flip-Joker_2022-11
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6 KULTUR JOKER Theater<br />
Eine Geschichte, zwei Perspektiven<br />
Die Opera Factory zeigt im Freiburger E-Werk mit „The Last Five Years“ ein berührendes Musical<br />
Gabriela Ryffel als Catherine Hiatt<br />
Foto: Britt Schilling<br />
„Goodbye“ singt Cathy in der<br />
letzten Szene zu einem melancholischen<br />
Walzer und schaut<br />
ganz verliebt. Auch Jamie verabschiedet<br />
sich mit dem gleichen<br />
Wort. Für Cathy bedeutet dieser<br />
Abschiedsgruß der Anfang ihrer<br />
Liebe, für Jamie das Ende.<br />
Fünf Jahre Beziehung liegen vor<br />
ihr – bei Jamie sind sie gerade<br />
vorbei. Jason Robert Browns<br />
Off-Broadway-Musical „The<br />
Last Five Years“ (2000) erzählt<br />
die gleiche Geschichte aus zwei<br />
unterschiedlichen Perspektiven<br />
und in gegensätzlicher Chronologie.<br />
Die vierzehn Songs, die<br />
durch diesen fokussierten Abend<br />
der Opera Factory Freiburg im<br />
E-Werk führen, nähern sich von<br />
verschiedenen Zeiten her.<br />
Catherine Hiatt, genannt Cathy,<br />
stellt sich mit der Countryballade<br />
„Still Hurting“ vor. Sie trägt ein<br />
leichtes Sommerkleid – im Innern<br />
fühlt sie aber den Schmerz<br />
der Trennung und möchte am<br />
liebsten davonrennen. Gabriela<br />
Ryffel singt und spielt dieses<br />
Mädchen vom Land, das in New<br />
York als Musicalsängerin Karriere<br />
machen möchte, mit vielen<br />
Zwischentönen. Zu Beginn ist<br />
Cathy wie versteinert. Die LIE-<br />
BE, aus deren überdimensionalen<br />
Buchstaben Melanie Kintzinger<br />
das spartanische Bühnenbild gebaut<br />
hat, ist kaputt. Das B liegt<br />
am Boden – und wird auch nicht<br />
wieder aufgestellt. Eine rhythmische<br />
Figur im Klavier leitet<br />
über zur energiegeladenen Latin-<br />
Nummer „Shiksa Goddess“, die<br />
den jungen jüdischen Erfolgsautor<br />
Jamie Wellerstein nach dem<br />
ersten Date mit Cathy zeigt. Calum<br />
Melville verleiht Jamie jede<br />
Menge Energie und stimmliche<br />
Power.<br />
Eigentlich begegnen sich die<br />
beiden Protagonisten im formal<br />
streng gebauten Musical nur einmal<br />
in der Mitte des Stücks im<br />
Duett „The Next Ten Minutes“,<br />
dem ungewöhnlichen Heiratsantrag<br />
Jamies. Hier treffen die<br />
beiden Zeitschienen aufeinander,<br />
hier sprechen die beiden direkt<br />
miteinander und versprechen sich<br />
ihre Liebe. Ansonsten ist jeder<br />
für sich und singt darüber, wie es<br />
ihm so geht. Regisseurin Natalia<br />
Voskoboynikova bringt das Paar<br />
aber immer wieder zusammen. So<br />
werden die Konflikte dramatisiert,<br />
wenn zum Beispiel Jamie sich seinem<br />
Schreiben widmet und gar<br />
keine Notiz von seiner Partnerin<br />
nimmt. In Cathys groovigem „I<br />
Can Do Better Than That“ ist sie<br />
bis über beide Ohren verknallt –<br />
und Jamie starrt mit leerem Blick<br />
in den Zuschauerraum. Die Regisseurin<br />
knüpft Fäden über die Szenen<br />
hinweg, die dieses Paar mit<br />
seinen Hoffnungen und Enttäuschungen<br />
näherkommen lassen.<br />
Auch die Musik schafft Verbindungen<br />
und öffnet emotionale<br />
Räume. Verortet in einem melodiösen,<br />
harmonisch immer wieder<br />
überraschenden Popsound,<br />
beziehen die zum Teil komplexen<br />
Songs von Jason Robert Brown<br />
verschiedene musikalische Stile<br />
mit ein – von Country über Rock<br />
’n’ Roll und Jazz bis zum Irish<br />
Folk. Mit der Besetzung Violine<br />
(Sylvia Oelkrug), Violoncello<br />
(Philipp Schiemenz und Mika<br />
Tamura), Gitarre (Felix Möller),<br />
E-Bass (Sebastian Heieck) und<br />
Klavier (Klaus Simon) ist die im<br />
Bühnenhintergrund postierte Formation<br />
der Holst-Sinfonietta eine<br />
Mischung aus Klassikensemble<br />
und Popband. Klaus Simon leitet<br />
vom Klavier aus souverän diese<br />
eingespielte, homogene, perfekt<br />
abgemischte Band und entwickelt<br />
auch musikalisch einen Spannungsbogen,<br />
der diese ohne Dialoge,<br />
nur in den Songs erzählte<br />
Geschichte zusammenhält.<br />
All das würde aber noch nicht<br />
reichen, hätte die Opera Factory<br />
Freiburg mit Gabriela Ryfell und<br />
Calum Melville nicht zwei Musicalkünstler<br />
der Extraklasse am<br />
Start, die nicht nur gesanglich mit<br />
dem perfekten Belting ihrer Stimme<br />
den passenden Sound verleihen,<br />
sondern auch darstellerisch<br />
enorme Präsenz entfalten.<br />
Georg Rudiger<br />
Eine glühend-heiße Wüste, ein<br />
geheimnisvoller Schatz und zwei<br />
verfeindete Cowboy-Gruppen<br />
auf filmreifer Verfolgungsjagd<br />
– fertig ist der Western. Wie das<br />
Originelles Wildwestabenteuer<br />
Das Cargo-Theater feierte Premiere mit dem Objekttheaterstück „El Dorado“<br />
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Genre für Kindergartenkinder<br />
funktioniert, zeigen Margit Wierer<br />
und Stefan Wiemers vom<br />
Cargo-Theater: Ihr von Stadt und<br />
Land gefördertes Objekttheaterstück<br />
„El Dorado“ feierte jetzt im<br />
Kammertheater des Freiburger E-<br />
Werks Premiere (Dramaturgie:<br />
Leon Wierer).<br />
Auf der Bühne ein gut gefüllter<br />
Sandkasten mit vielen bunten Plastik-Spielsachen,<br />
ein Overheadprojektor<br />
und eine Leinwand.<br />
Breitbeinig und sehr cool betreten<br />
die beiden Erzähler nacheinander<br />
die Szene: Das rote Sandschäufelchen<br />
ragt lässig als Colt aus der<br />
Hose, die Cowboyhüte haben sie<br />
tief ins Gesicht gezogen. „Es war<br />
einmal – tief im Westen“, so beginnt<br />
ihre Geschichte. Die stimmungsvolle<br />
Kulisse entsteht vor<br />
den Augen des Publikums mit<br />
ein paar Pinselstrichen im Sand<br />
des Overheadprojektors: Schon<br />
füllen Kandelaber-Kakteen in<br />
flirrender Wüste die Leinwand.<br />
Willkommen in El Dorado! Ein<br />
Ort im Nirgendwo, mit ganz eigenen<br />
Gesetzen. Irgendwo hier<br />
soll ein riesiger Schatz vergraben<br />
sein – behauptet Old Jim. Rebecca<br />
und ihre Bande sind jedenfalls<br />
am Start, genauso wie Marli und<br />
Johnny. Klar, sind die Gruppen<br />
verfeindet. Logo, ist Rebecca eine<br />
miese Angeberin, die immer alles<br />
für sich alleine haben und nie<br />
teilen will.<br />
Dass diese Cowboys zerzauste<br />
Plastikpüppchen auf Barbie-und<br />
Dublo-Pferden sind, die über<br />
Sandkuchen-Berge galoppieren<br />
und ihre Gegner mit „Ihr Futzis!“<br />
beschimpfen – das macht die Sache<br />
sehr lustig und knüpft kreativ<br />
am Alltags-Kinderspiel an. Die<br />
Charaktere könnten noch differenzierter<br />
gesprochen werden,<br />
einige Stellen wirken roh und haben<br />
noch Potenzial. Viel Theaterzauber<br />
gibt es trotzdem, wenn sie<br />
auf ihrer Schatzjagd eine Nacht in<br />
der Wüste bei züngelndem Overheadfeuer<br />
verbringen, sich an Seilen<br />
in die tiefste Schlucht abseilen<br />
oder einen tosenden Fluss überqueren<br />
müssen – das ist bestes<br />
Kopfkino auch für die Erwachsenen,<br />
strotzt diese Geschichte doch<br />
vor kernigen Western-Klischees<br />
wie die zerrissene Schatzkarte.<br />
Aber auch vor Überraschungen:<br />
Wie, die taffe Rebecca kann nicht<br />
schwimmen? Jetzt muss sich die<br />
Gruppe zusammenraufen – und<br />
sich gegenseitig vertrauen… Ein<br />
originelles Wildwestabenteuer,<br />
mit Schattenspiel, Musik (Carla<br />
Wierer) und Geräuschen.<br />
Vorstellung: 27.<strong>11</strong>., 15.30 Uhr,<br />
E-Werk, ab 4.<br />
Marion Klötzer