: Autobiografie, Unfall, Trauer, Liebe, Paar,<br />
Frauen, Resilienz, Erfahrungsbericht<br />
Wie Brigitte Giraud begibt sich Cloé Korman in diesem<br />
erschütternden Erfahrungsbericht auf nahezu detektivische<br />
Art auf die Spuren der Vergangenheit. Ihr Ziel: die Erinnerung an<br />
diese « Fastschwestern » wieder aufleben lassen: Mireille, Jacqueline,<br />
Henriette, Andrée, Jeanne und Rose, sechs kleine jüdische Mädchen, die<br />
zwischen 1942 und 1944 durch die Deportation ihrer Eltern zu Waisen<br />
und quer durch Frankreich von Internierungslager zu Internierungslager,<br />
von Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschickt wurden. Die Autorin versucht<br />
herauszufinden, wer diese Kinder wirklich waren: die drei Cousinen ihres<br />
Vaters, die sie gekannt hätte, wären diese nicht ermordet worden, und<br />
deren drei Freundinnen, die überlebten. Eine schmerzliche Erzählung über<br />
Spuren, die das Vichy-Regime hinterlassen hat und die noch heute sichtbar<br />
sind, sowie über den Krieg und seine Folgen aus der Sicht von Kindern. Vor<br />
allem aber eine schlichte und einfühlsame Hommage an diese Kinder, die<br />
Schlimmes erleben mussten.<br />
MARKENZY ORCEL<br />
Une somme<br />
humaine<br />
Rivages,<br />
624 Seiten, 22 €,<br />
ISBN 978-2743657147<br />
Der haitianische Dichter und<br />
Romanschriftsteller Markenzy<br />
Orcel erstellt die herzzerreißende<br />
Autobiografie einer Toten und<br />
lässt diese dadurch aus dem<br />
Jenseits wieder auferstehen.<br />
Auf poetische Art, lebendig und<br />
makaber zugleich, beschreibt<br />
der Autor das Schicksal einer<br />
Frau, die anscheinend alles Elend<br />
der menschlichen Existenz auf<br />
ihren Schultern trug: von einer<br />
gestohlenen Kindheit über eine<br />
zerrissene Jugend bis hin zu einem<br />
am Ende zerstörten Leben. Das<br />
Bild, das er zeichnet, ist also sehr<br />
schwarz. Aber Markenzy Orcel<br />
beschreibt es auf so unglaublich<br />
schöne Weise, dass auch Leben<br />
und Hoffnung aufblitzen. Der Stil<br />
ist sehr ungewöhnlich: 624 Seiten<br />
ohne Punkt und Großbuchstaben.<br />
Das verwirrt, verstört, macht<br />
aber den Roman zu einem<br />
absolut eigenständigen Werk, das<br />
sich von anderen grundlegend<br />
unterscheidet, sodass man ihn<br />
nahezu nicht einordnen kann.<br />
Themen: menschliche Bedingungen,<br />
Frauen, Schicksal, Tod, Selbstmord,<br />
haitianische Literatur<br />
Themen: Ermittlungen, Zweiter Weltkrieg, Frankreich während des Vichy-<br />
Regimes, Verantwortung der französischen Verwaltung, Massenverhaftung,<br />
Deportation, Familie, Waisen von Deportierten, Holocaust, Antisemitismus<br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2022</strong> · 15